Andreas Wendt verantwortet seit 2018 im BMW-Vorstand den Einkauf und das Lieferantennetzwerk. In einem Interview mit der Automobilwoche bekräftigte er den Entschluss, weiter keine eigenen Batteriezellen zu produzieren. BMW setzt damit auch in Zukunft exklusiv auf bei Zulieferern nach eigenen Vorgaben bestellte Akkus.
Für Batteriezellen-Technik sei ein tiefes Verständnis erforderlich. Dafür habe BMW ein Zentrum mit vielen Ingenieuren, die sich intensiv damit beschäftigen „und die von unseren Zulieferern als Partner auf Augenhöhe geschätzt werden“, betonte Wendt. Der Konzern realisiere auch Prototypen, aber keine skalierte Großserien-Produktion. Der Grund dafür sei zum einen, dass es sich nicht um die Kern-Technologie des Unternehmens handelt. Die Akkufertigung sei außerdem sehr investmentintensiv und bestimmte Technologien würden sich erst jetzt klären.
BMW stellt sich damit gegen den Branchentrend: Auch Mercedes hat längere Zeit keine Batteriezellen fertigen wollen, teilte kürzlich aber den Einstieg beim Batteriezellen-Joint-Venture ACC als Partner des Stellantis-Konzerns (u. a. Citroën, Peugeot, Opel, Fiat, Chrysler) und TotalEnergies mit. Und der Premium-Wettbewerber Audi wird zukünftig von eigenen Akkus des Mutterkonzerns Volkswagen profitieren.
„So wie wir es jetzt entschieden haben, halten wir es für eine kluge Entscheidung, die wir aber immer wieder neu bewerten werden“, so BMWs Einkaufschef. Bei dem Autobauer sei man überzeugt, den Bedarf mit Lieferanten gut decken zu können. Die Vorgaben für die Mitte des Jahrzehnts habe man gerade noch einmal nachgeschärft und im Rahmen eines langfristigen Plans das Vergabevolumen für Batteriezellen von 12 auf über 20 Milliarden Euro erhöht. Das entspreche in etwa der Kapazität von fünf „Giga-Factorys“. „Wir haben diese berühmten Giga-Factorys also auch, wir betreiben sie nur nicht selbst“, sagte Wendt mit Blick auf Elektroauto-Pionier Tesla, der selbst Akkus herstellt.
Da die meisten Hersteller bislang keine eigenen Batteriezellen produzieren wollten, dominieren hier derzeit asiatische Firmen. Die deutsche und europäische Politik fördert deshalb den Aufbau einer hiesigen Akku-Produktion, um langfristig zu große Abhängigkeiten zu verhindern. Wendt verwies darauf, dass BMWs chinesischer Akku-Partner CATL unter anderem wegen des bayerischen Kunden ein Werk in Erfurt baue. BMW versuche, das Prinzip „Local for Local“ – die Produktion folgt dem Markt – auch bei Akkus umzusetzen. Ganz von Asien sollte sich Europa nach Meinung des BMW-Vorstands nicht entkoppeln. „Grundsätzlich glaube ich, dass wir alle mehr davon profitieren, wenn Märkte und Regionen offen sind.“
Marco meint
„So wie wir es jetzt entschieden haben, halten wir es für eine kluge Entscheidung, die wir aber immer wieder neu bewerten werden“
Das klingt für mich nach Managersprech für: Wir hatten uns damals falsch entschieden, wie wir jetzt sehen, allerdings können wir jetzt so schnell nicht mehr den Kurs wechseln, also müssen wir vorerst damit leben und schauen, dass wir das bald anders gelöst bekommen.
So kommt es zumindest bei mir an, vielleicht bin ich da auch einfach zu kritisch?
Shullbit meint
«Der Grund dafür sei zum einen, dass es sich nicht um die Kern-Technologie des Unternehmens handelt.»
Wenn man weiter vor allem Verbrenner bauen will, dann sieht man Akkus natürlich nicht als Kern-Technologie… Ansonsten sind die Akkus die mit Abstand teuerste und für die Leistung eines E-Auto zentrale Komponente. Das ist so, als wenn BMW bei Verbrennern sagen würde: Motoren sind keine Kern-Technologie. Die kaufen wir irgendwo zu.
Wer bei Akkus einen Vorsprung hat, der hat einen zentralen Vorsprung bei E-Autos, weil davon Kernparameter wie Reichweite, Schnellladen und Kosten abhängen. Aber natürlich bdeutet eine eigene Enetwicklung/Fertigung von Akkuzellen nicht automatisch einen Vorsprung
BEV meint
So ist es. So wie ich insb. Zipse wahrnehme will er überhaupt nicht weg vom Verbrenner. Die Batterie ist nur Beiwerk, wo es nötig ist.
Und der letzte Punkt ist auch sehr richtig, was bringt es, wenn man Zellen selber baut, die aber total veraltet sind. Solang da noch so viel Bewegung drin ist, kann es als kleiner Hersteller durchaus sinnvoll sein auf größere Volumenhersteller zurückzugreifen. Hier würde sich anbieten, dass man das mit anderen gemeinsam macht. Mit Daimler hat man das ja schon bei einigen Themen versucht, aber so ganz will man nicht mit der Konkurrenz. Könnte sich am Ende als Fehler herausstellen.
In jedem Fall wird man von Zellherstellern abhängig, das kann langfristig nicht gut sein und ich bezweifle, dass BMW so viele Kompetenzen in dem Bereich halten kann, wenn man selbst eigentlich nichts macht. Und der Glaube, dass man das dann ja immer noch mal schnell hochziehen kann, dürfte ein Irrtum sein.
Kasch meint
War bei uns immer schwierig, riesige Produktionsanlagen zügig zu errichten. Ideen kamen aus Europa und wurden in den USA vermarktet. Heute werden Ideen, durchaus von talentierten Europäern direkt in China geboren, zur Sereinreife geführt und vermarktet, schneller und Größer als das je bei uns möglich sein wird. Man wäre gut beraten, sich mit Realitäten auseinander zu setzen.
Kasch meint
Sprich, die bedachte Vorgehensweise von Wendt passt schon. Gerade Politiker wie Altmaier und Scheuer haben sinnfrei schon genügend Steuergelder verpulvert.
BEV meint
wird dann mit Scholz bestimmt besser, mit Steuergelder verpulvern kennt er sich ja bestens aus.
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
“ Heute werden Ideen, durchaus von talentierten Europäern direkt in China geboren, zur Sereinreife geführt und vermarktet, schneller und Größer als das je bei uns möglich sein wird.“
Stimmt, vor allem das schneller. Was bei uns bedingt durch Sicherheitsstandards niemals laufen dürfte, wird dann eben dort verwendet.
Kasch meint
Für mich eine gesunde, realitätsnahe Einstellung. Europäische BEVs fahren allesamt derzeit mit veralteter Zelltechnik. Gravierend neue Zellen sind / kommen derzeit in China auf die Strasse, haben Welten bessere Daten und sind meist deutlich preisgünstiger. Eine Zellfabrik bauen und die nächsten 10 Jahre laufend umrüsten, bevor man in Serie gehen kann und trotzdem nicht Schritt halten, ist nicht unbedingt wirtschaftlich. Viele der talentiertesten Techniker sind zwar oft Europäer, stehen aber oft seit vielen Jahren exclusiv chinesischen Firmen zur Verfügung. (Sozial)politische Gründe hierfür sind in Europa leider wesentlich tiefgreifender, als dass ein Hersteller mal schnell was auf die Beine stellen könnte. Wenn man sich das Trauerspiel in Grünheide ansieht, würde ich meine zurückgelegten Milliarden lange nur ansehen, bevor ich es waage gar in Deutschland eine Zellproduktion aufzubauen. Für die riesige CATL gehts, wie immer, darum einen Fuß in Europa zu bekommen – wie lange das dauert, oder obs überhaupt klappt ist für CATL nicht kriegsentscheidend, für die kleine BMW aber vielleicht ganz schnell.
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
„Wenn man sich das Trauerspiel in Grünheide ansieht …“
Das Trauerspiel in Grünheide ist gegründet auf höheren Umwelt- und Sicherheitsstandards sowie unserem politischem System, in dem halt auch Anwohner ihre Einwände anbringen dürfen. Wem das nicht passt, der sollte vielleicht seine eigene Partei gründen, um diese Hindernisse abzubauen.
BEV meint
Vor allem auch „Anwohner“, die gar nicht dort wohnen. „Umweltverbände“ mit fragwürdigen Geldgebern sind auch immer gern gesehen.
alupo meint
Das mit den Geldgebern bei der Grünen Luga Brandenburg und vor allem dem BUND ist schon ein Problem. Das hätte ich zumindest dem BUND wahrlich nicht zugetraut (sich so für Verbrenner und ihren Giften einzusetzen). Und dann auch noch das Klima, also das CO2 durch die Raffinerien und dem aberwitzig hohen Energieverbrauch der Verbrennder, auch der Toyita Hybruden.
Eine echte Schande ist der BUND geworden. Ich schäme mich dafür, früher an ihn Geld gespendet zu haben.
BEV meint
Man kann sich halt auch alles so hinrichten wie mans braucht.
BMW ist zu klein um es rentabel zu produzieren, dazu kommt, dass man immer vorne dabei sein muss um immer die neuesten Technologien zu haben, beides ist schwierig wenn mans nur halbherzig macht und nicht das Know How dafür hat.
Mercedes schließt sich deswegen mit einem großen Konzern zusammen. (Hat aber auch ein Bein in China…)
Der VW Konzern kann das selbst in die Hand nehmen.
Die Batterien sind aktuell das teuerste im Auto und das entscheidende Bauteil in der Wirkkette. Und das soll keine Kernkompetenz sein für die Zukunft? OK.
Ob BMW mit dem Einkauf langfristig bestehen kann, wird sich zeigen. Beim Einkauf geringer Stückzahlen noch gute Preise zu erzielen, wenn die Nachfrage immer größer wird, ich weis ja nicht.
Envision meint
BMW ist mit Ford an einem sehr vielversprenchenden Solid State Newcommer „Solide Power“ beteiligt, 2022 soll der Zelltest bei BMW losegehen, Produktion wen nach aktuelle Plan ab 2025 – mit der Aussage des BMW Chef das „neue Klasse“ ab 2025 mit neuer Akku Technologie kommen soll, kann man rauslesen, das dort vermutlich zumindest in Produktions Joint Venture eingestiegen wird.
Envision meint
Solid Power natürlich …
https://www.bmwblog.com/2021/09/13/bmw-to-get-solid-state-battery-test-cells-in-early-2022-from-solid-power/
BEV meint
schauen wir mal, ich denke nicht, dass das 2025 schon in großen Stückzahlen kommt
Kasch meint
LFP, am besten blades von BYD und Graphenakkus von GAC sind auf der Strasse. Was in Serie geht, kommt aus China, oder von Tesla, ohne wenn und aber. In Kürze 4680 von Tesla und Natriumionen von CATL. Deutsche Forschungsergebnisse werden sicher lächelnd angenommen und falls umsetzbar, in China ruckzuck produziert.
EVrules meint
Das ist weder vom Rückschluss richtig noch zukunftsträchtig. Alle Zellchemien funktionieren, haben jedoch bedeutsame Einschränkungen in der Energiedichte, bzw. der nötigen Masse für eine bestimmte Energiekapazität.
Es kann nicht sein, dass wir 500-600kg Akku mit uns führen, in PKW, die an die 2t Gesamtmasse heranreichen.
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Akkupack allein so schwer ist, wie eine Citroen 2CV Ente, dann ist das nicht per-se zukunftsträchtig.
Festkörperzellen haben eine deutlich höheres Potential hinsichtlich der Energiedichte, gerinerer Produktionskosten und besseren Leistungsfähigkeit, als die aktuellen Zellen. Hier wird es im Automotive-Bereich ab 2030 weitergehen.
In der EU sind die ankündigenden Hersteller VW und Renault.
BEV meint
Die Energiedichte wird mit der Zeit immer höher, das passiert aber nur, wenn auch entsprechend Geld in das Thema gepumpt wird. Solange wir alle nur reden und warten bis das richtige auf dem Markt kommt, wird sich nichts ändern.
Die deutschen ach so tollen Hersteller schaffen es ja nicht mal einen Mittelklassewagen unter 2t zu bringen egal mit welcher Zellchemie.
Diese Panzer müssen ausgebremst werden, wir brauchen wieder kleinere und leichtere Autos. Auf’s wesentliche reduziert, nicht mit unnötigem „Luxus“ vollgestopft.
Lieber mal einen kompakten Kombi / Van bauen anstatt immer nur noch größere SUVs.
EVrules meint
Die Energiedichte wird nicht automatisch immer höher – die physikalisch-chemischen Grundsätze reden hier auch noch ein Wörtchen mit.
Bestimmte Zelltypen/-zusammensetzungen haben ihre festen Grenzen und nur wenn ich einen Technologiesprung habe, erreiche ich ein anderes Niveau – energiedichtentechnisch wäre hier das höchste, theoretisch erreichbare, der Lithium-Luft-Akku (theoretisch 11,14 kWh/kg, praktisch identisch zu 1l Benzin).
EVrules meint
… um den Punkt der Fzg-Masse noch aufzugreifen.
Bislang schafft es keiner ein Mittelklasse-PKW deutlich unter 2t an die Kunden zu bringen, auch nicht Tesla (M3 LFP m_leer=1,8t, MY m_leer=2,1t).
BEV meint
@EVrules:
klar wird es nicht automatisch mehr, es ist in den letzten Jahren schon viel passiert und da wurde noch nicht so intensiv dran gearbeitet wie das jetzt der Fall ist.
Und zum Gewicht, 1,8t ist deutlich unter 2t … ein vergleichbares Auto eines geübten Blechbauers hat deutlich über 2t … und hier heißt es immer, dass jedes kg weniger sehr viel kostet.
Bei der Batterie ist Potential nach unten, das hat man ja beim Standard Range gesehen, mit den anderen Zellen war es deutlich leichter, aber rechtfertigt das Gewicht den Materialeinsatz? LFP hat Vorteile, da muss man abwägen ob das Mehrgewicht ok ist.