Elektroautos sind effizient, der Wirkungsgrad ist gegenüber Verbrennern um ein Vielfaches höher. Sie nutzen aber nicht nur die eingesetzte Energie beim Vortrieb besser aus, sondern gewinnen beim Bremsen auch welche zurück. In einer Untersuchung hat der ADAC die Effizienz und Vorteile der sogenannten Rekuperation unter die Lupe genommen.
Bei herkömmlichen Benzinern und Dieseln wird beim Bremsen die Bewegungsenergie ungenutzt in Wärme verwandelt – die Bremsscheiben werden heiß. Bei Elektroautos dagegen kann der E-Motor umgekehrt als Generator genutzt werden. Er macht aus der kinetischen Energie wieder elektrische, die in die Akkus eingespeist wird. Diese Energierückgewinnung bremst das Auto ab, in manchen Fällen bis zum Stillstand. Den Effekt kennt man vom Fahrrad mit Dynamo: Sobald der Dynamo an den Reifen geklappt wird, leuchten die Lampen, aber das Treten wird anstrengender.
Wie wirkungsvoll ein Auto rekuperiert, hängt vor allem von drei Faktoren ab:
- Gewicht: Schwere Autos haben ausnahmsweise einen Vorteil. Je mehr Masse in Bewegung ist, desto stärker muss zum Verzögern rekuperiert werden und umso mehr Strom wird zurückgewonnen.
- Elektromotor: Was fürs Fahren gilt, gilt auch beim Rekuperieren. Je leistungsstärker der Motor ist, desto mehr Strom kann er erzeugen.
- Batterie: Der Energiespeicher muss stark genug sein, um die rekuperierte Energie aufzunehmen und es muss „Platz“ in der Batterie sein. Ist der Stromspeicher komplett voll, kann auf den ersten Kilometern kaum rekuperiert werden.
Deutlich wird das an zwei Beispielen: Dacia Spring und BMW i7. Beide haben auf dem Prüfstand im ADAC-Technik-Zentrum in Landsberg eine zuvor aufgezeichnete Fahrt auf den Kesselberg im Voralpenland und wieder hinunter zurückgelegt. Der nur 1180 Kilogramm wiegende Dacia mit 33 kW (45 PS) starkem Motor hat auf der Teststrecke bergauf 26,4 kWh/100 km verbraucht. Bergab lag der Verbrauch bei -7,1 kWh/100 km, es wurde also Energie zurückgewonnen. Daraus resultiert ein Gesamtverbrauch von 9,7 kWh/100 km.
Deutlich schwerer und stärker ist der BMW: Er bringt 2830 Kilogramm auf die Waage und hat zwei Motoren mit 400 kW Leistung (544 PS). Dementsprechend hoch ist der Verbrauch bergauf: 59,3 kWh/100 km. Gewicht und Leistung sorgen umgekehrt dafür, dass bergab mit -26,3 kWh/100 km rekuperiert wurde – macht in Summe 16,5 kWh/100 km.
Nicht nur am Berg, sondern auch im Alltag macht sich die Rekuperation positiv bemerkbar. Green-NCAP-Messungen (nach WLTP) haben ergeben, dass E-Autos im Durchschnitt 22 Prozent der Energie, die sie aus der Batterie entnehmen, wieder zurückgewinnen. Spitzenreiter unter den 19 untersuchten Fahrzeugen ist der Nio ET7, der im Mittel sogar 31 Prozent rekuperiert. Schlusslicht ist der Dacia Spring, der nur auf durchschnittlich 9 Prozent kommt.
Größtes Potenzial im Stadtverkehr
Das größte Sparpotenzial besteht laut der ADAC-Auswertung im Stadtverkehr, wo häufig gebremst wird: Sowohl der Nio als auch der Hyundai Ioniq 6 können hier über 40 Prozent der eingesetzten Energie zurückholen, im Schnitt werden im Stadt-Verkehr circa 30 Prozent rekuperiert. Auf der Autobahn sinkt die Rekuperations-Quote auf rund 10 Prozent.
Neben der Energierückgewinnung hat die Rekuperation noch einen Vorteil: Da die mechanische Bremse viel seltener benutzt wird, sinkt die Feinstaub-Belastung durch Bremsenabrieb signifikant – eine Emissionsquelle, die zukünftig im Rahmen der Euro-7-Norm sogar begrenzt wird. Gleichzeitig halten die Bremsen aufgrund des geringeren Verschleißes in der Regel länger als bei Verbrenner-Fahrzeugen, sofern sie nicht wegen zu geringer Nutzung vorher korrodieren.
„Die Rekuperation ist ein wichtiger Faktor für die Effizienz von E-Autos“, betont Dino Silvestro, Leiter Fahrzeugtest im ADAC-Technik-Zentrum. Der Autoclub fordert die Hersteller allerdings auf, das Zusammenspiel zwischen Rekuperation und mechanischer Bremse intelligent auszulegen: So viel Energierückgewinnung wie möglich und so viel mechanische Bremse wie nötig, um Korrosion vorzubeugen.
„Außerdem darf eine starke Rekuperationsleistung nicht zur Rechtfertigung eines hohen Fahrzeuggewichtes genutzt werden“, so Silvestro. „Der Energieverbrauch zum Beschleunigen der großen Masse wiegt in der Summe dennoch schwerer als die Vorteile bei der Rekuperation. Autohersteller sollten deshalb und mit Blick auf den Ressourcenverbrauch auch bei Elektrofahrzeugen auf Leichtbau setzen.“
alupo meint
Es ist doch klar, dass je weniger ich vorausschauend, umd damit stromsparend fahre, desto mehr kann und werde ich rekuperieren.
Insofern ist das Rekuperieren mit dem BEV nur die zweitbeste Option.
Wenn ich wieder zu Hause bin und Zugriff auf meine Daten habe werde ich mir mal meinen persönlichen Rekuperationsanteil ansehen. Was ich aber weiß ist, dass ich mit meinem gut 2 Tonnen schweren BEV aktuell einen Verbrauch von 151 Wh/km habe. Das Ziel ist 150 Wh/km. Tesla kann sich darüber freuen denn ich lade fast ausnahmslos zu 0 € an Teslas Supercharger.
Matthias meint
Die Überschrift ist irreführend, weil sie mit nur „bis zu 40%“ die Effizienz der Rekuperation deutlich schlechter darstellt als sie ist, durch Vermengung in einem Gesamtverbrauch der auch Luftwiderstand beinhaltet. Dass bei Konstantfahrt in der Ebene keine Rekuperation stattfinden kann ist klar. Ebenso kann eine Bergabfahrt nur durch Luftwiderstand gebremst werden, insbesondere bei leichten Fahrzeugen mit hohem Luftwiderstand wie ein aufrecht sitzender Radfahrer. Beim E-Auto bergab wird man je nach Streckenführung, Verkehrslage und Gusto schnell und wenig rekuperierend fahren müssen oder wollen, und nur selten mit kräftiger Rekuperation langsam bergab rollen. Wobei Spitzkehren natürlich niedrige Geschwindigkeiten erzwingen. Da muss dann eine E-Auto kräftig rekuperieren können, am besten an beiden Achsen.
one.second meint
Auch an diesem Beispiel wird deutlich, wie unglaublich primitiv und verschwenderisch Verbrenner sind.
Oliver Eales meint
Lustig, in den Kommentaren ist 10 mal so viel Kompetenz wie im Artikel selbst.
EVrules meint
In der Annahme des ADAC gibt es zwei-drei grundlegende Fehler:
Gewicht: Schwere Autos haben ausnahmsweise einen Vorteil. Je mehr Masse in Bewegung ist, desto stärker muss zum Verzögern rekuperiert werden und umso mehr Strom wird zurückgewonnen.
> Je höher die Masse ist, desto höher ist auch die Rollreibung, ebenfalls ist die Beschleunigungsenergie höher, wodurch auch die Verluste in Summe höher sind, als bei leichteren Fahrzeugen.
> D.h. eine hohe Masse zahlt sich nie aus, es gibt keinen Wirkungsgrad von 1 und wo mehr aufgewendet werden muss, geht auch mehr verloren.
Elektromotor: Was fürs Fahren gilt, gilt auch beim Rekuperieren. Je leistungsstärker der Motor ist, desto mehr Strom kann er erzeugen.
> Mit welcher Leistung will man denn im Alltagsverkehr rekuperieren? Wenn ein Motor 300kW bietet, ist das Effizienz-Peak bei ca. 50-60% von der Nennleistung, klar ist die Wirkungsgradkurve flacher, dennoch sinkt diese darüber und vorallem darunter stärker ab.
> Fahre ich mit 120km/h (33m/s) und verzögere ich moderat-fließend ca. 2m/s², ergibt sich eine Bremszeit (v=a*t) von rund 16-17s. E_kin eines 2t schweren PKW wäre hierbei 1.110J / Ws oder 0,31Wh – die zur Bremsung nötige Leistung beträgt ca. 67kW oder 22% der Nennleistung – nicht so gut. Eine Voll-/Gefahrenbremsung wäre bei ca. 1-1,2g, also 10-12m/s².
Irritierend ist auch die Angabe, dass ein Nio ET7 bis zu 31% der Energie zurückgewinnt, wohingegen ein Spring nur 9% rekuperieren kann.
Schaut man sich die absoluten Verbräuche an, wird deutlich, dass der Spring im Alltag den geringeren Verbrauch hat, einfach aufgrund der Masse, der passenderen Motorkonfiguration und der kleineren Stirnfläche.
An der Physik kommt man nicht vorbei und eine höhere Masse ist immer von Nachteil im Verbrauch.
M. meint
Zustimmung. Eine hohe Masse erhöht NICHT den Wirkungsgrad der Rekuperation – und um die hohe Masse zu beschleunigen, wird ja auch entsprechend mehr elektrische Energie gebraucht.
Bzgl. Rekuperationsleistung finde ich die 100kW meines Ioniq mehr als ausreichend. Im Alltag brauche ich das Bremspedal nur im Notfall oder zum Anhalten. Hab eh schon Angst, dass die Bremsscheiben verrotten. Wenn der Motor noch mehr rekuperieren würde, müssten die Bremsscheiben aus einem nicht rostenden Material bestehen.
Steffen meint
Du scheinst den Artikel nicht zu Ende gelesen zu haben!?
„„Außerdem darf eine starke Rekuperationsleistung nicht zur Rechtfertigung eines hohen Fahrzeuggewichtes genutzt werden“, so Silvestro. „Der Energieverbrauch zum Beschleunigen der großen Masse wiegt in der Summe dennoch schwerer als die Vorteile bei der Rekuperation. Autohersteller sollten deshalb und mit Blick auf den Ressourcenverbrauch auch bei Elektrofahrzeugen auf Leichtbau setzen.““
EVrules meint
Doch hab ich, natürlich ist das Fazit richtig, aber die initial erwähnten Thesen werden dadurch nicht richtig.
Schwere Autos haben keinen Vorteil und leistungsstarke Motoren bieten keinen Effizienzvorteil. Die allgemeinen Aussagen des Textes sind irreführend und scheinen größere, schwerere und leistungsstärkere PKW zu bevorzugen, besser darzustellen und das ist einfach Mumpiz.
Werner Mauss meint
Sehr gut erklärt, danke.
Meister Sauron meint
„Autohersteller sollten deshalb und mit Blick auf den Ressourcenverbrauch auch bei Elektrofahrzeugen auf Leichtbau setzen.“ Also viel Aluminium und Carbon? Das machen ja einige schon, aber aber das hat weder besonders viel Effekt hinsichtlich Gewichtersparnis (der Akku wird deswegen kein Stück leichter) noch schont man dadurch Ressourcen. Alugewinnung ist eine der größten Umweltsauereien überhaupt, Carbon verbraucht viel Energie bei der Erzeugung und ist nur schwer zu recyceln. Besser wäre eine konsequente Nutzung von Recyclaten.
Werner Mauss meint
Alu ist aber einfacher zu recyceln. Eisenverhütung oder wieder ein schmelzen ist auch nicht gerade sauber und es entsteht großer Verlust durch Rost.
Andi EE meint
Seltsame Rechnung … 19,3kWh/100km (Dacia) und 33kWh/100km (BMW) … oder mach ich was falsch. Da stimmt doch was nicht?!
libertador meint
Durch zwei teilen. Es sind keine absoluten Verbräche, da darf man nicht einfach addieren.
Zum Verständnis. Man stelle sich vor man fährt 50 km mit 50 kWh /100 km im Durchschnitt. Dann fährt man weitere 50 km mit 0 kWh / 100 km im Durchschnitt. Dann addiert man 50 + 0 =50 und muss das anschließen durch 2 teilen. So erhält man 25 kWh / 100km.
Peter meint
So ist es.
Aber das werden Viele nicht verstehen, weil es eine neue Realität ist, dass ein „Verbrauch“ auch negativ sein kann (also kein „Verbrauch“, sondern ein „Zugewinn“). Und dann heißt es bestimmt wieder „schöngerechnet“.
Dieser Kommentar zielt explizit NICHT auf Andi EE, sondern auf die eingfleischte Verbrennerfraktion, die hier ja nur in zwei/drei wohlbekannten Ausnahmen vertreten ist.
EVrules meint
Unabhängig vom Antrieb, wird immer mehr Energie an die Umwelt abgegeben, als „hinzugewonnen“ werden kann.
Absolut unstrittig ist, dass nur ein BEV oder elektrifiziertes Auto überhaupt die Möglichkeit hat, einen Teil (wohl die im Artikel benannten 20-40%) seiner Bewegungsenergie wieder zurückzuwandeln in elektrochemische Energie (Akkuzelle).
Und gleichzeitig wird auch deutlich, dass je gleichmäßiger man sein BEV fährt und je geringer die Wandlungsverluste anfallen, desto effizienter mit der Energie gehaushaltet wird und der Verbrauch kleiner wird.
PP meint
Vielleicht ist es so anschaulicher :
Du fährst mit dem BMW 100km bergauf, und verbrauchst dabei 59,3 kWh. Dann fährst du 100km bergab,und rekuperierst 26,3 kWh.
Brauchst also insgesamt 33 kWh, allerdings für 200km.
Auch wenn du dem ADAC grundsätzlich nicht traust, rechnen können die da wohl doch 😉