Der Anteil von Elektroantrieben bei Neuzulassungen könnte im Jahr 2025 in Deutschland bereits 40 Prozent betragen – und bei Herstellern (OEMs) aufgrund der einfacheren Montage einen deutlich geringeren Bedarf an Fachkräften mit sich bringen. Der Wandel der Automobilindustrie führt zudem zu neuen Berufsbilder und Qualifikationen in der Branche. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Deloitte zur Wertschöpfungskette in der Automobilindustrie.
Laut der Studie Autobranche 2025: Industrie am Scheideweg bedeuten Elektromobilität, autonomes Fahren und Industrie 4.0 für die Autohersteller einschneidende Veränderungen. Zwar würden je nachdem, wie es den Automobilherstellern gelingt, Technologien wie Elektromobilität, autonomes Fahren & Co. umzusetzen, individuelle Mobilität weiter auszubauen und im Geschäft mit Daten clever mitzumischen, mehr als 50 Prozent Zuwächse bei Umsatz und Gewinn gegenüber 2016 winken. Im Extremfall drohe aber auch ein signifikanter Bedeutungsverlust der Autohersteller, der mit massivem Arbeitsplatzabbau im zweistelligen Prozentbereich sowie einbrechenden Umsätzen und Gewinnen einhergehe.
„Die OEMs erwartet eine komplett geänderte Wertschöpfungskette durch Entwicklungen wie Elektromobilität, autonomes Fahren, Sharing Economy und Datenmonetarisierung. Aus dem bisher gut planbaren ist ein disruptiver Markt geworden. Das Spannungsfeld reicht dabei von einer Strategie als Komplettanbieter zeitgemäßer, hochtechnisierter Fahrzeuge und Services, die Softwareentwicklung und Mobilitätsdienstleistungen eigenständig vorantreiben – bis zum Ansatz, sich als Plattformlieferant in Kooperation mit IT-Giganten wie Google als „Foxconn“ der Automobilindustrie zu etablieren“, so Nikolaus Helbig, Partner Strategy & Operations bei Deloitte.
E-Mobilität bringt andere Jobanforderungen & Qualifikationen
Was die Jobs bei den Autoherstellern betrifft, prognostiziert die Studie auch im positivsten Szenario allenfalls eine Stagnation der Arbeitsplätze. Dass auch bei rosiger Zukunft keine neuen Jobs bei den Herstellern geschaffen werden, liege vor allem am Erfolg der Elektrofahrzeuge: Auf den wichtigen Märkten Deutschland, China und NAFTA könnte 2025 bereits ein Drittel der Neuzulassungen über einen voll- oder teilelektrischen Antrieb verfügen. Da Elektroantriebe aus deutlich weniger Bauteilen bestehen und einfacher zu montieren seien als Verbrennungsmotoren, werde dies deutliche Auswirkungen auf den Bedarf an Arbeitsplätzen haben.
Der veränderte Bedarf an Mitarbeitern werde durch die massiven erforderlichen Neueinstellungen für Tätigkeiten rund um Software und Datenmanagement bestenfalls kompensiert, und auch das nur rechnerisch, so die Autoren der Studie. Die erforderlichen Qualifikationen seien deutlich andere und Umschulungen von Montagetätigkeiten zum Softwareingenieur dürften sich als schwierig erweisen. Damit komme auf die deutschen Hersteller hinsichtlich der sozialverträglichen Gestaltung des Übergangs eine umfassende Aufgabe zu. Effekte in der Zulieferindustrie, die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen könnten, wurden in dem Rechenmodell nicht berücksichtigt.
Neue Geschäftsmodelle gesucht
Unter den Deloitte-Zukunftsszenarien bieten neue Geschäftsmodelle zur Datenmonetarisierung und dem Angebot von Mobilitätsdienstleistungen die meisten Perspektiven. Dies könnte 2025 über 15 Prozent des Gesamtumsatzes eines OEMs ausmachen. Es gebe aber auch zahlreiche Risiken: Einerseits, weil die OEMs hier in Geschäftsmodelle einsteigen müssten, mit denen sie kaum Erfahrung haben und das Risiko des Scheiterns deshalb hoch sei. Andererseits, weil sich in solchen Geschäftsmodellen immer auch die Frage nach der Größe stelle – je größer, sprich je mehr Nutzer vorhanden seien, umso schneller könnten Anwendungen ihre Wirkung entfalten. Hier seien oftmals Google, Amazon & Co. den meisten OEMs bereits weit voraus. Drittens gebe es derzeit noch kein wirkliches Erfolgsbeispiel der Branche, das den Weg weisen könnte.
Investitionen in die Zukunft
Die notwendigen Investitionen in den Aufbau der Datenwirtschaft sowie das Fitmachen der eigenen Wertschöpfung im Zuge der Industrie 4.0 schätzt Deloitte als beträchtlich. Wer das Investitionsvolumen nicht aufbringen kann bzw. das Risiko nicht eingehen möchte, sollte mit Anbietern aus unterschiedlichen Bereichen kooperieren, Start-ups aus dem Silicon Valley genauso wie Kommunikationsdienstleister, lautet die Empfehlung der Berater. Dabei könne der OEM das Fahrzeug in „White Label“-Ausführung zur Verfügung stellen, das dann von anderen Unternehmen als eigenes Produkt vermarktet würde. Der andere mache in einer solchen Konstellation dann allerdings auch einen signifikanten Teil des Datengeschäfts. Tendenziell gehe dies außerdem auf Kosten der Marge und dem über Jahre gerade von den deutschen Herstellern aufgebauten Premiumanspruchs.
„Welcher Weg für welchen Hersteller der sinnvollste ist, kommt stark auf die Ausgangsposition und auch die jeweiligen finanziellen und bilanziellen Handlungsspielräume an. Unser parametrisiertes, treiberbasiertes Rechenmodell erlaubt es den Herstellern, ihre eigenen Prognosen und strategischen Planungen auf den Prüfstand zu stellen, die möglichen Szenarien auch quantitativ abzustützen und Handlungsoptionen zu bewerten, um auf dieser Basis Entscheidungen zu treffen“, so das Fazit von Deloitte-Partner Helbig.
"ELMO" meint
Kurzfassung: Kein Stein bleibt auf dem anderen!
Zieht euch warm an! Oder vielleicht sogar: Wer nicht schon warm angezogen ist, könnte einfrieren…