Die Nachfrage der Deutschen nach Elektroautos ist in diesem Jahr trotz Coronavirus-Krise deutlich gestiegen. Bei den Verkaufszahlen von Diesel- und Benzin-Autos gab es dagegen einen starken Rückgang. Das liegt insbesondere an der seit Juni bis zu 9000 Euro hohen, von Bund und Industrie finanzierten „Umweltbonus“-Kaufprämie. Aber auch die steigenden Reichweiten neuer E-Modelle überzeugen immer mehr Autokäufer. Der Marktanalyst Jato Dynamics hat sich dazu die Entwicklung seit 2016 angesehen.
Zunächst stieg laut der Auswertung die Reichweite der rein batterieelektrisch angetriebenen Pkw (BEV/Battery Electric Vehicle) bis auf durchschnittlich 377 Kilometer. Dieser Wert basiert laut Jato auf einer Mischkalkulation aus dem auslaufenden NEFZ-Fahrzyklus und der neuen, realitätsnäheren WLTP-Norm unter Berücksichtigung aller zum Kauf verfügbaren BEVs im Jahr 2019. Das sei bislang das Maximum gewesen, da es danach trotz weiter steigendem Angebot an Elektro-Modellen einen Rückgang gab.
Derzeit liegt der Reichweiten-Schnitt nur noch bei 352 Kilometern, hat Jato kalkuliert. „Woran liegt das? Jedenfalls nicht daran, dass etwa die maximale Reichweite der einzelnen Modelle abnehmen würde“, so die Analysten. „Verantwortlich ist vielmehr das gewachsene Angebot an BEVs. Und das sind vor allem Fahrzeuge mit mittlerer Reichweite (200 – 400 km), was den Durchschnittswert drückt. Hinzu kommt, dass immer mehr Modelle ihre Reichweiten nach WLTP angeben, wodurch der Wert ebenfalls etwas niedriger als beim alten NEFZ ausfällt.“

Vor vier Jahren konnte der Auswertung zufolge knapp die Hälfte der angebotenen E-Autos eine Distanz von weniger als 200 Kilometern zurücklegen, 11 Prozent kamen auf mehr als 400 Kilometer. 2017 sei die Anzahl der Modelle mit unter 200 Kilometer Reichweite zurückgegangen, die mit mehr als 400 Kilometer habe zugelegt. Im vergangenen Jahr sei der Anteil der E-Fahrzeuge mit einer Reichweite von 200 bis 400 Kilometern dann erstmals auf über 50 Prozent gestiegen und halte sich seitdem stabil. Das liege insbesondere daran, dass diese Fahrzeuge mit etwas geringerer Batteriekapazität günstiger in der Anschaffung sind und konventionelle Stadtautos ablösen können. Immerhin mehr als ein Viertel (28 %) schaffe heute mehr als 400 Kilometer, nur noch knapp 15 Prozent blieben unter der 200-Kilometer-Marke.

Die Reichweite der E-Fahrzeuge nehme stetig zu, die Zahl der Modelle mit einer Reichweite von unter 200 Kilometer nehme ab, während der Großteil zwischen 200 und 400 Kilometer schaffe und mehr als ein Viertel sogar noch weiter komme, fasst Jato seine Untersuchung zusammen. Bei den Plug-in-Hybriden (PHEV/Plug-in Hybrid Vehicle) mit Elektro-Verbrenner-Antrieb nehme die rein elektrische Reichweite ebenfalls zu, allerdings wesentlich langsamer. Dennoch sei auch hier die Auswahl an verfügbaren Modellen deutlich gestiegen, vor allem in den letzten zwei Jahren.
Jürgen Baumann meint
Ist ein Plugin Hybrid ein Fahrzeug mit elektrischem Zigaretten Anzünder?
stefan meint
Gibts sowas eigentlich noch? Serienmässiger Zigarretten-Anzünder? :-)
SoundOfLithium meint
Die Differenz zwischen NEFZ und WLTP liegt bei typischerweise 20-40%…also im Mittel ca Faktor 1.3
325 km nach NEFZ sind in WLTP nur ca 250 km.
In NEFZ Gerechnet wären 352 km => 458 km.
458km vs 325 km nach NEFZ oder eben 352km vs 250 km nach WLTP
Demnach sind die 352 km 2020 mit fast 100% WLTP Angabe eine Steigerung von fast 41% in nur 4 Jahren.
Ist doch gar nicht so schlecht – wenn man dazu bedenkt, daß der Trend ja auch hin geht zum „bezahlbareren“ Nicht-Premium Auto. Da wird natürlich mit dem Akku geknausert soweit nur irgendmöglich.
Swissli meint
Eigentlich eine erbärmlich schwache Entwicklung (unter +2% pro Jahr). Selbst eine Differenzierung Stadtauto und Fürallesauto würde nichts beschönigen.
Mittelfristiges Ziel muss 400-600 km sein (BEV Fürallesauto) und bei PHEV um die 100 km.
Gunnar meint
Was ist daran erbärmlich?
die 325 km in 2016 waren nach NEFZ
die 352 km in 2020 sind nach WLTP –> nach NEFZ sind das mindestens 400 km.
Und man sollte das immer in Relation zu den aufgerufenen Preisen sehen. Denn Die sinken entweder bei gleichbleibenden Reichweiten oder bleiben gleich bei immer höheren Reichweiten.
Nur zwei Beispiele:
Ein Tesla Model S P100D mit 550 km nach NEFZ hat 2016 150 € gekostet.
Jetzt kostet ein Tesla Model S Performance mit mehr als 600 km nach WLTP 80.000 €
Oder:
Ein Renault Zoe mit 240 km nach NEFZ hat 2016 31.900 € gekostet.
Jetzt kostet ein Renault Zoe mit 395 km nach WLTP 32.900 €.
R. D. meint
In Wahrheit sinkt die durchschnittliche Reichweite auch wegen immer mehr neuen Modellen die schlicht zu schwer und gross sind. Würde man die Reichweite in Relation zu den installierten Batteriekapazität stellen, sehe es bei diesen Modellen noch schlechter aus.
Tim meint
Eben
und die Reichweiten sind mal wieder unter absoluten Idealbedingungen, gerade jetzt im Winter gibt es wohl kaum einen der 350 echte Kilometer schafft, also ohne diesen Ganzen Blödsinn mit EcoPro(+++++) ohne Heizung usw.
MichaelEV meint
Welche großen und schweren Modelle kamen denn 2020 auf den Markt? Und welche liegen unter 377km Reichweite und drücken damit die Durchschnittsreichweite?
Die Wahrheit sieht wohl anders aus: Es kamen 2020 viele kleine bis kompakte Autos auf den Markt und drücken die Durchschnittsreichweite!
Olli meint
Die Reichweite sinkt, weil es eben auch viele kleine Modelle mit weniger Reichweite gibt.