Zukunftstrends wie Elektromobilität, Autonomes Fahren und Digitalisierung werden die Automobilbranche in den nächsten Jahren deutlich verändern. Bei einer Veranstaltung der Stuttgarter Nachrichten haben Experten aus Wirtschaft und Politik darüber diskutiert, welche Herausforderungen auf den Standort Baden-Württemberg zukommen.
Unter Verkehrsminister Winfried Hermann bereitet sich Baden-Württemberg bereits intensiv auf eine elektromobile Zukunft vor – unter anderem mit einem Ausbau der Ladeinfrastruktur, der alle zehn Kilometer eine Möglichkeit zum Aufladen von Elektroautos vorsieht. In Baden-Württemberg gebe es derzeit „fast mehr Ladesäulen als Elektroautos“, merkte Hermann beim „Treffpunkt Foyer“ der Stuttgarter Nachrichten scherzhaft an.
Bosch-Chef Volkmar Denner warnte davor, sich auf den Elektroantrieb zu versteifen. „Den Verbrennungsmotor zum Auslaufmodell zu erklären, halte ich für fahrlässig“, so Denner. Er sprach sich dafür aus, auch weiter an anderen Technologien wie E-Fuels oder der Brennstoffzelle zu arbeiten. Denner glaubt nicht, dass der Umstieg auf alternative Antriebe kurzfristig stattfinden wird – es gehe hier um einen „Zeitraum von Jahren – nicht von Monaten“.
Auch IG-Metall-Landeschef Roman Zitzelsberger sieht im Elektroantrieb nicht die Lösung aller Verkehrsprobleme. Demnach lasse sich die Reichweitenangst, die viele Menschen vom Kauf eines Elektroautos abschrecke, besser mit E-Fuels als mit der Batterie nehmen. „Die Produkte müssen zu den Kunden passen“, sagte Zitzelsberger. Er zweifle zudem daran, dass man „eine gute Ladesäuleninfrastruktur hinbekomme“. Bosch-Chef Denner pflichtete ihm bei – er glaubt, dass das deutsche Stromnetz bis auf weiteres keinen Elektroauto-Boom verkraften kann.
Baden-Württembergs Verkehrsminister bemängelte, dass bei Elektromobilität zu viel über Probleme statt Lösungen diskutiert werde. Ihm seien alle Technologien recht, „die etwas taugen“. Priorität habe, dass die deutsche Automobilindustrie nicht den Anschluss an die Weltspitze verliert – etwa durch eine weitere Konzentration auf den Dieselmotor statt modernere Antriebe. Hermann warf die Frage auf: „Sind wir nicht zu langsam?“
Daniel meint
Gleichzeitig zur Erhöhung der Anzahl Lademöglichkeiten wäre eine Verringerung der Anzahl Bezahlsysteme einhergehen, möglichst auf nur noch Kreditkarte und SMS. Die Vielzahl an lokalen Bezahlsystemen und Mitgliederkarten in DE könnte man sich sparen, durch Zentrale Abrechnung evtl. sogar die Preise senken. Das wäre mal ein Fortschritt.
Hinrichsen meint
Wie kann es sein, dass man sich immer noch Krampfhaft an einer Energieform hält, die nach Zahlen des US amerikanischen DOE 1,585 kWh elektrischer Energie als Hilfsenergie für die Herstellung von einem Liter Benzin benötigt?
Sprich bei 7 l Verbrauch sind 11 kWh elektrischer Energie, mit der ein Elektroauto ca. 50-70 km fahren könnte anstatt 100 km mit Benzin! Dieses Rechenbeispiel zeigt auch auf, dass es bilanziell überhaupt kein Problem bzgl. der Energiemenge für Elektrofahrzeuge gibt, auch wenn Herr Denner behauptet, dass das deutsche Stromnetz einen Elektroauto Boom nicht verkraften würde. Das ist schlicht weg Unsinn. Die Frage ist nur auf welcher Verteilnetzebene man die Energie abzieht und wie man sinnvoll die Struktur aufbaut. Eine 3,7 kW Ladung für jede Mietswohnung in einem Wohnhausblock kann nicht die Lösung sein, wie sie vermutlich Herr Denner vor Augen hat.
Bei Sun Fuels geht man übrigens von einem Wirkungsgrad von ca. 10% aus.
Diese Fakten sollten in gewissen Kreisen verbreitet werden, so dass die Herren Lenker an den Konzernspitzen erneuert werden um länger als nur bis zum Ausstieg aus dem Arbeitsleben zu denken, sondern auch an den Wirtschaftsstandort Deutschland darüber hinaus und den damit verbundenen Arbeitsplätzen.
Peter W meint
Aha, tun wir wieder die alten Märchen aufkochen!
Eine deutsche Raffinerie verbraucht ca. 0,8 kWh Primärenergie (also Wärme) pro Liter Diesel/Benzin usw., davon sind 0,05 kWh Strom.
Ich bin dafür bei den Tatsachen zu bleiben, und keine 20 Jahre alten amerikanischen Szenarien aufzuwärmen.
Michael L. meint
Hallo Peter,
gibt’s dazu irgendwo etwas dokumentiert?
Bin da neugierig, hatte aber bei schon mehreren suchen im Web nichts gefunden…
viele Grüsse,
Michael
Albert Mayer meint
Die Zahlen würden mich auch interessieren.
Die beste mir bekannte Zahl sind eben die 6 kWh pro Gallone.
Solange es nichts besseres gibt gilt eben diese Zahl, zumal sie nicht aus einer betrügerischen Quelle stammt (ähnlich dem Unterschied zwischen den realitätsnäheren EPA-Angaben und dem absolut idiotischen NEFZ-Wert).
stan meint
Die Zahlen vom US DoE sind von 2009:
https://edison.handelsblatt.com/e-hub/so-viel-strom-brauchen-autos-mit-verbrennungsmotor/20826274.html?ticket=ST-479816-oxmdQbs5Ovxpra6U9CKO-ap4
JoSa meint
Ein Link für Peter W…
http://www.sonnenseite.com/de/mobilitaet/auch-verbrenner-fahren-mit-strom.html
Ernesto 2 meint
IG-Metall und Bosch setzen hier eindeutig auf das falsche Pferd. Oder um in Pferdesprache zu bleiben , reiten sie ein totes Pferd. Von Weltmarktführern erwarte ich daß sie nicht am althergebrachten kleben sondern die Dinge in Bewegung bringen. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Michael meint
Solche aussagen unserer ewig gestrigen Politiker und schlimmer Konzernchefs machen mich echt wütend.
Redlin, Stefan meint
Jedesmal wenn die Presse etwas vermeldet zum Thema Umstieg auf E-Mobilität, dann müssen es unbedingt deutsche E-Autos im Bild über dem Artikel sein, alles andere wäre ja Landesverrat. Und dann suchen die sich eine elektrische B-Klasse aus! Ein Auto das es nicht mehr gibt.
Redaktion meint
Gerade deshalb passt das Bild zu diesem Artikel.
VG
TL | ecomento.de
Priusfahrer meint
„Die Produkte müssen zu den Kunden passen“, sagte Zitzelsberger.“
Ich glaube eher, daß einige elektrische Produkte (E-Fahrzeuge) den IG-Metallern
nicht passen.
Schaut so aus, als ob sich der Verkehrsminister Winfried Hermann mehr
bemüht, als sein „Vorgänger“.
Thomas Wagner meint
Der Kampf für den Verbrenner ist aussichtlos, da die Vorteile von Elektroautos
einfach zu überwältigend sind.
Daran führt kein Weg vorbei !
Die Herren der großen Autokonzerne und ihrer Zulieferer sollten endlich erkennen, dass sie auf das falsche Pferd gesetzt haben und schnell die entsprechenden Konsequenzen ziehen.
Heute geht es darum, wo die Akku-Zellfertigung im großen Maßstab stattfindet.
Und auf diesem Gebiet glänzen alle Deutschen und auch Europäischen Firmen durch nichtstun. Sie werden es in der Zukunft bitter bereuen !
Dr.M. meint
Zitat: „In Baden-Württemberg gebe es derzeit „fast mehr Ladesäulen als Elektroautos“, merkte Hermann“. Evtl. sollte man den Satz etwas ergänzen und zwar durch „funktionierende“ und „Schnell-“ – dann passt das nämlich schon nicht mehr.
Und wer sich mal mit goingelectric beschäftigt, der wird sehen, dass es zwar schon EnBW-Ladesäulen gibt, aber praktisch überall nach Zeit und nicht kWh abgerechnet wird. Wenn sie denn mal gehen. Auf der Karte sind auch sehr viele private Stationen, die nur manchmal oder nur eingeschränkt oder oder zugänglich sind.
Haben Sie an der Zapfsäule schonmal nach Dauer des Befüllens des Tanks bezahlt? Oder mussten sich erst freischalten oder einen Vertrag vorher abschliessen oder die Säule war zugeparkt? Oder Oder Oder.
Hier könnte BaWü ja mal eine Bundesratsinitiative starten und als allererstes die Ladesäulen- bzw. besser Ladepunktverordnung ändern, damit es Privatleute in Wohngebieten einfacher haben, AC-Ladesäulen über 3,7 kW zu errichten. Danach wäre dann das Einstimmigkeitserfordernis in WEGs zu kippen, welches die Einrichtung von Ladestationen in Gemeinschaftstiefgaragen behindert. Dann gehören Ladesäulen gekennzeichnet und es muss dort wie auf Behindertenparkplätzen abgechleppt werden. Oder haben Sie schon einmal eine zugeparkte Zapfsäule gesehen? Es sind diese vielen eher kleinen Probleme, welche die von der Politik gewünschte Verbreitung der Elektromobilität behindern, da braucht man keine Kaufprämie, auch keine doppelte, statt dessen z.B. Ladestecker an Strassenlaternen, um über Nacht zu laden, das Beispiel Holland zeigt ja, dass es geht – wenn man will zumindest.
Und die ganze Debatte um E-Fuel erinnert mehr an den schönen Ausspruch von Elon Musk zu Brennstoffzellen, engl. Fuel-Cells, Musk nannte diese „Fool-Cells“ und zwar wegen der miserablen Energiebilanz. Das düfte mit sicherheit auch für die E-Fuels gelten, denn der Strombedarf für die Erzeugung von Wasserstoff oder E-Fuels ist so gross, dass man mit einem reinen BEV schon ganz schön weit fahren kann und dabei sogar unter Berücksichtigung der Herstellung des Akkus weniger Energie verbraucht. Aber irgendwer muss ja noch Verbrenungsmotoren kaufen, das dürfte wohl der Hintergrund der E-Fuel Debatte sein. Ein Produkt für E-Fools sozusagen.
TeslaTom meint
Hermann meint wohl Steckdosen sind Ladestationen – hat er recht????
Kein Bezahltheater, ausreichend vorhanden, perfekt????
Düsentrieb meint
Klar, dass der Umstieg Jahre dauert. Nur sind die schon rum…
M3 meint
Richtig. Ausserdem dauert es Jahre weil die „etablierten“ Hersteller so erfolgreich verzögern und Zeifel verbreiten.
Darin sind sie Weltmarktführer!
Düsentrieb meint
Nicht zu vergessen die Regierung, die unterstützt Sie dabei kräftig…
E-Mensch meint
„Priorität habe, dass die deutsche Automobilindustrie nicht den Anschluss an die Weltspitze verliert – etwa durch eine weitere Konzentration auf den Dieselmotor statt modernere Antriebe.“
In welchem Universum hat der Diesel noch was verloren?
Dieser Sprit ist nur in Europa populär. Die meisten asiatischen Hersteller nehmen ihm schon langsam aus dem Sortiment da er sich schon nicht mehr rechnet. Und die reden noch von weltspitze und Diesel….
E-Mensch meint
Sorry hab den Absatz falsch gelesen. Mein Fehler.