Viele deutsche Städte haben ein Problem, ihre Stickstoffdioxid-Grenwerte einzuhalten – allen voran Stuttgart, wo rund um das Neckartor „Deutschlands dreckigste Straße“ liegt. Hier betrug die durchschnittliche Stickstoffdioxid-Konzentration im vergangenen Jahr 87 Mikrogramm pro Kubikmeter. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm.
Oberbürgermeister Fritz Kuhn von den Grünen kämpft bislang mit nur bescheidenem Erfolg gegen Feinstaub und Stickoxide. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte er, dass die Stadt „praktisch alles“ mache, was man machen könne: „Wir investieren in Radwege, steuern den Verkehr, dass er flüssiger wird, bauen den ÖPNV massiv aus.“ Darüber hinaus fördert die Stadt Elektromobilität – Kuhn selbst fährt einen Elektro-Smart als Dienstwagen. Die Carsharing-Flotte von Daimler car2go ist in Stuttgart sogar rein elektrisch unterwegs.
Kuhn fühlt sich bei seinem Kampf von der Bundespolitik im Stich gelassen: Der Bund müsse „endlich den Ernst der Lage erkennen“. Vor allem von Verkehrsminister Alexander Dobrindt wünsche sich Kuhn mehr Engagement. „Die Haltung, die auch Minister Dobrindt“ einnehme, „ach, das ist ja kommunal, das geht uns nichts an“, lasse „die Oberbürgermeister mit einem Problem allein, das für die gesamte Gesellschaft relevant“ sei. Der Bundesverkehrsminister tue „immer so, als hätte er mit alldem nichts zu tun. Das ist aber nicht so.“
Mit Moos gegen Feinstaub
„Steuerungsinstrumente wie Citymaut oder Nahverkehrsabgabe“ einzuführen sei den Kommunen nicht möglich, da der Bund zunächst die „gesetzlichen Grundlagen schaffen“ müsse. Verbote will Kuhn aber vermeiden. Er hofft, dass „sich die Leute freiwillig umstellen, dann ist das immer besser“. Wenn das nicht gelinge, werde es jedoch „ab 2018 auf Verbote hinauslaufen“.
Ein spannendes Experiment gegen die Feinstaub-Belastung soll demnächst am Neckartor stattfinden. Die Stadt will eine knapp hundert Meter lange Mooswand aufstellen: „Aus Laboruntersuchungen weiß man, dass bestimmte Moose Feinstaub absorbieren können“, so Kuhn in der SZ. Die Stadt wolle nun sehen, „ob das auch in größerem Stil was bringt“. Es könne zwar sein, „dass es nichts bringt. Dann haben wir es aber ausprobiert“.
Marco meint
Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang auch sagen, dass ein Großteil des Feinstaubs meines Wissens vom Abrieb von Reifen und Bremsen und so entsteht, die auch bei Elektroautos, wenn auch in geringerem Maße, auftreten.
Also wäre mehr e-Mobilität, Verbot von Diesel-Fahrzeugen (zumindest ohne Euro 6) zwar schon etwas wert, aber auch dieses Mooszeugs wäre immer noch nötig.
Aber auch ich finde, dass Sprit deutlich höher besteuert werden müsste, besonders Diesel. Am besten auch europaweit. Im Gegenzug kann man die Kfz-Steuer abschaffen und EU-Mitglieder verbieten, von EU-Bürgern Maut zu verlangen. Dann hätten e-Autos so große finanzielle Vorteile, dass man diese Umweltprämie nicht bräuchte. Und CO2 wird über den verbrauchen Sprit auch gleich passend besteuert. Verwaltungsaufwand deutlich gesenkt, etc.
Marco meint
Ich bin zwar kein Chemiker, aber sind Sie sicher, dass es um Stickstoff-Grenzwerte geht? ich dachte, die Rede ist immer von Stickoxid-Grenzwerten. Die (saubere) Luft besteht ja zu knapp 80% aus Stickstoff, da wäre der genannte Grenzwert wohl nie einhaltbar.
Stickstoff: N2
Stickoxide: NOx (Verbindungen wie NO2, N2O4, NO4, NO, etcpp)
orinoco meint
Seit Deutschland Energie per Gesetz erneuerbar sein kann, nimmt man es hierzulande mit der Physik und Chemie und korrekten Bezeichnungen und Einheiten nicht mehr ganz so genau. Spezielle Wissenschaftsjournalisten (eigentlich ein Oxymoron) nehmen es nicht so genau (siehe youtube: wissenschaftsjournalistischer Unsinn über Wasser)
ecomento.de meint
Unser Fehler: „Stickstoff“ sollte eigentlich „Stickstoffdioxid“ heißen – korrigiert!
VG
TL | ecomento.de
michi meint
Man könnte auch einfach ankündigen, dass ab 2017 jeden Monat 1% der Parkflächen in Ladeplätze umgewandelt werden, auf denen keine Verbrenner mehr Parken dürfen.
-> Die Ladeinfrastruktur wächst
-> Die Leute werden gedrängt auf E-Autos umzusteigen, sofern sie in der Stadt parken möchten, ansonsten ÖPNV
Starkstrompilot meint
Es ist halt immer dasselbe. Man verschleppt eine Sache so lange, bis es so schlimm wird, dass man schon froh ist, wenn die Symptome bekämpft werden und nicht die Ursache. Moos wachsen lassen ist wie CO2 vergraben. Haha.
Dabei wäre es ganz einfach.
City-Maut oder Einfahrverbot für Stinker. Dann wacht der Herr Dobrindt schon auf.
Man könnte auch per Stichprobe Fahrzeuge rausziehen und einer spontanen Abgasmessung am Auspuff unterziehen. Wenn das Ergebnis zu weit daneben liegt, geht’s nicht weiter…
Diese Radikallösungen grenzen natürlich an groben Unfug. Es ist nur erschreckend, dass wir es so lange treiben und dulden, bis man über solche Hauruckaktionen nachdenkt. Dabei könnten wir schon seit Jahrzehnten das Problem gelöst haben.
Abgasautos sind giftig. Das ist nichts neues. Ihr Abgas entweicht direkt unter unserer Nase.
Ein elektrisches Auto mit Fossilstrom macht nur halb so viel CO2 und Gift und das am oberen Ende eines Schornsteins. Wäre als Zwischenlösung doch akzeptabel.
Herr Kuhn, fordern Sie die Hersteller auf, eine Lösung anzubieten und zwar jetzt, denn sonst sehen Sie sich gezwungen, ihre tollen Produkte madig zu machen. Und das kann ja keiner wollen.
Dr.M meint
…….und dann beten wir noch ein Vaterunser und machen eine Feinstaub – Beschwörung oder stellen Ventilatoren auf den Bürgersteig, das hilft ganz sicher auch! Oder Riechfläschchen wie im Mittelalter? Löst zwar das Problem nicht, aber es riecht besser. Man muss nur ganz feste dran glauben!
Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Aber sich bloß nicht mit der Autoindustrie anlegen, das geht ja gar nicht!
Lenzano meint
Habe ich das mit dem Moos nicht erst beim Sion von Sonomotors gelesen?
ecomento.de meint
Ja, scheint tatsächlich ein neuer/vielversprechender Trend zu sein!
VG
TL | ecomento.de
orinoco meint
Was ich nicht verstehe, warum nicht gerade jetzt bei den niedrigen Spritpreisen mal an der Mineralölsteuerschraube gedreht wird. Das würde Elektromobilität sehr viel schneller rentabel machen. D.h. ich verstehe es schon: ist wie beim Rauchen, wo die Tabaksteuer auch nicht weiter angehoben wurde, mit der Begründung „Wir wollen das Ausweichverhalten vermeiden“. Sprich: der Staat hat gar kein Interesse an einem Rückgang des Spritverbrauchs, denn wenn auf einmal alle Elektroauto fahren, hat er trotz höherer Steuer am Ende weniger Geld in der Kasse als vorher. Und die Öl- und Verpennerlobby tut ihr übriges.
Martin meint
Genauso ist das! Die wollen einfach nix machen. Wenn von heute auf morgen jeder mit einem E-Auto fahren würde, dann würden zuerst mal die Ölscheichs pleite gehen. Und wer sitzt in den Aufsichtsräten von Daimler und Co.? Genau, Ölscheichs. Wenn es wirklich stimmt, das in Deutschland jedes Jahr tausende an den Folgen von Dieselgate sterben, wer ist dann der Verantwortliche? Ist das dann Beihilfe zum Mord? Warum kommen diese Verantwortlichen einfach davon? Warum unternimmt niemand etwas sagen?
Landmark meint
Zitat: „wer ist dann der Verantwortliche? Ist das dann Beihilfe zum Mord? Warum kommen diese Verantwortlichen einfach davon?“
Jeder der ein Verbrenner fährt ist dafür verantwortlich!
Stellen Sie sich vor, ich fahre jeden Tag direkt vor Ihnen mit meinen V8 Diesel SUV mit 10Fach Auspuff, zur Arbeit und am WE ins Grüne und auch im Urlaub gönne ich Ihnen keine Atempause, Sie würden dann bestimmt Krank werden und mich verklagen bis der Arzt kommt, das zurecht…. also wer hat Schuld?
Der Autohersteller? Der Tankwart? Der TÜV Prüfer?
Ich denke, Ich bin Schuld, oder vielmehr ich war Schuld, meine Zoe hat keine Abgase mehr….
Aber Sie haben Recht, so kann es nicht weitergehen….
Blackampdriver meint
Moos gegen Feinstaub…Genau…nehmt mal ordentlich „Moos“ in die Hand und baut endlich die Ladeinfrastruktur in den belasteten Städten aus…und sperrt die Schummeldiesel aus…Das Sommerloch ist dieses Jahr trotz Sommerausfall wieder da….
Lenzano meint
+1 – ohne „Moos“ nix los :(