Die Ministerpräsidenten der „Autoländer“ Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachen haben eine intensivere Zusammenarbeit verabredet: Sie wollen klimaschonende Mobilität „wirtschaftlich erfolgreich und sozial verträglich“ vorantreiben. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern sie die Bundesregierung eindringlich dazu auf, die Verkehrswende zu beschleunigen und die Rahmenbedingungen für die E-Mobilität zu verbessern.
„Zu viel Zeit wurde auf Bundesebene schon verspielt und zu viele Ziele wurden verfehlt. Abwarten ist keine Option mehr. Auch der Bund steht in der Pflicht“, erklärten Winfried Kretschmann (Grüne), Markus Söder (CSU) und Stephan Weil (SPD) bei der Vorstellung ihres Positionspapiers. „Für uns Autoländer steht viel auf dem Spiel – und damit für den Standort Deutschland insgesamt“, sagte Kretschmann unter Hinweis auf den starken internationalen Wettbewerb. „Jeder für sich allein wird es nicht schaffen. Wir müssen mehr kooperieren.“
Die Automobilstandorte Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen stehen zusammen für weit über eine Million Arbeitsplätze. In ihrem siebenseitigen Papier fordern die Minister der Länder diverse Maßnahmen. Nötig seien etwa der Aufbau einer flächendeckenden, länderübergreifenden Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, die Bündelung von Forschungsprogrammen und Ausbildungsinitiativen sowie ein Austausch zur Entwicklung neuer Antriebstechnologien. Nur mit Länder-Kooperationen seien die Ziele nicht zu erreichen.
Deutschland soll bei Autos führend bleiben
„Das Auto der Zukunft soll weiterhin in Deutschland vom Band rollen“, betonte Kretschmann. Ein festes Datum für das Ende des Verbrennungsmotors lehnen die drei Länderchefs ab. In der Frage, ob eine CO2-Steuer eingeführt werden solle, legen sie sich nicht fest. In ihrem Positionspapier heißt es, emissionsarme Antriebe wie Hybrid und effiziente Dieselmotoren seien wichtige Technologien, besonders für Nutzfahrzeuge. „In Zukunft werden aber vor allem Anbieter von Lösungen für eine emissionsfreie und klimafreundliche Mobilität Chancen im globalen Wettbewerb haben.“ Die Ministerpräsidenten verlangen vom Bund einen „technologieoffenen“ Ansatz für Elektromobilität, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe. Ergänzt werden müsse dies durch Investitionen in künstliche Intelligenz und autonomes Fahren.
Weil sagte, es bleibe nicht viel Zeit für die Umstellung, 2030 müssten „40 Prozent der Verkäufe elektromobil sein“. Klimaschutz und Industriepolitik müssten aufeinander abgestimmt werden. Wie Söder mahnte Weil Entscheidungen der Bundesregierung zum Klimaschutz im nächsten halben Jahr an. Die Politik müsse die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Förderung der E-Mobilität im Wohneigentums- und Mietrecht verbessern, die Programme zur Förderung klimaschonender Mobilität erweitern und von der Transformation der Autobranche betroffene Unternehmen fördern. Sie müsse einen Rechtsrahmen für autonomes Fahren schaffen und Initiativen gegen Fachkräftemangel unterstützen. Wichtig sei auch die Schaffung des Rahmens für eine „wettbewerbsfähige Batteriezellenindustrie zur Sicherung von Wertschöpfung und Beschäftigung“.
Söder nannte den Vorstoß der Ministerpräsidenten „geistige Druckbetankung zu dem Thema“ und widersprach dem Vorwurf, sie machten sich zu Gehilfen der Industrie. „Wir sind keine Lobbyisten.“ Es gehe um Technologieführerschaft und Arbeitsplätze. Die Entwicklung neuer Antriebe, die Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle markierten den Wandel in der Autobranche. „Da ist Zeit verloren gegangen, deshalb brauchen wir jetzt einen Schub“, so Söder.
„Ein wichtiges Signal“
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), die Grünen und der Automobilverband VDA begrüßten die Initiative der Länder. „Ich freue mich riesig, dass parteiübergreifend drei Ministerpräsidenten in wichtigen Autoländern die Zukunft der Mobilität pushen“, sagte Scheuer.
„Der Vorstoß der Ministerpräsidenten ist ein wichtiges Signal für die Modernisierung der deutschen Autoindustrie“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Die Initiative zeige, dass die Länder schon einige Schritte weiter seien als die Bundesregierung. „Einmal mehr wird das Nichts-Tun von Verkehrsminister Scheuer deutlich. Die vergangenen Jahre waren für die Elektromobilität weitgehend verloren“, kritisierte Hofreiter. „Scheuer muss Deutschland für die Elektroautos fit machen. Dafür braucht er einen weitsichtigen und breit abgestimmten Plan, keine Schaufensterpolitik.“
Der Autobranchenverband VDA begrüßte das Positionspapier der Minister als „positives Signal“. Der derzeitige Bestand von 17.400 öffentlich zugänglichen Ladepunkten in Deutschland für Elektroautos sei vor dem Hintergrund der Klimaschutz-Ziele „absolut unzureichend“.
alupo meint
„„Das Auto der Zukunft soll weiterhin in Deutschland vom Band rollen“, betonte Kretschmann.“.
Der Konjunktiv ist ausschlaggebend.
Die Istsituation sieht leider anders aus (esrollen die Autos der Vergangenheit vom Band). Das bedeutet, dass die deutschen Unternehmen aufholen müssen. Danach sueht es aus heutiger Sicht aber nicht aus, d.h sie müssten aufholen.
Aufholen bedeutet aber, dass man schneller sein muss als der Wettbewerber.
Ich wäre froh, wenn sie wenigstens mithalten könnten. Aber das soll sich ja in 2019 ändern. Was wir heute wissen ist, dass das im 1. Halbjahr nicht passierte. Dann mussssss es ja im 2. Halbjahr passieren…..
JürgenV meint
Wenn man die ganze Umstellung wirklich will, dann muss/ müssen:
1. Die Regierung den Fuß bei dem Ausbau der Erneuerbaren Energien nehmen.
2. Ein absolutes Datum zum Verbrenner- Aus festgelegt werden.
3. Politiker her, die nicht nur an ihre Wiederwahl denken.
4. Unsere in Geld ertrinkenden Autobauer endlich mal Unternehmer sein.
5. Das rufen nach staatlicher Finanzhilfe aufhören.
6. Jeder einzelne sein Verhalten ebenfalls überdenken und soweit möglich ändern.
7. …..es gibt bestimmt noch viel mehr….
EV1 meint
Synthetische Kraftstoffe müssten bei der Betrachtung aber eh rausfallen, denn diese sind eventuell zwar CO2 neutral (wenn man alle Augen zudrückt) aber bei Weitem nicht emissionsfrei.
wosch meint
Nun, ein Verbrenner, der heute gekauft wird, der wird eventuell noch 15 Jahre seinen Dienst erledigen.
Sicher nicht verkehrt diesen dann irgendwann mit synthetischen Kraftstoff zu betanken.
Man sollte aber nicht auf die Idee kommen diese als Alternative für die Zukunft, also anstatt Elektroautos zu sehen.
EV1 meint
Da hast du recht. Leider werden die systhetischen Kraftsoffe allzu oft als CO2 neutrale Heilsbringer postuliert.
Ich hoffe nur, dass die aktuellen Motoren dann auch mit synth. Kraftstoff zurecht kommen (wenn ich an die E10 Debatte denke).
alupo meint
Synthetische Kraftstoffe werden auch aus „irgendwas“ hergestellt und der Energieaufwand ist rießig.
Sowas können und dürfen wir uns nicht leisten. Der neu gekaufte Verbrenner ist eben alt.
Stefan meint
Besser spät als garnicht.
Ich unterstütze die Initiative.
Garnichts zu tun ist jedenfalls die schlechteste Option.
Bei der Bundesregierung liegt der Verdacht auf letzteres sehr nahe und bei der Wirtschaft läuft ebenfalls alles viel zu langsam.
Endlich mal richtig Gas geben, ehh Strom und die Energiewende anpacken!
Sonst fahren wir Wirtschaft UND Klima an die Wand.
Eigentlich logisch, oder?
Jörg2 meint
Hab ich es überlesen, oder gibt es auch Forderungen an die Industrie?
Peter W meint
Sorry, Korrektur: … angeblich Technologisch führenden …
… Atobauer … … Jahren … wer noch was findet darf es behalten. Danke für die Nachsicht.
Peter W meint
Leider geht es in dem Papier nur darum Arbeitsplätze durch staatliche Hilfe zu sichern. Für Mercedes und BMW wird keine Ladeinfrastuktur benötigt, die halte sich am Hybrid fest wie ein Ertrinkender am Rettungsring. Unsere Automobilindustrie macht seit Jahren Milliardengewinne. Es ging ihnen noch nie so gut, und trotzdem ist der Ruf nach staatlicher Unterstützung so lau wie noch nie und die Landespolitik inclusive Grüner stimmt in das Klagelied ein. Wer Milliardenstrafen aus der Portokasse bezahlen kann, sollte auch dazu in der Lage sein eine neue Technik umzusetzen. Überall liest man davon, dass Startups oder Länder die bisher nicht dazu in der Lage waren global konkurenzfähige Fahrzeuge zu bauen, auf den Markt der E-Mobilität drängen. Nur unsere vor Geld überquellenden Großkonzerne sind nicht dazu in der Lage in diesem Strom voranzuschwimmen. Sie paddeln hinterher und japsen nach Luft. Ein Trauerspiel in der angeblichen Technologisch führenden Bananenrepublik.
Übrigens: Dass unsere Autonauer am Verbrenner festhalten liegt auch daran, dass die Vorgaben der EU immer noch zu lasch sind, und dass Benzin und Diesel seit 15 Jahren nicht teurer geworden sind. Vor 10 jahren habe ich für Superbenzin 1,60 Euro je Liter bezahlt, ein Preis der derzeit gelegentlich wieder erreicht wird. Nach 10!!!! Jahren Billigspritt. Die Politik hat hier ganz radikal versagt, und nichts getan, um alternative Antriebe zu unterstützen.
NB meint
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Ralf meint
Die Vorgaben der EU sind so lasch, weil die eigenen Parteikollegen der 3 genannten Ministerpräsidenten in der eigenen Regierung es über so lange Zeit geschafft haben, weitergehende Vorgaben zu blockieren und aufzuweichen.
Für mich verwirrend: bilden nicht die Parteien dieser Herren zusammen die Bundesregierung und hätten sie nicht dort schon jahrelang etwas bewegen können?
Stattdessen gibt man sich jetzt naiv und tut so, als ob man selbst all die verplemperten Jahre in der Opposition gesessen hätte (und noch immer dort sitzt)?!
Sledge Hammer meint
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