Neue, digitale Geschäftsmodelle, der Wandel der Automobilindustrie und der Skandal um manipulierte Dieselabgaswerte wirken sich zunehmend auf die Arbeitgeberwahl aus: Laut einer aktuellen Studie verlieren BMW, Daimler, VW & Co massiv an Attraktivität bei Jobeinsteigern.
Studenten in Deutschland setzen nach einer Auswertung der Unternehmensberatung Ernst & Young bei der Arbeitsplatzwahl heute vor allem auf Sicherheit: 41 Prozent zieht es in den öffentlichen Dienst – deutlich mehr als bei der letzten Befragung vor zwei Jahren (32 Prozent). Die Autoindustrie – vor zwei Jahren mit 22 Prozent noch drittbeliebtester Arbeitgeber – ist nur noch für acht Prozent der Studenten attraktiv. Weiterhin hoch oben in der Gunst stehen Kultureinrichtungen (22 Prozent; 2016: 23 Prozent) und Wissenschaft (20 Prozent; 2016: 18 Prozent).
Die hohe Attraktivität des öffentlichen Dienstes ist den Beratern zufolge auf das Bedürfnis der Studenten nach Sicherheit zurückzuführen: Über die Hälfte (57 Prozent) nennt Jobsicherheit als wichtigsten Faktor bei der Wahl des Arbeitgebers. Damit ist dieser Aspekt das bedeutendste Kriterium bei der Wahl des Arbeitsplatzes. Das Gehalt und mögliche Gehaltssteigerungen sind für 44 Prozent wichtig, Kollegialität wird von 41 Prozent genannt.
„Ganze Branchen sind im Umbruch begriffen. Start-ups können mit neuen, digitalen Geschäftsmodellen bisherige Gewissheiten auf den Kopf stellen. Der öffentliche Dienst wirkt da wie ein Hort der Beständigkeit inmitten des Umbruchs“, so Ernst & Young. Bei der Autoindustrie kämen derzeit mehrere Faktoren zusammen: „Möglicherweise hat die Dieselkrise auch einige potenzielle Bewerber abgeschreckt. Gravierender dürfte allerdings sein, dass Ingenieure inzwischen vermehrt in die IT streben.“
Schaut man sich die Branchen an, in die es Studenten verschiedener Fachrichtungen zieht, fällt laut Ernst & Young bei den Ingenieuren eine gravierende Veränderung auf: Die IT- und Softwarebranche ist für eine Mehrheit von 53 Prozent besonders interessant – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2016, als 35 Prozent die Branche als besonders attraktiv bezeichneten. Erst mit einem Anteil von 25 Prozent folgt die sonstige Industrie. Die Automobilindustrie – vor zwei Jahren mit 58 Prozent der Nennungen unangefochtener Spitzenreiter – landet mit 19 Prozent nur noch auf Rang vier der Beliebtheitsliste.
alupo meint
Unabhängig von der oben gezeigten Statistik, bei einem Vergifterhersteller würde ich mich auch nicht bewerben wollen.
Schon gar nicht bei einem ohne Einsicht für das eigene Fehlverhalten.
O.k., wenn ich ansonsten im Stellenmarkt absolut keine Chance hätte, also vielleicht vor Hartz 4 schon.
Strauss meint
Sorry, anfang der 50er Jahre hatte der Käfer , Fiat 500/600 und Renault Heck nicht nur die Pferdekutschen als billigere Alternative gegen sich. Nein da waren schon die grossen AMI Schlitten Plimouth, Dooge. alles von GM und auch noch die grossen Ford Benzinsäufer. Diese waren aber lediglich den grossen Geschäftsleuten reserviert. Eine Käuferschicht heute vergleichbar mit denen die sich den TESLA leisten können. Somit wiederholt sich die Geschichte, ergo man wüsste schon wie ein elektrisches Volksauto sein müsste………
Strauss meint
Auch ohne Dieselmauschelei wären die letzten Jahrzehnte zwar mit einem halben Liter Mehrverbrauch, gleichviele Autos verkauft worden. Möglicherweise mit einer leichten Verschiebung zu Benzinern und zu anderen Autobauern. Es gab gar keine andere Alternative! Auch künftig werden es die E Autos mit dem heutigen Stand der Technik noch immer schwer haben gegen die günstigeren Verbrennern. Zum Unterschied gegen Anfang der 50 er Jahren als der Käfer von VW und der Renault Heck kamen, gab es ausser den Pferdekutschen keine Alternative. Der Markt bestimmt die Jobangebote. Viele der E-Start uper werden dies auch noch erleben.
Chevrolet wird trotz eines der besten E Autos z. Zt. (Bolt) seine Montagebänder anhalten müssen. Erst wenn es die Menschen am eigenen Leb verspüren, dass der Klimawandel den Umstieg, wenn auch etwas teuerer, dringend machen müssen, kann dies schneller gehen. DA wird auch VW wieder ganz vorne dabei sein. Der Sieg der E formel 1 im Zürich von Audi beweist, dass sie wissen wo der Hase auch elektrisch lang läuft.
Uwe meint
Studenten brauchen in der Regel keine Auto – oder können sich keines leisten.
Die Zulassungsstatistiken der Großstädte München, Berlin, Köln zeigen dass im Durchschnitt nur noch jeder Dritte ein eigenes Auto hat – in diesen Städten.
Innerhalb der Gruppe der 18-30 jährigen, zu der auch die Studenten zählen, sogar nur jeder sechste.
(Quelle: Statistisches Bundesamt, 31.12.2016)
Innerhalb der Gruppe bildet sich aus dem eigenen Bedarf und der Wahrnehmung der Automobilindustrie als Branche mit sehr zweifelhaftem Ruf natürlich eine Grundhaltung für die Berufswahl.
Dazu kommen rationelle Überlegungen zu den Themen: Zukunftssicherheit (Technologie-Affinität), Umweltbewußtsein und Standortentscheidungen (Attraktivität des Arbeitsplatzes im Wohnumfeld, Kosten für Wohnung und Lebensunterhalt)
und da sieht es insgesamt sehr schlecht aus für die Autoindustrie (Verbrenner-Hersteller)
Effendie meint
Von solchen Studien halte ich im Grunde nichts… Glaube keiner Studie die du nicht selber angefertigt hast.. ups oder war es Statistik ?
Ne im Ernst der Sog der großen Marken bei Arbeitnehmern ist immer noch ungebrochen. Den Geld lockt im Endeffekt immer.
Thomas R. meint
Ich habe selbst schon in der Familie vom Studium in der Automobilindustrie abgeraten. Vor allem Maschinenbau. Warum? Weil es logisch ist.
Ich würde auch keinem mehr empfehlen Pilot zu werden oder Lokführer oder oder… Handwerker ist gar nicht schlecht! Aber anstrengend mit den Jahren. Außerdem muss man hier wirklich etwas können.
Peter W. meint
Vor Allem dem letzten Satz ist nichts hinzuzufügen!
Jeru meint
Menschen interpretieren gerne und viel, auch die abenteuerlichsten Dinge wie man hier wieder sieht.
Wir haben hier eine Studie die allgemein Studenten zur Arbeitsplatzwahl befragt, also auch völlig fachfremde Studenten aus der Sozialpädagogik oder Biologie. Wer die angebotenen Studiengänge in Deutschland kennt, der weiß, dass sogar die große Mehrheit der Studiengänge nichts mit Ingenieuren oder Technik zu tun hat. Und von den nicht-technischen Studiengängen gibt es immer mehr..
Mich verwundern die Zahlen überhaupt nicht, weil der „klassiche“ Student im Jahr 2018 sehr wenig mit Technik am Hut hat und das deckt sich auch sehr schön mit dem Arbeitsplatzwunsch: Öffentlicher Dienst.
Die deutschen OEM´s sind bei den Technik-Studenten immer noch ganz hoch im Kurs und in dieser Umfrage ein direktes Ergebnis von fehlenden eFahrzeugen deutscher Hersteller zu sehen ist peinlich, weil haltlos.
Fritz! meint
Das stimmt und stimmt natürlich auch nicht. Wichtig ist bei dieser Untersuchung doch die Veränderung zu den Jahren davor. Und da wurden genaus dieselbe Menge an SozPäds, BauIngs und sonstigen Leuten befragt. Und da stinken als Beispiel die PKW-Hersteller immer mehr ab. Vor 20 Jahren war ein Job bei VW mehr Wert als einer auf dem Amt, inzwischen kündigen Menschen einem die Freundschaft, wenn man bei VW arbeitet (etwas übertrieben formuliert).
Jeru meint
Ich sehe das anders und beobachte einen allgemeinen Schwund an technisch orientierten Studenten. Man kann heute alles studieren und das bedeutet, dass jedes Jahr der Anteil an Studenten mit technischem Hintergrund kleiner wird.
Man könnte auch vermuten, die Studie bildet einfach diesen Prozess ab.
Meine persönliche Wahrnehmung ist, dass die OEM‘s bei den technisch orientierten Studenten nichts an Attraktivität verloren haben. Richtig ist aber auch, dass man in den „Hybridstudiengängen“ wie Wirtschaftsingenieurwesen oder technische Informatik einfach mehr Auswahl hat und das Automobil vielleicht insgesamt weniger interessant für diese Studenten ist. Der Anteil an Studenten in diesen Studiengängen nimmt gleichzeitig nachweislich zu.
Ob ich im Einkauf bei VW oder Nivea sitze macht zwar einen geringen Unterschied, wird durch die Zahlen in der Studie aber als Ohrfeige wegen geringer Anzahl an eFahrzeugen interpretiert..
Das ist aus meiner Sicht viel zu pauschal und kommt schlicht aus einer gewissen Haltung der deutschen Industrie gegenüber.
Blackampdriver meint
Arbeitsplatzsicherheit ist schon immer das höchste Gut gewesen. Leider wurde durch die Gesetzesöffnung hin zu befristeten Jobs nur auf die Bedürfnisse der Großindustrie geachtet. Das rächt sich jetzt zunehmend. Auch die Wandlung in der Industrie weg von Linienorganisationen hin zu Projektorganisationen trägt einen maßgeblichen Anteil dazu bei, dass die jungen Menschen nicht mehr als Nomaden umherziehen wollen, sondern sich ein sicheres, auch soziales und privates Umfeld wünschen. Hatten wir alles schon mal…vom Jäger zum Bauern…Tausende Jahre her aber immer noch hochaktuell..
Düsentrieb meint
Ich kann nur sagen: Respekt. Im Einzelfall wirken Jugendliche heutzutage oft planlos. Diese Studie zeigt jedoch, dass die meisten gut wissen was wichtig und richtig (für Sie) ist.
Peter W. meint
Da werden wahrscheinlich viele erkannt haben, dass die Zukunft und Innovationskraft nicht bei denen zu finden ist, die ihre Ingenieure zu Mittätern beim Manipulieren der Produkte machen.
Warum sind wohl die Spezialisten bei der Elektrosparte von BMW nach China gegangen? Bestimmt nicht, weil sie schlecht bezahlt wurden. Wenn man mit seiner Ausbildung nichts bewegen kann, kann man auch im Staatsdienst arbeiten. So langweilig ist es da gar nicht.
Fritz! meint
Spannend wäre die Umfrage gewesen (zumindest für mich), wenn sie nach einzelnen PKW-Herstellern gefragt hätten. Ich bin mir sicher, daß da sehr große Unterschiede zwischen einer Firma Tesla, VW, BMW oder Mercedes als möglichen zukünftigen Arbeitgeber vorhanden sind.
Mini-Fan meint
Wenn natürlich jeder, der im Vorstand von BMW sitzt, Vorstandsvorsitzender von BMW werden möchte, dann geht das nun mal nicht – dann müssen einige davon halt abwandern, zu Kia, Byton oder Borgward. Oder zu VW (Diess) oder gar zu Linde (Reitzle). Oder versuchen, zu Audi (Duesmann) zu kommen.
Peter W. meint
So einfach ist das nicht. Die i3 Verantwortlichen haben einen super Job gemacht. Wenn man dann aber jahrelang nur zukünftige Fahrzeuge planen soll, die nicht gebaut werden, verliert man die Lust. Ich glaube eher, dass den Leuten die BMW verlassen haben das Warten einfach zu blöd geworden ist. Wahrscheinlich haben sie erkannt, dass ihre Firma in die Abseitsfalle läuft.
150kW meint
Wir reden hier immer noch von vier BMW Leuten die bekannt sind. Darunter auch Design und Marketing Leute. Und das sind Jobs wo man durchaus öfters mal die Firma wechselt.
Andreas T. meint
Gründe für diese Entwicklung sehe ich in dem fehlenden Verantwortungsbewusstsein nicht nur in der Industrie und der Politik, sondern auch in der Gesellschaft. Die Menschen leben größtenteils im gestern und maximal im heute, aber sehen die Zukunft, bzw. die globale Entwicklung nicht, oder wollen sie nicht sehen. Deutschland als führende Wirtschaftsmacht hat uns selbstgefällig gemacht, glauben nach wie vor, dass wir auch in 50 Jahren noch Exportweltmeister sein werden. Das ist ein Irrglaube. Junge Menschen in Deutschland zeigen uns schon seit Jahren, dass z.B. das Auto als Statussymbol ausgedient hat. Die Innenstädte zeigen uns Allen, dass es so nicht mehr weitergeht. Nur die Schuld der Industrie und Wirtschaftsbosse? Nein. Wir Alle tragen eine Mitverantwortung. Die letzten 3 Neuwagen in unserer Straße sind SUVs der Marken Audi, VW und Skoda. Jährliche Fahrleistung nach Angaben der Besitzer zwischen 7000-15000 KM. Das ist die Realität. Man kann nicht für Umwelt sein und gleichzeitig einen SUV im Stadtverkehr fahren, um die Kinder in die Schule zu fahren. Übertrieben? Einfach sich mal einen Tag vor einen Kindergarten stellen und schauen…….Eine Gesellschaftsstudie par excellence……..
Ernesto 2 meint
1+; so hätte ich es auch geschrieben.
225XE meint
auch 1+
Eine sehr gute sachliche und realistische Zusammenfassung.
Priusfahrer meint
Viele Fachleute und Akademiker wandern aus, in sogar ferne Industrie-Nationen.
Der Wandel der Automobilindustrie vom Wirtschafts führenden DAX-Unternehmen zum politischen und wirtschaftlichen Pokerspieler-Treffen hinterläßt nicht nur bei Wirtschaftsfachleuten, Insidern und Jung-Akademikern einen negativen und bitteren Nachgeschmack, sondern schädigt den ehemals guten Ruf und die
Bonität der dt. Automobil-Industrie. Wer hat das zu verantworten?
Die Vorstände? Die Vorstandsvorsitzenden? Die Politik durch ihre geschwächte
Position?
Klaus Schürmann meint
Wir müssen uns den Schuh schon selber anziehen. Wir sind der Stau. Wir halten die Kaffesatzleserei vom Frankfurter Parkett für bare Münze. Ich höre noch den Herrn Müller : Ich kann keine unternehmerische Fehlleistung erkennen, wenn VW 2015 in USA 25 Milliarden Strafe gezahlt hat und 2016 bereits wieder 1 Milliarde Gewinn gemacht hat. Das sagte er 2017. 2018 sagte er : Wir haben 10,3 Millionen Autos in 2017 verkauft und 11 Milliarden Gewinn gemacht! Kurz danach wurde er von einem Nachfolger ersetzt, der jetzt in U-Haft ist. Noch Fragen ?