Die Deutsche Post holt sich Verstärkung für ihre E-Mobilitäts-Tochter StreetScooter: Zwei neue erfahrene Manager aus der Autoindustrie sollen dabei helfen, den Spezialisten für strombetriebene Transporter weiter auf Wachstum und Internationalisierung auszurichten. Derweil fährt StreetScooter trotz Tausender Fahrzeuge auf den Straßen weiter hohe Verluste ein, die die Post nicht dauerhaft allein stemmen will.
Der frühere Tesla-Direktor Peter Bardenfleth-Hansen ist ab sofort als neuer Chief Growth Officer für das weitere Wachstum und den Aufbau der internationalen Vertriebsorganisation von StreetScooter sowie Energie- und Logistikservices verantwortlich. Der Ex-Ford-Manager Ulrich Stuhec übernimmt die Rolle des Chief Technology Officer und wird die Produktentwicklung sowie die neue Plattform- und Technologieentwicklung inklusive autonomes Fahren verantworten. Stuhec ist zudem für die China-Expansion von StreetScooter zuständig.
„Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, zwei international erfahrene Top-Manager aus der Automobilindustrie und E-Mobilitäts-Szene zu StreetScooter zu holen. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit Peter Bardenfleth-Hansen und Ulrich Stuhec die Weichen für ein erfolgreiches internationales Wachstum unserer Firma stellen werden“, so StreetScooter-CEO Jörg Sommer. Das Ziel sei, die Marktführerschaft bei Elektro-Nutzfahrzeugen zu verteidigen und StreetScooter zur führenden „Energie- und Logistikplattform für die letzte Meile“ zu machen.
StreetScooter, als Startup im Umfeld der Universität RWTH Aachen gegründet, hat nach der Übernahme durch die Post im Jahr 2014 mit seinen kompakten Elektro-Transportern schnell die Führung in dem Segment übernommen. Ein Großteil der Batterie-Lieferwagen wird allerdings weiter für die Konzernmutter hergestellt. Seit 2017 vertreibt StreetScooter seine Fahrzeuge auch an Dritte, das Geschäft mit der E-Mobilität ist aber noch verlustreich.
Nach einem Minus von 70 Millionen Euro im Jahr 2018 werde auch in diesem Jahr „ein signifikanter zweistelliger Millionenbetrag“ als Defizit anfallen, sagte Deutsche-Post-Vorstandschef Frank Appel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zum erwarteten Jahresergebnis von StreetScooter. Das selbst genutzte Lieferfahrzeug mit Elektroantrieb sei dennoch „eine tolle Erfolgsgeschichte“ für den Konzern. „Wir haben damit vor fünf Jahren angefangen, weil es kein Angebot aus der Industrie gab. Heute haben wir selbst 10.000 StreetScooter auf der Straße“, so Appel.
Die Post betont weiter, kein Autohersteller sein zu wollen. Das Unternehmen sei „langfristig allein nicht der beste Eigentümer“ für StreetScooter. Die Investoren wollten ein Logistikunternehmen, keinen Autokonzern.“ Man tausche sich daher weiter mit potenziellen Partnern und Kaufinteressenten aus. Laut Aussagen von StreetScooter-Chef Jörg Sommer im September wird für die Post-Tochter „ein schlagkräftiges Konsortium an Partnern“ gesucht. Dazu würden Gespräche „mit internationalen Technologiepartnern, Finanzinvestoren und Kunden“ geführt.
jomei meint
Mich würde es interessieren, was die Post an Betriebskosten gegenüber ihren bisherigen Dieseln gespart hat. Gibt es darüber auch Zahlen?
Swissli meint
Gemäss Wikipedia hat Streetscooter 2018 eine Produktionskapazität von 20’000 Fahrzeugen/Jahr. Die Post selbst fährt mit 10’000 herum, andere Kunden sind eher rar. Produktionskapazität und verkaufte Fahrzeuge passen hinten und vorne nicht zusammen, was sich im hohen Verlust niederschlägt.
Und ob man in China wirklich Streetscooter absetzen kann, wenn z.B. Platzhirsch BYD schon länger mit T3/T4 am Markt ist? DHL hat sogar schon mal BYD Fahrzeuge gekauft….
Peter W meint
Och die arme Post! Dann retten wir Streetscooter doch einfach mit einem Elektro-Cent auf jeder Briefmarke.
Es sollte doch gelingen, StreetScooter in die Gewinnzone zu führen. Vielleicht müsste man die Fahrzeuge einfach etwas Alltagstauglicher machen. Mehr Reichweite und eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wäre für den Markt außerhalb der Postzusteller nützlich.
Herbs meint
Warum sollte es ausgerechnet der Post gelingen Gewinn bringend eFahrzeuge anzubieten, wo das scheinbar noch keinem anderen dauerhaft gelungen ist trotz größerer Volumen und Know how?
Und das auch noch im brutalen Geschäft der Nutzfahrzeuge.
Peter W meint
Ich denke schon, dass das gelingen könnte, wenn der Scooter sich weiter entwickeln würde und sich an die Bedürfnisse des Marktes anpasst. Derzeit ist der Scooter nur was für Paketdienste im Nahbereich. Kein Handwerker wird sich sowas kaufen.
Herbs meint
Nur:
– Besser heißt vermutlich höhere Kosten
– neu heißt Investitionen —>mehr Abschreibung
Klar kann es sein, dass der Handwerker dann auch mehr bezahlt, nur ob sich das am Ende für die Post rechnet bei den Mengen, bezweifle ich…
Peter W meint
Herbs, Deine Zweifel sind durchaus angebracht. StreetScooter tut leider so gut wie nichts um sich weiter zu entwickeln. Auch wenn das wieder kostet, aber Stillstand ist in der Branche der Tod. Man kann sich nicht auf 10 Jahre alten Lorbeeren ausruhen. Ein tatkräftiger Mann/Frau könnte da viel erreichen.