Der Aufsichtsrat der Volkswagen AG hat zum Jahresende wichtige Entscheidungen zu Konzern-Vorstandspersonalien und der Neuorganisation des Unternehmens getroffen. Das Kontrollgremium sprach zudem Vorstandschef Herbert Diess und seiner massiven E-Mobilitäts-Offensive das Vertrauen aus. Mit seiner Forderung nach einer frühzeitigen Vertragsverlängerung konnte sich der Volkswagen-Boss allerdings nicht durchsetzen.
Der aktuelle Vorstandsvertrag von Diess läuft noch bis April 2023, er wollte aber einen neuen Vertrag bis Ende 2025. Der 62-Jährige begründete dies damit, dass er den Konzern so mit größeren Erfolgsaussichten in die Zukunft weiterführen könne. Doch insbesondere der Betriebsrat soll sich gegen die Vertragsverlängerung gewehrt haben – wohl, um Diess an zu radikalen Spar- und Personalmaßnahmen für die Realisierung seiner Zukunftsstrategie zu hindern. Nun wurde offenbar ein Kompromiss gefunden.
„Herbert Diess prägt Volkswagen seit 2015 maßgeblich. Ohne seinen Einsatz wäre die Transformation des Unternehmens nicht so konsequent und erfolgreich verlaufen. Dabei schätzt der Aufsichtsrat die Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit, mit der Herbert Diess den technologischen Wandel, den Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, aber auch die wirtschaftlichen Ergebnisse des Unternehmens vorantreibt“, erklärte der Aufsichtsrat. Und weiter: „In den kommenden Jahren wird der Vorstand der Volkswagen AG die Strategie mit Herbert Diess an der Spitze umsetzen. Der Vorstandsvorsitzende und sein neues Vorstandsteam haben die volle Unterstützung des Aufsichtsrats, wenn es um die Neuausrichtung auf Elektromobilität, Digitalisierung, aber auch um die Steigerung von Effizienz und Profitabilität in allen Marken und Konzernteilen geht.“
Auch die Familiensprecher der wichtigsten Eigentümer des Konzerns Wolfgang Porsche und Hans Michel Piëch sprachen Diess ihr Vertrauen aus: „Es ist für uns von entscheidender Bedeutung, dass Herbert Diess mit seinem neuen Vorstandsteam diese wichtige Phase des Volkswagen-Konzerns weiter prägen wird. Bei der Umsetzung der Strategie mit den Schwerpunkten Elektromobilität und Digitalisierung hat er unsere volle Rückendeckung“, erklärten sie.
Diess selbst sagte: „Wir treiben die größte Transformation in der Geschichte von Volkswagen gemeinsam und entschlossen voran. Wir werden in den kommenden Jahren weiter in die E-Mobilität, die Digitalisierung und Batterietechnologie investieren und gleichzeitig Fixkosten und Materialkosten konzernweit in allen Marken und Regionen substanziell reduzieren, um die Zukunftsfähigkeit von Volkswagen sicherzustellen.“ Vom Konzern-Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh hieß es: „Zwischen Aufsichtsrat, Vorstand und Belegschaftsvertretern herrscht absolute Einigkeit über die konsequente Ausrichtung des Konzerns auf unsere strategischen Ziele der Transformation. Bei der Umsetzung bekennen sich alle Beteiligten weiterhin zur Gleichrangigkeit von Wirtschaftlichkeit und Beschäftigungssicherung sowie zur Bedeutung der Ausbildung. Damit beweisen wir erneut, dass wir die vor uns liegenden großen Herausforderungen nur gemeinsam am besten bewältigen.“
Weitere Neuorganisation
Zu den Entscheidungen des Volkswagen-Aufsichtsrats gehört auch, dass der Konzernsitz Wolfsburg mittelfristig „die richtungsweisende Fabrik für die hochautomatisierte Fertigung von Elektrofahrzeugen“ werden soll. Dort soll das „künftig führende Elektrofahrzeug der Marke Volkswagen Pkw auf der Grundlage hoch produktiver und auch in Bezug auf Kosten wettbewerbsfähiger Standortbedingungen“ gebaut werden. Hierzu soll ähnlich dem Artemis-Vorhaben bei Audi ein Projekt aufgesetzt werden, das von der Entwicklung bis zur Produktion des Fahrzeugs alle Aktivitäten bündelt.
Mit Blick auf den gesamten Konzern wollen sich Vorstand und Betriebsrat bis Ende des ersten Quartals 2021 auf einen Plan verständigen, um die Fixkosten um fünf Prozent unter Berücksichtigung der bestehenden Programme bis 2023 zu reduzieren. Die Materialkosten sollen in den kommenden zwei Jahren um sieben Prozent gesenkt werden.
Bereits entschieden hat das Gremium, dass Lamborghini und Ducati Bestandteil des Volkswagen-Konzerns bleiben. Zuletzt wurde spekuliert, dass die Sportwagenmarke und der Motorradhersteller verkauft werden könnten. Ähnliche Gerüchte gab es auch bezüglich der Zukunft der Luxus-Tochter Bugatti, hierzu äußerte sich der Volkswagen-Aufsichtsrat jedoch nicht. Im Zuge der Neuorganisation wurde des Weiteren beschlossen, dass die Marke Bentley ab März 2021 in die Managementverantwortung der Marke Audi gegeben wird, um im Rahmen der Elektrifizierungs-Strategie der beiden Premium-Anbieter Synergien zu heben.
Ein weiterer Beschluss: Im Rahmen des Neuzuschnitts des Konzernvorstands werden die Ressorts Beschaffung und Komponente getrennt. Neu geschaffen wird das Konzern-Vorstandsressort „Technik“. Führen wird es ab 2021 der Vorstandvorsitzende des internen Zulieferers Volkswagen Group Components Thomas Schmall. Schmall verantwortet künftig konzernweit alle Aktivitäten der Group Components, die Vermarktung der Volkswagen-Baukästen an Dritte, die Entwicklung und Herstellung von Batteriezellen sowie die dazugehörige Beschaffung, die Themen Laden und Ladesysteme und die entsprechenden Joint Ventures.
Volkswagen hat im November verkündet, „zum digitalen Mobilitätskonzern“ werden zu wollen. Dazu erhöhen die Wolfsburger ihre Investitionen weiter: Im Rahmen der aktuellen Planungsrunde sollen in den kommenden fünf Jahren rund 73 Milliarden Euro in Elektromobilität, Hybridisierung und Digitalisierung investiert werden. Der Konzern erhöht die Ausgaben für Sachanlagen sowie Forschung und Entwicklung in Zukunftstechnologien damit auf 50 Prozent der Gesamtsumme von rund 150 Milliarden Euro, die Vorplanung sah 40 Prozent vor. Allein in die E-Mobilität werden rund 35 Milliarden Euro investiert. Für die Hybridisierung des Modellportfolios sind 11 Milliarden Euro eingeplant, für Digitalisierung 27 Milliarden Euro.
stefan meint
Da wird offensichtlich auf Konzernebenen im Vorstand und Aufsichtsrat noch heftig gekämpft. Noch sind die Stückzahlen eher im Kleinserienbereich und mögliche Volumenmodelle wie der e-up! werden hemmungslos abgewürgt. Selbst beim ID3 schafft VW keinen besseren Start als ein Newcomer mit einer Beta-Version. Das merken sich die Kunden! VW ist aus meiner Sicht noch lange nicht auf dem Weg zu einer ehrlichen Erneuerung.
Hans Welzhofer meint
Entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.
ecomento.de meint
Unser Fokus im Kommentarbereich liegt derzeit darauf, unpassende Inhalte herauszufiltern. Im nächsten Jahr könnte es dazu weitere Maßnahmen geben. Darüber hinaus möchten wir die Diskussion aber nicht zu sehr einschränken.
VG | ecomento.de
Egon Meier meint
Diess bleibt, er bekommt das personal, das er wollte, der Aufsichtsrat stützt die Elektrifizierungs-Strategie ..
das ist jetzt wichtig.
Die Petrolheads haben sich nicht durchgesetzt. Sie haben alles versucht, um Diess mit Bremsern zu umgeben damit er die Klamotten jetzt schon hinschmeißt. Hat nicht geklappt. Was nach 23 personell passiert ist ziemlich unwichtig. Die Weichen werden jetzt gestellt. Vorrangig in Brüssel.
Ab einem gewissen Punkt merkt jeder im Konzern, dass es mit der Verbrenner-Politik so nicht weiter geht.
Rest ist unwichtig.
DerMond meint
Was für ein Unsinn da geredet wird:“Bei der Umsetzung bekennen sich alle Beteiligten weiterhin zur Gleichrangigkeit von Wirtschaftlichkeit und Beschäftigungssicherung…“
Jeder weiß dass dies nicht gleichrangig sein kann. Entweder sind die VW-Oberen blöd oder die halten andere für blöd. Ich bräuchte keinen Obergewerkschafter der mir so einen Mist erzählt.
hu.ms meint
Aber die VW-mitarbeiter brauchen solchen ansagen, damit sie weiterhin motiviert arbeiten.
ExExperte meint
Das ist kein Unsinn, sondern ein wichtiger Eckpfeiler von AGs deren Aufsichtsrat laut Gesetz zu 50% aus Arbeitnehmervertreter besteht.
Diese Gleichrangigkeit wird für jede Betriebsvereinbarung ausgehandelt und regelt zb. auch was im Falle rückgängiger Verkaufszahlen passieren soll: Reduzierung der Arbeitszeit, das Streichen von Bonuszahlungen, etc.
Es ist also kein Marketingag von VW, sondern betriebswirtschaftliche Grundlage jeder AG
TwizyundZoefahrer meint
https://www.wiwo.de/unternehmen/auto/doppelt-so-lang-schwaetzen-halb-so-viel-verdienen-warum-vw-haendler-keine-e-autos-verkaufen-wollen/26724620.html