Extrem wendig, lokal emissionsfrei sowie vernetzt mit Fahrer und Umwelt: Mit dem Smart Urban Vehicle zeigt der deutsche Automobilzulieferer ZF, welches Potenzial eine umfassende intelligente Vernetzung einzelner Fahrwerk-, Antriebs- und Fahrerassistenzsysteme in sich trägt.
Herzstück des Konzeptfahrzeugs ist der radnahe, rein elektrische Hinterachsantrieb, der es ermöglicht, das grundlegende Layout des Smart Urban Vehicle neu zu gestalten. Auch die Vorderachse zeigt sich innovativ: Einschlagwinkel von bis zu 75 Grad erhöhen die Agilität und Wendigkeit des Prototyps.
Für zusätzlichen Komfort sowie für Sicherheit und Effizienz sorgen zwei Fahrerassistenzfunktionen: Ein Parkassistent manövriert das Fahrzeug in nahezu jede noch so kleine Lücke – per Knopfdruck ferngesteuert über Smartphone oder Smartwatch. Komfortables und effizientes Fahren ist mit dem Konzeptfahrzeug dank der cloudbasierten Assistenzfunktion PreVision Cloud Assist möglich. Die Konzeptstudie reguliert z.B. bei Bedarf rechtzeitig vor Kurveneinfahrt das Antriebsmoment nach unten und drosselt so ohne mechanischen Bremsvorgang die Geschwindigkeit.
Auch über das Lenkrad steht der Fahrer im direkten Kontakt zum Smart Urban Vehicle: Eine Berührungserkennung deckt die Lenkradfläche vollständig ab und bildet damit die Grundlage für Assistenz- und automatisierte Fahrfunktionen. Über ein OLED-Display in der direkten Sichtachse werden dem Fahrer zusätzliche Informationen vermittelt.
„Mit dem Smart Urban Vehicle zeigt ZF, welche konkreten Lösungen für den städtischen Individualverkehr wir heute schon allein dadurch erzielen können, wenn bestehende Technologien und Systeme im Fahrzeug miteinander vernetzt werden, sie mit dem Fahrer, mit dessen Verhalten und mit der Umwelt interagieren oder sie auf Datenmaterial zugreifen lassen, das mittels Cloud Connectivity an jedem beliebigen Ort zur Verfügung steht“, erklärt Dr. Stefan Sommer, Vorstandsvorsitzender der ZF Friedrichshafen AG. „Gleichzeitig markiert diese Studie gewissermaßen auch einen Startpunkt, von dem aus sich die Konzepte für die urbane Mobilität der Zukunft sehr konkret weiterdenken lassen.“
Komplett neu aufgebaut
Mit dem Smart Urban Vehicle zeigt ZF ein Elektrofahrzeug, das auf Basis eines Standard-Kleinwagens komplett eigenständig aufgebaut wurde. Seine Leistung bezieht das Konzeptfahrzeug aus einer Traktionsbatterie, die in insgesamt drei Modulen an der Vorder- und Hinterachse Platz findet. Den Antrieb übernimmt die Verbundlenker-Hinterachse eTB (electric Twist Beam) an deren linken und rechtem Rad je eine kompakte Antriebseinheit mit einer Leistung von 40 Kilowatt sitzt. Bei einem Achsmoment von 1400 Newtonmetern und einer Maximaldrehzahl von 21.000 Umdrehungen pro Minute erreicht das auf den innerstädtischen Verkehr ausgelegte Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 150 Kilometern pro Stunde.
Wendig durch die Stadt
An der Vorderachse wurde wir ein neues Konzept mit Einschlagwinkeln von bis zu 75 Grad realisiert, das den Lenkaufwand bei Park- und Wendemanövern deutlich reduziert. Dank des veränderten Radeinschlags verringert sich der Wendekreisdurchmesser des Smart Urban Vehicle auf weniger als sieben Meter – ein U-Turn, also ein Wendemanöver von 180 Grad, auf einer gängigen zweispurigen Straße ist damit ohne Schwierigkeit möglich.
Unterstützt werden die Lenkbewegungen an der Vorderachse vom Torque-Vectoring-System des Hinterachsantriebs, das die Antriebskraft individuell auf die beiden Hinterräder verteilt und das Anfahren bei derartig großen Radeinschlägen erst ermöglicht. Damit lässt sich das Konzeptfahrzeug auch in kleinste Parklücken von etwa vier Metern Länge bequem in meist nur einem Zug manövrieren.
Erkannt, gedrückt, geparkt: Der Smart Parking Assist
Besonders deutlich werden die Vorzüge des neuen Vorderachskonzepts im Zusammenspiel mit der im Smart Urban Vehicle realisierten Fahrerassistenzfunktion Smart Parking Assist. Das System unterstützt den Fahrer nicht nur bei der Erkennung passender Parkplätze, sondern kann den Wagen auch vollautomatisch längs oder quer zur Fahrtrichtung parken. Seine Informationen bezieht der Parkassistent von zwölf Ultraschallsensoren und zwei Infrarotsensoren an Front-, Heck- und Längsseiten des Fahrzeugs, die einen geeigneten Parkplatz ermitteln. Die Steuerelektronik verarbeitet die Informationen und regelt alle an der Parkfunktion beteiligten Systeme – beispielsweise den Elektroantrieb und den benötigten Lenkeinschlag der Elektrolenkung.
Der Fahrer kann während des Vorgangs über das Display im Cockpit mit dem Fahrzeug interagieren oder die Parkfunktion erst nach dem Aussteigen mittels Smartphone-App auslösen. Das Smart Urban Vehicle sucht danach selbständig in Schrittgeschwindigkeit die Umgebung nach der passenden Lücke ab und leitet den Parkvorgang selbstständig ein.
Komfort für den Fahrer, Entlastung für die Städte
Für die Zukunft sind mit dem Smart Parking Assist Szenarien denkbar, die dem Fahrer einen zusätzlichen Nutzen bringen: Denn wenn das Fahrzeug nach dem Ausstieg am Zielort autonom ein freies Parkhaus ansteuert, spart das wertvolle Zeit.
Wenn Pkw in Zukunft fahrerlos einparken, können auch die Parkflächen effektiver genutzt werden. Denn die Türöffnungswinkel müssten bei Stellplätzen für autonome Autos nicht mehr berücksichtigt werden – die Parkplätze werden kleiner. Das könnte die Städte entlasten, da gewonnene Flächen als zusätzliche Lebens- oder Arbeitsräume genutzt werden könnten.
Fahrerfahrung aus der Cloud
Für maximale Reichweite und Fahrsicherheit sorgt im Smart Urban Vehicle die cloudbasierte Fahrerassistenzfunktion PreVision Cloud Assist. Im Gegensatz zu rein GPS-unterstützten Systemen berücksichtigt die Konzeptstudie nicht nur Geometriedaten und Informationen zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit, sondern speichert bei jeder Fahrt zusätzlich Daten zur Fahrzeugposition, aktuell gefahrenen Geschwindigkeit sowie Quer- und Längsbeschleunigung in der Cloud.
Wird die Strecke erneut zurückgelegt, berechnet das System anhand dieser Erfahrungswerte und Daten die optimale Geschwindigkeit für eine nahende Kurve. Die Assistenzfunktion reguliert dann frühzeitig vor der Kurveneinfahrt das Drehmoment so weit nach unten, bis die Kurve ohne mechanischen Bremsvorgang gefahren werden kann. Das schont nicht nur Batterie und Bremssystem des Fahrzeugs, sondern sorgt auch für mehr Sicherheit gerade bei unübersichtlichen Kurven.
Kommunikation über das Lenkrad
Der Fahrer ist zu jeder Zeit über das Eingreifen von PreVision Cloud Assist informiert: Das multifunktionale Lenkrad verfügt im Lenkradkranz in der direkten Sichtachse des Fahrers über ein Display. Dieses zeigt zum Beispiel an, wieviel Antriebsmoment das Fahrerassistenzsystem vor Kurveneinfahrt wegnimmt – oder nach der Kurve wieder zur Verfügung stellt.
Auch mittels der Berührungserkennung HOD (Hands On Detection) steht der Fahrer im direkten Kontakt zum Fahrzeug. Das System deckt die Lenkradfläche vollständig ab und erkennt, ob der Fahrer das Lenkrad festhält. Der identifizierte Zustand wird in ein digitales Signal verwandelt und ans Fahrzeug gesendet. Dieses alarmiert je nach Situation den Fahrer oder aktiviert die zur Verfügung stehenden Assistenzsysteme.