Volkswagen hat für seine 2017 beschlossene Elektroauto-Offensive ein weltweites Auftragsvolumen für Batterien von über 50 Milliarden Euro ausgeschrieben. Die Zellen im Kern der Akkus beziehen die Wolfsburger von Zulieferern aus Asien, alternative Beschaffungsstrategien sind aber weiter im Gespräch. „Alle Optionen, also Eigenfertigung, Joint Ventures oder auch den Zukauf von Firmen“ seien auf dem Tisch, sagte ein Unternehmenssprecher der WirtschaftsWoche.
Matthias Müller, der im April an der Konzernspitze von Herbert Diess abgelöst wurde, hatte eigene Batteriezellfabriken wiederholt ausgeschlossen. „So einen Blödsinn machen wir sicherlich nicht“, hatte er 2016 erklärt. Diess hält Akkuzellen hingegen für „die Kerntechnologie der Elektromobilität“ und soll sich intern für eine groß angelegte Zellfertigung in Deutschland ausgesprochen haben.
Auch der Großaktionär Niedersachsen und der Betriebsrat von Volkswagen sind dafür, Batteriezellen nicht dauerhaft aus Asien zu beziehen. „Der Zugang zu Batteriezellen ist eine wesentliche Voraussetzung für eine wettbewerbsfähige Industrie in Deutschland. Wir sollten in Niedersachsen nicht nur Forschungsstandort, sondern auch Fertigungsstandort werden“, so Bernd Althusmann, Wirtschaftsminister in Niedersachsen und Volkswagen-Aufsichtsrat, im Gespräch mit der WirtschaftsWoche.
Volkswagen baut am Standort Salzgitter bis 2019 eine Pilotfertigung von Batteriezellen auf, dort könnte sich in Zukunft die Verantwortung für die Entwicklung, Beschaffung und Qualitätssicherung für die Komponente konzentrieren. Betriebsratschef Bernd Osterloh geht davon aus, dass der Vorsprung von Unternehmen aus China und Südkorea bei Lithium-Ionen-Batteriezellen nicht mehr wirtschaftlich aufgeholt werden kann. Bei einer Großserien-Zellfertigung gehe es daher nicht um aktuelle Lithium-Ionen-Speicher, sondern um die nächste Zellgeneration.
Leotronic meint
VW wollte doch den Lithiummarkt für 20 Jahre im Voraus leerkaufen. Was ist daraus geworden? Aha, ausser Spesen nix gewesen.
Fritz! meint
Die ganzen Forderungen nach Fertigung in Europa und dem Vorsprung der Asiaten bei der Zellfertigung klingen dann besonders „humorvoll“, wenn man bedenkt, daß ein Großteil der Maschinen, die diese Zellen in Asien fertigen, aus Deutschland kommt. Der (noch) solide deutsche Mittelstand ist da führend bei solchen Produktionsmaschinen.
Lewellyn meint
Neben dem Risiko, das man schlicht boykottiert werden kann, sehe ich ein viel größeres Risiko darin, keinen Einfluss auf die Technologie zu haben. Wie schnell bekommt man dann die neueste Technik geliefert?
Die Topzellen gehen zu Hyundai, die „B-Ware“ dann nach Europa.
Zumindest für die „Premiumfahrzeuge“ wäre es meiner Ansicht nach wichtig, direkten Zugriff auf die Zellfertigung zu haben. Aber erstmal muss man so eine Zellfabrik mit 50GWh-Jahresproduktion gestemmt bekommen. Und dann muss die technologisch gleichauf mit Samsung und Co. liegen.
Das als „Herausforderung“ zu beschreiben, ist eine ziemliche Untertreibung.
Li-Tec, Litarion meint
Und? Heisst als Resultat nichts machen und zusehen, wie die deutsche Autoindustrie untergeht. Dann haben die Asiatischen Firmen ja alles richtig gemacht.
Nur das diese dort auch nur mit Wasser kochen vergessen alle. Ja, sie haben schon vor Jahrzehnten angefangen mit Li-Ionen-Zellen. ABER das waren alles kleine Zellen. Deren Herstellprozesse sind nicht auf großformatige anwendbar! Warum auf irgendeine Technologierevolution warten, die meiner Meinung nach nicht, oder in 15 Jahren, oder so kommen wird? Statt dessen sollten sich die großen Konzerne endlich mal entscheiden etwas Geld in die Hand zu nehmen. Wieviel Milliarden schreibt VW, Daimler und Co. Gewinn pro Jahr? Warum nicht mal in die Zukunft richtig investieren? Der größte Teil der Wertschöpfung im E-Auto liegt in der Batteriezelle und nicht im Batteriesystem Herr Zetsche! Hauptsache er hat bei der letzten großen Hoffnung für eine Batteriezellenproduktion die Maschinen eigenhändig ausgeschalten – bravo!
Hoffentlich erkennt nun endlich mal ein Konzernlenker was Kern der E-Mobilität ist. DIE ZELLE!
Albert Mayer meint
‚ABER das waren alles kleine Zellen. Deren Herstellprozesse sind nicht auf großformatige anwendbar! “
Tesla verwendet nur diese kleinen Zellen. Bisher 18*65 mm, in Zukunft 21*70 mm.
Klappt aus Sicht der europäischen Verbrennerindustrie leider so hervorragend, dass sie sich genötigt fühlen, vergleichbare Produkte ca. 10 Jahre später ebenfalls anzubieten.
Hoffentlich klappts auch mit der hauseigenen „proTiefschlaf“ – Strategie.
Frank meint
Es mag sein, dass es billiger ist, die Akkus einzukaufen als selbst zu produzieren.
Man kann sich aber nicht abhängig machen von unsicheren Staaten. Was ist wenn China plötzlich ein Export verbot auf Akkus ausspricht weil die in chinesische Autos eingebaut werden sollen um dann lieber gleich das Endprodukt zu verkaufen? Ein weiteres Problem wären Akkukartelle, die den Preis künstlich hochhalten.
Es muss eine Fabrik in Deutschland geben und wenn sie erstmal nur ein viertel des Bedarfes Produziert aber im Notfall eben hochgerampt werden kann.
Oder soll es nachher heissen: wir wollten ja Elektroautos bauen, jetzt sind wir aber Opfer wir müssen halt leider weiter Verbrenner produzieren, weil wir keine Akkus geliefert bekommen (schmunzel freuh).
Thomas R. meint
Dann muss VW bei seinen Autos aber gute Argumente haben wenn das mit Abstand teuerste Teil, die Batterie, wesentlich mehr kostet als bei den anderen. Im Luxussegment mag das wohl noch vertretbar sein, aber bei 60kWh und mehr im Massensegment, also da wo man das Geld durch Volumen verdient, dürfte das äußerst schwierig sein konkurrenzfähige Produkte auf den Markt zu bringen.
Und machen wir uns nichts vor – die Chinesen haben ja nicht nur die Zellfabs; sie haben sich vor allen Dingen die Rohstoffe gesichert! Das Kartell ist doch längst da.
Frank meint
Das hört sich ziemlich fatalistisch für die deutsche Autoindustrie an.
Eh alles zu spät. (Für eine Managergeneration brummen die Gewinne noch mit den Verbrenner noch, dann geht es recht schnell den Bach runter mit der deutschen Autoindustrie.)
Hoffentlich sehen das die Entscheider anders
150kW meint
„Was ist wenn China plötzlich ein Export verbot auf Akkus ausspricht..“
Das betrifft dann aber nur Fahrzeuge für China. Für den Rest der Welt kommen die Zellen für deutsche Autos hauptsächlich aus Osteuropa.
Des weiteren macht es China derzeit genau anders herum, Zellen von LG und Samsung aus chinesischen Fabriken werden exportiert weil China nicht will das sie in China verwendet werden.
Albert Mayer meint
Die 2 immer wieder zitierten asiatischen Produktionen in Osteuropa sind doch bei einer Kapazität im einstelligen GWh-Bereich p.a. unmassgeblich klein.
Das reicht doch nicht für Deutschland, geschweige für Europa.
Daniel meint
„Betriebsratschef Bernd Osterloh geht davon aus, dass der Vorsprung von Unternehmen aus China und Südkorea bei Lithium-Ionen-Batteriezellen nicht mehr wirtschaftlich aufgeholt werden kann.“
In anderen Worten: Da hat man etwas verschlafen…
Hans Meier meint
Firmen, die Dinge verschlafen sollen bitte eingehen :) VW kann gut industriell assemblieren, würde dort den Fokus setzten. Geld sollen jetzt mal andere verdienen, die Mut hatten.