Kia hat in seinem koreanischen Werk Gwangju die Serienproduktion des Elektroautos Soul EV gestartet, der erste Stromer des Konzerns für den internationalen Markt. In ihn setzt Kia große Hoffnungen – nicht ganz unberechtigt. Denn im Korea-Stromer kommt eine neue, vielversprechende Batterietechnik zum Einsatz.
„Der Kia Soul EV ist zwar der erste vollelektrische Kia auf dem internationalen Markt, gehört aber bereits zur zweiten Generation von batteriebetriebenen Kia-Elektrofahrzeugen. Er profitiert davon, dass wir in den vergangenen drei Jahren durch die Entwicklung des Kia Ray EV und den Betrieb einer Testflotte dieses E-Mobils umfassende Erkenntnisse gewonnen haben“,
sagt Thomas Oh, Executive Vice President von Kia.
Der Soul EV wird von einem 81 kW/110 PS starken Elektromotor mit einem Drehmoment von 285 Nm angetrieben. Das reicht für den Spurt auf 100 in 11,2 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h. Der eigentliche Technik-Star aber ist der moderne Lithium-Ionen-Polymer-Akku (LiPoly), der in den vergangenen drei Jahren gemeinsam mit dem koreanischen Zulieferer SK Innovation entwickelt wurde.
Während die Zellen einer standardmäßigen Lithium-Ionen-Batterie metallummantelt sind, verfügen die Zellen der neuartigen Lithium-Ionen-Polymer-Batterie über einen Mantel aus einer sogenannten Pouch-Folie, die gegenüber herkömmlichen Akkus viele Vorteile bieten soll: höhere Effizienz durch vereinfachte Zellstruktur, niedrigere Kosten sowie höhere Fertigungsfreundlichkeit. Zudem sollen die LiPoly-Akkus sicherer und zuverlässiger sein.
Mehr als 200 Kilometer Reichweite
Der 27-kWh-Akku des Kia Soul EV soll dank der neuen Technik über eine hohe Energiedichte von 200 Wh/kg verfügen und dem Elektroauto eine Reichweite von bis zu 212 Kilometern ermöglichen. Damit jede der fast 200 Zellen stets optimal temperiert wird, ist die Batterie zudem mit einem Wärme-Kontrollsystem und einer Batterieheizung ausgestattet. Dies soll dafür sorgen, dass unabhängig von der Außentemperatur stets die maximale Akkuleistung abgerufen werden kann.
Die LiPoly-Technik ermöglicht auch etwas schnellere Ladezeiten: An einem 230-Volt-Wechselstrom-Anschluss mit 6,6 Kilowatt lässt sich der Akku des elektrischen Soul laut Kia in maximal fünf Stunden komplett aufladen. An einer Schnellladestation mit – derzeit noch sehr seltenen – 100 Kilowatt Gleichstrom brauche es nur 25 Minuten für eine 80-prozentige Aufladung, an einer 50-Kilowatt-Station nur 33 Minuten.
Kia setzt auch eine energiesparende Neuentwicklungen ein, um die Reichweite durch den Stromverbrauch möglichst wenig einzuschränken, dazu gehören eine hocheffiziente Wärmepumpe, eine Lufteinlass-Steuerung und eine separate Fahrerplatz-Klimatisierung. Natürlich ist auch eine Rekuperationsbremse mit an Bord. Diese lädt die Batterie, sobald die Bremse betätigt wird oder das Fahrzeug ausrollt.
Kia will zunächst 5000 Einheiten im Jahr produzieren und die ersten Fahrzeuge nicht auf dem Heimatmarkt, sondern in Europa verkaufen. Nach Deutschland kommt das Elektroauto demnach im Herbst.
Dr.M. meint
Ich hatte das Vergnügen, den KIA Soul EV probzufahren. Den i3 kannte ich schon, nun also der Soul als EV und zwar in der teureren Style-Version. Die hat dann aber auch CHAdeMO Schnelladung.
Erster Eindruck, aussen:
Das Auto ist grösser als ich dachte. Das Design ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber natürlich Geschmackssache, und mir gefällt es immer noch besser als der i3. Aber unabhängig davon gibt es vier ganz normale Türen, die man auch unabhängig voneinander öffnen kann, nicht wie beim i3. Xenon und Nebelscheinwerfen sind iin der teureren Version Serie. Der Kofferraum ist natürlich nicht riesig, hat aber sozusagen einen doppelten Boden für Kleinkram – oder Ladekabel… Leider finde ich persönlich die Farbauswahl gegenüber dem normalen Soul etwas sehr eingeschränkt und langweilig. Das ist schade.
Erster Eindruck innen:
Die Verarbeitung und die Materialien machen einen guten Eindruck, die Ledersitze vorne sind gut konturiert, haben Seitenführung, Sitzfläche ausreichend. Ich fand der Sitzkomfort überraschend gut. Das Amaturenbrett wirkt aufgeräumt, der zentrale Bildschrim ist grösser als der im i3 serienmässige und es gibt einen ganz normen „Schaltknüppel“ wie bei einem Automatikfahrzeug. Da kann man jederzeit die Rekuperationsstufen einstellen, ohne irgendwo in Menüs suchen zu müssen.
Hinten etwas enger, aber das geht mit dem sitzen. Etwas störend fand ich die sog. Privacy-Verglasung hinten und der Heckscheibe, das nimmt mir zuviel Licht. Die Rücksitzlehne ist 1/3 zu 2/3 umklappbar, allerdings die Sitzfläche hinten nicht, so dass der Boden nicht eben wird.
Ausstattung: Es ist wirklich alles da was man braucht und evtl. auch Manches, was man nicht unbedingt braucht. Klima, Navi, Tempomat, Freisprechen, USB-Anschluss, Sitz- und Lenkradheizung, Rückfahrkamera, Parksensoren und und und, das darf sich jeder auf der Webseite durchlesen. Was es nicht gibt sind ein Schiebedach und die elektronischen Dinge wie Abstandstempomat und Kollisionswarner etc. sind auch nicht gegen Aufpreis lieferbar. Bei einem eher für die Stadt gedachten Fahrzeug eigentlich schade – andererseits kosten diese Dinge beim i3 so viel Aufpreis und sind nicht in allen Versionen verfügbar, dass man das Fehlen beim Preis des KIA verschmerzen kann. Klar, bei Tesla gibt es das – jetzt – alles, aber das ist ja auch preislich eine ganz andere Liga.
So, zum Fahren:
Schlüssel im irgendwo im Fahrzeug, Power Taste drücken, das Auto „erwacht“, Hebel in der Mitte auf „D“ und los geht es. 111 PS hört sich bei einem Auo mit über 1,5 Tonnen Gewicht nicht viel an, aber bei den 285 Nm des E-Motors kommt man gut vom Fleck, der Wagen liegt gut auf der Strasse, sowohl Autobahn als auch kurvige Landstrasse den Berg hoch geht sehr gut. Die Lenkung ist ausreichend direkt, es ist wie bei E-Autos üblich wunderschön leise, auch sonstige Geräusche sind bei höheren Geschwindigkeiten (bei 145 ist eh Schluss, aber der KIA will ja auch kein Rennwagen sein) auch auf der Autobahn kaum zu hören. Ja, der BMW ist beim Fahrwerk bzw. dessen Abstimmung besser, fand ich, knackiger, aber soooo riesig ist der Unterschied jetzt auch wieder nicht. Natürlich, das Auto ist keine Rakete wie ein Model S, aber das will es auch gar nicht sein.
Die Rekuperation in „D“ ist deutlich spürbar, in Hebelstellung „B“ kann man nur wirklich steile Strecken bergab ohne „Gas“pedal fahren ohne fast stehezubleiben, beim i3 gibt es nur eine Stufe. Das Laden der Batterie wird natürlich angezeigt, und man wird mit einigen grünen Blättern mehr am Baum auf dem Bildschirm belohnt. Nettes Gimmick.
Die Reichhweite von 212 km konnte ich natürlich nicht ausprobieren, das hätte den Rahmen der Probefahrt doch etwas gesprengt.
Nun, mein Gesamteindruck:
Sehr positiv, für das Geld gibt es derzeit im E-Autobereich wohl nichts mit einem besseren Preis-Leistungsverhältnis und der Reichweite – gut, ausser Tesla, aber wie gesagt, das ist eine andere Liga. Ich hatte vorher noch nie was mit KIA zu tun, aber das ist ein wirklich toller Einstand auf deminternationalen E-Automarkt – der KIA soll ja weltweit verkauft werden.
Für Deutschland könnte die Schnellladung des SoulEV mit CHAdeMO wegen der fehlenden CHAdeMo-Ladesäulen etwas kompliziert werden, wenn man doch mal eine längere Fahrt geplant ist. In Frankreich und der Schweiz dürfte das aber besser (aber auch nicht mehr) sein.
Das Navi des KIA zeigt die nächsten Ladesäulen im Umkreis an (und Updates sind für sieben Jahre im Preis drin!), nur leider wird da gefühlt jede Schukosteckdose in der näheren Umgebung angezeigt, was anscheinend auch nicht gefiltert werden kann, also z.B. nur CHAdeMO-Ladesäulen. Denn dann bei einer Säule festzustellen, dass man gleich die nächsten Stunden da verbringen darf, ist irgendwie unpraktisch. Das wäre noch ein Verbesserungsvorschlag, denn mit der (Schnell-)Laderei steht und fällt der ganze Spass bei E-Autos nun einmal. Evtl. gibt es ja mal einen Adapter von Typ2 auf CHAdeMo, so wie das Tesla ja umgekehrt jetzt angeblich anbietet.
Aber wer mit seinem E-Auto eher im Nahbereich herumkurven will, sich an das Design gewöhnt und bei sich zuhause oder an der Arbeit laden kann (Typ 1 Buchse gibt es ja auch), der kann mit dem Soul EV bei dem Preis und der Ausstattung kaum etwas fasch machen.
Ich freue mich auf Kommentare von anderen Probefahrern!