Autohäuser machen es Interessenten und möglichen Käufern von Elektroautos schwer: Denn einige Autoverkäufer haben eine ablehnende Haltung gegenüber Stromern und können auf technische Fragen nicht zufriedenstellend antworten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie zum Vertrieb von Elektro- und Hybridautos der Managementberatung Kienbaum. Für die Analyse wurden 52 Autohäuser von 18 verschiedenen Marken anhand von fünf Merkmalen wie etwa Verkäuferkompetenz, Verkaufsraum und Fahrzeugerlebnis bewertet.
„Spätestens mit der Modelloffensive der vergangenen zwölf Monate bei vielen Herstellern ist Licht am Horizont in Bezug auf die Elektromobilität zu erkennen. Sind damit jedoch schon alle Probleme gelöst? Bei weitem nicht – denn der Engpass auf dem Weg von der guten Idee zum erfolgreich verkauften Elektrofahrzeug scheint sich in der Wertschöpfungskette lediglich nach hinten verschoben zu haben: in den Vertrieb,“
sagt Jürgen Sandau, Leiter der Studie und Direktor bei Kienbaum in der Global Practice Group Automotive. In der Studie erzielen die Verkäufer bei der Beantwortung von technischen Fragen die Durchschnittsnote 3,5 auf einer Schulnotenskala. Auch bei der Begeisterungsfähigkeit der Verkäufer (Durchschnittswert 3,9) und der Verkäufereinstellung zum Thema E-Mobilität (Durchschnittswert 4,1) herrschen erhebliche Defizite.
„Die Verkäufer als Schlüsselpersonen können häufig ihre Produkte nicht richtig vermarkten, weil sie weder die Kundensegmente der Early Adopter gut genug kennen und entsprechend adressieren können noch die nötige Begeisterungsfähigkeit besitzen. Die aber ist gerade bei potenziellen Käufern einer neuen Technologie wie Elektromobilität besonders wichtig. Auch bietet sich noch ein erhebliches Potential, Elektromobilität für neue Käuferschichten erlebbar zu machen und so zu erschließen“, sagt Sandau.
Kurzfristige Probefahrten sind sehr selten möglich
Die überprüften Autohäuser präsentieren und positionieren ihre Elektroautos oft nicht optimal: So werden Stromer beispielsweise gegenüber Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren meist nicht besonders ansprechend positioniert. Bei nur 14 Prozent der Autohäuser war es überhaupt möglich, sich ein Elektro- bzw. Plug-in-Hybridauto anzuschauen. Und nur magere sechs Prozent konnten eine kurzfristige Probefahrt anbieten.
„Das Innovative am E-Auto zu erleben, genau das ist es aber, was die potenziellen Käufer benötigen und begeistert. Gerade im Bereich Elektromobilität spielt die emotionale Vermarktung eine große Rolle – der Kunde muss professionell beraten und von den Vorzügen der noch unbekannten Technologie überzeugt werden, wozu insbesondere auch das Fahrerlebnis zählt. Denn Elektromobilität ist mehr als eine Öko-Entscheidung“, sagt Kienbaum-Berater Sandau.
Tesla zeigt, dass es auch anders geht
Es gibt auch positive Beispiele für die Präsentation und Vermarktung von Elektroautos: Die Autohäuser von Tesla Motors konnten mit einem modernen und innovativen Store-Design und mit technischen Mitteln zur Unterstützung des Verkaufs (z. B. interaktive Touchpads und Imagevideos) überzeugen. Damit schneidet Tesla weitaus besser ab als andere Marken wie Mercedes-Benz und Volkswagen.
Hersteller schlecht vorbereitet auf den Vertrieb von Elektromobilität
Insgesamt scheinen die Hersteller jedoch für das Thema Elektromobilität vertriebsseitig noch nicht ausreichend vorbereitet zu sein. Während bei Einführung neuer konventioneller Modelle zum Beispiel spezielle Schulungen für Händler stattfinden, scheinen die meisten Verkäufer kein entsprechendes Trainings-Angebot speziell für Elektroautos genossen zu haben. „Sowohl bei der Konzeption solcher Trainings für die neuen Verkaufsherausforderungen bei E-Autos als auch bei an Elektrofahrzeuge angepassten Vergütungsmodellen haben die Autokonzerne großen Nachholbedarf“, sagt Sandau.