Festkörper-Lithium-Ionen-Akkus gelten als sichere Batterien der Zukunft. Der Ersatz des flüssigen Elektrolyten durch einen Feststoff ermögliche hohe Energiedichten und entschärfe Probleme wie Auslaufen, Überhitzen, Brand und Giftigkeit, mit denen heutige Lithium-Ionen-Akkus immer wieder zu kämpfen haben, sagen Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich, die nun eine Zelle vorgestellt haben, die im Labormaßstab schon erstaunlich gut funktioniert. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Verbesserung der Grenzfläche zwischen festem Elektrolyt- und Elektrodenmaterial, eine der größten Herausforderungen bei der Optimierung für praktische Anwendungen wie die Elektromobilität.
Die Jülicher Festkörper-Lithium-Ionen-Batterie hat es in sich, auch wenn man ihr Potenzial nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennt. Die Zelle wurde im Labor über 350-mal entladen und wieder aufgeladen. Sie ist der Vorläufer einer neuen Generation von Lithium-Ionen-Akkus, in denen anstelle der brennbaren und oft giftigen Flüssigkeiten ein fester Elektrolyt zum Einsatz kommt. Diese Bauweise bringt viele Vorteile mit sich: „Die Zellen können bei Unfällen und Fehlern nicht in Brand geraten und nicht auslaufen. Sie könnten eine deutlich längere Lebensdauer haben und sind auf jeden Fall weniger temperaturempfindlich“, erläutert Prof. Olivier Guillon vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung.
Lithium-Ionenbatterien sind insbesondere für mobile Anwendungen wie tragbare Elektrogeräte und Elektroautos die erste Wahl. Grund ist in erster Linie ihre hohe Energiedichte. „Mit Feststoff-Lithium-Ionenbatterien lässt sich die Energiedichte noch deutlich steigern, denn die Zellen lassen sich übereinander stapeln“, so der Leiter des Bereichs Werkstoffsynthese und Herstellungsverfahren. Anders als herkömmliche Akkus mit Flüssig-Elektrolyt benötigen die unbedenklichen und mechanisch unempfindlichen Festkörper-Batterien keine platzraubenden Kühl- und Schutzvorrichtungen. Selbst die unvermeidlich auftretenden Stöße und Vibrationen bei Anwendungen im Automobilbereich verkraften sie ohne aufwendige Stützkonstruktionen, die für konventionelle Flüssigzellbatterien erforderlich sind.

Eine größere technische Schwierigkeit stellt dagegen die Gestaltung der Grenzfläche zwischen den festen Elektroden und dem ebenfalls festen Elektrolyten dar. Einen flüssigen Elektrolyten können feinstrukturierte Elektroden wie ein Schwamm aufnehmen. Doch zwei angrenzende Festkörper lassen sich nicht so einfach lückenlos miteinander verbinden. Der Übergangswiderstand zwischen Elektroden und Elektrolyt fällt entsprechend höher aus.
„Durch Abstimmung der Herstellungsverfahren ist es uns gelungen, den Gesamtinnenwiderstand der Zelle von 20 Kiloohm auf 2 Kiloohm pro Quadratzentimeter zu reduzieren“, berichtet Sven Uhlenbruck. Die Forschung geht weiter. Ziel ist es, durch Verringerung der Elektrolytdicke die Werte heutiger Lithium-Ionenbatterien von 50 Ohm pro Quadratzentimeter zu erreichen, wobei die Energiedichte aufgrund der Materialeinsparung dann deutlich höher ausfallen dürfte – schöne Aussichten also für alle mobile Geräte und Elektroautos, deren Laufzeit sich dadurch beträchtlich verlängern ließe.
Michi meint
„Die Zelle wurde im Labor über 350-mal entladen und wieder aufgeladen.“
Ehm… fehlt da eine 0 dahinter? 350x ist ja „gar nichts“
Und natürlich fehlt (wie bei fast allen News zu Batterien) Angaben wie Wh/L und Wh/kg, C-Raten (Max Lade- und Entladeströme) und natürlich: Wann das ganze Serienreif sein wird.
ecomento.de meint
„Die Zelle wurde im Labor über 350-mal entladen“ – so steht es in der Quelle… Leider sind die exakten Forschungs-Ergebnisse immer öfter nur gegen Gebühr in den Originalpublikationen einzusehen.
Sollte es in absehbarer Zeit einen serienreifen Durchbruch bei der Batterie-Technologie geben, wird man aber wohl ohnehin erst davon hören, wenn einer der Hersteller ein entsprechendes Modell auf den Markt bringt.
VG
TL | ecomento.de
Simon meint
350 Ladezyklen im Labor sind schon recht viel. Da geht es nicht um eine Lebensdaueruntersuchung, sondern erst mal darum, nachzuweisen, dass die Reaktionen an den Elektroden reversibel sind. Was vielleicht erst mal banal klingt, aber bei Li-Luft-Batterien wäre eine solche Nachricht eine Sensation.
Bei Li-Polymer-Akkus ist das aber gar nicht die Frage. Die gibt es im Labor seit 1990 und auf dem Markt auch schon seit einigen Jahren. Die interessante Information ist die Leitfähigkeit des Feststoffelektrolyten, bzw. der Innenwiderstand der Zelle. Und der ist um den Faktor 40 schlechter als bei Li-Ionen-Akkus mit Flüssigelektrolyt. Naja. Das ist im Vergleich zu bisherigen Polymerelektrolyten nicht schlecht (zumindest wenn es bei Raumtemperatur erreicht wurde und nicht durch Erwärmung des Elektrolyten, was die Herren aus Jülich aber leider nicht verraten), nach dem ganz großen Durchbruch klingt es aber auch nicht.
Tom meint
Ich weiß immer nicht, was man davon halten soll. Sicherlich ist Forschung immer interessant, aber so richtig ernst kann ich das erst nehmen, wenn die ersten echten Zellen auf dem Markt ankommen. Dazu wird hier nichts gesagt – also wohl auch noch mindestens einige Jahre hin.