Roman Zitzelsberger ist in Baden-Württemberg Chef der Gewerkschaft IG Metall, er sitzt zudem im Aufsichtsrat beim Autokonzern Daimler und dem Zulieferer ZF. Zum Jahresbeginn sprach er in einem Interview mit der Kontext: Wochenzeitung über die Transformation der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität.
Er gehöre nicht zu denen, die sagen, dass die deutsche Autoindustrie die E-Mobilität verschlafen habe, sagte Zitzelsberger. Es gehe hier nicht nur um die Unternehmen, sondern auch den gesamtgesellschaftlichen Weg und die Politik. Hätten die hiesigen Hersteller ihre Palette heute bereits komplett auf E-Fahrzeuge umgestellt, würde das nicht funktionieren – „weil wir weder ausreichend Ladeinfrastruktur haben, noch der Strommix ausreichend regenerativ ist“.
Zitzelsberger glaubt, dass Verbrennungsmotoren auch in Zukunft in einigen Bereichen gebraucht werden. Außerdem werde E-Mobilität in weniger entwickelten Ländern erst später zum Tragen kommen. In der EU führe in diesem Jahrzehnt aber kein Weg mehr an der alternativen Antriebsart vorbei, dafür würden die immer strengeren Emissionsvorgaben der Politik sorgen. „Dadurch ist so richtig Druck auf den Kessel gekommen“, so der Arbeitnehmervertreter. Der Druck sei derart hoch, dass die Debatte um ein Verbot von Verbrenner-Fahrzeugen nichts mehr an dem Umbruch ändern werde.
Einige Autobauer und Zulieferer setzen sich bei Antrieben weiter für Technologieoffenheit ein. Zitzelsberger ist gegen diesen Begriff, da dieser für viele Unternehmen bisher „die Ausrede fürs Nichtstun“ gewesen sei. Nach aktuellem Stand gehe er davon aus: Je kleiner das Fahrzeug und je kürzer die tägliche Wegstrecke, desto eher werde der Antrieb batterie-elektrisch sein. Plug-in-Hybride würden wegen der mangelnden Ladeinfrastruktur und Batteriezellen-Verfügbarkeit in den nächsten zehn Jahren noch „eine starke Rolle“ spielen. Die aktuellen Modelle seien allerdings unzureichend, neue Angebote mit elektrischen Reichweiten oberhalb von 80 Kilometer seien sinnvoller. Dass regelmäßig lokal emissionsfrei mit Strom gefahren wird und niemand zu Unrecht Steuer-Privilegien erhält, könnte man zukünftig etwa bei Werkstattterminen auslesen.
Bei größeren Fahrzeugen für längere Strecken wie Busse und Lkw gehe die Elektrifizierung eher in Richtung Brennstoffzelle – das könnte aber auch anders kommen, wenn kurzfristig leistungsstärkere Batterien zur Verfügung stehen, meinte Zitzelsberger. Synthetische Kraftstoffe für die bestehenden Technologien hält er vor allem für Flugzeuge und Schiffe geeignet.
Elektroautos benötigen weniger Teile und lassen sich mit weniger Beschäftigten herstellen. Auf den drohenden Arbeitsplatzverlust angesprochen sagte der IG-Metaller, dass die bisherigen Berechnungen „nur einen Teil der Wahrheit“ darstellen würden. Die Gewerkschaft habe in einer Studie festgestellt, dass Beschäftigung durch Produktivitätssteigerung stärker zurückgeht als durch den Wandel zu mehr Batterieelektrik. Das gelte bis zu einem 40-prozentigen batterie-elektrischen Anteil bis 2030. Derzeit verliere Deutschland einen größeren Anteil an Beschäftigung durch Verlagerung nach Osteuropa – sowohl durch die Abwanderung von bestehenden Technologien als auch deren Neuansiedelung. Unter dem Strich lägen die Beschäftigungsrisiken gar nicht so stark in der Batterieelektrik als vielmehr in anderen Faktoren.
Onkel Thom meint
Gemäss Herr Roman Zitzelsberger: „Bei größeren Fahrzeugen für längere Strecken wie Busse und Lkw gehe die Elektrifizierung eher in Richtung Brennstoffzelle“.
Auch dieser Zug ist abgefahren, jedenfalls bei den Bussen. China hat bereits fast 500.000 E-Busse im Einsatz, alles von BYD. Niederland hat Ende letztes Jahr 259 E-Busse bestellt, auch von BYD. In DE sind momentan ca 80 Wasserstoffbusse im Einsatz / Testbetrieb. Also ich sehe die Richtung E-Busse wird angezeigt. Dies auch nur aus wirtschaftlichen Gründen wenn wir nur schon die Stromverschwendung für den Wasserstoff nehmen… Klar man kann den W-Stoff von Marokko holen, das würde dann für die ganze Mobilität in DE bedeuten, wenn man das mit LKW machen würde, das jede Stunde ca 700 Lastwagen voll getankt mit Wasserstoff ankommen müsste. Nicht zu vergessen, dies an 365 Tagen, rund um die Uhr. Klar, dann hätte man die ganze Mobilität abgedeckt, nicht nur die Busse.
hu.ms meint
Erst hat daimler mit der entscheidung die eu-grenzwerte mit plug-ins zu erfüllen die falsche entscheidung getroffen und jetzt laufen sie dem BEV-trend mit notwendigen entwicklungszeiten und vor allem zu wenig bestellten akku-zellen hinterher.
Jürgen Baumann meint
Was ist denn ein PHEV? Ein Praktisch Historisches Elektro Vehikel?
Klaus Schürmann meint
Der letzte Absatz ist entlarvend für eine richtige Darstellung der Bedrohung des Arbeitsplatzverlustes in Deutschland : „Die Gewerkschaft habe in einer Studie…“ Diese Erkenntnis ist für einen Gewerkschaftler erstaunlich, wurden doch die „bösen BEV“ bisher immer für den Verlust von 800.000 Arbeitsplätzen von der deutschen Verbrennerindustrie verantwortlich gemacht !
falscheBlickrichtung meint
Die Studie bestreitet nicht die drohenden Jobverluste durch die Umstellung auf BEV, sondern sagt lediglich, dass es noch weitere Ursachen für wegfallende Arbeitsplätze in der Automobilindustrie in Deutschland gibt.
Klaus Schürmann meint
Wenn ich mich richtig erinnere waren immer 800000 Arbeitsplätze durch BEV in Gefahr ? Warum sollte es nicht die richtige Blickrichtung sein, wenn jetzt nicht allein durch BEV soviele in Gefahr sind ? Mich wundert nur die RICHTUNG aus der die Einsicht kommt, dass die ARBEITSPLÄTZE eben auch ohne die verflixten BEV in Zukunft abgebaut werden…
Andreas meint
„Hätten die hiesigen Hersteller ihre Palette heute bereits komplett auf E-Fahrzeuge umgestellt, würde das nicht funktionieren – „weil wir weder ausreichend Ladeinfrastruktur haben, noch der Strommix ausreichend regenerativ ist“.
Phrasen.
A) Ladeinfrastruktur hätte parallel aufgebaut werden können. Der VDA hat genug einfluss dies zu beschleunigen oder zu verlangsamen (Ietzteres war der Fall).
B) Strommix: Längst wiederlegt. Apropros: Mit welchem Strom werden denn die Verbrennerautos gebaut und das Öl befördert?
Und bei dem Rest zeigt er einfach, dass er technisch nur wenig Ahnung hat und die Textvorgaben wiederkäut.
Am Ende irrelevant, was ein Gewerkschafter in Deutschland meint. Der Wandel ist global.
Max meint
Wo ist das denn falsch, was er sagt? Ich halte die Aussagen für Recht ausgeglichen. Selbst das Zitat oben ist in meinen Augen vertretbar. Man muss eben einfach auch sehen, dass die breite Akzeptanz erst jetzt so langsam eintritt.
Gerhard meint
Im Oman wird mit Solarthermie 300 Grad heißer Wasserdampf erzeugt und in die Bohrlöcher gepumpt um das Erdöl einfacher zu fördern. Früher wurde das mit Gas gemacht.
Dadurch sollen die klimaemissionen von 63.000 Fahrzeuge eingespart werden.
Trotzdem finde ich reine E-autos besser.
Wenn ein Motor nur noch ein paarmal läuft, ist es für den auch nicht gut.
Peter meint
Warum glaubt er das er Verbrenner braucht nur nach Norwegen zu schauen da ist der Verbrenner nur mehr ein Nischen Produkt . Man sieht es geht mit Elektroautos genauso gut . Also haut den Verbrenner weg und produziert nur mehr Elektroautos. Je mehr Konkurrenz desto besser ist es .
Steven B. meint
es ist einfach ein land herauszupicken – aner der gesamte und damit der grossteil der länder haben eben nicht wie norwegen umgestellt. warum gehen immer davon aus, was in einem land funktioniert, funktioniert anschliessend auf der ganzen welt? eben nicht, menschen ticken jeweils so, wie sie es gewohnt sind und es braucht geduld, diese zu erreichen und „umzupolen“!
EdgarW meint
Nun in Norwegen ging das sehr schnell, und das im Wesentlichen aus finanziellen Gründen. Verbrenner teurer machen und Elektros günstiger, beides zur gleichen Zeit. Sowohl beim Verkauf (Quersubvention, entweder zwangsweise durch Quoten für die Hersteller oder auf dem Besteuerungsweg), als auch beim Betrieb (CO2-Steuer, mit den Erlösen Strom vergünstigen) und schon würden sich auch unsere Landsleute ganz fix zu nahezu 100% für BEVs begeistern.
Das tun sie eh schon, mich fragen Leute nicht mehr, ob ein BEV für sie sinnvoll ist, sondern wann sie umsteigen können mit ihrem Nutzungstypus, also ob es beim nächsten anstehenden Pkw-Wechsel bereits passen könnte oder sie den Alten noch ein wenig länger behalten sollen. Klar, meine Bekannten sind kein Gesellschaftsquerschnitt, aber der Trend ist definitiv ein Umschwung in großer Breite. Vor 2 Jahren sah das noch gaaaanz anders aus.
Was aber natürlich sein *muss*: Ladefinfrastruktur. Das heißt auch Ladesäule wohnungsnah für jeden, der nicht zu Hause oder auf Arbeit laden kann. In den Niederlanden geht das seit Jahren: Wer eine braucht, beantragt sie und bekommt eine Ladesäule in max. 200m Entfernung zum Wohnhaus (sofern technisch möglich, was fast immer der Fall ist).
Ernst Wunder meint
@Peter u.a.
Das finanziert Norwegen über ihre Öllieferungen sonstwohin…
da hilft der Blick auf arte:
„Umweltsünder E-Auto?“
Interessante Sendung (!).
Ebi meint
Die Sendung ist Müll, einfach mal den Blog mit Prof Quaschning zu diesem Machwerk anschauen oder sich aus vielen anderen Quellen informieren wie Agora Verkehrswende, Fraunhofer etc
Daniel S meint
„ Plug-in-Hybride würden wegen der mangelnden Ladeinfrastruktur und Batteriezellen-Verfügbarkeit in den nächsten zehn Jahren noch „eine starke Rolle“ spielen. “
Also nicht weil sie gut für den Käufer sind. Sondern weil der Verkäufer nicht besser kann.
Ich kaufe das sicher nicht- sozusagen aus Mitleid mit der Industrie – sondern gleich ein BEV. Soll der Verkäufer bitte selber schauen wie er für mein sauer verdientes Geld genügend Batterie-Zellen herkriegt…
Matthias meint
Phev ohne Ladeinfrastruktur ist komplett sinnfrei.
Hermann meint
Dass regelmäßig lokal emissionsfrei mit Strom gefahren wird und niemand zu Unrecht Steuer-Privilegien erhält, könnte man zukünftig etwa bei Werkstattterminen auslesen.
Die Werkstatt als verlängerter Arm des Fiskus, Hilfspolizei. Das wird lustig!
Und wenn so ein Teilstromer ein Autobahnkilometerfresser ist. Was gedenkt der Herr vom Aufsichtsrat dann zu tun?
EdgarW meint
„bei Werkstattterminen“
So sollte es sein, andernfalls gibt’s den Vorschlag, dass alle 2 Jahre bei der HU ausgelesen wird.
„Und wenn so ein Teilstromer ein Autobahnkilometerfresser ist.“
dann ist er definitiv nicht berechtig, Subventionen zu bekommen und steuerbegünstigt zu werden. Ebenso sollte dem Hersteller die völlig künstliche Niedrigst-Berechnung des CO2-Ausstoßes für dieses Fahrzeug nachträglich entzogern werden.
Es geht um tatsächlich ausgestoßenes CO2, das muss *tatsächlich* in den Keller gedrückt werden. Künstlich mit Rechnetricks runtergerechnete Pseudo-CO2-Bilanzen helfen dem Klima kein Mikrograd weiter.
falscheBlickrichtung meint
Dann wird der neue Job des „Kreisfahrers“ entstehen:
Personen, die gegen Bezahlung kurz vor dem Auslesetermin ein paar tausend Kilometer elektrisch im Kreis fahren, damit der Anteil wieder stimmt.
Und bei BEV wird dann erfasst, wieviel Prozent kein regenerativer Strom war. Darauf muss dann CO2-Abgabe nachgezahlt werden…
Und Schnarchlader unter 200 kW Ladeleistung bezahlen 0,50 Euro / kWh extra an allen Ladesäulen für das Blockieren.
Franz Mueller meint
Hybride sollten nur >100km elektrischer Reichweite gefördert werden. Dann macht das Ladesäulen blockieren wenigstens einen geringen Sinn.
Leotronik meint
So langsam haben die Gewerkschaftler mitbekommen dass die Emobilität voll im Kommen ist. Leider gibt es noch genug Manager die einen falschen Blickwinkel haben. Sie glauben immer nach an MAGA. Make Auspuff Great Again.
Cristian meint
„Dass regelmäßig lokal emissionsfrei mit Strom gefahren wird und niemand zu Unrecht Steuer-Privilegien erhält, könnte man zukünftig etwa bei Werkstattterminen auslesen.“
Tolle Idee! Dann werden die, die sich für ein PHEV entscheiden und aus welchen Gründen auch immer dann bestraft, wenn sie sich selbst nicht disziplinieren können. Wenn die gefahrenen e-Quoten nicht eingehalten werden, steht man in der Werkstatt als enttarnter Steuersünder dar.
Andy meint
Ja genau, und?
Cristian meint
Dann lieber Finger weg vom PHEV, oder halt keine Steuer-Privilegien!
EVrules meint
Wieso „Finger weg vom PHEV“?
Wenn ein Nutzer das Fahrzeug ordentlich bedient, dann kann man da klar einen positiven Effekt erkennen.
Es gibt Anwendungsfälle, die je nach Antriebsart, das Optimum darstellen, hier gibt es aktuell kein „schwarz-weiß“, sondern ein „hängt-von-ab“.
Auch bei den BEV kann es nicht das Ziel sein, möglichst viele, schwere, große Autos unter die Leute zu bringen, auch hier muss es eine klare Bewegung hin zu „leichter und kleiner“ geben.
Reiter meint
Wieso sollte es der Staat auch geil finden jährlich 90 Milliarden an Treibstoffkosten ins Ausland zu überweisen. Und Mogelpackungen das 10-15-fache ihres Fahrzeuggewichts im aftersale durch ihr Gerät pumpen lassen mit 180€/t CO2 Folgekosten laut Umweltbundesamt?
Petzi meint
Wenn das das reguläre Prozedere ist, ist man kein Steuersünder sonder zahlt ganz regulär die Steuer nach.
Cristian meint
Wer bewusst ausschließlich mit dem Verbrennungsmotor fährt, kann man das auch anders sehen…
Petzi meint
Das wäre nur so wenn sich entscheiden könnte, die Steuer schon im Voraus zu zahlen.
Cristian meint
Schon die Umweltförderung mit bis zu 6750€ dürfte es nicht geben, wenn ein PHEV nicht nachweislich min. 50% elektrisch unterwegs ist. Wer nur auf seinen finanziellen Vorteil bedacht ist, aber denn eigentlichen Sinn verfehlt, erschleicht sich damit Steuermittel auf Kosten der Allgemeinheit. Daher sollten Pseudo PHEV-Fahrer wenigstens den staatlichen Teil der Förderung zurück zahlen.
Petzi meint
Ja, das wäre eigentlich richtig. Aber die PHEV-Förderung ist wohl nicht als echte Förderung der E-Mobilität gedacht sondern eher als Subvention der deutschen Hersteller.
Cristian meint
Stimmt! Subventionen für die notleidende deutschen Autoindustrie und ihre Shareholder!!!
E2D2 meint
Tja, ich frage mich immer warum wir in D die höchsten Strompreise der Welt haben. Wäre mit Strom fahren nur ein drittel so teuer als mit Benzin oder Diesel würde sich das alles von selbst regeln.
Aber so wie es aussieht mit den aktuellen verbräuchen fährt man nicht günstiger.
Redlin, Stefan meint
Also man fährt schon wesentlich günstiger mit Strom.
Bei mir sind es (MiX 25% teure Schnellader und 75% zu Hause)
44 € für 1000 Kilometer. Das geht weder mit Benzin noch mit Diesel,
wenn diese Fahrzeuge, wie meins auch, 200 PS haben.
DerMond meint
“ steht man in der Werkstatt als enttarnter Steuersünder dar.“ Und damit das nicht passiert stehen die PHEV auf Tour dann vermehrt an Ladesäulen rum. Super für BEV-Fahrer und die Akzeptanz reiner E-Autos.
Wer viel Sprit verbraucht zahlt viel an der Tankstelle, da muss man nicht beliebigen Popanz zusätzlich aufbauen. Unnötige Förderungen auslauen lassen reicht.