Vor seinem Börsengang in diesem Jahr sammelte das US-amerikanische Elektroauto-Start-up Rivian Milliarden von Investoren ein, unter anderem vom E-Commerce-Riesen Amazon und dem Autokonzern Ford. Letzterer wollte eigentlich wie Amazon Fahrzeuge mit der Technik von Rivian realisieren, das wird nun aber nicht mehr verfolgt. Die Beteiligung an dem aufstrebenden Autobauer bleibt aber bestehen.
Ford hatte 2019 zunächst 500 Millionen Dollar (443 Mio. Euro) in Rivian investiert, die Summe wurde später auf 1,2 Milliarden Dollar (1,06 Mrd. Euro) erhöht. Anschließend wollten die beiden Unternehmen bei Elektrofahrzeugen eng zusammenarbeiten. Ford verwarf dann aber den Plan, die modulare Plattform des Start-ups für ein Elektro-Modell seiner Edelmarke Lincoln zu verwenden. Man wolle jedoch weiter zusammenarbeiten, hieß es. Nun erklärten die Unternehmen jedoch, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr vorgesehen sei.
„Da Ford seine eigene Elektroauto-Strategie skaliert hat und die Nachfrage nach Rivian-Fahrzeugen gestiegen ist, haben wir gemeinsam beschlossen, uns auf unsere eigenen Projekte und Lieferungen zu konzentrieren“, so Rivian in einer Erklärung. „Unsere Beziehung zu Ford ist ein wichtiger Teil unserer Reise, und Ford bleibt ein Investor und Verbündeter auf unserem gemeinsamen Weg in eine elektrifizierte Zukunft.“
„Im Moment haben wir ein wachsendes Vertrauen in unsere Fähigkeit, im Bereich der Elektromobilität zu gewinnen“, sagte Ford-Chef Jim Farley in einem Interview mit Automotive News. „Wenn man heute mit der Zeit vergleicht, in der wir diese Investition getätigt haben, hat sich so viel verändert: In Bezug auf unsere Fähigkeiten, in Bezug auf die Richtung der Marke in beiden Fällen, und jetzt ist für uns klarer, was wir tun müssen. Wir wollen in Rivian investieren – wir lieben ihre Zukunft als Unternehmen – aber zum jetzigen Zeitpunkt werden wir unsere eigenen Fahrzeuge entwickeln.“
Ein Faktor, den Farley als Grund für seine Entscheidung anführte, ist die Komplexität, die erforderlich wäre, um die elektrische Architektur eines anderen Unternehmens mit der von Ford selbst entwickelten Software zu verbinden. „Wir haben leicht unterschiedliche Geschäftsmodelle“, erklärte er. „Uns gefällt, was sie tun, aber wir werden getrennte Wege gehen.“ Rivian hat nicht wie Ford den breiten Massenmarkt im Visier, sondern setzt zum Start auf ein SUV und einen Pick-up, deren Batterie-Antrieb auf der Straße wie auch im Gelände hohe Leistung und Alltagstauglichkeit bieten soll. Flankierend werden nach den Vorgaben von Amazon entwickelte Elektro-Transporter gebaut. Später könnte es zudem speziell für Europa konzipierte Stromer geben.
Ford baut eigene E-Auto-Kompetenz auf
Seit dem Investment in Rivian hat Ford seine Bemühungen im Bereich Elektromobilität deutlich verstärkt. Im Mai hatte der Traditionskonzern mitgeteilt, seine Investitionen in die alternative Antriebsart abermals aufzustocken. Bis 2025 sollen über 30 Milliarden Dollar (26,6 Mrd. Euro) aufgewendet werden, unter anderem für zwei neue E-Auto-Plattformen. In Europa will Ford ab 2030 nur noch Elektroautos anbieten. Schon in wenigen Jahren soll mehr Geld in Fahrzeuge mit E-Antrieb als in Verbrenner fließen.
Ende September informierte Ford über eine große Produktionsoffensive in den USA für seine künftige E-Auto-Fertigung. Bis 2025 sollen vier neue Werke – davon drei für Batterien – gebaut und 11.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Während sich Ford in den USA künftig auf eigene Elektroauto-Technik fokussiert, wollen die Amerikaner in Europa weiter eng mit Volkswagen kooperieren. Ford darf als erster Wettbewerber des Wolfsburger Konzerns dessen E-Auto-Baukasten MEB für ein eigenes Modell nutzen. Über ein zweites, möglicherweise auch ein drittes Modell auf dem MEB wird verhandelt.