Bisher tut man sich in Europa noch etwas schwer, Tankstellen für Elektro- und Gasautos zu finden. Geht es nach der EU-Kommission, soll sich das nun ändern: Sie will einen Ausbau des Tank- und Ladenetzes per Gesetz vorschreiben.
Laut den Plänen der EU, die Verkehrskommissar Siim Kallas in Brüssel vorstellte, müsste Deutschland die Zahl der Ladestationen für Elektroautos von knapp 2000 auf 150.000 bis zum Jahr 2020 erhöhen, zehn Prozent davon müssten öffentlich zugänglich sein. Diese Vervielfachung hält Kallas in sieben Jahren für machbar.
Damit will er den Teufelskreis der Elektromobilität aufbrechen: Bisher wurde wenig in Tankstellen investiert, weil nur wenige E-Autos auf den Straßen unterwegs sind. Umgekehrt ist das Interesse an E-Autos ein Geringes, wenn es zu wenige Tankstellen gibt. Die hohen Preise aufgrund geringer Stückzahlen schrecken Käufer zusätzlich ab. Bisher sind in Deutschland noch unter 10.000 E-Autos angemeldet. Für 2020 strebt die Bundesregierung das Ziel von einer Million zugelassenen E-Autos hierzulande an.
Auch andere Länder müssten investieren
Viele andere EU-Ländern müssten nicht minder intensiv an Ihrer Infrastruktur arbeiten: Bulgarien, 2011 laut Kommission mit nur einer einzige Ladestation für Elektroautos, soll 2020 rund 7.000 davon vorweisen. Frankreich fehlen noch 95.400 von den von der EU verlangten 97.000 Ladestellen, heißt es in der Mitteilung der Behörde. Auch hier soll jede zehnte E-Tankstelle öffentlich zugänglich sein.
Insgesamt stünde in der EU 2020 ein Netz von etwa 650.000 Ladestationen zur Verfügung, 65.000 davon öffentlich. Sie sollen mit dem sogenannten Typ-2-Stecker ausgestattet sein, den die EU erst kürzlich als europaweite Einheitsnorm festgelegt hat.
Pläne für Wasserstoff und Gas
Auch andere alternative Antriebe sind in den Plänen der EU berücksichtigt: Die in 14 Ländern schon vorhandenen Wasserstoff-Tankstellen sollen in einem Verbundnetz zusammengeschlossen werden, natürlich auch mit gemeinsamen Normen.
Für komprimiertes Erdgas (CNG) und Flüssigerdgas (LNG) verfolgt die Kommission das Ziel, Gastankstellen im Abstand von 150 bis höchstens 400 Kilometern an den wichtigsten Straßen und Autobahnen einzurichten. „Dass Erdgas eine echte Alternative zu Benzin darstellt, ist in Deutschland bereits angekommen. In der BRD sind diese EU-Auflagen mit rund 900 Erdgastankstellen bereits erfüllt”, sagt Dr. Timm Kehler, Geschäftsführer der erdgas mobil GmbH.
Auf etwa 10,5 Milliarden Euro schätzt EU-Verkehrskommissar Kallas die Kosten für die neue Infrastruktur. Steuergeld möchte er dafür nicht ausgeben müssen, der Verkehrskommissar hofft auf Investitionen von Großkonzernen.
Das meist getankte Autogas ist derzeit Flüssiggas (LPG). Da es dafür schon knapp 28.000 Tankstellen gibt, ist eine zusätzliche Förderung des Ausbaus hier nicht vorgesehen.
Reaktionen auf EU-Pläne
Erste positive Reaktionen auf den Vorstoss gab es bereits: “Nur wenn für Europa eine konkrete Richtung vorgegeben ist, kann das von der EU geforderte Ziel einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Mobilität erreicht werden. Dank dieser EU-Richtlinie ist endlich ein Investitionsrahmen vorgegeben, der für die Weiterentwicklung dringend nötig war“, sagt Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstandsvorsitzender bei NGVA Europe und Aufsichtsratsvorsitzender bei der erdgas mobil GmbH.
Da in dem Entwurf neben herkömmlichen Erdgas auch Bio-Erdgas, das noch umweltschonender ist, sowie synthetisches Erdgas angeführt sind, sieht Holtmeier großes Potenzial für die Zukunft: “Ein gut ausgebautes Erdgastankstellennetz ist erste Voraussetzung, um auch andere Gasantriebsvarianten zu etablieren.”
ecomento.de meint
Hallo Nik,
interessanterweise tankt ein Großteil der Elektroautofahrer sein Fahrzeug derzeit zu Hause oder am Arbeitsplatz. Für alle, die keinen leicht zugänglichen Stromanschluss zu Hause oder im Büro zur Verfügung stehen haben, ist ein Elektroauto aktuell daher natürlich nicht wirklich eine realistische Option.
VG
ecomento.de