Kunden in Deutschland, China und den USA informieren sich laut einer Studie der Unternehmensberatung Bain & Company mittlerweile vor allem online über Neuwagen. Der stationäre Handel bleibt jedoch bis auf Weiteres wichtig, vor allem für Beratung, Probefahrten und den Verkaufsabschluss. An Elektroautos Interessierte haben oft noch keine Präferenzen für bestimmte Marken oder Modelle und müssen online wie offline besonders umworben werden.
Der Auswertung zufolge haben Onlinekanäle wie Unternehmenswebseiten, Apps oder soziale Medien beim Autovertrieb infolge der Corona-Pandemie weiter an Bedeutung gewonnen. Wer sich heute über einen Neuwagen informiert, hat demnach inzwischen im Schnitt doppelt so viele digitale Kontaktpunkte wie physische. Dennoch bleiben Testfahrten und insbesondere die persönliche Beratung vor Ort wichtig für die Kaufentscheidung.
Angesichts der vielen Informationen, die heutzutage über die verschiedenen Kanäle erhältlich sind, hat sich die Kundschaft schon lange vor dem ersten Besuch eines Händlers meist auf Marke, Antriebsform und Preisrahmen festgelegt, heißt es in der Studie weiter. Bereits für ein bestimmtes Modell entschieden haben sich in Deutschland 47 Prozent der Befragten, in den USA sind es 57 Prozent und in China sogar 59 Prozent. „Fakt ist aber auch, dass die Fahrzeughersteller und -händler nicht umhinkommen, ihre Transformation hin zum echten Omnikanal-Vertrieb weiter zu forcieren“, so Bain-Partner und Studienautor Eric Zayer. „Denn die Autokundschaft wird weltweit immer digitalaffiner – und ihre Ansprüche steigen.“
Persönlicher Kontakt weiter wichtig
Stimmt das Onlineangebot, können sich in Deutschland bereits 21 Prozent der von Bain & Company Befragten vorstellen, einen Neuwagenkauf übers Internet abzuschließen. In China sind es 26 Prozent, in den USA 37 Prozent. Bestünde zuvor die Gelegenheit, mit Fachpersonal zu interagieren, wäre dies für noch mehr Käufer denkbar – in China sogar für bis zu 50 Prozent. Länderübergreifend erweist sich vor allem die jüngere Klientel offener für den Fahrzeugerwerb übers Internet, doch im Zuge der Pandemie sind die über 50-Jährigen ebenfalls digitaler geworden. Im Falle eines Onlinekaufs würde die Mehrzahl der Befragten in Deutschland und in den USA die Webseite eines Händlers nutzen, gefolgt von der des Herstellers. Führende Online-Händler oder spezialisierte Auto-Internetplattformen rangieren derzeit in Deutschland und den USA noch weiter dahinter.
Im Schnitt gaben rund 70 Prozent aller Studienteilnehmer an, dass sie den Vertragsabschluss bei einer Händlerniederlassung vor Ort bevorzugen. Mehr als 80 Prozent legen zudem vor ihrer finalen Kaufentscheidung Wert darauf, das Fahrzeug zu testen. Dagegen stellen virtuelle Probefahrten für viele momentan lediglich eine Ergänzung des physischen Erlebnisses dar, ein Ersatz sind sie noch nicht. „Der persönliche Kontakt ist heute für die meisten Kundinnen und Kunden beim Autokauf nach wie vor unverzichtbar“, so Bain-Autoexperte Klaus Stricker. „Als zentrale Kundenschnittstelle bleibt der stationäre Handel daher bis auf Weiteres von elementarer Bedeutung.“
Bei der Wahl des E-Autos noch offen
Wie wichtig ein nahtloser Kauf- und Beratungsprozess über alle Kanäle hinweg ist, zeigt sich der Studie zufolge gerade beim Vertrieb von Elektrofahrzeugen. Denn anders als bei klassischen Verbrennern sind viele Interessierte mit dem Angebot an batteriebetriebenen Autos deutlich weniger vertraut. In Deutschland und den USA haben jeweils rund 60 Prozent der Befragten bislang keine klaren Präferenzen für eine Marke oder ein Modell, falls sie sich für diese Antriebsform entscheiden würden. In China sind es nur noch 26 Prozent.
„Im E-Auto-Segment eröffnen sich derzeit besonders interessante Möglichkeiten zur Kundengewinnung“, glaubt Zayer. Allerdings würden traditionelle Hersteller und Händler dabei nicht nur mit neuen Onlineplattformen konkurrieren, sondern auch mit Elektroauto-Anbietern, die sich nicht auf einen bestehenden Händlerstamm stützen können. „Da das Thema E-Fahrzeug für die meisten Kundinnen und Kunden immer noch relativ neu ist, sind sie tendenziell auch offener für Angebote. Umso wichtiger ist eine direkte Ansprache im Zuge eines intelligenten Omnikanal-Ansatzes“, sagt Zayer.
„Das Zeitfenster für einen Autokauf beträgt von der Recherche bis hin zum Abschluss im Schnitt oft mehrere Monate“, resümiert Bain-Partner Stricker. „Wenn Hersteller und Händler ihre Kundschaft in dieser gesamten Phase online wie offline nahtlos begleiten, können sie deren Loyalität stärken und zudem neue Käufergruppen erreichen – und in der Folge ihre Wettbewerbsfähigkeit im hart umkämpften Pkw-Geschäft steigern.“
Peter meint
Angebotsmenge. Aktuell muss man im e-Bereich nehmen, was man kriegen kann und hat gar nicht die jahrzehntelang ausdifferenzierte Modellvielfalt der Stinker.
Was macht man denn als VW-Freund im Kleinwagensegment? Man muss französisch kaufen. Was macht man als BMW-Freund wenn man im 3er-Format eine „Sportlimousine“ haben will? Man muss amerikanisch kaufen. KombiFreunde dürfen mit einer chinesischen Unbekannten ohne ServiceNetz liebäugeln.
TheMan meint
Ich sehe das so, warum bekomme ich keinen Kombi und warum kein Cabrio Coupe im klassischen Sportdesign. Warum soll ich einen mindestens 2 Tonnen schweren SAV kaufen oder leasen wenn ich den nicht will. Was ist hier noch freie Marktwirtschaft wenn BEV mit 10.000€ subventioniert werden. Denke hier stimmt nix, denn ein Renault Plastik Zoe Kleinwagen ist auch für die regulären Kunden zu teuer.
Wohin führt das alles? Internet ist gut, aber einen Neuwagen kaufe ich nicht ungestetet.
Gebrauchte BEV sind wohl nicht unbedingt besser wie uralte ICE, aber wohl im Alter zu teuer. Wohin geht die Mobilität?
BL meint
Die Frage „Wohin geht die Mobilität?“ ist durchaus berechtigt. Zum einen welche Antriebsvariante wird das Rennen machen? Strom, Wasserstoff, e-fuel oder was da noch kommen mag? Bei den angebotenen Fahrzeugen stimmen in keinem Fall die per WLTP ermittelten angegebenen Reichweiten. Im besten Fall waren es nur 1/3 weniger – welche ein Witz. So ein Auto würde doch normal niemand kaufen oder? Auch wenn ich normal nur 40 – 80 km pro Tag fahre, möchte ich nicht ständig die Anzeigen im Auge behalten müssen und wenn ich mal wegfahre möchte ich nicht nach 250 km eine Stromtanke suchen müssen. Und zu Hause müsste ich auch ordentlich € investieren, um für die notwendige E-Infrastruktur zu sorgen. Als Nachfolger für meinen Toyota – Hybrid Kombi kann ich mir aktuell nur ein Wasserstofffahrzeug vorstellen. Volltanken und rund 600 km fahren. Allerdings ist das Tankstellennetz hierfür noch ein wenig dünn. Aber ernsthaft, warum sollte ich jetzt mein Fahrzeug, Bj 2017, mit ~ 40000 km abgeben und in etwa 35000 € drauflegen, um ein neues E-Fahrzeug zu erwerben, welches eigentlich nach meiner Rechnung nur 2,50 € pro 100 km preiswerter fährt? Die Rechnung geht vermutlich erst nach weiteren 10 Jahren auf. Synthetischer Treibstoff (e-fuels) wären hier wohl noch eine gute Alternative, so diese denn in absehbarer Zeit und zu akzeptablen Preisen angeboten werden können. Hier könnte der Staat doch auch unterstützend eingreifen und nicht nur die vorgeblich umweltfreundlichen Elektrofahrzeuge, über die Produktion der Akkus schweigt man ja gerne, mit Prämien bezuschussen.
Sepp meint
Hoffentlich wird der E – Fuel Antrieb nicht bezuschusst. Da kann man gleich wieder die Glühbirne fördern.
LarsDK meint
Anscheint bin ich dann einer der wenigen der die Verkäufer am liebsten umgeht und hauptsächlich Wert auf eine Probefahrt legt. Wenn ich das Auto Probe fahren kann kaufe ich das Auto am liebsten ohne Beratung.
alupo meint
Kann ich nachvollziehen.
Gerade wenn man sehr gut informiert ist stellt sich die Frage nach eunem Verkäufer eigentlich nicht. Ok, vielleicht handelt man damit aber noch ein Zuckerl heraus?
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
E-Autos sind sowieso Zuckerbrot, Verbrenner das andere.