Neben teil- und vollelektrischen Autos treibt Škoda auch neue Ladetechnologien voran. In Prag hat die Volkswagen-Tochter nun mit dem Pilotbetrieb einer auf kinetischer Schwungradtechnik basierenden Schnellladestation begonnen. Die Strom-Tankstelle kommt ohne chemische Batteriezellen aus und stellt doppelt so viel elektrische Leistung bereit wie vom Stromnetz zur Verfügung gestellt wird.
Die Ladestation auf dem Messegelände Prag-Letňany ist laut den Entwicklern die erste ihrer Art in der Tschechischen Republik und die dritte überhaupt weltweit. Die Technologie wurde von dem israelischen Startup Chakratec entwickelt, mit dem Škoda künftig zusammenarbeit.
Die „Kinetic Power Booster“ Ladestation erlaubt es Chakratec zufolge, Elektroautos auch dort mit Schnellladetechnologie für die Weiterfahrt fit zu machen, wo die Leistung dafür eigentlich nicht ausreicht. Die Technologie nimmt dazu Belastungsspitzen des Stromnetzes auf, beschleunigt damit Schwungräder auf hohe Drehzahlen und speichert den Strom als kinetische Energie. Wird ein E-Auto angeschlossen, gibt der Kinetic Power Booster Strom ab und verdoppelt dabei die Ladeleistung, die das Stromnetz allein zur Verfügung stellen könnte.
Neben dem Speichern von Energie bei Stromüberschuss entlastet das Chakratec-System die Netze zu Spitzenzeiten. Anders als bei batteriebasierten Ladesäulen sei die Kapazität dabei konstant hoch, erklärt Chakratec. Darüber hinaus handele es sich bei dem rein mechanischen Kinetic Power Booster um eine umweltfreundliche Lösung ohne chemische Batteriezellen, die rund 200.000 Schnelllade- und Entladungszyklen erlaubt – das entspreche einer Lebensdauer von etwa 20 Jahren.
Technisches Herzstück der Ladestation sind zehn Schwungräder in einem Container, die dort in einem Vakuum rotieren. Wird Netzstrom zugeführt, beschleunigen die Schwungräder. Sobald ein Fahrzeug geladen wird, erzeugen die Schwungräder selbst Strom und verlieren dabei an Drehzahl. Der Energiespeicher soll ausreichen, um zwei Elektroautos mit der doppelten Leistung des Stromnetzes gleichzeitig zu laden. Nach dem Ladevorgang benötigen die Schwungmassen Zeit, um wieder auf Drehzahl zu kommen, bei der 100-kW-Säule in Prag dauert dieser Vorgang etwa 45 Minuten.
Derzeit können die Fahrer von Elektroautos kostenlos an dem Kinetic Power Booster in Prag Strom laden, um die Technik kennenzulernen. Preise und Zahlungsmethoden für den Regelbetrieb will der örtliche Betreiber PRE Group später bekanntgeben. Je nach Verlauf der Testphase planen die Partner den Bau weiterer Schnellladestationen nach dem Chakratec-Prinzip in Tschechien und weiteren Ländern.
alupo meint
Kein neuer, aber m.M.n. durchaus interessanter Ansatz der es Wert ist, erforscht zu werden (im Gegensatz zu Wasserstoff).
Ich bin zwar skeptisch, aber es wäre toll wenn ich mich irren würden (beim Wasserstoff bin ich mir absolut sicher dass das aus physikalischen Gründen nichts taugt).
Der Ansatz mit dem Vacuum ist sichet notwendig. Wenn Schwungrad incl. Motor/Generator im Vacuum untergebracht werden muss keine Welle aus dem Vacuum herausgeführt werden und man bekommt das Teil sehr dicht, was energetisch wichtig ist.
Eine magnetische Lagerung, auch sicher wichtig zur Minimierung der Verluste bzw. dass kaum Abhitze entsteht.
Die Speicherdichte erscheint mir aber deutlich schlechter im Vergleich zu der heutigen LiIonentechnologie. Aber das ist ja nicht per se ein Problem.
Hält das Vacuumgehäuse oder danach der Container ein ausbrechendes Schwungrad aus? Also wenn es z.B. durch ein Erdbeben oder einen LKW-Aufprall zu einer externen Krafteinwirkung kommt? Klar, das ist eine Auslegungssache, aber ein außer Rand und Band geratenes Schwungrad „hat es schon in sich“.
Ich hoffe, dass der Speicher die technischen Erwartungen erfüllt und in der Massenfertigung kostengünstig mit existierendem Know how in Zukunft hergestellt werden kann.
McGybrush meint
Mal ne blöde Frage. Können sich Kraftwerke nicht auch selbst solche Dinger auf den Hof stellen. Weil so könnten sie die Spitzenlast noch viel besser Managen.
Ja ich weiss. Hier geht es darum vor Ort zu machen weil die Leistung speziell vor Ort nicht da ist die man braucht. Aber das Grundproblem Spitzenlast ist ja generell da.
Glaube diese Ladesäule macht nur Sinn wenn sie auch zu 50% ausgelastet ist. Wenn da nur 1 am Tag läd dann ist der Grundverbrauch an Energie sicher nicht wirtschaftlich.
Leotronik meint
Eine dezentrale Verteilung bei den Verbrauchern wäre besser. Dann bräuchte man die Stromtrassen nicht auszubauen. Die Auslastung der Kraftwerke und der Stromleitungen wäre gleichmässiger. Und der viel zittierte Blackout um 18 Uhr wenn alle EV auf einmal laden wollen wäre aus der Welt.
Swissli meint
Die Kraftwerke rühren da mit grösseren Kellen an:
Neuer Pumpspeicher „Nante de Drance“, 10 Jahre Bauzeit, Fr. 1.9 Mia. Investition, 900 MW Leistung, Jahresproduktion 2.5 Mia. kwh., Inbetriebnahme 2019/2020, Betrieb ca. 80 Jahre.
Oder Pumpspeicher Linth Limmern 2016/2017: +1000 MW (auf Total 1520 MW), Fr. 2.1 Mia.
Leider sind solche Grossprojekte heute defizitär, obwohl „Stromspeicher“ gefragt wären. Ok, in 80 Jahren kann noch viel passieren.
Jedenfalls werden Container mit Schwungrädern nicht das Speicherproblem lösen.
Volker Adamietz meint
Ein Schwungrad muss ja ständig in Bewegung sein und braucht dazu – wenn auch geringer wie bei der Beschleunigung den Erhaltungsstrom. Könnte man nicht (bin leider kein Ing., Hausverstandsdenken) ein Schwungrad mit einer riesigen Feder kombinieren.
Dann könnte das Schwungrad plötzlich enorm viel Energie abgeben und die Energie würde auch ohne Erhaltungsstrom gespeichert bleiben – dann wäre es so wie beim Spülkasten, der bei kompletter Füllung nichts mehr braucht. Hmmm????
Was meint ihr?
Leotronik meint
Die Energie einer gespannten Feder ist Kraft x Weg. 1 kWh entspricht 3.600.000 Nm. Auch eine Superriesenfeder kann keine vergleichbare Energie speichern. Rotierende Speicher sind ideal. Nur darf man die Rotationachse nicht drehen wegen der Ausgleichskräfte. Deshalb gibt es Probleme diese als Fahrzeugantrieb zu nutzen. Als ortsfeste Speicher entfallen die Probleme.
Wännä meint
@Leotronic: Google mal nach Porsche GT3 R Hybrid oder 918 RSR von ca. 2011 mit Schwungmassenspeicher. Geht locker sogar auf der Rennstrecke…
Jörg2 meint
s. auch „Gyrobus“
Leotronik meint
Natürlich geht es – aber mit Problemen. Die Reaktionskräfte sind beachtlich. Deswegen werden die Schwungradspeicher eher garnich im Auto verwendet. Im Porsche war das nur ein kleiner Zwischenspeicher und wahrscheinlich mit kardanischer Lagerung, eben wegen der Reaktionskräfte. Und der Gyrobus ist mir auch bekannt. Warum fährt er wohl nicht mehr?
Bei ungünstiger Fahr-Bewegung des Autos kann das Auto umkippen.
Jörg2 meint
Ja, der Gyrobus war eher etwas „besonders“. ;-)
alupo meint
Selbst wenn man einen leichten aber drehenden Fahrradreifen zwischen an den Achsen in den Händen hält merkt man diese Kräfte sehr deutlich. Bei beweglichen Dingen wie Autos, was da für Lager bzw. Lagerschalen verbaut werden müssten…
Kein Wunder dass das nur eine (mit Steuergeld bezahlte?) Eintagsfliege war.
Jörg2 meint
@alupo
Möglicher Weise haben die damals zu viele Jules Verne Filme gesehen!?
;-)
Aber so als Lösungsversuch für:
es soll elektrisch sein
die Fahrstrecke ist sehr kurz
Batterielösungen bieten sich nicht an
bemerkenswert.
Es gibt ein schönes Kreiselexperiment im Kinderbereich im Berliner Technikmuseum.
Da sitzt der Proband mit dem von Dir beschriebenen Fahrrad-Rad (das dreht sich, die Achsverlängerung hat Proband in der Hand) auf einem Drehstuhl und soll sich mit dem Stuhl drehen.
Allgemeine Verblüffung (nicht nur bei den Kindern)
elbflorenz meint
grübelgrübel – ich weiß ned ob das sinnvoll is …
kurze überlegung: es werden in ausbaustufe 1 ca. 400 ionity-stationen geplant. jede station bekommt nach und nach eine puffer-bank (auch für solarstromspeicherung) mit 2500 kwh kapazität = 1 mio kwh – eine große zahl. nimmt man aber nur die id3 produktion in zwickau ab 2021 – so verbauen die am tag zellen mit ca. 90000 kwh. das heist, die zellen von nur gut 2 wochen produktion würde für die 400 großen puffer-banks ausreichen … ich glaube, das kreisel-dingens is keine sinnvolle lösung …
Leotronik meint
Eine Batterie verträgt bestimmt keine 200.000 Zyklen und 20 Jahre. Der Schwungradspeicher ist auch nicht als 100% Ersatz für die Batterie gedacht. Es gibt bestimmt viele Anwendungsfälle wo dieser Speicher besser sein kann als eine Batterie. Das Ding ist robust, pflegearm und langlebig. Richtig gelagert funktioniert das auch nach 50 Jahren. Stichwort Notreserve. Natürlich muss es im Betrieb getestet werden und deshalb wird es nun auch da eingesetzt wo es vielleicht nicht unbedingt sinnvoll ist.
wambo13 meint
Genau Mechanisch dauer schwingende Scheiben in einen Vakuum funktionieren ohne wenn und aber noch in 50 Jahren -_-
Gerade Akkus die keine 100% Zyklen mehr mitmachen und selten an hohe C liefern müssen, sind (denke ich) pflegeärmer als hochdrehende Mechanischen teile die ein Vakuum benötigen.
Und wenn man den Wirkungsgrad mit einbezieht wird die Sache nochmal deutlicher.
Leotronik meint
Im Betrieb sollen sie 20 Jahre halten. Wenn sie nur auf Vorrat gelagert werden nutzt sich nichts ab. Auch das Vakuum sollte OK sein. Es gibt keine Motorwelle die da rauskommt. Ist hermetisch gekapselt. Und die Schwungscheibe ist magnetisch gelagert. Einzig die elektronischen Bauteile im Wechselrichter könnten eine Schwachstelle bilden. Mechanik lebt seeeehr lange. Dampfloks, Militärausrüstung, Flugzeuge usw.
wambo13 meint
JA aber nur mit Pflege und Wartung. Ohne Pflege geht sie sehr schnell kaputt.
Werden wir sehen ob es sich durchsetzt, ich habe da meine bedenken. (glaube aber auch nicht an Batterie Puffer)
elbflorenz meint
@wambo13 ….“glaube aber auch nicht an batteriepuffer“ …
aber mit irgend etwas müssen wir ja die verbrauchsspitzen abpuffern, wenn dann doch so 10-20% bev unterwegs sind … ich denke da an den typischen pendlerfreitag – im winter. denn gerade freitagnachmittag habe ich immer noch einen hohen stromverbrauch (anders wie am woend) plus eine sehr hohe fernpendlerzahl … denn die müssen schnellladen … im gegensatz zum normalpendler …
Swissli meint
Hm… Ambri.com hat eine Speicherbatterie, die in den nächsten Jahren auf den Markt kommen soll.
In einen Container von 3×3 m passt 1 MWh (1000 kwh). Eine kwh Speicher wird wohl um die 40$ kosten. Ladezyklen mehrere 10’000x (20+ Jahre). Keine Kühlung nötig. Kann auch draussen aufgestellt werden, wartungsfrei.
Im Vergleich die Schwungräder: 1 kwh kostet 2000$. In den Container (sieht auf Foto auch nach 3×3 m aus) passen gerade mal 30 kwh (später 75 kwh), also 33x weniger als Ambri.
Und selbst wenn Ambri diese Batterie nicht wie spezifiziert bringt, wird früher oder später ein anderer Hersteller mit ähnlichem kommen.
elbflorenz meint
an sowas denke ich auch … und da gibt es wohl auch schon bald festkörperakkus.
gerade der solarstrom kann damit relativ günstig vor ort gespeichert werden. so können völlig autarke ladestadionen entstehen …
Leotronik meint
Der Schwungradspeicher ist primär dafür gedacht Schnellladesäulen dort anzubieten wo nur gelegentlich Ladebedarf besteht. Z.B. bei Veranstaltungen die nur kurz sind. Die Dinger können irgendwo gelagert werden und bedürfen keiner Pflege wie ein Batteriespeicher. Oder Einsatz bei Notfällen in der Pampa ohne dicke Stromversorgung. Oder bei der Armee. Da wird jahrelang nichts gebraucht und muss auf Vorrat gelagert werden. Es beruht auf dem Prinzip der WC Spülung. Dünne Wasserleitung und kurzfristig hoher Wasserschwall. Oder Kompressor mit Druckkessel. Bei kontinuierlichem Einsatz ist ein dickeres Kabel mit Trafo und drumherum auf Dauer besser.
CaptainPicard meint
Aber genau dort lohnt es sich erst recht nicht durch die enormen Kosten der Schwungräder. Und welche „Pflege“ benötigen denn bitte Batteriespeicher?
Leotronik meint
Selbstentladung und Temperierung. Batteriecontainer haben auch eine Klimaanlage drin. Beim Katastrophenschutz und der Armee müssen die Speicher langfristig ohne Wartung vorgehalten werden.
elbflorenz meint
bei katastrophenschutz und sowas hat es vieleicht eine berechtigung … aber ned an der schnelladestadion auf der öffentlichen straße … vieleicht eine gute idee – aber einsatzzweck etwas verfehlt … würde ich meinen …
Leotronik meint
@elbflorenz: irgendwo muss man es ja testen. Zur Zeit ist das in Erprobung und das Laden ist ja umsonst. Das Austesten bei einer Schnellladesäule ist doch optimal auch wenn es vielleicht nicht dafür gedacht sein sollte. Wenn die Feuerwehr, THW und andere auf Emobilität umsteigen sollen müssen eben solche Speicher existieren. Sowas sollten wir wirklich unterstützen auch wenns nicht für die breite Anwendung gedacht sein muss.
Swissli meint
Übrigens kostet eine kwh dieses Speichers schlappe 2’000$.
Relativiert sich zwar mit den 200’000 Ladezyklen… aber die hohen Investitionskosten überzeugen wohl nur Langfristinvestoren, die in den nächsten 20 Jahren KEINEN Fortschritt (weder technisch noch bei den Kosten) bei Batteriespeichern erwarten.
Swissli meint
Die kwh Speicherkapazität dieser Schwungräder ist extrem tief. Aktuell sind es 30 kwh für den ganzen Container. Später soll es eine Version mit 75 kwh geben (doppelte Containergrösse?).
Gut gemeint, aber da wird man wohl einem Batteriepuffer klar den Vorzug geben – idealerweise second life Puffer.
Der Denker3000 meint
die Reibungsverluste minimiert (Vakuum) und durch Aufnahme von Stitzenlast auch Netzdienliches Laden!
So geht das!
Anton Schimpfle meint
Ist zwar bekannte Technik aber ein super Einsatzzweck!
Peter W meint
Da ein Schwungrad einiges an Energie verliert, sollten solche Speicher dort genutzt werden wo die Säulen auch stark frequentiert werden. Wenn da nur 2 Autos am Tag laden wird der Verlust wohl unrentabel.
Ansonsten aber sicher eine umweltfreundliche Lösung, da keine chemischen Speicher (Akkus) verbaut werden.
wambo13 meint
Wo es stark Frequentiert ist lohnt es sich aber nicht da sie ja auch 45min brauchen um die Energie aufzunehmen.
Und ob es umweltfreundlich ist müsste man auch von fall zu fall sehen. Da ja auch Energie verloren geht wenn keiner lädt. Es ist jetzt natürlich die frage wie hoch der Wirkungsgrad ist. Bei Last und Leerlauf.
Die Grundidee ist glaube nicht verkehrt, aber obs sinnvoll in der Anwendung ist habe ich kleine zweifel.
Jörg2 meint
Wenn die Ladesäule hoherfrequent besucht wird, braucht ja nur ein zweiter Container hingestellt zu werden. Schon sinkt die Wartezeit auf die Hälfte.
(Ich vermute, die Wartezeitangabe bezieht sich auf die „Ladezeit“ zwischen total leer und komplett voll. Das wäre also eine Grenzwertbetrachtung, die davon ausgeht, dass jedes Auto den Container immer total leersaugt.)
(Wäre auch eine schöne Lösung für kurzfristiges Zwischenspeichern nicht abführbarer Strommengen aus Windparks.)
Peter W meint
Unter hoch ferquentiert verstehe ich eine Auslastung von veilleicht 50%. Das wäre für einen Staionsbetreiber schon ein Traum. In der Regel hat man ja mehrere Lader an einem Standort, und die Schwungspeicher müssten nur die Volle Auslastung puffern.