Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) Hildegard Müller hat in der Jahrespressekonferenz des Verbandes einen Paradigmenwechsel von der Politik gefordert. Bei Elektroautos geht der VDA in diesem Jahr von einem Rückgang des Absatzes in Deutschland aus.
„Wir müssen Zuversicht durch strategische Weitsicht erzeugen. Das Prinzip Krise und die damit verbundene Dauerselbstbeschäftigung müssen enden. Es braucht jetzt Reformen statt Regulierung – und weniger Mikromanagement“, sagte Müller.
Durch den Dauer-Krisenmodus der letzten Jahre bewege die Politik sich zu sehr in defensiven und reagierenden Verhalten – und offenbare damit zwei eklatante Mängel: „Die Ampel schafft es nicht, selbstbestimmte und vorausschauende Handlungsfähigkeit zu entwickeln. Noch weniger schafft sie es, den Eindruck zu vermitteln, eine Strategie und ein klares Zielbild zu haben. Überregulierung und Bürokratie lähmen Wachstum und Innovationskraft. Das führt zu einem zunehmenden Vertrauensverlust – bei Industrie und Bevölkerung“, so Müller.
„’Agieren statt reagieren‘ muss die Devise heißen: Mut zu Reformen – hin zu einer Strategie, die Orientierung gibt und die Kernaufgaben wieder in den Mittelpunkt stellt. Dazu gehört vor allem, den Standort wieder international wettbewerbsfähig aufzustellen, Handels- und Rohstoffabkommen sowie Energiepartnerschaften abzuschließen, die Entbürokratisierung voranzutreiben und durch Technologieoffenheit Innovationskraft zu erzeugen. Entwicklungen müssen regelmäßig gemessen und evaluiert werden, um ggf. nachzusteuern, damit die Zielerreichung sichergestellt wird. Die Politik muss wieder agieren und Herausforderungen im Vorhinein antizipieren: proaktiv handeln statt nachträglich reagieren. Nur so können wir die Kraft und die Ressourcen managen und Resilienz gegen Krisen entwickeln“, betonte Müller.
Standort wird „Achillesferse“ der Transformation
„Ich will, dass dieses Land wieder zum Motor Europas wird, dass wir die Innovationen und Technologien entwickeln und exportieren, die weltweit klimaneutrales Wachstum ermöglichen. Das Problem: Das, was dafür von zentraler Bedeutung ist, ist zu unserer größten Schwachstelle geworden. Ein wettbewerbsfähiger, attraktiver, weltweit begehrter Standort ist die Grundlage für Wachstum und Wohlstand. Im zurückliegenden Jahr sind wir in vielen wichtigen Punkten nicht entscheidend weitergekommen: nicht in puncto wettbewerbsfähige Energiepreise, nicht beim Thema wettbewerbsfähiges Steuersystem, nicht beim Thema Bürokratieabbau. Rohstoff- und Energiepartnerschaften wurden kaum geschlossen, bei Freihandelsabkommen geht es praktisch nicht voran“, so Müller.
„Verliert Deutschland, verliert Europa weiter an Wirtschaftskraft, an Anziehungskraft, dann verlieren wir an Relevanz – in einer Welt, in der Europa und seine Wirtschaftskraft mehr denn je zum Gestalten und Eintreten für unsere Werte gefordert ist“, mahnte Müller.
„Spielraum für Wirtschaft sichert Gestaltungsspielraum für Politik“
Deswegen forderte Müller einen Paradigmenwechsel: „Reformen statt Regulierung. Pragmatismus statt Mikromanagement. Regulierung wirkt bremsend, wenn nicht nur Ziele, sondern auch die Instrumente politisch festgelegt werden. Ich bin überzeugt: Spielraum für die Wirtschaft schafft und sichert die Grundlage, ambitionierte Ziele tatsächlich zu realisieren. So können wir die Transformation meistern und dabei gleichzeitig eine führende Wirtschaftsnation bleiben. Wir brauchen eine moderne Mischung aus marktorientierter Wirtschaftspolitik und gestaltender Industriepolitik – gerade mit Blick auf internationale Entwicklungen. Subventionen können etwa zur Förderung von Zukunftstechnologien oder zur Stärkung der Resilienz als unterstützende Maßnahmen notwendig sein – Stichwort Halbleiter oder Batteriefabriken. Gleichzeitig gilt: Symptombekämpfung statt langfristiger strategischer Behebung der Ursachen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit ist keine langfristige Transformationsstrategie.“
Deutsche Autos, Nutzfahrzeuge und auch Zulieferer genössen weltweit hohes Ansehen, so Müller. „Unsere Marken stehen für Tradition und innovative Technologieführerschaft. Die deutschen Autokonzerne wie auch der automobile Mittelstand stehen für Pioniergeist, Qualität, herausragende Marken und jahrzehntelange Erfahrungen und Erfolge. Wir werden alles dafür tun, damit das so bleibt und tätigen dazu immense Investitionen. Es ist unser Leitmotiv, den Weg zur Klimaneutralität engagiert voranzutreiben. Wir nehmen unsere Verantwortung zum Gelingen der Transformation an.“
Von 2024 bis 2028 werden die Hersteller und Zulieferer der deutschen Automobilindustrie laut dem VDA weltweit rund 280 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investieren. Der Fokus liege auf der Transformation, insbesondere der Elektromobilität inklusive Batterietechnik, dem autonomen Fahren sowie der Digitalisierung. „Damit investieren unsere Hersteller und Zulieferer in diesem Zeitraum rechnerisch jährlich weltweit 56 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung – sie erhöhen ihre FuE-Ausgaben also weiter“, erklärte Müller.
„Die Innovationskraft unserer Unternehmen ist unser Erfolgsrezept: Wir ergreifen die Chance, unsere Tradition weiterzuentwickeln – und gleichzeitig Pioniere zu sein, mit dem Anspruch langfristig zu gestalten. Als Autoindustrie werden wir dabei mit unseren Stärken agieren – und wollen die Stärken unseres Landes, unseres Kontinents nutzen. Denn wir wollen die Erfolgsgeschichte hierzulande weiterschreiben. Deswegen werden wir nicht müde, für mehr Wettbewerbsfähigkeit zu werben.“
Prognosen 2024
Für den deutschen Markt rechnet der Verband laut VDA-Chefvolkswirt Manuel Kallweit 2024 mit einem Rückgang von einem Prozent auf weiterhin 2,8 Millionen Einheiten. Das sei etwa ein Viertel weniger als im Vorkrisenjahr 2019. „Dabei gehen wir von einem niedrigeren Absatz von Elektro-Pkw aus (Minus 9 Prozent auf 635.000 Einheiten). Während der Absatz von Plug-In-Hybriden (PHEV) um 5 Prozent auf 185.000 Einheiten steigen dürfte, gehen wir bei den rein batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) von einem Rückgang von 14 Prozent auf 451.000 Einheiten aus“, so Kallweit.
Die Märkte in Europa (U27, EFTA & UK; +4 %) und den USA (+2 %) dürften 2024 aufgrund des schwachen Vorjahresniveaus etwas stärker wachsen als der chinesische Markt (+1 %). Für den globalen Pkw-Markt erwartet der VDA einen moderaten Anstieg um 2 Prozent, damit wäre das Niveau des Jahres 2019 fast wieder erreicht.
Bei der Pkw-Inlandsproduktion erwartet der Verband für dieses Jahr eine Seitwärtsbewegung (± 0 %; 4,1 Mio. Einheiten). Grund ist unter anderem die gesamtwirtschaftliche Schwäche. „Eine erfreuliche Entwicklung erwarten wir bei der inländischen Produktion von Elektro-Pkw. Diese dürfte 2024 weiter steigen. Wir erwarten hier ein deutliches Plus in Höhe von 19 Prozent (BEV: + 25 Prozent, PHEV: ± 0 Prozent). Die Auslandsproduktion deutscher Konzernmarken dürfte mit der Fertigung von 10,6 Mio. Pkw um 4 Prozent zulegen“, so Kallweit.
„Bezüglich des Exports erwarten wir für 2024 einen leichten Anstieg um ein Prozent auf gut 3,1 Mio. Einheiten. Das entspricht einer Exportquote von 76 Prozent. Bei den schweren Nutzfahrzeugen gehen wir für Europa (U27, EFTA & UK) von einem Rückgang von 10 Prozent aus, für die USA von 5 Prozent. In China erwarten wir ein Wachstum von 8 Prozent.“
gradz meint
Rekordgewinne sind wichtig bei der Umstellung.
Flo meint
Man wid sich also wieder am Flottenverbrauch orientieren und wieder VERBRENNERBASIERTE Rekordgewinne feiern. Das verzögert das Schrumpfen der OEM lediglich, es wird noch richtig schlimm kommen.
Steffen meint
Wenn ich dieses Gesülze von Technologieoffenheit schon wieder höre…
Yogi meint
Ich bin so bei 1,30-1,40€/l aus den aftersale Produkten ausgestiegen….aber einige turned 1,70-1,80€/l ja geradezu richtig an….speziell mit 10l SUV…. Glückwunsch gut dressiert!
Thorsten 0711 meint
Yogi
Ich zahle aktuell 1,029€ für LPG (7,8l/100km). Damit fahre ich zZ günstiger als meine öffentlich AC-ladende Frau (18 kw/100km).
Ich nehme für Kurzstrecken trotzdem so oft ich darf ihre ZOE :-)
libertador meint
Was wollen Sie uns mit der Angabe „18 kw/100km“ sagen? Wollen Sie uns die Kraft mitteilen oder meinen Sie 18 kWh/100km?
Entschuldigen Sie die Pingeligkeit. Das hat aber eine komplett andere Bedeutung.
Matthias meint
Ja, der schlampige Umgang mit Einheiten nervt. Das kann man einmal lernen und dann konsequent richtig anwenden, insbesondere wenn andere mitlesen und man Vorbild sein sollte. Beim gesprochenen Wort kann ich ja noch verstehen wenn gelegentlich der fünfsilbige Buchstabenbandwurm Kilowattstunde verkürzt wird auf „ka we“ oder so, aber doch nicht in der Schrift kWh auf kw abmurksen.
alupo meint
Mit solch falschen Angaben zu physikalischen Einheiten hat man doch gleich einen ganz guten Eindruck von der Bildung und mentalen Reife des Schreibers und kann damit den Rest des Geschriebenen besser einordnen.
Tippfehler sind dagegen kaum aussagefähig.
Yoshi meint
Leute, das sagt doch nix über die geistige Reife aus, was soll denn sowas. Anders herum würde evtl ein Anwalt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn Otto Normalverbraucher irgendwelche rechtlichen Begriffe durcheinander wirft.
Bisschen weniger Oberlehrerhaft, das bestätigt nur das Vorurteil, dass BEVs etwas für grünwählende Studienräte ist.
Yoshi meint
*sind, jetzt kann ich auch schon nicht mehr schreiben:)
Yogi meint
Also unsere PV is nach 5 Jahren nun abbezahlt…ich hab mit dem ID4 nun 7000€ (auch mit dem ehemaligen 26 Cent Ionity logpay Tarif) gespart oder wahlweise die PV refinanziert und die Frau fährt auch das Zoelein.
Somit was bräuchte es denn? Waren die Mieterstromerleichterungen zu gering? Unpraktisch? Wie man das aus dem Haus rausbringt? Würde ein Gesetzt benötigt , eine WEG darf Wallboxen am Bordstein errichten? Oder scheiterts an der WEG? Die TG Gesetze hierzu sind aber besser geworden?
Thorsten 0711 meint
Ja meine Herren ich meinte natürlich 18 kWh 100km.
Immer wieder nicht witzig wie sich hier teilweise die Herren aufspielen ohne auch nur mit einem Wort auf den eigentlichen Inhalt einzugehen.
Wo sind eigentlich die ganzen netten, offenen Menschen die ich regelmäßig beim Laden antreffe? Scheinbar nicht hier im Kommentarbereich.
Hanno meint
Hier trifft sich die deutsche Bildungselite, da darf man sich keine Fehler erlauben ;-)
yoglein meint
@Yogi vorher hat das yogi mal 50000€ auf den Tisch gelegt :) :)
Ist günstiger wie 1,7€/L.
Gerry meint
Absatz plugin steigt und BEV geht zurück in 2024 ??
Das hätte die Fossilie namens Hildegard Müller wohl gerne …
Steffen meint
Weiß nicht, auf welchen Absatz du dich beziehst, aber hier steht: „Eine erfreuliche Entwicklung erwarten wir bei der inländischen Produktion von Elektro-Pkw. Diese dürfte 2024 weiter steigen. Wir erwarten hier ein deutliches Plus in Höhe von 19 Prozent (BEV: + 25 Prozent, PHEV: ± 0 Prozent).
Mäx meint
„Während der Absatz von Plug-In-Hybriden (PHEV) um 5 Prozent auf 185.000 Einheiten steigen dürfte, gehen wir bei den rein batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) von einem Rückgang von 14 Prozent auf 451.000 Einheiten aus“
libertador meint
Hier:
„Während der Absatz von Plug-In-Hybriden (PHEV) um 5 Prozent auf 185.000 Einheiten steigen dürfte, gehen wir bei den rein batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) von einem Rückgang von 14 Prozent auf 451.000 Einheiten aus“, so Kallweit.“
Hendrik meint
Die deutschen Hersteller haben das Thema schlicht zu lange verpennt und sind jetzt in einer anstrengenden Aufholjagd. The Fokus auf Luxus- und Hochpreissegment hilft auch nicht gerade wenn die Welt im Krisenmodus ist.
Und jetzt zeigt ihr Lobbyverband auf die Politik um von den eigenen Versäumnissen abzulenken. Grünheide zeigt das es nicht an den Rahmenbedingungen liegt. Die chinesischen Hersteller zeigen wie weit sie technologisch und in der Produktion (effizient & kostengünstig) vorne liegen.
one.second meint
„Grünheide zeigt das es nicht an den Rahmenbedingungen liegt.“
Das kann man nur noch mal unterstreichen.