Bosch hat mitgeteilt, sich aus wirtschaftlichen Gründen gegen den Aufbau einer eigenen Batteriezellenfertigung entschieden zu haben. Zellen zum Bau von Akkusystemen werden weiter zugekauft. „Für Bosch ist es wichtig, die Zelle technisch zu verstehen, fertigen müssen wir sie nicht“, erklärte der Vorsitzende des Unternehmensbereichs Mobility Solutions Rolf Bulander. Bei E-Mobilität stünden künftig elektrische Antriebe für alle Fahrzeugsegmente vom Fahrrad bis zum Lkw im Fokus.
Die Zellen für Hybrid- und Elektroauto-Batterien will Bosch weiter mit Zellzulieferern konzipieren und bei diesen zukaufen, Forschungsaktivitäten im Bereich aktueller und künftiger Zell-Technologien werden eingestellt. So wird das im Bereich der Lithium-Ionen-Technologie tätige Gemeinschaftsunternehmen Lithium Energy and Power GmbH & Co. KG (LEAP) beendet. Das 2015 erworbene, im Bereich der Festkörperzell-Technologie forschende Tochterunternehmen Seeo soll veräußert werden.
Sein bisher aufgebautes Know-how bei Batteriezellen wird Bosch in einem Kompetenzzentrum weiterentwickeln. „Eine mittlere dreistellige Zahl“ von Mitarbeitern soll künftig Batteriemanagementsysteme und 48-Volt-Batteriesysteme entwickeln und Zellen spezifizieren. „Bosch ist schon heute in der Lage, einzelne Komponenten in Gesamtsysteme zu integrieren. Wir bauen hocheffiziente 48-Volt-Batteriesysteme und entwickeln attraktive Batteriemanagement-Systeme“, so Mathias Pillin, der bei Bosch die Elektromobilitätsaktivitäten verantwortet.
„Die Festkörper-Technologie ist der richtige Pfad“
Bosch betonte, weiter großes technisches Potenzial in der Festkörper-Technologie zu sehen. „Auf der technischen Seite haben wir sehr gute Entwicklungsfortschritte erzielt. Die Festkörper-Technologie ist der richtige Pfad“, sagte Pillin. Die jetzt getroffene Entscheidung, Zellen auch künftig zuzukaufen, sei das Ergebnis einer intensiven wirtschaftlichen Prüfung. Im Zuge dieser Bewertung habe sich gezeigt, dass die Investition in eine Industrialisierung von sowohl weiterentwickelten als auch künftigen Zelltechnologien zu risikobehaftet ist. Allein die Anfangsinvestition in eine führende Zellfertigung würden demnach bei rund 20 Milliarden Euro liegen.
Zu den hohen Anfangsinvestitionen kämen Betriebskosten in Milliardenhöhe hinzu, zudem würden drei Viertel der Herstellkosten auf Materialkosten entfallen. „In nur einem geringen Anteil der Wertschöpfung können also Wettbewerbsvorteile erarbeitet und ausgespielt werden. Es bleibt mit Blick auf die dynamischen und nur schwer vorhersagbaren externen Marktfaktoren offen, ob und wann sich diese Investition für Bosch rechnen würde. Eine solch risikobehaftete Investition ist damit im Gesamtinteresse des Unternehmens nicht vertretbar“, hieß es in einer Mitteilung.
Trotz Verzicht auf eigene Batteriezellen formulierte Bosch ehrgeizige Ziele für das Geschäft mit Elektromobilität: „Fürs elektrische Fahren wollen wir Partner Nummer Eins sein. Wir sind heute führend im Bereich des Powertrains und wir werden es auch künftig sein“, so Bulander. Schon jetzt seien weltweit mehr als 800.000 Fahrzeuge mit elektrischen Antriebskomponenten von Bosch unterwegs. In China sei das Unternehmen bereits Marktführer. Das Portfolio reiche dabei von Leistungselektronik über 48-Volt-Mild-Hybrid-Batterien und Batteriemanagement-Systeme bis hin zu Elektromotoren und elektrischen Achssystemen. „Kein Unternehmen ist in der Elektromobilität so breit tätig wie Bosch“, so Bulander.
strauss meint
bosch, Conti, siemens und andere deutsche sind vorne dabei was man als Elektromotoren auch bei den e autos braucht. aber völlig verschlafen hat das autopionierland die Forschung der dazu passenden, weitreichenden batterietechnik. sonst wüsste man in brd auch, dass in einer batterie nur ganz wenig litium, Kobalt und ganz wenig anders nötig ist. man hat auch verschlafen sich um die Gewinnung und Aufbereitung dieses materials schnell Wettbewerbsvorteile zu ergattern. tja, wer frühzeitig am Kriegsschauplatz ist, kann gelassen in den kampf gehen. wer zu spät kommt muss sorgenvoll in den krieg ziehen.
bei den letzteren sind sicher nicht die Japaner, amis, Koreaner und Chinesen…….
frax meint
Wenn Bosch und/oder VW & Co einen sehr guten Durchgriff auf die Batteriezellproduzenten hätten, könnte ich die Strategie nachvollziehen – aber das wird wohl kaum der Fall sein. Die Abhängigkeit ist aus meiner Sicht groß und nicht weniger risikoreich. Letztendlich hat Bosch eingesehen, dass sie zu spät sind und das es schon zu teuer wäre, mit den Anderen aufzuschließen. Wir werden sehen wer besser fährt…
alupo meint
Genauso sehe ich das auch.
Der Satz des Gorbatschow ist schon sehr grausam, insbesondere wenn sich das Sterben über mehrere Jahre hinziehen wird. Auch die einst sehr mächtige AEG starb nicht in einem Jahr.
Matthias meint
ist wohl doch nicht so einfach ein Fahrzeug mit Batterien anzutreiben wie einen Schraubendreher.
Leotronic meint
Manche können das, manche können das nicht und manche wollen das nicht. Deshalb kaufe ich mein nächstes EV bei Tesla. Die können das sehr gut.
Matthias meint
bin dabei.
alupo meint
Ich kann das nur empfehlen. Die letzten 2 Tage problemlose 1100 km damit zurückgelegt, das meiste davon äußerst komfortabel mit dem Autopiloten.
Rainer Zufall meint
Ja schadet nicht wenn einer seine Kapazität auf was sinnvolleres verwendet wie Lithium Ionen Batterien.
Leotronic meint
Ich lese da etwas erfreuliches heraus. Die Preisentwicklung geht bald steil nach unten. 75% der Batteriekosten sind Rohstoffkosten. Die paar Gramm Lithium und Cobalt koennen nicht so viel ausmachen. Rest sind billige Rohstoffe Alu, Cu und Plastik. Ergo wird der kWh Preis unter 100$ fallen. Da kann Bosch nichts mehr verdienen. Die etablierten haben ihre Entwicklungskosten noch bei hohen Preisen reingeholt. Ein Anfaenger hat da keine Chance mehr. Ja ja, wer zu spaet kommt, …
Gunarr meint
Ich komme leider zu dem gegenteiligen Schluss.
Wenn 75 % der Herstellungskosten auf die Rohstoffe entfallen, haben die Hersteller nur bei 25 % die Möglichkeit, durch Effizienzsteigerung die Kosten zu senken. Die Rohstoffe werden aber absehbar teurer, wenn die Nachfrage nach Batterien steigt.
Ich fürchte, viel billiger als jetzt können Lithiumzellen nicht mehr werden.
Swissli meint
Die 75% beziehen sich nur auf die Zellen. Zu den Zellkosten gesellen sich noch ca. 20% Kosten für das Drumherum dazu.
Die Rohstoffe werden nur teurer, wenn das Angebot nicht mit der Nachfrage mithält. Wüsste nicht wieso irgendein Rohstofflieferant sich dem Geschäft des Lebens entziehen sollte.
Gibt es in der Wirtschaftsgeschichte Beispiele, bei der eine Technologie sich wegen fehlender Rohstoffe/Lieferanten NICHT entwickeln konnte?
Swissli meint
Also ich rechne anhand der beiden Tesla Semi Trucks mit 75$/kwh (inkl. Batteriepack). Das ist für mich die Preisreferenz für 2019. Da sich die anderen Autohersteller am besten Preis orientieren, müssen diese mittelfristig an Teslas Referenzpreis herankommen um langfristig wettbewerbsfähig zu sein.
Die 75% Rohstoffkosten beziehen sich nur auf die Zellproduktion. Ca. 20% kommen für das Drumherum (Batteriepack) dazu. Auf das will sich Bosch mehr konzentrieren. Die reine Zellproduktion seh ich künftig als ein klassisches Massenprodukt mit tiefer Marge. Aber noch sind Zellen ein Verkäufermarkt. Der Wind kann sich aber schnell drehen.
Dr. M. meint
Na, ob es wirklich clever ist, auch gleich noch die Forschung bei Lithium Ionen Zellen aufzugeben und die Anteile zu verkaufen? Alle reden von der Technikoffenheit, sich aber jetzt nur noch auf die Festkörperbatterien zu beschränken ist nichts anderes. Zusätzlich zu Lithium Ionen zu forschen wäre ja gut, aber so?
Die Zeit wird zeigen, ob es die richtige Entscheidung war. Ich glaube es leider nicht.
wolf meint
Robert Bosch würde sich im Grabe rumdrehen, wenn er die Zukunftsverweigerer und Bedenkenträger ertragen müsste.
Fritz! meint
Ich denke, die Entscheidung von Bosch wird ihnen in ein paar Jahren vor die Füße fallen und sie werden sagen: „warum haben wir uns damals noch dagegen entschieden?“
Ich würde ihnen da etwas überspitzt „wegen Geldgier“ antworten…
Aber wissen werden wir es in ca. 8 Jahren.
Peter W meint
Bosch wird wohl selbst am Besten beurteilen können, ob sich eine Zellfertigung rechnet. Solarzellenfertigung ist in Europa auch nicht mehr profitabel, und so wird es bei den Akkus wahrscheinlich auch sein.
Die Frage ist, ob LG, Panasonic usw. den deutschen und europäischen Markt beliefern können und wollen, wenn die E-Autoproduktion in ein paar Jahren richtig anzieht. Chinesische Auto-Hersteller haben da wahrscheinlich die besseren Beziehungen und die Regierung wird schon dafür sorgen, dass der einheimische Markt, also die Hersteller, die nach Europa exportieren, bevorzugt bedient werden.
Wir dürfen dann weiterhin Stinker kaufen, was unseren Autoherstellern ja sehr entgegen kommt. Zumindest vorübergehend …
Swissli meint
Ich finde den Entscheid nachvollziehbar und schlüssig. Bosch hat bei anderen E-Komponenten eine höhere Kompetenz.
Woher kommt eigentlich immer die Angst es würden zuwenig Zellen produziert? Die Autobranche ist im Umbruch, neue Lieferketten und Kapazitäten müssen aufgebaut werden. Kann sein, dass anfangs Angebot und Nachfrage differieren, aber das wird sich alles in kurzer Zeit einspielen. Könnte mir auch gut vorstellen, dass Zellen mit Lizenzen von Panasonic, LG usw. gebaut werden können. Ob die Autohersteller oder Unternehmen in China solche Lizenzen erwerben, spielt keine grosse Rolle.
Düsentrieb meint
Ich hoffe,dass die Gerichte bis dahin verboten haben dass wir dann noch Stinker fahren dürfen.
Lewellyn meint
Mit anderen Worten: Es ist zu spät für eine europäische Zellfertigung. Der Vorsprung der Asiaten ist nicht mehr einholbar.
Hans Meier meint
Das lese ich so auch heraus… Aber vielleicht auch besser so, ich wüsste nicht wirklich, ob das P/L Verhältnis stimmen würde. EAutos müssten in Zukunft günstiger werden als Verbrenner und die Preisschraube wieder nach unten drehen lassen. Die heutigen Mondpreise bei deutschen Autos kann sich kein vernüftig denkender Mensch mehr leisten (wollen).