Die Bundesregierung will viel mehr öffentliche Ladestationen in Deutschland. Andernfalls, so die Befürchtung, steigt die Nachfrage nach Elektroautos nicht schnell genug, um die Klimaziele Deutschlands im Verkehr verwirklichen zu können. Bundesverkehrsminister Volker Wissing sieht hier vor allem die Kommunen in der Pflicht.
„Ich kann nur jeder Bürgermeisterin und jedem Bürgermeister empfehlen, das Thema sehr, sehr ernst zu nehmen“, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Die Kommunen, die eine schlechte Ladeinfrastruktur haben, werden das spüren.“ Jede zweite Kommune in Deutschland hätte derzeit keine einzige Ladesäule. „Wir brauchen Schnellladesäulen und Flächen dafür. Aber das muss vor allem vor Ort gelöst werden“, so Wissing.
Die Bundesregierung hat das Ziel, dass 2030 15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sind. Zum Stromzapfen strebt die Politik zu diesem Zeitpunkt eine Million Ladepunkte an.
Auch nach Einschätzung der Geschäftsführenden Direktorin des Städtetags in Rheinland-Pfalz Lisa Diener wird der Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladesäulen ohne die Kommunen nicht gelingen. Dafür brauche es aber mehr Unterstützung, etwa eine Förderung für Stellen „kommunaler Elektromobilitätsmanager“, forderte sie. Und damit neue Projekte nicht an den Umsetzungshürden scheitern, sollten entsprechende Unterstützungsangebote geschaffen und mit Blick auf Pilotprojekte rechtliche Erleichterungen gewährt werden. Um die E-Mobilität voranzubringen, seien verlässliche Lademöglichkeiten notwendig. Dazu gehöre etwa die verbindliche Buchung eines Ladeplatzes.
Eine Herausforderung ist laut dem Verband kommunaler Unternehmen die Flächenknappheit. Und die Konkurrenz um geeignete Orte sei groß, Parks, Spielplätze, Radfahrstreifen und Busspuren nannte ein Verbandssprecher als Beispiele. Anders als bei Elektroautos gebe es zudem keine permanenten Förderinstrumente für die Ladeinfrastruktur.
Beim Ausbau der E-Mobilität seien nicht nur die Kommunen gefordert, „hier sind viele Player im Spiel, vor allem auch die Wirtschaft“, betonte die Geschäftsführende Direktorin des Landkreistages Daniela Franke. Beispiele seien der Einzelhandel, Hotels und Gaststätten. Eine gute E-Auto-Ladeinfrastruktur könne eine echte Chance für den ländlichen Raum und den Tourismus sein. Für Dörfer und Kleinstädte in der Nähe von Autobahnen könne es auch interessant sein, Ladepunkte zu schaffen. Das belebe die örtliche Wirtschaft.
Ralph meint
Unabhängig vom Wissing, das Thema Ladesäulen ist ein „Mooving Target“ und so sollte es behandelt werden. In Bietigheim-Bissingen haben die Stadtwerke online eine Umfrage mit Karte gestartet, wo die BEV-Fahrer ihre Standortwünsche mitteilen können. Die Vorschläge sind für jedermann einsehbar und wie ich finde, sind die Vorschläge von Substanz und logisch. Man muss nur schauen, wie das dann später umgesetzt wird. Das kann oder wird sich mit zunehmender Anzahl an BEV sicherlich noch ändern und verschieben, aber ein interessanter Anfang ist somit gemacht, der anderen Gemeinden als Vorlage dienen könnte. Rom wurde bekanntlich auch nicht an einem Tage erschaffen.
Tom meint
Viele Gemeinden und Städte haben schlicht keinen Schimmer von Elektromobilität. Letztens ließ sich eine 50.000 Einwohnergemeinde dafür feiern, die Ladepunkte zu verdoppeln!
Und zwar von vier 22-kW AC-Säulen mit je zwei Ladepunkten auf ACHT! Bääm und das war’s dann erstmal – Ausbau abgeschlossen. Die Frage bei einer Bürgerversammlung nach einer DC-Säule oder besser einem HPC wurde vom Vertreter der Stadtwerke lapidar mit „kein Bedarf erkennbar, da 90% der Ladevorgänge zuhause stattfinden und man eine ZOE an den vorhandenen Säulen in einer Stunde volladen kann“ abgetan.
Was soll man da noch sagen???
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Aus Sicht der Stadt ist das für mich – bei dem heutigen Bestand an E-Fahrzeugen – nachvollziehbar und absolut ok. Somit können 16 E-Fahrzeuge von Touristen geladen werden, die dann hoffentlich mehr als eine Stunde in der Stadt zubringen und dort für Umsatz sorgen (vorausgesetzt die Ladepunkte sind nicht irgendwo in Industriegebieten installiert). Und wenn dann noch Lebensmittel- oder Baumarktmärkte einen HPC spendieren, ist das hervorragend. Die Stadt ist nicht alleinig verantwortlich für den Erfolg der E-Mobilität, sondern ist hier im ausreichenden Maß unterstützend tätig.
Tom meint
@Pferd_Dampf_Explosion_E:
Ihr Kommentar mag für Eigenheimbesitzer mit eigener Wallbox in der Garage stimmen, denn dann brauchen die 16 Ladepunkte tatsächlich nur „Touristen“. Aber was ist mit all den Menschen die eben in Mehrparteienhäusern ohne jede Lademöglichkeit wohnen? In der betreffenden Stadt sind es vorsichtig geschätzt mindestens 10.000 Haushalte mit mindestens einem Auto. Die sind nämlich auf die öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen. Da werden die 8 Säulen ganz schnell knapp! Und Mobilität ist, wie Unterhalt von Straßen und ÖPNV, meiner Meinung nach schon eine öffentliche Aufgabe und kein Job für Lidl, Kaufland, Aldi & Co….
Cadrick Bauer meint
So langsam sollten die Politiker und die Netzbetreiber mal Konzepte für Mietwohngegenden austüfteln. Irgendwann wollen wir den Leuten DORT ja auch mal E-Autos verkaufen, und für die darf das Laden dann nicht teurer sein als für Leute mit festem, bestromten Stellplatz.
Da gibt’s häufig Gemeinschafts-Parkflächen oder gar nur öffentliche Parkflächen. Dort müssen Möglichkeiten geschaffen werden, mit denen die Anwohner ihre Autos auf ihren Hausstromtarif laden können. Genauso als würden sie die eigene Steckdose oder eigene Wallbox nutzen.
Sowas muss auch keine ausgeklügelte, leistungsstarke Lösung sein. Wenige Ampere einphasig reichen dort DICKE aus, sofern genug Parkflächen so ausgerüstet sind, da durchschnittlich nur 8kWh pro Tag und Pkw benötigt werden.
TM3 meint
Langsam kann man den alten Schmarren nicht mehr hören .. die Ladeinfrastruktur .. die Ladeinfrastruktur ..
Meine Herren echt
Das soll wohl davon ablenken, dass ständig und überall neue Ladestationen errichtet werden, viel mehr als man aktuell benötigt
C. Brinker meint
Ich stimme beim Schnellladen zu, beim AC Laden gibt es noch Riesenunterschiede. Bei uns im Wiesloch bei Heidelberg gibt es zentrumsnah 2 EnBW Ladepunkte und 2 kostenfreie der Sparkasse, die seit 2 Monaten defekt sind, davor ständig belegt waren. Würde ich nicht in der Arbeit laden können (keine WB zu Hause, Jahresfahrleistung 30Tkm) ist es halt dürftig. Habe die Gemeinde drauf angesprochen, keine Reaktion. Solche Beispiele gibts halt auch, leider
Paule6 meint
Eventuell sollte man sich auch einmal daran gewöhnen, dass nicht jedes Szenario abbildbar ist.
Ob AC oder DC in den Innenstädten, jeder wird sich einmal eine der Säulen wünschen. Es wäre doch ein Anfang, wenn die Fernstrecken vernünftig mit HPC bestückt würden und vor Ämtern, Freizeiteinrichtung, Parks usw. AC Säulen bereit stehen.
Zudem wäre es eine Alternative, wenn die Hersteller endlich für ihre Fahrzeuge 22kW Lader (AC) anbieten. Gerne auch per Aufpreis. Wer dann den Bedarf hat, könnte ihn sich in das Fahrzeug konfigurieren. Würde mMn viele glücklich machen.
Shullbit meint
FDP-Verkehrminister die Blödsinn erzählen, werden das bei den nächsten Wahlen spüren..
Die undifferenzierte Forderung, dass es pauschal in jeder Kommune öffentliche Ladeplätze geben muss, ist genau so hirnrissig wie die plakative Forderung, dass wir bis 2030 1 Mio. Ladesäulen brauchen.
Wir brauchen nicht in jeder Kommune, in jedem Dorf öffentliche Ladesäulen. In vielen Dörfern gibt es nur Einfamilienhäuser. Es führt keine Autobahn, keine Bundesstraße, keine Landesstraße durch. Es gibt entsprechend keinen Durchgangsverkehr, keinen Fernverkehr. Die die da wohnen können ausnahmslos zuhause laden und werden genau das auch tun, weil es billiger und bequemer ist. Sollte es Tourismus geben, werden die Tourismuanbieter (z.B. Hotels) privat Lademöglichkeiten für ihre Kunden schaffen.
Wir haben hier im 1000-Seelendorf an 2 Stellen jeweils 2 AC-Lader mit 22KW. Die nutzt kein Mensch. Im Dorf hat niemand Bedarf. Die Elektroautobesitzer laden ausnahmslos zuhause. Und für Fernreisende sind die Lader zu langsam und zu unattraktiv. Man bekommt im Umfeld keinen Kaffee, kein Brötchen, kein nichts,
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Richtig, immer die Intelligenz vorort einsetzen.
Nur irgendwelche Quoten zu erfüllen ist doof und teuer. Und die FDP will als „Wirtschaftspartei“ wahrgenommen werden?!
Snork der Dritte meint
Jein, ich bin gerade an der Lübecker Bucht im Urlaub. Hier im Ort gibt es eine 22kW-Ladesäule für knapp 5000 Touristen, an den Fernstraßen sieht es dünn aus, bei famila und REWE stehen nur einzelne 50kW-Lader. Es wird schon eng an den Ladesäulen und wenn die Verkaufszahlen von BEVs weiter ansteigen, sieht es nächstes Jahr ganz übel aus. Für mich ist eine Ladesäule vor Ort ein Must-have und so wird es in Zukunft mehr Leuten gehen. Die Ferienhaus-Vermieter haben IMHO noch nicht auf dem Schirm, was da auf sie zukommt. Teilweise preisen die eine Außensteckdose an einer 50er-Jahre-Installation als Lademöglichkeit an. Ich mag Herrn Wissing nicht unbedingt, aber seine Warnung finde ich passend.
Michael meint
Drohen statt fördern? Interesanter Ansatz. Dabei könnte der Minister doch endlich dafür sorgen dass es auf jeder Autobahnrasstätte genügend Schnelllader gibt. Von LKW Ladestellen ganz zu schweigen.
volsor meint
„Jede zweite Kommune in Deutschland hätte derzeit keine einzige Ladesäule. „Wir brauchen Schnellladesäulen und Flächen dafür. Aber das muss vor allem vor Ort gelöst werden“, so Wissing.“
Klein Kleckersdorf braucht keine HPC Lader Herr Wissing.
Rathaus , Bürgerhaus , Bücherein , Sportanlagen und Öffentlichen Parkplätzen mit AC Lader in ausreichender Zahl wäre für viel schon ein Segen.
Jürgen W. meint
Gerade in den Innenstädten vermisse ich die Schnelllader. Langsam kann ich auch zu Hause am Wochenende oder über Nacht laden. Aber man hat ja nich immer ewig Zeit, da kannst du planen wie du willst. Und dann ist das schon sehr nervig. Bei Aldi gibt es mittlerer Weile 50 DC. Das ist schon mal ein Anfang. Aber das reicht natürlich bei weitem nicht aus. Es ist doch schon mal gut, dass Herr Wissing das Problem erkannt hat. Dies auf die Kommunen abzudrücken, die zumindest in meinem Bundesland, alle völlig überschuldet sind, ist mit Sicherheit nicht zielführend. (aber bequem)
Daniel meint
Wann haben sie in einer Innenstadt einen Termin, der inklusive Fußweg von und zur Ladesäule maximal 40 Minuten dauert, dann ist ihr Auto am HPC nämlich spätestens voll. Ich hoffe sie sind dann wieder zurück und machen die Säule frei. Oder fahren sie nach einem Termin mit einem Elektroauto zum Laden? Sie haben wohl zuviel Zeit.
Steht er, lädt er.
Gunnar meint
„Wann haben sie in einer Innenstadt einen Termin, der inklusive Fußweg von und zur Ladesäule maximal 40 Minuten dauert,“
Och, da fällt mir sei einiges ein:
– Einkaufen, Friseur, Post, Amtstermine etc. – das muss nicht immer stundenlang dauern, geht auch fix.
Robert meint
Es braucht einfach einen guten angepassten Mix aus AC und DC. Je nach Standzeit des Fahrzeugs.