VDA-Präsident Matthias Wissmann geht davon aus, dass der Autobranche ein eher langsamer Übergang hin zum Elektroauto-Zeitalter bevorsteht – die Industrie werde einen langen Atem brauchen, bis sich Elektroautos in großen Mengen verkaufen und sich Elektromobilität endgültig etabliert hat. Er ist sich jedoch auch sicher, dass an der Elektromobilität kein Weg vorbei führe. „Wir können nicht über Nacht den Markthochlauf erwarten“, sagte der Chef des Verbandes der Automobilindustrie im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (Ausgabe vom 25. Mai 2013).
Wissmann bremste auch die Erwartungen an das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen zu bringen. Entscheidend sei nicht, dass das Ziel pünktlich erreicht werde:
„Wenn wir das Ziel ein oder zwei Jahre später erreichen, wäre das auch kein Beinbruch. Entscheidender ist, dass wir Deutschen bei der Technologieentwicklung und beim Marktanteil führend sind.“
so der Auto-Lobbyist. Denn während Hersteller wie Renault und Nissan bereits seit einigen Jahren mit eigenen Elektroautos am Markt sind, ziehen deutsche Autobauer erst im Laufe dieses Jahres nach, beispielsweise Volkswagen mit dem e-Up! und BMW mit dem i3. Und auch die deutschen Kunden halten sich bislang aufgrund diverser Unausgereiftheiten elektrisch angetriebener PKW noch zurück: Stromer sind wegen der teuren Batterietechnik im Vergleich zu normalen Autos kostspieliger in der Anschaffung, gleichzeitig haben sie nur eine eingeschränkte Reichweite. Auch das Netz für Ladestationen ist noch lückenhaft.
Laut Wissmann habe es 2012 insgesamt 4157 Neuzulassungen von Elektroautos gegeben. Das klingt nach wenig, aber immerhin hat sich damit der Fahrzeugbestand mit nun knapp 8500 Elektroautos auf deutschen Straßen fast verdoppelt. Die Unternehmensberatung McKinsey hat kürzlich errechnet, dass die deutschen Autobauer im Jahr 2018 wahrscheinlich mehr als 300.000 Elektroautos produzieren werden, sagte McKinsey-Autoexperte Christian Malorny der Wirtschaftswoche.
Stimulation statt Strangulation
Trotzdem geht McKinsey davon aus, dass Deutschland verglichen mit anderen Ländern vorerst kein großer Absatzmarkt für Elektroautos werde. Demnach würden im Jahr 2018 nur 0,5 Prozent der hierzulande verkauften Autos elektrisch angetrieben werden. In Japan hingegen werde der Anteil voraussichtlich knapp zehnmal, in den USA fünfmal und in Frankreich mehr als doppelt so hoch sein.
Da also Elektroautos in den kommenden Jahren kein Massenprodukt werden dürften, drängen deutsche Autohersteller auf eine Mehrfachanrechnung von Elektro-Fahrzeugen auf die durchschnittlichen Abgasemissionen. Diese dürfen nach EU-Plänen ab 2020 nur noch bei 95 Gramm CO2/Kilometer liegen und sollen in den folgenden Jahren weiter verschärft werden.
„In China werden emissionsfreie Elektroautos mit dem Faktor 5 auf die Gesamtflotte der Hersteller angerechnet. In Europa hingegen sollen wir ab 2020 nur höchstens Faktor 1,3 oder 1,5 anrechnen dürfen. Das ist viel zu wenig.“
kritisierte Wissmann. Wenn es nach ihm ginge, solle Europa wie die USA mindestens eine 3-fach-Anrechnung erlauben. Denn:
„Eine kluge europäische Regulierung sollte nicht strangulieren, sondern stimulieren.“