Audi verspricht Käufern seiner mittlerweile drei Elektroauto-Baureihen auch bei widrigen Wetterverhältnissen alltagstaugliche Reichweiten und hohe Leistung. Elektrisch angetriebene Autos müssen im Winter den Innenraum und das Batteriesystem temperieren, wodurch die Batterie stärker belastet wird. Niedrige Außentemperaturen wirken sich zudem insgesamt auf die Leistungsfähigkeit von Hochvoltbatterien aus. In einem von Audi veröffentlichten Interview erklären Manager, wie die Marke die Winterprobleme von E-Autos minimiert und was Fahrer selbst noch tun können.
Schon aufgrund der Größe der Hochvoltbatterien seien Zweifel an Performance und Reichweite im Winter unberechtigt, sagt Thomas Anzenberger aus der virtuellen Funktionsentwicklung des Thermomanagements. „Unser intelligentes Thermomanagement wählt immer die effizienteste Methode, um Batterie und Innenraum im Winter angemessen zu heizen.“ Damit die Hochvoltbatterie eine lange Lebensdauer erreicht, sollten die Kunden die Vorkonditionierung zu jeder Jahreszeit über eine Wechselstrom-Ladesäule (AC) oder eine heimische Wallbox vornehmen. „Auf diese Weise werden die Zellen geschont und gleichzeitig der Reichweitenverlust minimiert, weil die Batterie bereits im optimalen Temperaturbereich ist und somit nicht mehr so stark geheizt werden muss.“
Grundsätzlich sei die Leistung einer Hochvoltbatterie vom Ladezustand und von der Temperatur abhängig, erklärt Pierre Woltmann, bei Audi zuständig für das Thermomanagement der Hochvoltbatterie. „Je kälter es ist, desto weniger Leistung kann die Batterie abgeben. Hier spielen elektrochemische Prozesse eine Rolle. Bei kalten Batterietemperaturen steigt der elektrische Innenwiderstand der Batterie und die nutzbare Kapazität sinkt.“ Audi schütze die Batterie, indem es bei niedriger Batterietemperatur weniger Stromstärke freigibt. Außerdem könne die Batterie die Abwärme der flüssigkeitsgekühlten Hochvoltkomponenten wie Leistungselektronik, Antrieb und Ladegerät aufnehmen und mit einem Kühlmittelheizer direkt geheizt werden.
Bei niedrigen Batterietemperaturen kann das Laden länger dauern. „Deshalb muss die Batterie während des Ladens geheizt werden, idealerweise sogar schon auf dem Weg dorthin“, so Woltmann. Verbunden mit der Ladesäule kommuniziere das Audi-Fahrzeug automatisch mit der Stromquelle. Die Ladesäule wisse daher, wie viel Strom die Batterie zu jeder Zeit aufnehmen kann. So stelle man sicher, dass die Batterie nicht überlastet wird. Beim Laden beziehe die Batterie den Strom für die nötige Heizleistung aus der Ladesäule.
Thermomanagement verteilt Wärmeströme
Das Thermomanagement sei prinzipiell dafür zuständig, die Wärmeströme zwischen Antrieb, Hochvoltbatterie und Innenraum zu verteilen, erläutert Anzenberger. „Bewährt hat sich in diesem Zusammenhang vor allem unser Wärmepumpensystem, das Energie aus dem Antriebsstrang oder der Umgebungsluft umwandelt. Das ist Wärme, die der Batterie oder im Winter auch dem Innenraum zur Verfügung steht.“ Relativ neu sei dabei die Nutzung der Umgebungsluft als Energiequelle: „Mit ihr gleichen wir die geringer werdende Abwärme aus dem immer effizienter arbeitenden Antriebsstrang aus. Auf diese Weise stehen uns über den Antriebsstrang und die Umgebungsluft zwei voneinander unabhängige Systeme zur Verfügung, mit denen wir Innenraum und Hochvoltbatterie heizen.“
Um auch bei sehr kalten Temperaturen eine zuverlässige Versorgung mit Wärme gewährleisten zu können, integriere das in den meisten Audi-Elektroautos verbaute Wärmepumpensystem zusätzliche Hochvoltheizer in die Betriebsstrategie. Damit sei auch in Extremsituationen der Innenraumkomfort sichergestellt und die ideale Batterietemperatur von rund 25 bis 30 Grad Celsius für maximale Performance schnell erreicht. In dem Winterpaket für die besonders kalten nordischen Länder sei ein zweiter elektrischer Heizer dabei. Für manche Modelle lasse sich ein zusätzlicher Heizer für E-Fahrzeuge auch optional bestellen.
„Wenn unsere Kundinnen und Kunden maximal effizient unterwegs sein wollen, heizt der Algorithmus des Thermomanagements bei kalten Außentemperaturen die Batterie auf geringere Temperaturen und gibt damit zwar weniger Fahrleistung frei, erhöht aber die Reichweite des Fahrzeugs“, merkt Woltmann an. Als Schnittstelle zum Thermomanagement biete Audi eine sogenannte Vorkonditionierung an, die sich positiv sowohl auf die Batterie als auch den Innenraum auswirkt. Mit dem Lade- und Abfahrtstimer lasse sich – direkt im Fahrzeug oder mit der myAudi-App – der genaue Zeitpunkt der Abfahrt festlegen. Damit liege der automatisierte Ladevorgang mit vorab eingestelltem Batterieladezustand und günstiger Batterietemperatur möglichst nah an der Abfahrtszeit. So lasse sich der Reichweitenverlust durch das Heizen der Batterie deutlich verringern. Zusätzlich klimatisiere die Vorkonditionierung den Fahrzeuginnenraum vor der Abfahrt auf die gewünschte Temperatur.

Bei den elektrischen Sportlimousinen e-tron GT quattro und RS e-tron GT funktioniere die Konditionierung für den Ladevorgang automatisch während der Fahrt, um eine konstant hohe Ladeleistung an Schnellladesäulen zu erzielen, erklärt Anzenberger. Und zwar dann, wenn in diesen Modellen der Routenplaner verwendet wird. Das intelligente Thermomanagement bringe dann – in Abhängigkeit von der Außentemperatur – die Batterie zusätzlich zur Vorkonditionierung während der Fahrt und vor dem Ladebeginn in einen für das Laden optimalen Temperaturbereich. Durch diese zusätzliche mobile Vorkonditionierung der Batterie im e-tron GT quattro und RS e-tron GT sei ein best- und schnellstmögliches Ladeergebnis gewährleistet.
Im Vergleich zum Verbrenner steht in einem elektrischen Auto viel weniger Abwärme und Energie für die Heizung zur Verfügung. „Die Wärme, die Batterie, E-Maschine und Leistungselektronik erzeugen, lässt sich mittels einer Wärmepumpe in den Innenraum leiten. Die Wärmepumpe arbeitet dabei im Prinzip wie ein Kühlschrank – nur umgekehrt“, erläutert Woltmann. „Je mehr Abwärme zur Verfügung steht, desto effizienter arbeitet die Pumpe. Aus einem Kilowatt elektrischen Strom kann sie im besten Fall bis zu drei Kilowatt Wärmeleistung erzeugen. Vor allem im Winter ist diese Technologie sehr nützlich, weil sie ein thermoelektrisches Heizelement ersetzt. In Abhängigkeit von der Außentemperatur kann die Wärmepumpe eine höhere Reichweite im Vergleich zu einer herkömmlichen Heizung erzielen.“
Audi rät zum Vorkonditionieren
Wer gleich zum Fahrtantritt größere Reichweiten benötigt, sollte vorkonditionieren, rät Woltmann. Am besten durch langsameres, zu Hause oder am Arbeitsplatz übliches AC-Laden, das sei generell effizienter als Gleichstrom-Laden (DC) an öffentlichen Schnellladesäulen, weil aufgrund der geringeren Ströme weniger Verlustleistung entstehe. Zudem sei AC-Laden schonender, weil die Batterie nicht so belastet werde. Beim AC-Laden fließe eine geringere Stromstärke. Diese könne die Batterie schon bei sehr geringen Batterietemperaturen aufnehmen, wodurch sie weniger geheizt werden müsse. Geladen werden sollte – egal, ob AC oder DC – direkt vor Fahrtantritt über den Abfahrtstimer, um die höhere Batterietemperatur für einen Reichweitengewinn zu nutzen, oder direkt nach der Fahrt, um die höhere Batterietemperatur zu nutzen, um schneller und effizienter zu laden.
Bei einer kalten Batterie an einer Schnellladesäule erkennt Audis Algorithmus laut Woltmann im Fahrzeug modellabhängig, wenn das Elektroauto an einer DC-Schnellladesäule lädt. „Die Ströme werden abhängig vom Ladezustand und von der Temperatur freigegeben. Durch das von uns implementierte aktive Heizen verringern wir die Ladedauer bei kalten Temperaturen deutlich.“ Ab einer Kerntemperatur von minus 30 Grad Celsius gebe das System keinen Strom mehr frei, um die Batterie zu schützen. Dafür müsste das Auto aber über einen längeren Zeitraum einer solchen Extremtemperatur ausgesetzt sein. „Selbstverständlich ist das Fahren mit einem e-tron Modell bei ausreichendem Ladeniveau und vorgeheizter Hochvoltbatterie aber auch bei Außentemperaturen von minus 30 Grad Celsius möglich“, betont Woltmann.
Während der Fahrt könnten Fahrer von Elektroautos anhand des Bordcomputers und des Reichweitenmonitors im Infotainmentsystem mit der „Reichweitenprädiktion“ direkt ablesen, wie viel Reichweite sie gewinnen, wenn zum Beispiel die Innenraumtemperatur gesenkt wird, so Anzenberger abschließend. „Mit dem Range Mode lässt sich die Reichweite erhöhen. Komfortfunktionen, Antriebsleistung und die Höchstgeschwindigkeit werden dann ein wenig eingeschränkt.“
Skodafahrer meint
Generell fehlt es an niedrigpreisigen Elektroautos mit ordentlicher Reichweite.
Wenn man jetzt oben mit unten vergleicht ist Elektro unten klar im Nachteil.
Eine S-Klasse oder ein EQS ist gut für die Langstrecke und kostet sehr viel.
Ein günstiger Dacia Sandero Verbrenner kann auch locker 1000km mit 1 x tanken zurücklegen.
Aber der Unterschied auf der Langstrecke von den günstigsten Elektroautos zu einem Top Elektroauto ist wirklich extrem.
Auch im Winter gibt es Nachteile bei Elektroautos, unter 20kWh Batteriegröße ist es wirklich schwierig.
Oliver Riemer meint
Sehr interessanter Artikel. Ich selbst habe lange in der E-Fahrzeug Entwicklung gearbeitet. Da die meisten von uns eher auf bezahlbare Fahrzeuge angewiesen sind, wie zum Beispiel e Corsa, Renault ZOE, etc., wird diese High Tech Technologie nur einer kleinen Minderheit zugänglich werden.
Jörg2 meint
„Da die meisten von uns eher auf bezahlbare Fahrzeuge angewiesen sind,… “
Das war bei, Umstieg vom Pfederwagen auf das Automobil auch so. Jetzt fährt (fast) jeder Auto.
Will sagen: Marktfähige teure Lösungen sickern irgendwann in die unteren Preisbereiche ein.
(Allerdings habe ich im Artikel nichts spektakuläres an Technik finden können.)
Flo meint
Sorry, aber das ist Unsinn. Wenn man die Steuergeräte und die enstprechende Software hat wird das Standard werden wie ABS und Servolenkung. Was Audi hier anpreist, hat eine amerikanische Firma längst ausgerollt. Wer aber Elektroautoverkaufen will muss auch entsprechende News verkünden- lustig weil vor 5 Jahren hat man den TDI als das Non-Plus-Ultra gepriesen.
René H. meint
Das alles hat jedes Model 3, gibt’s ab 37k€ nach Förderung. Und mit Abstrichen haben das auch die ID.3 & Co.
Jörg2 meint
Was, aus all den aufgeführten Ratschlägen und Punkten zum technischen Hintergrund, ist das AUDI-spezifische, was andere nicht haben? Ich habe dazu nichts im Artikel gefunden. Was macht AUDI also beim Thema „Winter“ anders/besser, was zum Kauf eines AUDI verleiten könnte?
Dark Erebos meint
Das sind einfach allgemeine Tipps für Leute die vorher noch kein Elektroauto gefahren sind.
Jörg2 meint
Ja, sehe ich auch so.
Ich las hier dazu schon von „Vorsprung durch Technik“. Ich war auf der Suche nach dem „Vorsprung“….
DerÄlbler meint
Ist doch schön wenn ein Hersteller sachlich die in seinen Fahrzeugen verwendete Technik erklärt um die Reichweitenangst im Winter zu nehmen, ganz ohne die übliche Phrasendrescherei wie toll und überlegen angeblich alles ist.
Scheint aber auch nicht recht zu sein, manche brauchen wohl dieses typische Marketing Superlativen Geschwafel als Kaufargument.
Steven B. meint
Man kann das ganze auch unter den Begriff „allgemeiner Umgang mit der E.Mobilität“ abtun. Wichtig ist das die Kommunikation funktioniert. Denn auch in der Verbrenner-Welt musste darauf hingewiesen werden, wenn man nicht immer Vollgas gibt, dann reicht der Sprit auch für weitere Distanzen. Ich denke, man kann das unter der gleichen Rubrik einordnen. Es ist also grundsätzlich nichts falsch an den Aussagen und hilft zum Abbau von Vorurteilen weiter – also alles im grünen Bereich. Es muss nicht immer hochtechnologisches Gefasel sein, um Kompetent aufzutreten und zu zeigen wie der techn. Fortschritt bei Audi angepasst wird.
Fritzchen meint
Ein sehr spannender und ausgiebiger Bericht. Vorsprung durch Technik.
René H. meint
Nix Vorsprung, das ist Standard seit einigen Jahren. Schön, dass Audi mit dem e-tron GT nun auch dabei ist.
Günter meint
Fritzle
mein komisches E-Auto wärmt seit Jahren vor der Ladesäule.