Armin Kistner ist beim französischen Reifenhersteller Michelin für das Innovation Management und die Serienentwicklung von Pkw-Reifen verantwortlich. Im Gespräch mit dem Portal Edison hat er über die Herausforderungen bei Pneus für Elektroautos und mehr Nachhaltigkeit in seiner Branche gesprochen.
Fahrzeuge mit Elektroantrieb haben meist ein höheres Drehmoment und durch die Batterie auch ein höheres Gewicht. Die Reifen müssten also für höhere Traglasten ertüchtigt werden, teilweise für bis zu zehn Prozent mehr Last, erklärte Kistner. Je nach Modell würden sich Traglasten von 600 bis mehr als 1000 Kilogramm ergeben. Das hänge auch von anderen Aspekten wie der Höchstgeschwindigkeit ab, auf die die Reifen abgestimmt werden müssen.
Dass Elektroautos meist eine geringere Höchstgeschwindigkeit als Verbrenner haben, liegt laut dem Experten nicht an den Reifen: Die Autohersteller seien meist nicht bereit, Zugeständnisse bei der Fahrdynamik zu machen. Stromer sollten genauso schnell um die Ecke fahren können wie Verbrenner. Die Limitierung liege daher eher am Antrieb und dem Bemühen, die Batterie nicht überzustrapazieren.
Die höchste Priorität für die Hersteller habe bei Elektroauto-Reifen neben der Sicherheit die Reichweite, das gelte auch für Plug-in-Hybride. Danach kämen die Fahrdynamik und der Geräuschkomfort. Letzterer, weil durch den Wegfall des lauten Motorengeräusches die Abrollgeräusche der Reifen stärker wahrnehmbar seien.
„Die Antriebswende zwingt uns, die Reifentechnologie signifikant weiterzuentwickeln“, so Kistner. Die Reifen von Elektroautos erforderten eine komplett neue Profilgestaltung und neue Mischungen, damit der Reifenverschleiß nicht ansteigt. Stromer bringen ein hohes Drehmoment auf die Räder, häufiges schnelles Beschleunigen sorgt daher für mehr Verschleiß.
Nachhaltigkeit im Fokus
Eine weitere aktuelle Herausforderung für die Reifenhersteller ist das Thema Nachhaltigkeit. Die Materialwahl werde immer wichtiger, berichtete Kistner. Michelin habe schon heute nicht nur nachwachsende Rohstoffe wie Sonnenblumenöl, sondern auch einen signifikanten Anteil von Recyclingmaterialien im Reifen. Den werde das Unternehmen in den kommenden Jahren weiter ausbauen.
Die Autohersteller fragten zudem die Lebenszyklus-Analyse ab. Da gehe es um die Rohstoffe, aber auch um die CO2-Bilanz der Halbzeuge und der Reifenproduktion. Betrachtet werde auch die gesamte Nutzungszeit eines Reifens: „Je länger der Reifen hält, desto nachhaltiger ist er“, erläuterte der Michelin-Manager. Anschließend spiele auch das Recycling eine immer größere Rolle. Michelin wolle bis 2030 Reifen zu 40 Prozent, bis 2050 zu 100 Prozent aus Recycling- und nachwachsenden Materialien herstellen. Ab nächstem Jahr würden deshalb PET-Flaschen und Joghurt-Becher beigemischt.
Flo meint
So ein Quark, als ob man sich die letzten 30 Jahre nicht um bessere Reifen in allen Belangen hätte kümmern können.
David meint
Reifen sind immer besser geworden, da hat sich extrem viel getan. Man muss nicht immer alles abstrafen.
Vali44 meint
Seit rund 3 Wochen fahren wir mit neuen Sommerreifen: Michelin E Primacy
Dies ist wirklich ein anderes Fahrgefühl als bei den vorherigen Reifen: das Auto (Ioniq) fährt sich viel ruhiger und „softer“. Auf glatter Fahrbahn scheint man wirklich fast zu schweben.
Der Verbrauch ist nochmals tiefer als sonst. Aktuell zwischen 8.7 und 10.8 kWh/100 km (vorwiegend Landstrasse).
Wir haben uns von unserer Garage beraten lassen, da wir viele Kilometer im Jahr fahren und einen auf E-Autos abgestimmten Reifen haben wollten.
Der Preis war geringfügig höher als der Durchschnitt, bei CHF 125.- / Stück.
Ich denke, das lohnt sich auf Zeit und die Aussagen von Michelin im Text machen Sinn.
MAik Müller meint
Das mit der Priorität „Reichweite“ kann unmöglich sein.
Ich sehe jede Menge fette SUVs mit Monsterrädern die den Verbrauch massiv steigern.
EVrules meint
Ich kann sogar verstehen, dass gerade deswegen die Reichweite sehr wichtig ist. Das Absurde daran ist, dass man so viel verbessern könnte, würde man auf so unnötig große und schwere PKW im Vorherein verzichten und eine sinnvolle Alternative wählen.
Der Kern der Nachhaltigkeit ist schließlich nicht nur der Aspekt, über welchen Antrieb ein PKW verfügt.
Ein leichtes, kleinst-mögliches Auto, mit optimierten Reifen, wäre demnach die beste Kombination.