Der Bundesrechnungshof hat den 2016 in Deutschland eingeführten Umweltbonus – auch bekannt als „Elektroauto-Kaufprämie“ – scharf gerügt. Die Finanzkontrolle des Bundes bemängelte einen zu großen Einfluss der Industrie, zudem gebe es einen zu hohen Personalbedarf bei der Umsetzung.
„Die deutsche Automobilindustrie hat die Entscheidung der Bundesregierung zum Umweltbonus und zu dessen Ausgestaltung wesentlich beeinflusst“, heißt es in einem Prüfbericht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Der Rechnungshof weist darin auf die Verpflichtung des Bundeswirtschaftsministeriums „zu Unbefangenheit und Neutralität bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben hin“. Entscheidungen müssten nachvollziehbar und transparent sein, betonen die Beamten.
Verantwortlich bei den Vereinbarungen zur Einführung der E-Auto-Prämie war der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Die Richtlinien des Umweltbonus traten am 2. Juli 2016 in Kraft – das Ziel: Mehr lokal emissionsfreie Stromer zum Schutz des Klimas in Deutschland einflotten. Hierzu werden Käufer von teil- und vollelektrischen Pkw mit bis zu 4000 Euro unterstützt. Der Zuschuss wird jeweils zur Hälfte vom Bund und den teilnehmenden Autobauern getragen. Der Rechnungshof kritisiert in seiner Stellungnahmen insbesondere, dass die Autoindustrie ihren Beitrag minimiere, während von staatlicher Seite Steuergelder zugeschossen werden.
Die Berechnungsbasis für den Beitrag der Hersteller ist der Nettolistenpreis des Basismodells des geförderten Fahrzeugs. Der Anbieter muss dem Käufer ausgehend von diesem Preis einen Nachlass von mindestens der Hälfte der Elektroauto-Prämie gewähren. Je nach Neufahrzeug erhalten Käufer aber ohnehin Abschläge auf den Listenpreis, die „deutlich über den von der Automobilindustrie gewährten Umweltbonus hinausgehen“, so der Rechnungshof. Ein echter Beitrag der Hersteller zur Verbreitung von Elektroautos durch Kaufanreize trete erst dann ein, „wenn Nachlässe gewährt werden, die über 2000 Euro hinausgehen“.
Die Bundesmittel für die E-Auto-Prämie in Höhe von 600 Millionen Euro stehen über den Energie- und Klimafonds zu Verfügung. Die Beantragung und Abwicklung übernimmt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Autokäufer nehmen den Umweltbonus bislang nur zögerlich in Anspruch – der Fördertopf ist noch längst nicht ausgeschöpft.
Fritz! meint
Die Förderung von lokal emmisionsfreien Autos könnte komplett neu gestaltet werden. Und zwar (bis auf ein paar Verwaltungskosten) sogar gratis für den Steuerzahler/Staat:
Für jedes Verbrenner-Auto, daß über 95 gr CO2 ausstößt, wird pro 1 gr CO2 100,– Euro beim Kauf in einen Topf eingezahlt. Also bei einem Auto mit 120 gr CO2 (also 25 gr zuviel) sind es dann 2.500,– Euro. Dies wird auf den Verkaufspreis als Abgabe obendrauf gerechnet. So werden schon mal spritsparende Verbrenner-Autos günstiger (Vorteil 1).
Dieses Geld wird Monat für Monat gesammelt, am Ende des Monats wird geschaut, wieviel es ist und dann die Hälfte in den Ausbau von Ladesäulen und die andere Hälfte als Zuschuß für den Kauf von E- und anderen emmisionsfreien Autos gesteckt (keine PlugIn-Hybride).
Da kommt was zusammen (4 Beispiele):
Porsche Cayenne (205 gr CO2), also 110 gr zuviel, macht 11.000,– Aufpreis pro Auto
Wird ca. 6.000 mal pro Jahr verkauft, also 66 Millionen in den Topf.
VW Tiguan (167 gr CO2), also 72 gr zuviel, macht 7.200,– Aufpreis pro Auto
Wird ca. 72.000 mal pro Jahr verkauft, also 518,4 Millionen in den Topf.
VW Golf (122 gr CO2), also 27 gr zuviel, macht 2.700,– Aufpreis pro Auto
Wird ca. 235.000 mal pro Jahr verkauft, also 634,5 Millionen in den Topf.
Nissan X-Trail (145 gr CO2), also 50 gr zuviel, macht 5.000,– Aufpreis pro Auto
Wird ca. 12.000 mal pro Jahr verkauft, also 60 Millionen in den Topf.
Alleine diese 4 Autos bringen 1,27 Milliarden Euro pro Jahr an Umweltbonus. Die Hälfte in die Infrastruktur, die andere Hälfte auf die E-Autos verteilt. Bei 600 Millionen verteilt auf 25.056 E-Autos (soviel wurden letztes Jahr verkauft) macht das 23.946,– Euro Zuschuß pro E-Auto. Dann wird das Argument, E-Autos seine zu teuer, sehr schnell hinfällig. Und es würde ziemlich schnell gehen, das die Spritfresser nicht mehr verkauft werden, also ist schneller kaufen dann billiger kaufen.
Über den Verteilschlüssel kann man sicher noch diskutieren…
Uwe meint
Fritz! – eine Super-Idee nur richtig voll wird der Topf, wenn nicht der Papier-Tiger zur Strafzahlungsberechnung genommen wird, sondern der reale Ausstoß:
Dann kommt noch Mal das Vielfache zusammen.
Die Prämie kann dann je zur Hälfte auf die Infrastruktur und die Neuanschaffung von Auto, PV-Anlage und Wallbox verteilt werden, dann ist der Tesla Modell 3 auf (Vollkosten-) Augenhöhe mit einem Golf TDI.
Fritz! meint
Ich wollte es nicht übertreiben. Außerdem werden viele Verbräuche/CO2-Mengen jetzt durch WLPT statt NEFZ eh höher.
Und das Tesla Model 3 dürfte dann sogar billiger als ein vergleichbarer Golf Diesel sein.
Jin meint
Wobei ich mich schon lange frage, was an einer Karosserie und einem E-Motor samt Elektronik sooo viel teurer ist, als an einer Karosserie mit Verbrennungsmotor samt Elektronik. Warum kostet z.B. ein Renault Zoe wahnsinnige 25000€ während ein ca. gleichwertiger Clio die hälfte kostet? (und da hab ich den Akku gerechterweise außen vor gelassen – der kommt ja noch dazu, was ok ist) eigentlich müssten die E-Autos maximal genauso viel wie ein gleichgroßer Verbrenner kosten (eher weniger) plus Akku.
Fritz! meint
Bei solchen richtigen Vergleichen fällt mir nicht mehr ein, als das der Hersteller die E-Autos nicht wirklich verkaufen will, weil er anscheinend mit seinen Verbrennern noch mehr Geld verdient.
Wenn ich mir das Tesla Model 3 mit normaler Reichweite ohne Premium-Paket (geschätzt ab Ende 2019) ansehe, dann wird das hier bei ca. 39.000,– Euro liegen, ca. gleichauf mit einem eGolf oder einem Leaf (jeweils mit mehr als Holzsitzen). Das Ganze aber bei merklich höheren Reichweiten und Leistungsdaten seitens Tesla. Entweder wollen oder können die etablierten PKW-Hersteller nicht.
150kW meint
Ende 2019 läuft der e-Golf aus. Dann soll der Neo mit ~50kWh für unter 30.000€ kommen.
MiguelS NL meint
Die beste Lösung ist keine Subventionen sondern umweltunfreundliche Produkte bzw, Industrie zusätzlich besteuern, und alles auf alles setzen.
Bisherige Subventionen könnten besser wirken als bisher in dem man klare und zielstrebige Rahmenbedingungen setzt, diese würden aber trotzdem nicht so effizient wirken wie eine Besteuerung.
Klimawandel und Umweltverschmutzung sollten höchste Priorität haben, die Auswirkungen sind grösser als sonstige aktuelle lokale und internationale Probleme.
Chris meint
Solche radikalen Forderungen haben bei Realisierung nur eines zur Folge: Die regierende Partei wird sich damit abfinden müssen, nicht wieder gewählt zu werden. Dann haben wir so typisch amerikanische Verhältnisse.
Peter W. meint
Das ist doch wirklich alter Käse, der da aufgewärmt wird. Dass die Autobauer die 2000 oder 1500 Euro vorher draufgeschlagen haben weiß doch jeder. Sobald die Prämie wegfällt, werden die Autos billiger. Die staatliche Zugabe ist eine Subvention für die Hersteller, die mit dem Abschlag den Verkauspreis schön rechnen.
Verkaufsfördernd wirkt Geld vom Staat aber immer, das hat die Abwrackprämie 2009 deutlich gezeigt. Voll funktionsfähige Fahrzeuge, die oft mehr Wert hatten als die 2500,- € wurden verschrottet um die Prämie einzusacken. Wieviel stinkende Diesel damals einen Benziner mit Kat ersetzten will ich mir gar nicht ausmahlen.
Gerry meint
Hahaha…das haben die ja richtig schnell gemerkt.
Das wusste man doch schon bei Einführung der E-prämie, z.B. haben die Hersteller die plug-in Förderung durchgesetzt…
Noch geschickter waren die Hersteller die einfach den Preis um 4000 Euro erhöht haben und damit sowohl den Eigenartig gespart als auch den Steuervorteile faktisch einkassiert haben.
Und die Politik hat dumm zugeschaut..
Gerry meint
…sorry, das sollte „Eigenanteil“ und „Steueranteil“ heißen….
Sebastian meint
Und die Förderung lag zum damaligen Zeitpunkt unter der eines Teslas aber über einem i3, was bis dato wohl das teuerste deutsche E-Auto war. Grenze genau getroffen.
Aber mal ehrlich: Alleine schon „Nettolistenpreis des Basismodells“ stinkt zum Himmel. Warum nicht bei 40.000 oder 50.000 die Bremse reinhauen? Und zwar bei dem was auf der Rechnung steht. Oder alle Elektroautos fördern ohne Grenze. Weil auch 150.000-€-E-Autos besser für die Umwelt und das Klima sind. 150.000-€-Verbrenner sind meist deutlich schlechter als ihre billigen Kollegen.
Chris meint
Das ist ganz einfach, weil es insgesamt ungerecht wäre und den bevorzugt, der mehr Fahrzeuge abnimmt oder besser verhandelt oder EU Reiimport Fahrzeuge kauft. Daher wird der Listenpreis genommen. Das ist auch einfach zu verwalten.
Wer für 150k ein Auto kauft muss nicht „gefördert“ werden. Hier vergessen scheinbar einige worum es geht. Es ist keine Kaufbelohnung.
150kW meint
„Noch geschickter waren die Hersteller die einfach den Preis um 4000 Euro erhöht haben“
Welche Hersteller bzw. Autos sollen das gewesen sein?
151kW meint
Naja, alle. Renault z.B. hat vorher einen Rabatt von über 4.000,– Euro auf seine reinen E-Autos gegeben, der mit Einführung der Prämie weggefallen ist. Bei den anderen Herstellern wurde einfach die nächste Preisanpassung oder „Ausstattungsverbesserung“ abgewartet.
150kW meint
Das nicht gewähren von Rabatten ist nicht wirklich eine Preiserhöhung.
Preisanpassungen im Bereich 2000-4000€ wären mir auch nicht bekannt. Selbst mit größeren Akkus wurden Autos wie i3 oder e-Golf nicht mehr als 2000€ teurer.
Steffen H. meint
Bei Renault ist mir das damals auch aufgefallen. Die haben vorher gezielt mit Preisen von 16,x k€ geworben. Als die Kaufprämie im Anmarsch war wurde der Preis wieder auf 20,x erhöht und nach Anlaufen der Förderung wurde wieder mit dem 16,x geworben, exakt gleicher Preis wie vorher. Nach Abzug der Prämie versteht sich. 2000€ mehr für Renault.
MiguelS NL meint
Ich bin auch davon überzeugt dass die Preise in Abhängigkeit der Förderung bestimmt wurden sind. Und natürlich auf indirekte Wege.
E.OFF meint
@150kW
Sie wollen uns jetzt erklären das bei Plug-in Fahrzeugen die nach 2016 eingeführt wurden die Hersteller die 1500 Euro nicht auf dem Listenpreis der ja vorher nicht bekannt war weil es das Fahrzeug so noch nicht gegeben hat nicht aufschlagen ???
Wie naiv ist das denn :-)
Die deutsche Automobil Industrie hat so viel Kriminelle Energie entwickelt mit dem abgasbetrug und da meinen Sie die einfachste Art und weise den Staat zu bescheißen lassen Sie aus… LOL
150kW meint
„Sie wollen uns jetzt erklären das bei Plug-in Fahrzeugen die nach 2016 eingeführt wurden die Hersteller die 1500 Euro nicht auf dem Listenpreis der ja vorher nicht bekannt war weil es das Fahrzeug so noch nicht gegeben hat nicht aufschlagen ???“
Nein, genau um das geht es nicht. Es geht um Preiserhöhungen bestehender Modelle.
Gerry meint
Peugeot und Citroen haben den Preis für Peugeot Ion und Citroen zero um 4000 Euro angehoben…natürlich im Rahmen der Modellpflege ????, sonst wärs ja nicht förderfähig gewesen…
Swissli meint
Die Politik hat nicht zugeschaut, sondern hat aktiv mitgestaltet.
Am besten gar keine Subventionen – die Geschichte zeigt, dass Subventionen meist falsche Anreize setzen und Ziele daher nicht erreicht werden.
Da D aber strategische Fehler in der Energieversorgung gemacht hat, muss das nun mit fragwürdigen E-Auto Subventionen kompensiert werden.
Wennschon Subventionen, dann: Pseudo-Herstellersanteil streichen (Bonus wird einfach eingepreist, zugunsten von Hersteller), Obergrenze für Förderung (wer sich ein E-Auto für 40-50 Tausend leisten kann, braucht keine staatlichen „Bedürftigen Gelder“), degressive Subvention (günstige kleine Autos bekommen mehr, teure grosse weniger), Hybride nur fördern wenn real 100 km rein elektrisch. Aber dafür brauchts wohl Neuwahlen und neue Regierung.
Leonardo meint
Welche strategischen Fehler hat denn Deutschland bei der Energieversorgung gemacht?
Der einzige große Fehler war der Einstieg in die Kernkraft 1957 und die damit gerufenen Geister die man nie mehr los wird.