Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine europäische Aufholjagd bei der Batterieproduktion gefordert. Sie bemängelte auf dem Wirtschaftstag in Berlin, dass der hiesigen Automobilindustrie „bestimmte strategische Fähigkeiten“ fehlen.
„Kann es gut gehen, wenn wir als ein Kontinent, der Autos herstellt, die Batteriezellen aus Asien kaufen und die digitale Infrastruktur eines Autos irgendwoher aus Asien oder Amerika?“, fragte sie. Es gebe dann keine Wertschöpfung mehr. „Dann muss man eben eine Aufholjagd starten“, sagte die Kanzlerin.
Merkel sei nicht für die Planwirtschaft Chinas, man könne aber „auch nicht in den Tag hinein leben“. Sie mahnte: „Bestimmte strategische Investitionen entwickeln sich über eine Dekade und nicht über zwei oder drei Jahre.“ Deshalb freue sie sich auch, „dass es in der Automobilindustrie erste Ansätze gibt, die sagen ‚Wir müssen diese strategischen Fähigkeiten wieder nach Europa holen'“. Konkreter wurde sie in Bezug auf eine europäische Batteriezellproduktion nicht.
Auch Audi-Entwicklungsvorstand Peter Mertens hat sich diese Woche für eine Zellfertigung europäischer Unternehmen stark gemacht. Er betonte: „Wir können es uns nicht leisten, in eine völlige Abhängigkeit zu gehen.“ Die deutschen Autobauer hätten „schon vor einigen Jahren“ den Anschluss an ausländische Batteriezellproduzenten verloren. „Da haben wir viel aufzuholen“, so Mertens. Medienberichte, dass der chinesische Batterie-Riese CATL in Thüringen eine Zellfertigung aufbauen will, begrüßte der Audi-Manager.
Deutsche Hersteller konfektionieren ihre Elektroauto-Batterien selbst, beziehen die im Kern befindlichen Zellen aber von Unternehmen aus Asien. Auch deutsche Zulieferer zögern wegen der hohen Anfangsinvestitionen bislang noch mit der groß angelegten Fertigung von Zellen. Dass der Markt für Batteriezellen von chinesischen und koreanischen Produzenten dominiert wird, ist laut Experten ein großer Fehler.
jpo234 meint
Erinnert sich niemand mehr an das Debakel mit der Europäischen Chip-Produktion (ist 25 Jahre her). Absolut die gleichen Argumente: Strategisch wichtig, keine Anhängigkeit von Asien (damals Japan), blah, blah, blah…
Hier ein Beispiel, worum es ging: https://www.siemens.com/history/de/aktuelles/1115_4-mbit-dram.htm
Ergebnis: Nach vielen Milliarden an Subventionen hat Siemens die Chipsparte im Jahr 2000 als Infineon abgestoßen und Infineon hat 2006 die DRAM-Sparte als Quimonda sich selbst überlassen. Und Quimonda ist dann 2008 in die Insolvenz gegangen. Aus der Traum…
jpo234 meint
P.S.: Noch ein Artikel zur Deutschen Giga-Factory der 1980er Jahre:
https://www.computerwoche.de/a/siemens-hinkt-mit-megachip-hinterher,1158253
Michael meint
Wo doch alles an der Reichweite hängt, warum kümmert sich niemand um die Batterie? Anscheinend wollen alle nur autonom fahren und Wlan im Auto. Das kann ich doch auch mit Benzin? Wäre nicht ein Golf, der alles hat was ein Autofahrer braucht, mit einer Batterie, die 500 km ermöglicht und dabei kostengünstig ist, nicht der absolute Verkaufsschlager? Das geht aber nur mit innovativer Batterietechnik. Kreisel hat es vorgemacht. VW interessiert sich aber null für Batteriezellen. Für das Einzige, was zählt. Kaufen sie vom Weltmarkt. Das ist, wie wenn VW seit Jahren die Motoren von Toyota kaufen würde, weil, das ist uns zu riskant, das können wir nicht, das lohnt sich nicht. Hä?
Dr.-Ing. Klaus D. Beccu meint
Die Realisierung von Merkel’s Empfehlungen hätte vor allem zur Folge: höhere Li-Ion Akkukosten im Vergleich zu Fernost-Zulieferung und mögliche, erhöhte Qualitätsmängel : kann jahrzehntelange Produkt-Erfahrung in Batterie-Lebensdauer eingeholt werden ?
Vor allem: So schnell wie manche Phantasten glauben (von derzeit ca. 2% auf 20% im Jahr 2025) wird der E-Auto Markt nicht wachsen. E-Autos haben nur für den Kurzstrecken-Einsatz (bis ca. 120 km) und mit eigener Hausladung oder am Arbeitsort eine Zukunft. Das Problem (ohne Hausladung): erfordert den abendlichen Rückmarsch und morgendlichen Gang zum Ladeterminal, der im besten Fall 1-2 km vom Wohnort entfernt liegt (häufig aber mehr und sofern nicht besetzt), oder: es sei denn: man will 1-2 Std während der Ladung im Auto verbleiben. Nach leerem Li-Ion Akku – wo auch man sich dann befindet – geht das Warten auf Ladung oder das „Jogging-Drama“ erneut los.
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Deshalb ist für solche Anwendungen der Kauf eines HEV-Hybridautos (oder PHEV) ) sinnvoller: (a) aufgrund der erheblich geringeren Anschaffungskosten und (b) der elektrischen Reichweite (heute schon 80 km, bald 120 km mit preiswerter und sicherer NiMH-Batterie) , sodann Aufladung auf dem Auto während Weiterfahrt mit ICE (internal combustion engine). – Sobald grössere Modellauswahl (ausser Toyota MIRAI) in Fuel Cells und H2 – Tankstellen, wird der E-Auto Markt zum Teil von Fuel Cell betriebenen E-Autos übernommen werden.
Swissli meint
Oje
Ducktales (Dr. Ducktales) meint
@swissli: Doppel Oje.
dann habe ich bisher ja alles falsch gedacht…
in der kurzen elektrischen Reichweite eines PHEV liegt das Glück.. alles andere ist nichts wirklich sinnvolles
„gefrühstückter_Clown“ will raus
achja, und bei PHEV wird ja auch fleißig weiter verbrennert…. da freut sich aber wer.
Dank dem Diplom Ingenieur, Dank.
Ducktales (Dr. Ducktales) meint
Das ist eine Ergänzung zum Oje von Swissli. :-)
Swissli meint
Tja, bei 120 km ist mit BEV Schluss! Zack fertig!
Die gute Nachricht: 49% der Autofahrer fahren im Schnitt unter 27 km pro Tag. Und weitere 33% im Schnitt unter 55 km. Für 82% der Autofahrer haben die BEV mit beschränkten 120 km Reichweite von Hr. Dr.-Ing. also jetzt schon Zukunft.
Und gleich noch eine gute Nachricht: 120 km entsprechen ca. 20 kw. Wer das nicht zuhause laden kann, kann das nebenbei beim Wocheneinkauf erledigen, oder beim parkieren an Ladesäule, oder oder oder… ganz ohne Wanderschuhe *staun*.
Und dass es preiswerte PHEV mit 80 km – bald 120 km – realer Reichweite gibt, wissen wir jetzt auch endlich, Dank Dr.-Ing.! BMW hat zwar höhere PHEV Reichweiten angekündigt, real sind diese z.Zt. aber eher bei 30 km. Und wenn die PHEV Hersteller noch 4 Jahre brauchen, um die elektrische Reichweite auf reale 80 km zu erhöhen, hat sich das Thema PHEV von selbst erledigt.
Ja, und über die Zukunft von FCEV im Bereich PKW erübrigt sich die Diskussion mehr oder weniger… Stichwort Wirkungsgrad etc.
Aber eben, so ohne Dr. Titel hat unsereins keinen Durchblick…
Alex meint
Leider gibt es zu viele Menschen die solche Märchen glauben…
Das Verbrennungsfahrzeug war am Anfang auch ne Katastrophe, es gab Treibstoff nur in Apotheken
Tesla-Fan meint
Wenn Sie schon alle Ihre Titel hier angeben, dann sollten sie mal eine Fortbildung machen und ihr Weltbild von 1990 auffrischen.
Jürgen S. meint
Soviele Annahmen, die teilweise aufeinander aufbauen und nicht zutreffen sehe ich hier. Mit meinem Tesla fahre ich in CH problemlos und ohne zwischendurch nachzuladen 300km weit. Mein Auto bleibt nicht nach 120km stehen, egal wie schnell ich fahre. Durchschnittlicher Verbrauch von mir: 181Wh/km. Mein nächste Ladestation ist keine 1-2km sondern 300m weit entfernt und ich lebe nicht in einer Großstadt. In 500m Entfernung plant der Lidl eine Schnellladestation. Auf der Arbeit und in der direkten 200m Umgebung davon werde ich geradezu bombardiert von einem Überangebot an Ladestationen, ebenso bei einem deutschen Kunden, der eigene Säulen sogar für Gäste vorhält. Zwar unter vielen Regularien, aber prinzipiell sind die benutzbar :-)
BR meint
Neid in die Schweiz. Im allgemeinen sieht es in Deutschland bei weitem nicht so gut aus wie in der Schweiz. D ist in Sachen Ladestationen absolutes Entwicklungslang.
Peter W meint
Was man an diesem post klar erkennen kann:
Ein Doktortitel und eine Ausbildung zum Inschinör (absichtlich falsch geschrieben) schützen nicht vor Halbwissen. Vielleicht ist es bei unser physikstudierten Mutti ja ähnlich.
Wir Badener sagen: Dumm gebabbeld isch glei.
Dem Herrn Dr. Beccu würde ich empfehlen mal ein paar Videos von Herrn Lesch (der ist Professor, hängt das aber nicht so raus) anzuschauen, der kann einige Zusammenhänge ganz gut erklären.
Man-i3 meint
Merkel will… vielleicht bald nichts mehr… zu melden haben
Zum Ersten sollte mal die Förderung der e-Mobiltät – wie im KoalitionsVERTRAG niedergeschrieben – umgesetzt werden. 50% Sonderabschreibung und 0,5 % Dienstwagenbesteuerung kann man dort lesen. Ein Hersteller wird erst investieren wenn es eine entsprechende Nachfrage am Produkt gibt.
Politik kann/sollte die Weichen/Anreize stellen/schaffen. Mit „Weiter so“ wird die Industrie keinen (eigen) Cent in die Hand nehmen wollen
comfreak meint
Ich lese seit Wochen immer wieder „Merkel will europäische Batteriezellenproduktion“.
Also entweder Frau Merkel ist extrem schlecht informiert, oder sie meint eine _deutsche_ Batteriezellenproduktion durch _deutsche_ Hersteller. Denn wenn man genauer hinschaut, wird es in Europa schon einige Fertigungen geben:
– in Schweden baut NorthVolt seit ein paar Tagen am Hauptwerk im Norden des Landes,
– Samsung hat gerade ein ausbaufähiges Werk in Ungarn abgeschlossen,
-LG investiert gerade kräftig in eine Fertigung in Polen,
-Tesla/Panasonic hat angekündigt eine Gigafactory in Europa zu bauen (nur noch nicht wo),
– sogar in Deutschland gibt es die Accumotive von Daimler in Kamenz,
– mit TerraE einen Investitionsplan für eine neue Großfabrik,
– und zusätzlich überlegt CATL in Erfurt ein Werk zu bauen.
Alle diese Meldungen machen seit Wochen/Monaten die Runde in den Medien. Merkels Industrieberater müssten davon was mitbekommen haben, wenn sie ihren Job einigermaßen ernst nehmen.
Daraus lässt sich schließen: Merkel will etwas, weiß aber nicht genau, was sie sagen soll oder sie will, dass VW, BMW (und vielleicht Varta?) KFZ-Batterien herstellen, sagt es aber nicht klipp und klar.
Man muss wohl ein Orakel befragen…
Leotronik meint
NorthVolt, Samsung, LG, Tesla/Panasonic, CATL sind keine europäischen Unternehmen. Die Abhängigkeit von Fernost und USA bleibt und der Gewinn geht auch wieder weg.
DB in Kamenz baut die asiatischen Zellen nur zusammen. Da wird keine Zellenfertigung betrieben.
Oma Merkel hat da nicht ganz Unrecht.
comfreak meint
NorthVolt ist aus Schweden. Was ist daran nicht europäisch? Sogar Siemens hat in diese investiert. Kein Geld aus Asien dabei.
Wenn Sie meinen Post lesen, sollten Sie ja merken, dass es mir gerade darum geht, dass Frau Merkel endlich die Dinge sagt, die sie meint. Denn wenn es nur um Fertigung ginge (was es, und da stimme ich Ihnen ja zu, nicht geht), dann sollte mit meiner Auflistung alles erledigt sein.
Aber es geht Frau Merkel eben nicht um Fertigung, sondern um Eigentum (Gewinne sind der Politik völlig schnuppe). Es geht hier im strategische Verfügbarkeit und ich finde, das sollte sie auch so laut sagen. Denn wer sagt uns denn, dass im Falle von internationalen Handelskrisen, die der große Bruder über’m Teich gerade heraufbeschwört, die Unternehmen von außerhalb noch weiter bedienen können (selbst wenn sie sicherlich wollten). Nein, ich stimme ja zu, wir müssen das in Europa selbst können. Genau deshalb sollte Merkel das so klar sagen, statt mit Worten von „europäischer Fertigung“ rumzueiern, wie es ja leider oft ihre Art ist…
Swissli meint
Sicher, auch der Autoindustrie fehlts manchmal an „bestimmten strategischen Fähigkeiten“ – gilt übrigens auch für Frau Merkel.
„Es gebe dann keine Wertschöpfung mehr. “Dann muss man eben eine Aufholjagd starten”, sagte die Kanzlerin.“
Angenommen, Zellproduktion ist/wird ein Business mit tiefer Marge (nicht abwegig, da Massenprodukt mit vollautomatisierter Produktion). Da ist also wenig Wertschöpfung drin. Vielleicht nicht so falsch, die Chinesen in D die Investition für Zellfabrik zu überlassen. Die Wertschöpfung wäre dann immerhin Arbeitsplätze mit Steuerzahlern!
Und vielleicht ist es, Stand heute, die strategische Fähigkeit der Autoindustrie, genau NICHT dem Markt hinterherzurennen.
BTW: Merkels Engagement für eine dt. Solarindustrie ist wahrlich kein Ruhmesblatt, eher abschreckendes Beispiel.
Düsentrieb meint
Ich kann das nicht nachvollziehen.
Wer soll den die Batterien kaufen, wenn der Diesel von der Regierung am höchsten mit Milliarden jedes Jahr subventioniert/gefördert und die Alternativen Antriebe kleingeredet werden?
Prämie für Elektroautos bis 5 T€!
Prämie für Dieselautokauf bis 10 T€ + Günstiger Sprit!
atamani meint
Könnten Sie erklären wo der Diesel Subventioniert wird?
Und wo man 10000 Euro vom Staat für den Diesel bekommt?
volsor meint
0,18€ weniger Steuern pro Liter.
150kW meint
Und warum fährt dann nicht jeder Diesel wenn es doch ach so günstig ist? Könnten da vielleicht noch andere Kosten anfallen?
atamani meint
@Volsor
18 Cent weniger als Benzin… aber deutlich mehr als LPG, CNG ne Strom!!!
151kW meint
„Und warum fährt dann nicht jeder Diesel wenn es doch ach so günstig ist?“
Weil es anscheinend Menschen gibt, denen dermögliche Lungenkrebs der Nachbartochter eben nicht egal ist? Weil es Menschen gibt, die nicht betrügen wollen?
M3 meint
Wenn Mutti es will, wird sicher bald auch das Subventionsäckchen aufgemacht und fleißig Steiergelder verteilt.
Damit geht dann auch die „strategischen Fähigkeiten“ der deutschen „Premium“ Hersteller auf…
Peter W. meint
Das Geld von Mutti nehmen sie erst dann, wenn ihnen auch noch eine Absatzgarantie gegeben wird. Das wird wie bei den Windrädern in der Nordsee. Zuerst wird der Bau subventioniert, und wenn die Kabel an Land fehlen, wird auch noch der Strom bezahlt, den sie nicht liefern können.
150kW meint
„..wenn ihnen auch noch eine Absatzgarantie gegeben wird“
Das wäre das chinesische System. Ich denke aber nicht das es so weit kommt.
Tesla-Fan meint
Eher gehen wir mit wehenden Fahnen unter.
alupo meint
Ob ich diese plötzliche Weitsicht in ihrer Umsetzung noch erleben werde?
Freuen würde es mich. Ein Abdriften Deutschlands in Richtung „Serviceland“ wie z.B. Griechenland, Portugal etc. ist doch wohl keine Option.
Fotolaborbär meint
Es war immer ok Öl zu kaufen. Auch in den 50er Jahren hatte Deutschland die Möglichkeit aus Kohle Benzin zu machen. Es war eins von diesen G-Wörtern was das verhindert hat- Gier,Geiz,Genialität…. ich weiß es nicht mehr.