Der Handelsverband Deutschland (HDE) warnt vor einer einseitigen Kostenbelastung für den Einzelhandel beim Ausbau der Elektroauto-Ladeinfrastruktur. Statt einer pauschalen Verpflichtung zum Aufbau von Ladesäulen ist aus Sicht des Verbandes eine flexible und bedarfsgerechte Ausgestaltung der Vorschriften nötig. Sowohl die Gegebenheiten im Einzelhandel als auch die Bedürfnisse der Kunden müssten Berücksichtigung in der Gesetzgebung finden.
„E-Mobilität darf nicht an ihren Nutzerinnen und Nutzern vorbeigeplant werden. Eine Pflicht zum Aufbau von E-Ladesäulen ist für den Einzelhandel mit extrem hohen Kosten verbunden, ohne die Ladeinfrastruktur zukunftsfähig für die Kunden aufzustellen“, so Antje Gerstein, HDE-Geschäftsführerin Europapolitik und Nachhaltigkeit.
Die derzeit von der EU in Brüssel diskutierte Verschärfung der Vorgaben zum Ausbau der Ladeinfrastruktur gingen an der Realität vorbei, bemängelt der Verband. Vorgesehen ist im Kompromissvorschlag des zuständigen Ausschusses ITRE, die Parkplätze neuer und renovierter Gebäude auf jedem fünften Stellplatz mit einer E-Ladesäule auszustatten und auf allen weiteren Stellplätzen eine passende Vorverkabelung vorzunehmen. Bei bestehenden Gebäuden soll demnach jeder zehnte Stellplatz einen Ladepunkt erhalten.
„Nicht jeder Standort ist aber für die Installation von E-Ladesäulen geeignet. Händlerinnen und Händler müssen die Freiheit haben, sich beim Ausbau der Ladeinfrastruktur am Bedarf vor Ort zu orientieren“, so Gerstein. Für die meisten Handelsunternehmen sei der Betrieb von Ladeinfrastruktur kein rentables Geschäftsmodell, sondern vielmehr eine Serviceleistung für die Kundschaft.
„Allein der Bau von Ladepunkten bringt die E-Mobilität nicht voran. Sie müssen auch genutzt werden“, betont Gerstein. Nur ein marktgetriebener Ausbau habe Zukunft. Jede E-Ladesäule müsse vor der Errichtung auf ihren tatsächlichen Mehrwert geprüft werden. „Gerade auf Parkplätzen des Einzelhandels stehen Fahrzeuge in der Regel während kurzer Einkäufe. Hier können mit wenigen Schnellladesäulen mehr Fahrzeuge versorgt werden als mit vielen herkömmlichen Ladepunkten“, erklärt die Lobbyistin. Ausschließlich die Anzahl der Ladesäulen in den Blick zu nehmen, sei daher nicht sinnvoll. Relevant sei die erzielte Ladeleistung.
Der Einzelhandel sei als Betreiber von 15 Prozent aller öffentlich zugänglichen E-Ladepunkte Vorreiter beim Ausbau der Ladeinfrastruktur, unterstreicht der Verband. In Deutschland stehe jeder dritte Schnellladepunkt auf einem Handelsparkplatz.
„Händlerinnen und Händler engagieren sich seit Jahren für den Ausbau der Ladeinfrastruktur, doch die langwierigen Bearbeitungsverfahren der Anträge auf Netzanschlüsse bremsen das Engagement erheblich aus“, sagt Gerstein. Aus dem Einzelhandel warteten derzeit mehrere Tausend Anträge auf Netzanschlüsse auf ihre Bearbeitung. „Die effiziente Bearbeitung der Anträge ist die Voraussetzung für einen zügigen Ausbau der Ladeinfrastruktur und muss dringend sichergestellt werden.“
elbflorenz meint
Wieso Kostenbelastung?
Muss ja ned sein. Man kann ja als Einzel-Händler oder Immobilien-Unternehmen (wie z.B. ECE) auch nur die Flächen zur Verfügung stellen. Und die Säulen stellt ein Versorger (oder Ölmulti) hin – und bewirtschaftet sie dann auch.
Jensen meint
Der Einzelhandel, nicht nur die großen Ketten, hat weiterhin die Möglichkeit nicht nur den Verkauf der Ware Strom in das eigene Sortiment aufzunehmen, sondern auch so die eigene Fläche attraktiver zu machen. Nicht nur die Kunden mit Elektroauto ohne eigenen Heimlader werden gezielt die Geschäfte anfahren, bei denen Strom gekauft werden kann. Nicht alle Handelsflächen, auch die der großen Discounter, befinden sich fernab der Wohnbebauung, so dass man als Händler nach ein wenig Überlegung vielleicht auf die Geschäftsidee kommen könnte, eine größere Zahl an AC-Ladern auf den teils üppigen Parkflächen anzubieten, an denen das Auto auch über Nacht verweilen kann. Die Flächen sind ohnehin versiegelt und stehen in der Regel einfach leer in der Nacht. Das scheint ein Geschäft zu sein, welches dem Handel erst noch erklärt werden muß. Keine Lademöglichkeiten an eigenen Stellflächen zu haben, kann dann sogar das Geschäft in Schieflage bringen. Eine Ladeneinrichtung kostet auch mal schnell einige hundertausend Euro. Entnahmestellen für Strom, ob nun AC oder DC gehören dann quasi mit zur Geschäftsausstattung und werden auf lange Sicht in der Bilanz betrachtet. Und vielleicht lässt sich ja bei den Nachtparkern auch noch der eine oder andere Groschen abrechnen. Meine Vermutung ist jedenfalls, dass das ein Konzern wie ALDI vorantreiben könnte.
Ossisailor meint
An die Installation von Ladesäulen, mehr Ladesäulen und sogar Schnellladesäulen kommen Einkaufszentren, und gerade die auf der grünen Wiese oder den Vorstädten, schon bald nicht vorbei. Dafür braucht es kein Gesetz, kein neues jedenfalls, denn das regelt das Marktwirtschaftsgesetz von ganz alleine.
Tommi meint
Der Hunger kommt beim Essen. Viele, die zu Hause keine Lademöglichkeit haben kaufen sich ein Elektroauto, wenn es Ladesäulen gibt. Wenn die potentiellen Ladesäulenbetreiber erst Ladesäulen bauen, wenn die Nachfrage da ist, haben wir ein Problem.
Tim meint
Ja aber so ist es leider oft. Habe in den letzten Jahren bei jeder Bürgerversammlung nach Perspektiven für Ladeinfrastruktur in unserer Stadt gefragt.
Antwort der Stadtwerke (die sich eigentlich damit auskennen müssten) unisono: „Es wird nicht ausgebaut, da kein Bedarf besteht. 90% der Ladevorgänge fänden zu Hause statt. Im übrigen habe man bereits fast ein Dutzend „22-kW Schnellladesäulen“ (!!) mit der sich eine ZOE (wohl die aus 2013) binnen einer Stunde voll aufladen lässt“.
Solange bei den für den Ausbau verantwortlichen und die Politik beratenden Stellen solche „Experten“ sitzen sehe ich tatsächlich schwarz – rabenschwarz.
Michael S. meint
Die Einzelhändler könnten ja einfach die Stellplatzzahl verringern. Dann brauchen nicht mehr so viele Säulen aufgestellt werden und wir haben weniger Flächenversiegelung. Win-Win!
tim Baczkiewicz meint
Die sind sooo doof….mal ehrlich..muss einen Mehrwert haben..ja hat sie .
Wir gehen bei uns fast nur da einkaufen wo eine Ladesäule steht , Kaufland , Lidl usw, hat ein Parkhaus in der City eine ladesäule..fahren wir das an.
(Außer die Preise sind unverschämt)
bs meint
Das hängt wirklich vom Ort haben. Auf dem Land, wo mehr Leute zuhause laden können, ist das Laden an öffentliche Säule viel zu teuer insbesonder wenn man auch nur Solar auf dem Dach hat. Zudem, in de Stadt würde man auch weniger bereit sein, für HPC laden die extra Kosten zu bezahlen. Siehe Lidl, die Säule sind jetzt meistens unbenutzt. Bleibt das AC laden aber dafür ist er Verweilzeit zu kurz. Das bedeutet eigentich, laden beim Supermarkt lohnt sich nicht wirklich. Man braucht generelle öffentliche Säule, meistens nur AC für Besucher, am besten Schnarchsäule aber davon dan viele damit mit nachts laden kann.
Mike meint
Richtig. Am Supermarkt lohnt AC nicht, eher schon ein schwaches DC, also 22-50kW. Blöd nur, dass die so teuer sind.
Der_Schroed meint
Ich versteh das Argument “Verweildauer zu kurz“ irgendwie nicht. Mein Leaf lädt, egal wo, AC mit maximal 6 kW, in der Regel aber nur mit 3,4 kW weil Supermärkte oft nur 11 kW Lader haben oder die modernen 22 kW Lader wegen Schieflast die Leistung von 6 auf 3 reduzieren.
Wenn das Auto doch aber zumindest die 11 kW auch nutzen kann, dann hab ich doch beim Wocheneinkauf in einer halben Stunde bis ner Stunde trotzdem ordentlich Reichweite rein geholt. Man fährt ja nicht 50 km zum nächsten Supermarkt zum Einkaufen, wo man dann zwei Stunden stehen bleiben müsste, nur um wenigstens An- und Rückfahrt wieder drin zu haben.
Somit, eine Lademöglichkeit an jedem Stop wäre schon zu bevorzugen.
Ansonsten ist es halt das alte Henne-Ei-Problem. Was muss zuerst da sein? Ladeinfrastruktur oder E-Autos.
David meint
Da wird mal wieder die Chance gar nicht verstanden. Sondern es wird Strophe drei des Kaufmannsliedes gesungen, die geht inhaltlich so: Andere sollen zahlen, wir wollen profitieren.
Yoshi84 meint
„bedarfsgerecht“. Hmmm, ein schwieriges, sehr deutsches, irgendwie sperriges Wort. Wie wärs mit einer freien Übersetzung: „ich will nicht!“
Maik Müller meint
@Yoshi84 find ich gut. Warum sollte man wie JETZT zu viele und zu LANGSAME AC Ladesäule im Betrieb haben?
In 5 Jahren wird man sowieso MEHR und MEHR schnelle DC-Lader ÜBERALL installieren weil wirklich keiner Lust hat ewig am Lader rumzustehen und die Zeit totzuschlagen.
ACHTUNG: Im Privatenbereich reicht allerdings eine Schukosteckdose weil der Mensch nachts recht lange schläft.
Futureman meint
Bin gespannt, in welchem Laden man in Zukunft in 10 Minuten einkaufen kann. Denn für alles längere reicht eine 22kw AC-Box
MichaelEV meint
Also reicht für den 20 Minuten Einkauf AC, wo alle 11 kW-Fahrzeuge 4 kW geladen und selbst in einer Stunde heutige Akkus nur zu einem Bruchteil gefüllt haben. Mir auf jeden Fall nicht.
DC bedeutet auch nicht automatisch, dass immer mit max. Leistung geladen werden muss. Auch mit DC ist z.B. ein einstündiger Einkauf oder ein Kinobesuch/Essen im Restaurant locker abbildbar.
Torsten meint
Aus welchem Grund sollen 11-kW-Fahrzeuge in 20 Minuten nur 4 kW laden können?
MichaelEV meint
Wieviel soll man denn sonst mit 11kW in 20 Minuten laden können (ist eher schon wohlwollend aufgerundet)?
Torsten meint
Na 11 kW.
Michael Foltin meint
Ja sorry, ein h vergessen. Was muss man für ein Typ sein, um anderen kleine Fehler unter die Nase zu reiben.
Also 4 kWh in 20 Minuten. Dafür werden viele noch nicht mal das Kabel auspacken wollen, vor allem, wen man Alternativ den Ladevorgang für die nächste Woche erledigen kann.
Torsten meint
@Michael Foltin: Wie meinen? Hab ich etwas falsches geschrieben?