„Elektro ist kein Alleinstellungsmerkmal“, findet Byton-Chef Carsten Breitfeld. Die Technik erlaube es der chinesischen Autofirma aufgrund der geringen Komplexität überhaupt erst, in den Markt einzusteigen. Doch „Elektroautos kann heute jeder bauen, der will“, so Breitfeld. Er setzt daher vor allem auf digitale Mehrwerte.
Byton baut noch kein Fahrzeug in Serie, gilt aber als eines der vielversprechendsten neuen Elektroauto-Projekte. Sich selbst sieht das Unternehmen dabei nicht als Startup. „Wir bauen seit Jahren ein Unternehmen auf und wollen Produkte in größerem Rahmen industrialisieren“, betonte Breitfeld im Gespräch mit der Automobilwoche. Dabei gehe es dem ehemaligen BMW-Manager „nicht in erster Linie um Elektro“.
Auf der Technikmesse CES in Las Vegas hat Byton vor wenigen Tagen einen weiteren Ausblick auf seine erste Baureihe gegeben – den M-Byte. Außen hat sich des SUV seit der Enthüllung im letzten Jahr nicht verändert, dafür gab es im Inneren eine Neuerung: Neben dem wohl bisher größten zentralen Display in einem Pkw und einem Monitor im Lenkrad bietet der M-Byte nun auch in der Mittelkonsole einen Bildschirm. Hinzu kommen Displays für die hinteren Passagiere.
Bis auf das zentrale Display auf dem Armaturenbrett setzt Byton komplett auf Touchscreens. Neben der Bedienung und Überwachung des Fahrzeugs erfüllt dies vor allem den Zweck, die Insassen zu vernetzen und sie mit Multimedia-Inhalten zu versorgen. Anders als traditionelle Hersteller verspricht sich Byton von dem Verkauf seiner Autos nur wenig Marge. Im Mittelpunkt stehen stattdessen Konnektivität und „Shared Mobility“.
„Mit der verkauften Hardware werden wir auch in der Lage sein, Umsätze mit Konnektivität zu generieren“, erklärte Breitfeld. „In zehn Jahren, also 2028, wird Byton über 50 Prozent des Umsatzes mit Mobilitätsdiensten erwirtschaften, davon bin ich überzeugt.“ Angesichts dieser in der Branche bisher unüblichen Strategie vergleicht der Byton-Chef das von ihm mitgegründete Unternehmen nicht mit anderen Autoherstellern, sondern iPhone-Erfinder Apple.
Der M-Byte soll noch in diesem Jahr in China an erste Kunden ausgeliefert werden, die Fabrik dafür wird dort derzeit fertiggestellt. Auf das SUV soll die Limousine K-Byte folgen, anschließend ist ein für den gewerblichen Flotteneinsatz konzipiertes Kompaktmodell geplant. In die bisherige Arbeit haben Investoren laut Breitfeld etwa eine Milliarden Euro fließen lassen. Für das neue Werk und weitere Aufwendungen ist eine weitere Milliarde einkalkuliert.
Europa-Start „am schwierigsten“
In den ersten vier Jahren nach dem Produktionsstart will Byton die Fertigung von 100.000 auf 300.000 Fahrzeuge hochfahren. Im Fokus steht dabei zunächst China, „auch die USA, insbesondere Kalifornien, werden wichtig“, so Breitfeld. Der Eintritt auf dem europäischen Markt werde „am schwierigsten und am langsamsten“. Seine Haupt-Wettbewerber sieht Byton weltweit in den Marken BMW, Mercedes, Audi und Tesla.
Breitfeld ist davon überzeugt, sich gegen die etablierten Anbieter durchsetzen zu können. Dies liege zum einen an deren Schwierigkeiten damit, sich zeitnah in großem Umfang zu transformieren, wie es der Markt derzeit erfordert. Hinzu komme, dass die Manager an der Spitze der Autobauer bisher vor allem an KPI, also an der Profitabilität, gemessen werden. Der Transformation des Unternehmens Priorität einzuräumen und dafür hohe Investitionen zu tätigen, sei daher nicht attraktiv.
Insgesamt sieht sich Byton auf Kurs. Dafür sei unter anderem ausschlaggebend, dass das Unternehmen auf „zu schnelle Pläne mit der Modellpalette“ verzichtet habe. Breitfeld unterstrich: „Wir setzen jetzt nur eine Botschaft: Wir liefern wirklich.“
Alexander Fromm meint
Ich denke die Hersteller werden schon Geld mit den Fahrzeugen verdienen, nur nicht mehr soviel wie mit den Verbrennern. Das hat heute auch meine Frage bei einem Kia-Händler ergeben. Inspektionen wird es trotzdem alle 15.000 Km geben. Muss es auch, denn auch der Hochvolt-Elektroantrieb braucht Kontrollen für die Garantie von 7 Jahren. Derzeit bauen nur die Koreaner leistbare Fahrzeuge mit westlichem Komfort. Renault baut zwar den Zoe aber der ist nicht unbedingt komfortabel. Tesla ist mit knapp 60000 Euro viel zu teuer. Der neue VW wird zu klein sein. Zumindest für Diejenigen mit Familie und anderen Platzbedarf fressenden Belange. Audi mit seinem eTron SUV, für dies Leistung viel zu teuer! Warum baut kein Hersteller einen KOMBI? Nein nur SUV’s. Und dann auch noch ohne Anhängerkupplung! Leider gehöre ich auch zu den Leuten die eine Hängerkupplung benötigen. Also Geld könnte man schon so verdienen, wenn man baut was Kunden benötigen. ;-)
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
In der Theorie kann natürlich jeder E-Autos bauen, in der Praxis hat sich aber auch Tesla sehr viel Know-How erarbeiten müssen und es hat Zeit gekostet, dass das Unternehmen heute so gut dasteht.
Der schlaue Herr Breitfeld soll mal sein erstes Auto verkaufen und wenn dass dann technisch hinreichend funktioniert und auch finanziell wettbewerbsfähig ist, dann schauen wir uns mal an, was er denn sonst noch für Gimmicks zu bieten hat.
Ich bin mir sicher, das zu diesem Zeitpunkt viele andere Autohersteller – selbst die etablierten -Ähnliches zu bieten haben. Und ob man es braucht oder man es sich leisten will, ist dann noch mal eine ganz andere Sache.
Jeru meint
Vor Kurzem wurde hier argumentiert, dass der Fahrzeugbau ein sehr komplexes Thema ist und kein neuer Hersteller innerhalb von ein paar Jahren zu den etablierten aufschließen wird. Tesla Fans haben das lachhaft abgetan.
Heute behauptet Byton, es sei für jeden möglich ein BEV zu bauen und Tesla Fans argumentieren, dass der BEV Bau ein sehr komplexes Thema ist und kein neuer Hersteller innerhalb von ein paar Jahren zu Tesla aufschließen wird.
Mich amüsiert das. Willkommen bei den Dinos Tesla, die denke ist hier schon vorhanden!
nilsbär meint
Ich glaube, bei Mobilitätsdienstleistungen und Konnektivität lügen sich die Autohersteller schwer in den Sack. Beim einen wird man mit asiatischen Billigautos konkurrieren. Beim anderen werden die Leute nichts zahlen. Als Beifahrer (später Fahrer) z.B. eines Bytons ist es zwar nett, Filme und Videos auf dem großen Display und mit gutem Sound anzuschauen, aber wer wird dafür mehr als ein paar Euro im Monat zahlen, wenn überhaupt? Oder habe ich eine Killer-App übersehen?
Andreas meint
@ nilsbär:
Gut möglich, dass diese Firmen alle im Valley of Death untergehen, da sie zu früh auf langsame oder nie entstehende Trends hin planen.
In Europa mit den engen Wegen und ewigen Baustellen wird es das autonome Fahren schwerer haben. Auch sehe ich wirklich nicht, dass sich alle im Auto immer Filme reinpfeifen. Hierfür gibt es bei ganz langen Strecken für die Hinterbänke auch dvd-player. Mir reicht es, wenn Spotify gut integriert ist, anderen reicht der CD-player und Radio.
Vielleicht sind wir aber auch nur zu alt oder Europa hier einfach nicht wichtig.
Leotronik meint
Mein Leaf 2013 bietet schon eine Vielzahl von Spielkram im Bordcomputer den ich nicht brauche. Wer braucht den Spielkram der hier hochgepusht wird? Ich brauche ein EV mit Anhängerkupplung. Und zwar mechanisch und reell. Nix virtuelles.
Wer es liefern wird der hat mich als Kunden. Tesla X und eNV200 haben zwar eine AHK aber sind nicht das passende EV für mich.
Jörg2 meint
Hat jemand eine Idee, welche „Umsätze mit Konnektivität“ hier gemeint sein könnten?
Was könnte die Plattform „Auto“ so grundsätzlich anderes in dem Bereich, als mein Smartphone, welches ich in jedes x-beliebige Auto mitnehmen kann?
Und: Welche „Konnektivität“ wird zukünftig so dringend nachgefragt werden, dass der Nutzer sie auch wirklich, wirklich, wirklich, ganz, ganz, dringend auf jedem seiner Fahr-km benötigt (und eventuell nur auf diesen km und in diesem Auto realisiert bekommt)?
Jürgen S. meint
Der Byton soll bald autonom fahren können. Wenn die Autoinsassen nichts zu tun haben, werden sie den Wagen als Kino- oder Musiksaal oder Konferenzraum nutzen wollen. Die bisher vorgestellten Byton’s sind nicht primär als günstige Fahrzeuge für Handwerker konzipiert, die im Kurzstreckenbereich von Kunde zu Kunde springen oder für Lieferdienste, sondern als Premiumfahrzeuge. Siehe die Auflistung der Mitwettbewerber. Ein Smartphone kann nicht das Audiovisuelle Erlebnis eines sehr gut ausgestatteten Byton’s bieten.
Dann geht gerne vergessen, dass Byton auch Car-Sharing auf dem Radar hat. Diese Kundschaft möchte auch unterhalten werden.
Wenn jeder Autokäufer nur Fahrzeuge kaufen würde, die keinerlei Konnektivitätsservices bieten würden, dann würden in Deutschland fast nur noch Lada’s in Minimalausstattung verkauft und kein einziges Fahrzeug hätte ein Navi oder gar ein Radio. Dem ist aber bekanntlich nicht so.
Selbst ein Navi oder ein Radio bietet eine Konnektivität, auch wenn die nur einseitig ist. Navi oder Radio brauchts nicht zwingend.
Jörg2 meint
Das kann natürlich sein, dass sich Videotelefonie zu einem Massenmarkt entwickelt, sich Firmeninterna besser über externe Telefonieanbieter austauschen lassen und es für Smartphones nie ausreichen wird, sich nur den externen Monitor und die Boxen zu schnappen. Neue Anwendungen wären das ja eher nicht. Nur ein zusätzlicher Kanal/Anbieter.
Also eher „alter, guter Wein in neuen ungewissen Schläuchen“? Also so wirklich neues, was als Alleinstellungsmerkmal herhalten könnte? Bei dem ich im CarSharing-Bereich mit ganz bewusst deswegen für DIESES Auto entscheide?
Für mich liest sich die Firmenzielsetzung so, als hätten die etwas im Ärmel, von dem ich mir bisher nicht habe träumen lassen, dass ich es brauche.
Jürgen S. meint
Was Byton im Ärmel hat, ist vermutlich eine Vision, die wir uns noch garnicht so richtig vorstellen können zu leben. Das Auto als selbstfahrende geteilte Unterhaltungs- und Kommunikationsbox mit Touchscreens und Supersound.
Zur Vision gehört es vermutlich auch, dass durch massives Carsharing die Anzahl der gleichzeitig fahrenden Autos stark reduziert wird.
Für viele Menschen auf der Welt ist es vermutlich Luxus pur, in Zukunft nicht per ÖV zu fahren, sondern von so einem Fahrzeug gefahren zu werden. Das hat kaum etwas gemeinsam mit der jetzigen gestressten Fahrerei auf Deutschen Autobahnen im Berufsverkehr.
Irgendwelche Beschleunigungs- und VMax Daten werden dann unwichtiger werden, sondern Entertainment, Wellness und der Relaxfaktor werden stattdessen ganz oben auf der Wunschliste eines Byton-Nutzers stehen.
Jörg2 meint
Schon heute ist MEIN Luxus: Smartphone aus, keine Beschallung, kein sonstwas Input von irgendwo her….
El Commandante meint
“ Welche “Konnektivität” wird zukünftig so dringend nachgefragt werden, dass der Nutzer sie auch wirklich, wirklich, wirklich, ganz, ganz, dringend auf jedem seiner Fahr-km benötigt?“
Genau das wäre auch meine Frage… der Business-Ansatz wird hier „Abo“ lauten… ein Abo für das, ein weiteres Abo für jenes… und so dem Kunden schön monatlich mehr Geld aus der Tasche ziehen… wer´s braucht, von mir aus… ich versprüre zum Glück nicht das Bedürfnis nach noch mehr monatlichen Fixkosten…
BeatthePete meint
Etwas was den Raum oder das Display besonders ausnutzt und nicht einfach via Smartphone 3rd Party realisierbar ist.
Evtl etwas was die Bequemlichkeit/Ambiente anspricht oder zeitliche Vorteile bringt.
Dienstleistungen temporär z.b Autopilot Aktivierung 1Tag oder Massagefunktion oder fertiger Einkaufskorb am Ziel/Zwischenstop.
Das wird aber das Feld sein in dem sich die Autohersteller unterscheiden werden denn die Autos sind ähnlich und auch das Feld womit man Geld verdienen werden wird.
Der der hier gute Ideen hat …
Jörg2 meint
Ja, aber wenn ich vorher als zukünftiger Anbieter erstmal ein Auto bauen und verkaufen muss, bin ich da nicht chronisch gegenüber einem „Nur-Dienstleistungsanbieter“ im Hintertreffen? Das klappt doch nur, wenn ich den Zugang für andere Dienstleister einschränke bis komplett unterbinde? Also auch die Möglichkeit des Mitfahrers, SEINEN Dienstleister zu nutzen.
Ich bin gespannt, wohin uns das alle noch bringt!
BeatthePete meint
Verbote sind immer schlecht und mit Faden Beigeschmack.
Die Angebotene Leistung des Autos muss immer besser/bequemer sein als das was man ohne das Angebot kann.
Das kann was triviales sein .z.B Display in Hello Kitty Farben (China!) für 1 Euro oder was komplizierteres Multi LTEVerbindung mit 1gbits Bandbreite für ..
Evtl doch kompletten Interieurwechsel zwischen hellroten 7 – Sitzer Familie und dunkelgrünen1 Sitzer Schlafkabine mit Nachtkästchen & Sektbar ?
Satcadir meint
Es ist eigentlich logisch. Elektroplattformen erlauben mehr individuelle Ausformungen als Verbrennerplattformen. Deshalb wird deren Produktion bald an die Zulieferer ausgelagert und im hohen Masse standartisiert.
Allerdings gilt das auch für die elektronische Plattform. Nvidia + Android und Apple Car und darauf markenspezifisches Branding.
Wo da signifikanter Mehrwert geschaffen werden soll, ist mir allerdings ein Rätsel.
Frakrei meint
Bauen kann sie jeder der will! Geld damit zu verdienen das ist die Kunst.
Niklas meint
Alle wollen Apple sein, das wird echt langweilig. Steve Jobs hätte niemals einen Touchscreen als Haupt-Bedienelement ins Auto gebracht, weil er ein Verständnis für anwendungsgerechten Nutzen hatte — was macht hier Sinn und woanders nicht?
Im Übrigen darf man auch hier nicht vergessen, dass ein Herr Breitfeld im Sinne von Byton argumentiert. Es stimmt, dass CEOs von etablierten Herstellern unter den genannten Zwängen stehen und das sollte man bei der hier häufigen Motzeritis im Hinterkopf haben. Angesichts der gewaltigen Investitionen und Bemühungen derzeit bei zB VW kann man trotzdem zuversichtlich sein, dass auch die meisten Etablierten die richtigen Schlüsse ziehen und erfolgreich sein werden, auch wenn sie um ihre momentane Position kämpfen werden müssen.