Unter der Schirmherrschaft des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ist im März ein Pilotprojekt zum netzdienlichen bidirektionalen Laden gestartet. Ziel ist es, erstmalig smartes und bidirektionales Laden stromnetzdienlich auf allen Netzebenen zugleich zu steuern.
Das BMWK fördert das Projekt nicht finanziell, das Vorhaben wird von der Industrie finanziert. Beteiligt sind die Unternehmen Bayernwerk Netz, BMW, EWE Netz, Lechwerke, Maingau Energie, Octopus Energy, TenneT, The Mobility House und TransnetBW.
Bayernwerk Netz, EWE Netz und die Lechwerke zählen zu den größten Verteilnetzbetreibern Deutschlands, bei denen laut dem BMWK in Summe knapp zehn Prozent der Marktlokationen in der Niederspannung angeschlossen sind. Auf Übertragunsnetzebene decken TenneT und TransnetBW gut die Hälfte des deutschen Übertragunsnetzes ab. In der Breite umgesetzt soll das bidirektionale Laden zukünftig den Netzausbau und die Stromkosten senken.
Im Rahmen des Projekts sollen in den kommenden sechs Monaten „mehrere innovative Konzepte im Zusammenspiel des Ladens von E-Autos mit dem Stromsystem“ umgesetzt werden. Be- und Entladevorgänge von bidirektionalen E-Autos sollen netz- und marktdienlich gesteuert werden: E-Autos sollen insbesondere dann geladen werden, wenn Wind und Sonne im Überfluss verfügbar sind und dann Strom zurück ins Netz speisen, wenn die Nachfrage hoch ist oder die Netze stabilisiert werden müssen. Dabei wird der Zustand der Netze auf allen Ebenen in die Optimierung der Ladevorgänge einbezogen. So sollen erstmalig alle Stromnetzebenen zugleich optimiert und besser ausgelastet werden.
Bei der Pilotierung legen die Kunden per App fest, bis wann ihre Autos den angestrebten Ladezustand erreichen sollen. Den Rest erledigt das System. Es steuert die Stromflüsse digital so, dass die Stromnetze und die Kosten optimiert werden, denn neben der Netzauslastung wird auch der Strompreis in die Optimierung der Ladevorgänge einbezogen. Kunden sollen dadurch von niedrigen Ladestrompreisen profitieren, die besonders dann auftreten, wenn Solar- und Windparks stark ins Netz einspeisen. „Dadurch kann der Anteil an erneuerbaren Energien im Gesamtsystem erhöht werden: Eine Win-Win-Win Situation für Wirtschaft, Verbraucher und Klima“, so das Wirtschaftsministerium.
„Zukünftig sollen E-Autos nicht mehr nur Strom tanken, sondern ihn bei Bedarf auch wieder zurück ins Netz geben. So wird die E-Mobilität dazu beitragen, die Stromnetze deutlich besser auszulasten und die Stromkosten für Wirtschaft und Verbraucher zu senken“, sagt WirtschaftsministerRobert Habeck (Grüne). „Das Pilotprojekt der Industrie geht jetzt den entscheidenden Schritt, von der Theorie in die Praxis. Das Ziel ist, dass das Projekt Schule macht und das bidirektionale Laden in Deutschland schnellstmöglich Realität wird. E-Auto-Besitzer können dann unter dem Strich sogar Geld mit dem Stromverkauf verdienen, anstatt für das Stromtanken zu bezahlen.“
Effendie meint
Solange das ganze über Wechselrichter läuft wird das nix. Da ist der Ansatz von Sax Power GmbH besser. Über Kaskadenschaltung Wechselstrom erzeugen und wieder zurück. Laut KIT Batterietechnikum Gesamtwirkungsgrad von 98,6%. Porsche will diese technik ins Auto bringen.
Monica meint
Strom von der PV direkt einzustromen lohnt sich ja schon nicht. Zu was sollte ich das dann noch vom Auto Akku machen? Bin ja schon froh, wenn ich Reichweite drin habe.
Justin Case meint
Hä?
Strom aus dem Metz kostet im Fixtarif 27ct/kWh.
Einspeisen ins bringt für neuere PVs keine 10ct/kWh.
Wie kann dann der Eigenverbrauch nicht lohnen?
Monica meint
Angenommen ich switsche jeden Tag 50 kWh hin und her… dazu muss mein Akku immer parat sein – nicht zum fahren, sondern zum Strom schieben. Bleiben wir mal bei diesen 50 kWh und den von Dir beschriebenen Preisen… das wären 8 Euro…
Merkste selber, das sich für so etwas nur bedingt Leute finden werden. Oder? Wobei dann noch jeder Hersteller für solche Zwecke (V2G) dann noch beinharte Garantiepassagen in den AGBs eingebaut hat… Nennen wir das Thema beim Namen: Rohrkrepierer. Kein Wunder finden sich in dem Artikel nur Stromanbieter und der ehe. „Wirtschafts“minister…
Dan meint
VW kann seit Jahren bidirektional. BMW ist hier im Pilotprojekt und vom CLA wissen wir, Mercedes kann jetzt auch v2g/v2h. Aber wo ist der Marktführer? Richtig, abgehängt. Toyota hat nichts. Die deutschen Hersteller sind da vorbildlich. Wen es ernsthaft noch heutzutage interessiert: Das Nokia der BEV, Tesla, kann auch kein v2g/v2h.
MichaelEV meint
Wie immer Blödsinn von einer weiteren FUDavid-Variante: Tesla kann genauso wie VW per DC zurückspeisen bzw. VW kann es genauso wenig wie Tesla per AC.
Eine BiDi DC Wallbox ist bisher aber viel zu teuer, als das daraus sinnhafte Anwendungsfälle entstehen könnten.
David meint
Das wird kommen und es wird gut. Die Interessen der Netzbetreiber sind anders als die der Stromanbieter. Chef der Netzbetreiber ist die Bundesnetzagentur und das Ziel ist Netzstabilität. Daher werden die dislozierten Kleinspeicher kommen, die Software zu ihrer Verwaltung ist lange implementiert. In drei-vier Jahren werden Haushalte erwägen einen gebrauchten ID.3 als Zweitwagen zu holen, der dann die meiste Zeit automatisiert mit Strompreisdifferenzen makelt. Und das ist richtig so, denn es macht das Netz resilient.
Fred Feuerstein meint
Einen gebrauchten id.3 der dann 10.000 kWh und / oder 4.000 Stunden ans Stromnetz oder Haus Energie abgeben darf? Dazu dann noch mit einer teuren DC Wallbox?
Klar, ich gebe dir insofern Recht, als dass es vereinzelte Menschen geben wird, die nicht rechnen können und so eine Lösung als Marketingopfer umsetzen werden.
Intelligente und informierte Menschen mit einem Taschenrechner werden ganz sicher nicht mit einem id.3 so eine Krückenlösung umsetzen und sich statt dessen einen größeren Speicher im Keller installieren, der ohne Zyklen- und Stundenlimitierung auskommt…
Monica meint
Nicht umsonst, haben ehemalige Hauptschüler gute Firmen am laufen – teils mit über 100 MAs, während Abiturenten irgendwo angestellt sind und Weisungen befolgen müssen – damit sie kein Blödsinn machen oder Mitmenschen gefährden.
Gernot meint
In der Theorie ist V2G eine hübsche Sache, in der Praxis wird es nicht kommen.
1. Wenn sich mit Batteriespeicherung Geld verdienen lässt, dann wollen die 866 Verteilnetzbetreiber und 4 Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland diese Profite selbst einsacken und sie nicht an Verbraucher ausschütten. Insbesondere weil wir jetzt eine Unions-geführte Regierung bekommen, ist ausgeschlossen, dass es irgendwelche neuen Wege geben wird, bei denen Otto Normalverbraucher der Gewinner ist.
2. Keiner der 866 VNB hat Lust darauf, Kleinst-Strommengen mit Endverbrauchern abzurechnen. In der Theorie läuft das alles automatisiert. In der Praxis gibt es Streitfälle, muss man dauernd Support leisten usw. Das kostet die VNB einfach Geld, das bei Großspeichern nicht fällig wird.
3. Wahrscheinlich wird man das einfach mit Normen überfrachten, um es zu verhindern. Die bidirektionale Wallbox darf dann nur vom zertifizierten Wallboxolateur installiert und angemeldet werden. Für den Anschluss sind 4mm² Leitungen erforderlich usw. Wenn es dann 2.000-3.000 Euro kostet, überhaupt die Voraussetzungen für V2G zu erfüllen, hat sich das Thema erledigt.
4. Zumindest bei Fahrzeugen mit den in Deutschland vorherrschenden NCM-Zellen halte ich aufgrund der fehlenden Zyklenfestigkeit eine Eignung für V2G/V2H für höchst fraglich. Bei einer Nutzung für V2G hält der Akkus dann garantiert kein ganzes Fahrzeugleben von 20 Jahren. Wenn nach 8-10 Jahren ein neuer Akku für 8.000 Euro fällig wird, hat man mit V2G garantiert heftig drauf gezahlt.
Was ein großes Thema werden kann, ist V2H. Also man speist nicht ins Netz, sondern puffert mit dem Autoakku nur für den Eigenbedarf. Auch das ist netzdienlich, aber eben ein anders Modell als in diesem Artikel. Primär natürlich wieder ein Thema für Hausbesitzer. Es sind dann auch Szenarien denkbar, mit einer großen PV-Anlage plus E-Auto wirklich 100% stromautark zu werden und den Stromanschluss still zu legen. Wenn es dann die lange Dunkelflaute gibt, die große PV auf dem Dach nichts liefert und auch der Hausspeicher leer ist, dann macht eben mal den 100 kWh-LFP-Akku im Auto an einer öffentlichen Ladesäule voll und pumpt dann 80 kWh ins Haus. Das Auto als mobiler Speicher fungiert dann effektiv als Backuplösung, mit der sich Energie heranschaffen lässt.
David meint
Dass in den VNG nur die faulsten Zeitgenossen arbeiten, ist unbestritten. Da hat niemand auf gar nichts Lust. Hauptsache, es wird schnell 17:00 Uhr. Anders als die Übertragungsnetzbetreiber sind sie auch nicht direkt der Bundesnetzagentur unterstellt. Aber du übersiehst etwas in deiner negativen Prognose: Die Bundesnetzagentur macht sämtliche Regeln und kann somit die VNB indirekt zwingen, zu kooperieren. Zum Beispiel, in dem man die Netzentgelte an eine V2G Quote aus privaten Haushalten bindet. Geld ist ein mächtiger Hebel. Zumal die VNG von diesem Netzentgelten abhängig sind. Dazu braucht es natürlich den politischen Willen, dass die Bundesnetzagentur entsprechend verfährt.
Monica meint
Bis 17 Uhr arbeiten kaum jemand noch.
Außer die Spätschicht von 14 Uhr oder Selbstständige.
Im öffentlichen „Dienst“ ist am Freitag schon nach dem Frühstück Ende.
Tom meint
Punkt 1 bis 3: leider einverstanden. Punkt 4 sehe ich anders, weil es bei V2G wahrscheinlich um Lade- und Entladeleistungen von ca. 5 kW gehen dürfte, das ist viel akkuschonender als Schnellladen und Gas geben. Außerdem kann man ja eine Range von 20 bis 80 % Akkustand vorgeben, dann dürfte das so gut wie keinen Akkuverschleiß verursachen.
Thorsten 0711 meint
„4. Zumindest bei Fahrzeugen mit den in Deutschland vorherrschenden NCM-Zellen halte ich aufgrund der fehlenden Zyklenfestigkeit eine Eignung für V2G/V2H für höchst fraglich. Bei einer Nutzung für V2G hält der Akkus dann garantiert kein ganzes Fahrzeugleben von 20 Jahren. Wenn nach 8-10 Jahren ein neuer Akku für 8.000 Euro fällig wird, hat man mit V2G garantiert heftig drauf gezahlt.“
Ich persönlich würde kein gebrauchtes eAuto kaufen, dessen Akku dank V2G übermäßig gelitten hat. Speziell bei Leasingfahrzeugen.
Gernot meint
Natürlich wird es um relativ geringe Leistungen gehen. Trotzdem: wenn Du an 300 Tagen im Jahr meinetwegen 50% der Batteriekapazität für netzdienliches Laden und Entladen zur Verfügung stellst, sind das rechnerisch 150 Ladezyklen pro Jahr. Dazu kommen noch 35 Ladezyklen pro Jahr für den eigentlichen Zweck des Autos: Fahren. Macht über ein Fahrzeugleben von 20 Jahren 3.700 Ladezyklen. Als Faustformel gilt für NCM-Akkus, dass diese für 1.000 Zyklen gut sind, während es bei LFP 6.000 Zyklen sind. Das wird mit NCM-Zellen mit größter Wahrscheinlichkeit nicht gut gehen.
Und wer nun denkt: Naja man muss ja nicht 50% der Batteriekapazität bereitstellen, sondern vielleicht nur 5 kWh pro Tag und dann ist die Degradation eingedämmt: Aber dann beißt sich die Katze in den Schwanz und dann macht es wirtschaftlich erst recht keinen Sinn. Der Verdienst pro kWh kann nicht hoch sein, weil das sonst keiner bezahlt und andere Ansätze wirtschaftlicher sind. Angenommen man verdient mit seinem Heimspeicher netto (also unter Berücksichtigung des Wirkungsgrades von 80% = 20 % Energieverlust) noch 3 Cent pro kWh. Das an 300 Tagen im Jahr für 5 kWh. Dann hast Du 45 Euro im Jahr an Verdienst. Über 10 Jahre 450 Euro. Dafür lohnt die bidirektionale Wallbox und der ganze Aufwand nicht und für den VNB lohnt der Aufwand für die komplexe Steuerung, Erfassung und Abrechnung für 45 Euro im Jahr auch nicht.
Thorsten 0711 meint
Gernot
sehr gut dargelegt, danke.
Ich persönlich denke, dass das V2G gerne in Verbindung mit flexiblen Stromtarifen genutzt werden wird. Praktisch gesehen als fahrenden Stromspeicher.
Vor allem mit dem Zweitwagen, der eh meistens zu Hause steht.
Nicht weil es sich unbedingt rechnet, aber weil man einfach das Gefühl mag etwas gespart zu haben. Ich vergleiche das gerne mit den Menschen, die Umwege fahren um 5 Cent/l beim Sprit zu sparen. Ich könnte das hier vor Ort auch und würde bei einer Vollbetankung ganze 2€ sparen. Das ist mir keine 6 km Umweg wert 😂
Bei unserem eAuto allerdings laufe ich gerne 500m Umweg um 29 anstatt 55 Cent für den Strom zu bezahlen.