Dieselskandal, illegale Abschalteinrichtungen, Klüngel mit der Politik: Wenige Tage vor der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt (IAA) kommt die Branche nicht aus den negativen Schlagzeilen. Die der gesamten Automobilindustrie dabei oft vorgeworfene Arroganz ist aber ein zu pauschales Urteil, das vielen gerade mittelständischen Zulieferern laut einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung Staufen nicht gerecht wird.
So sehen 75 Prozent der Unternehmen aus der Automobilindustrie für einzelne Produkte ihres Hauses durchaus eine große bis sehr große Disruptionsgefahr. Und jede zweite Firma hält sogar das gesamte Unternehmen für bedroht. Damit macht sich die Automobilindustrie deutlich mehr Sorgen um die eigene Zukunft als andere Branchen wie etwa der Maschinenbau oder die Elektroindustrie. Das sind Ergebnisse der Studie „Erfolg im Wandel“. Mehr als 650 Führungskräfte deutscher Unternehmen wurden dafür befragt, davon knapp 100 aus der Automobilindustrie.
„Die Studienergebnisse bestätigen den Eindruck aus unseren Projekten und Gesprächen mit Herstellern und Zulieferern, dass sich die Automobilindustrie intensiv mit der Zukunftsfähigkeit der eigenen Produkte und Geschäftsmodelle beschäftigt“, sagt Michael Hahn, Branchenexperte Automotive bei der Unternehmensberatung Staufen. „Die oft pauschal unterstellte Haltung, dass es schon nicht so schlimm kommen werde, ist also eindeutig eher Ausnahme als Regel.“
Automobilindustrie in Sachen Digitalisierung vorne dabei
Diese Beobachtung unterstreicht der aktuelle „Deutsche Industrie 4.0 Index“ von Staufen. Denn auch in Sachen Digitalisierung rangiert die Automobilindustrie klar vor der Elektroindustrie sowie dem Maschinen- und Anlagenbau. „Die Automobilindustrie ist und bleibt bei technologischen Innovationen die Vorreiter-Branche in Deutschland“, so Staufen-Berater Hahn.
Wie die Studie allerdings auch zeigt, vergessen viele Betriebe bei aller Fokussierung auf neue Technologien ebenfalls ihre Unternehmenskultur und Organisationsstruktur den neuen Anforderungen anzupassen. So werden beispielsweise in sieben von zehn Firmen Veränderungen noch immer von oben vorgegeben und bei rund jedem zweiten Unternehmen dominiert sogar insgesamt ein noch sehr traditionelles Führungsverständnis. „Das kreative Potenzial der Mitarbeiter wird noch viel zu wenig genutzt“, so Automobil-Experte Hahn. „Die Unternehmen wissen sehr genau, dass sie sich anpassen müssen. Allerdings wird gerade beim Thema Führungskultur oft unterschätzt, welche Anstrengungen noch notwendig sind, um wirklich wandlungsfähig zu werden.“