Der schwedische Batteriezellhersteller Northvolt überdenkt seine bisher verkündeten Expansionspläne. Was die Neubewertung für die deutsche Fabrik in Schleswig-Holstein bedeutet, ist noch unklar.
Northvolt-Mitgründer und -CEO Peter Carlsson hat in einem Interview mit der schwedischen Wirtschaftszeitung Dagens Industri gesagt: „Wir waren mit unserem Expansionsplan etwas zu aggressiv, und das überprüfen wir jetzt.“ Ein Northvolt-Sprecher bestätigte anschließend: „Northvolt evaluiert momentan die zeitliche Planung zum weiteren Produktionshochlauf seiner Fabriken. Der Fokus liegt dabei auf der Belieferung von Kunden aus dem ersten Northvolt Gigafactory-Standort in Skellefteå.“
Das Unternehmen fertigt in Skellefteå seit Ende 2022 Akkus für Elektroautos, der Produktionsausschuss ist aber noch zu hoch. Das hatte schon zur Folge, dass Northvolt-Anteilseigner BMW kürzlich einen Milliarden-Auftrag stornierte – Northvolt kann nicht die vereinbarten Mengen liefern. Neben BMW setzen weitere Kunden und Anteilseigner, vor allem der Volkswagen-Konzern, auf das schwedische Akku-Start-up.
Die Folgen der Überprüfung für die über Skellefteå hinaus geplanten Fabriken bleiben abzuwarten. Allerdings hat das Unternehmen gegenüber kanadischen Medien bereits bestätigt, dass man an der im Bau befindlichen Fabrik in Kanada grundsätzlich festhalten will. „Unser Engagement und unsere Absichten bleiben unverändert: Wir wollen eine zentrale Rolle bei der Energiewende in Quebec spielen, indem wir die umweltfreundlichsten Batterien der Welt herstellen“, so ein Sprecher. Es sei jedoch zu früh, um über Auswirkungen auf den Standort zu sprechen.
Mit Blick auf die im Bau befindliche Fabrik im schleswig-holsteinischen Heide hieß es, das Unternehmen stehe hinter der Expansion in Deutschland. Überprüft wird laut dem Portal Electrive offenbar der Zeitplan des Produktionshochlaufs. Ursprünglich sollten ab 2026 erste Zellen in Heide gefertigt werden. Noch keine Aussage gibt es zu der Fabrik in Göteborg, die in Zusammenarbeit mit Volvo entstehen soll.
2023 hatte Northvolt seine Verluste auf rund 1,2 Milliarden Dollar verdreifacht. Das Unternehmen investiert weiter viel Geld in seinen Hochlauf, während es sich gegen die immer günstiger werdende Akku-Konkurrenz aus Asien wehren muss. In Medien wird auch ein Zusammenhang mit den aktuell in einigen Ländern schwächelnden Zulassungszahlen von Elektroautos hergestellt.
CEO Carlsson sagte gegenüber Dagens Industri, man müsse sich verstärkt auf das Kerngeschäft konzentrieren. „Wir sehen die Notwendigkeit, unsere Pläne anzupassen, um sicherzustellen, dass wir jede Phase gut durchführen“, wird er zitiert. Northvolt strebt bis zum Ende des Jahrzehnts einen Marktanteil von 25 Prozent in Europa an.
alupo meint
Nachdem so ziemlich alle alten OEMs zum Teil drastische Verschiebungen angekündigt haben ist das nicht verwunderlich.
Auch Dav ids Lieblingsmarke Porsche hat die Halbierung aufgrund anhaltendem Nachfragemangel beim Taycan bereits angekündigt. Tja die Realität holt die Blase ein….
Da bleiben jetzt kaum eine Handvoll BEV Hersteller übrig die weiterhin alles tun werden um BEVs voranzubringen (der Marktführer aus den USA und der Rest (einige wenige) aus China).
Shino2 meint
Wir waren in St. Peter Ording und sind an der Großbaustelle Northvolt bei Heide West in SH vorbei gefahren.
Ich hoffe doch das die Fabrik weiter gebaut wird.
Die Bauarbeiten waren dort voll im Gange.
Hoffen wir das es weiter geht.
Jörg2 meint
Meine Vermutung:
Durch die chinesische Produktion gibt es ein Überangebot am Markt. Schon das drückt die Preise (was den Endkunden freuen darf).
China wird diese Überkapazität so halten und es jedem neuen Marktteilnehmer damit schwer machen, sein Invest zu refinanzieren.
Eine europäische Marktabschottung per Import-Strafzölle wird durch europäische Produktionsstandorte chinesischer Produzenten ausgehebelt.
Wenn der (in Zukunft wieder hochlaufende) Markt deutlich und fest chinesisch besetzt ist, werden die Preise auskömmlich gestaltet (durch die Skaleneffekte werden dann wohl trotzdem geringere Stückkosten und Abgabepreise rauskommen).
Für mich kommt da raus: So wie der PV-Modulemarkt für Westeuropa weg ist, ist es demnächst auch der Zellenmarkt. Als nächstes kommt dann der Markt der Klein- und Kleinst-Pkw.
Wenn die westeuropäischen Hersteller sich nicht zusammentun (ich bezweifle das), dann wird bei denen heftig das Licht gedämmt.
Wer sein Wohl und Wehe noch immer im Hersteller-/Marken-Kastendenken sieht, hat den Schuss nicht gehört.
Fred Feuerstein meint
So sehe ich das auch.
Jeff Healey meint
So ist es. Kapazität, Preis und Spiel werden längst von China bestimmt. Man sollte von europäischer Seite her schnellstens die Kooperation mit China suchen, statt massiv Einfuhrzölle anzuheben. Zwanzig Jahre Tiefschlaf in der europäischen Batterie-Forschung zeigt sonst bald zerstörerische Kräfte.
Jörg2 meint
Eine andere Lösung wäre:
Da der gesamte afrikanische und südamerikanische Automarkt noch völlig unerschlossen für BEV ist (und auch dort wird sich das BEV durchsetzen), sollten die westlichen/europäischen Hersteller/Wirtschaftsräume durchstarten und sich befähigen, abgestimmte Lösungen aus PV, Speicher und BEV-Mobilität erarbeiten und sich abkoppeln, von der Zulieferseite China.
Ansonsten könnte folgendes passieren:
China hat bereits den PV- und Zellenmarkt.
Über Kooperationen westlicher Hersteller (s. Mercedes mit Smart) geben wir den chinesischen Herstelern die Gelegenheit, ihre immer kleiner werdenden BEV-Pkw zu Höchstpreisen anzubieten und ebnen ihne (über Skalierungsmöglichkeiten) den Weg hin zu seh sehr preiswerten Kleinwagen (welche dann für die Märkte Afrika und Südamerika preislich geeignet sind).
Will sagen: Ich befürchte, Kooperationen mit China sind dr Schuss ins eigene Knie.
Futureman meint
Scheint so als wenn (im Gegensatz zu Grünheide) in der Heide demnächst ein Grundstück frei wird. Schade um die politische Unterstützung.
EdgarW meint
Heide (i.H., wo das Northvolt-Werk gebaut wird) liegt nicht in der (Lüneburger) Heide, das wäre Niedersachsen, sondern in Dithmarschen, Schleswig-Holstein.
Futureman meint
Dachte auf Fakten wird hier nicht geachtet :-)
Aber gut aufgepasst, dann bitte das „der“ wegdenken.
MartinAusBerlin meint
Auf der einen Seite sagen sie, dass sie „Wir waren mit unserem Expansionsplan etwas zu aggressiv,“, auf der anderen Seite heißt es, dass sie nicht liefern können, weil die Produktion noch nicht richtig läuft.
Das passt doch nicht zusammen.
Mäx meint
Sagt ein Kunde ab, hast du Kapazitäten über, die erstmal keiner abnimmt.
Eventuell will die Batterien auch keiner, wenn der Preis nicht signifikant günstiger ist, wenn der Ausschuss so hoch ist.
Dazu kommen allgemeine Überkapazitäten im Weltmarkt, da in China so viel produziert wird.
Dass man dann überlegen muss, ob eine Expansion sinnvoll ist liegt erstmal auf der Hand, wenn auch sehr schade, weil das dringend gebraucht wird in Europa.
Jeff Healey meint
Meine Einschätzung dazu: Batterieproduktion in Europa wird nicht mehr konkurrenzfähig. China hat unglaubliche Produktions-Kapazitäten aufgebaut. Hoffentlich täusche ich mich.
Steffen meint
Dann laufen wir halt in ein Abhängigkeitsrisiko ohnegleichen, wie jetzt schon bei der Pharmaindustrie, wo praktisch alle Grundstoffe für Medikamente aus China (und vielleicht noch Indien) kommen. Oder eben gleich die Medikamente als Produkt selbst.