Die Stromer-Kaufprämie „Umweltbonus“ wird ab 2023 geringer ausfallen, nicht mehr für Plug-in-Hybride gewährt und nur noch privaten Autokäufern zur Verfügung stehen. Der Fördertopf wird zudem auf eine Summe begrenzt, die schon im nächsten Jahr aufgebraucht sein könnte. Eigentlich sollte der Umweltbonus bis 2025 angeboten werden. Finanzminister Christian Lindner verteidigt die Änderungen.
Der Bund müsse mit dem öffentlichen Geld sehr solide umgehen, sagte Lindner laut der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe außerdem um weniger Mitnahmeeffekte. Laut dem FDP-Politiker stehen für den Umweltbonus noch neue Mittel von 2,5 Milliarden Euro „letztmalig“ zur Verfügung. Wenn die Gelder erschöpft seien, werde es keine Kaufprämie mehr geben. „Angesichts der Milliardengewinne der Automobilkonzerne ist eine solche Subventionierung auch nicht mehr erforderlich“, so Lindner. Er setze darauf, dass über den Markt „Impulse kommen, Elektrofahrzeuge günstiger zu machen über den Wettbewerb“.
Bisher gibt es mit dem Umweltbonus bis zu 9000 Euro Zuschuss: Zwei Drittel überweist der Staat, die teilnehmenden Hersteller gewähren den Rest als Netto-Rabatt bei der Stromer-Anschaffung. 2023 beträgt der Bundesanteil je nach Kaufpreis nur noch 3000 bis 4500 Euro, 2024 sinkt er für alle Fahrzeuge auf 3000 Euro. Im September kommenden Jahres wird die Förderung zudem auf Privatpersonen beschränkt.
Die geplante Reduzierung der Elektroauto-Förderung stößt in der Autobranche auf Kritik. In Zeiten steigender Kosten und Belastungen sei die Entscheidung, die Förderung „einseitig und umfassend zu kürzen, nicht nachvollziehbar“, so der Verband der Automobilindustrie (VDA). Ebenso wenig nachvollziehbar sei es, dass die Prämie später nur noch an private Autokäufer ausgezahlt werden soll – ein Umstieg auf die E-Mobilität werde in allen Flotten gebraucht.
Unter anderem auch der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) und der E-Mobilitäts-Verband BEM sprachen sich dafür aus, dass es noch länger und mehr E-Auto-Förderung gibt. Zuletzt sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann der Stuttgarter Zeitung: „Die Kürzung der Kaufprämie für E-Autos und ihre Abschaffung für Plug-in-Hybride sind schlechte Nachrichten für Klimaschutz und Beschäftigung im Wandel der Industrie.“ Es sei bedauerlich, dass sich die Koalition auf einen Kurs des Ausbremsens der bis dato erfolgreichen Umorientierung der Kunden auf klimafreundliche Fahrzeuge verständigt habe, wird Hofmann zitiert.
Die Industriegewerkschaft warnte, dass der Kauf eines Elektroautos durch die Deckelung der Fördersumme zur Lotterie werden könnte. Die Verbraucher wüssten nicht, ob zum Auslieferdatum noch Fördermittel vorhanden seien. „Das provoziert eine Vollbremsung“, warnte Hofmann. Der Bund überweist seinen Anteil am Umweltbonus erst nach der Zulassung, wodurch wegen aktuell langer Lieferzeiten für viele E-Auto-Interessenten die Verfügbarkeit von Fördermitteln unsicher wird.
Thomas meint
Grundsätzlich ist das ja alles ok. Einen faden Beigeschmack hat aber, dass man mal eben 9 Mrd. Steuergelder raushaut, die ausschließlich Leuten zugute kommen die fossilen Sprit verbrennen. Da wäre eine einmalige „Mobilitätsprämie“ für alle besser gewesen.
LOL meint
vor alle vielleicht, aber nicht für die Ölindustrie und deren Gefolge
Jan meint
Gegen eine Mobilitätsprämie war halt, wie bei allen guten Ideen der Ampel, die FDP.
Swissli meint
Die letzten Tage haben praktisch alle Autohersteller Rekordgewinne (Q2, HJ1) vermeldet!
2 Jahre Übergangszeit finde ich angemessen, fast schon grosszügig (siehe Gewinne Autohersteller).
Es gibt ein Leben nach der Förderung.
LOL meint
und womit? mit dem Verkauf von dicken Verbrennern
stromschüssel meint
Okay, rechnen wir mal kurz durch, wie solide der Finanzminister mit unserem Geld umgeht. Hier eine kurze Aufzählung (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) umweltschädlicher Subventionen im Verkehrssektor:
1. Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoff – 8,2 Mrd. Euro
2. Pauschale Besteuerung privat genutzter Dienstwagen – mindestens 3,1 Mrd. Euro
3. Biokraftstoffe – 1,0 Mrd. Euro
4. Energiesteuerbefreiung des Kerosins – 8,4 Mrd. Euro
5. Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge – 4,0 Mrd. Euro
Und nicht zu vergessen:
6. Pendlerpauschale – 6,0 Mrd Euro
In Summe sind das 30,7 Mrd. Euro. Pro Jahr wohlgemerkt.
Zur Pendlerpauschale sei noch gesagt, dass Besserverdienende natürlich überproportional von der Pauschale profitieren. Statt der jetzigen Entfernungspauschale sollten Fahrtkosten zur Arbeit künftig nur noch im Rahmen einer Härtefallregelung steuerlich abgesetzt werden können, z. B. durch steuerliche Anrechnungsfähigkeit der Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung. Dies würde gezielt jene Arbeitnehmenden entlasten, die relativ zu ihrem Einkommen sehr hohe Fahrtkosten aufwenden müssen, z. B. weil sie aus sozialen oder beruflichen Gründen lange Arbeitswege in Kauf nehmen müssen.
Die durch den Wegfall der Entfernungspauschale entstehenden Steuermehreinnahmen könnte
der Staat zusätzlich verwenden, um den öffentlichen Verkehr stärker zu fördern oder die
Werbungskostenpauschale zu erhöhen.
Aber klar, wenn wir uns rund 30 Mrd. Euro an umweltschädlichen Subventionen leisten, dann ist jeder weitere Euro für NICHT umweltschädliche (okay: weniger umweltschädliche…) natürlich rausgeschmissenes Geld.
Leser meint
Sehr guter Beitrag, der es gut auf den Punkt bringt.
Nicht umweltschädliches Verhalten fördern, sondern Umweltfreundliches! Dafür bräuchte es die „gesetzlichen Rahmenbedingungen“ und „Regeln“.
DerMond meint
Indirekte Subventionen sind allerdings kein rausgeschmissenes sondern nicht eingenommenes Geld.
Ein nicht ganz unwesentlicher Unterschied.
FahrradSchieber meint
„Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoff – 8,2 Mrd. Euro“
Dann einfach die Steuer auf Benzin auf Dieselniveau absenken, schon fehlen uns die 8,2 Mrd. Euro nicht mehr, da Diesel dann ja nicht mehr „subventioniert“ wird… ;-)
Gerry meint
Autoverkehr mit Milliarden aus Steuergeldern zu fördern, war von Anfang an ein kompletter Blödsinn. Die Autohersteller haben zur selben Zeit Milliardengewinne eingefahren 🙄.
Richtig wäre es gewesen, ein Bonus-Malus System einzuführen. Also höhere Steuer auf neue Verbrenner und mit den Einnahmen daraus umweltfreundliche Fahrzeuge zu fördern.
Dafür war die Politik aber zu unfähig und die Autolobby zu mächtig.
DerMond meint
So ein System gibt es, siehe THG-Prämie.
Auch deswegen ist eine Kürzung sinnvoll.
stromschüssel meint
Dann fehlt nur noch das Malus-System. Davon abgesehen bin ich auch für eine Streichung der Kaufprämie – gerne auch mit einem Abbau umweltschädlicher Subventionen im Verkehrssektor (Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoff, Dienstwagenprivileg, Energiesteuerbefreiung des Kerosins, Mehrwertsteuerbefreiung für Auslandsflüge).
Leser meint
an Stromschüssel: Was? Diesen ganz Mist gibt es nach den x-ten heißen und trockenen Tagen immer noch? Was glaubt man eigentlich, was man da fördert? Für mich bedeuten diese Förderungen den Untergang der Umwelt und dadurch noch mehr heiße und trockene Tage.. mit Wirtschaftsförderung hat das nichts mehr zu tun, einfach nur umweltbelastend. Übrigens genauso wie die ganzen endlosen Monokulturen in der Landschaft denen viele artenreiche, natürliche Mischwälder weichen mussten. Sage ich gern immer wieder, weil es meiner Ansicht nach einer der Hauptursachen für die Überhitzung des Planeten ist..
Leser meint
Diese Bonus-Malus-Systeme sind offenbar noch deutlich ausbaufähig.
Tommi meint
Abschaffung der PHEV-Föderung ist sehr gut. Die Reduzierung der Förderung ist auch OK. Es kann nicht sein, dass der Staat aus unseren Steuergeldern Autos finanziert. Zumindest nicht mit diesen enormen Beträgen. Da gibt es mit Sicherheit sinnvollere Möglichkeiten dafür.
Warum die Föderung nur noch für Privatleute gelten soll, verstehe ich eigentlich nicht. Jedes Elektroauto, welches auf die Straße kommt, reduziert CO2. Insbesondere denke ich an lokale Handwerkerbetriebe, für die ein Elektrotransporter ideal wäre, da sie in der Regel keine langen Strecken fahren. Insbesondere entfällt mit einem solchen Auto die jährliche Urlaubsreise.
Die Umsetzung ist meines Erachtens „unglücklich“. Sie erzeugt dieses Jahr auf jeden Fall Unsicherheiten. Es wäre besser, man würde die Förderbedingungen am Bestelldatum fest machen. Eventuell mit einer maximalen Lieferfrist.
Swissli meint
In der Schweiz fährt der Paketlieferdienst Quickpac (Gründung 2019) sehr erfolgreich ausschliesslich mit BEV: 190 Kangoo Maxi Z.E. + 100 Mercedes eVito (weil Renault aktuell keine Kangoo mehr liefern konnte).
Meines Wissens alles ohne Föderung. Wenn die das mit Hunderten BEVs können, kann ein kleiner Handwerksbetrieb sicher auch 1-2 BEV stemmen ohne Förderung.
Leser meint
Die Frage ist bloß, ob es attraktiv genug für ihn erscheint sich einen sauberen BEV zu kaufen (trotz einiger Einschnitte bzgl. Laden/Reichweite). Er hätte genauso die Möglichkeit einen Verbrenner zu kaufen. Und dann ist auch nicht viel gewonnen..
Wonderland meint
Aus unseren Steuergeldern wird seit zog Jahren der Dieselprivileg finanziert. Und die Förderung von Dienstwagen. Vielleicht sollte man daran mal was ändern. Ach ne, geht ja nicht, Linder & die FDP versorgen ihre Klientel.
Meiner_Einer meint
Hat es nicht zum Dienstwagen gereicht? Klar dann muss man dagegen stänkern….
BEV Dienstwagen halte ich für extrem sinnvoll und wichtig. Sorgen Sie doch regelmäßig für ausreichend gepflegter Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt.
Tommi meint
Genau. Irgendjemand muss ja die günstigen Gebrauchtwagen produzieren. Die können ja nicht direkt ab Werk kommen.
FahrradSchieber meint
„Aus unseren Steuergeldern wird seit zog Jahren der Dieselprivileg finanziert.“
In 2020 hat der Staat 19,6 Milliarden Euro aus der Mineralölsteuer auf Diesel eingenommen (Benziner 14,9 Mrd.). Da wurde nichts „finanziert“.
BEV meint
„weniger Mitnahmeeffekte“
Das ist doch Augenwischerei, dann hätte man die Haltefrist oder andere Themen angehen müssen anstatt einfach den Betrag zu reduzieren. Ärgerlich ist einfach nur, dass man die Käufer wieder verunsichert, man weis nicht genau wann das Auto geliefert wird und daher nicht wieviel man am Ende bezahlen wird. Der „Herstelleranteil“ war von Anfang an Unfug und könnte auch noch dafür sorgen, dass die Preise nachträglich steigen.
Gut ist immerhin, dass es nur noch für Privatleute gilt, hier ist die MwSt auf immer teurer werdenden Fahrzeugen ohnehin mehr als das was als Prämie wieder zurück kommt.
Wenn die Prämie ausläuft, wird es sich normalisieren, bis dahin sorgt es eher für Verunsicherung und Mitnahmeeffekte. Hindert mich ja keiner noch drei Autos zu kaufen solange es noch was gibt.