Der Prüfdienstleister TÜV Rheinland gründet ein unabhängiges Unternehmen zur Bewertung von Fahrbatterien gebrauchter Elektrofahrzeuge. Die Battery Quick Check GmbH soll eine gleichnamige Dienstleistung, anbieten, mit der sich die Akkusysteme zuverlässig bewerten lassen. Dazu kooperiert der TÜV Rheinland mit dem Münchner Start-up Twaice.
„Derzeit gibt es keine marktreife Dienstleistung für Geschäftskunden, um gebrauchte Traktionsbatterien – die teuerste Einzelkomponente des Elektrofahrzeugs – herstellerübergreifend und unabhängig zu bewerten“, sagt Matthias Schubert, der für das Mobilitätsgeschäft von TÜV Rheinland verantwortlich ist. „Gemeinsam mit unserem Technologiepartner Twaice bauen wir in den kommenden Monaten das führende Unternehmen zur unabhängigen Bewertung gebrauchter Traktionsbatterien auf.“
Twaice bietet spezielle Analytiksoftware, die die Entwicklung sowie den Betrieb von Lithium-Ionen-Batterien optimieren soll. Die damit geplante neue Dienstleistung des Battery Quick Check will der TÜV Rheinland ab Herbst 2022 verfügbar machen, beispielsweise für Autohäuser, Werkstattketten, Logistiker, Versicherungen, Leasinggesellschaften oder das Fuhrparkmanagement von Unternehmen. Privatkunden können über ihre Autohäuser oder Werkstatt die Dienstleistung in Anspruch nehmen. Die Leistung umfasst einen detaillierten Report über den Zustand der Batterie („State of Health“, SoH), der von TÜV Rheinland zertifiziert ist.
„Wir sind der festen Überzeugung, dass alle Marktteilnehmer davon profitieren, wenn es mehr Transparenz über die Batterielebensdauer von Elektrofahrzeugen gibt. Denn das sorgt für mehr Vertrauen“, so Stephan Rohr, Gründungspartner und einer der Geschäftsführer von Twaice. „Wir haben bei Twaice in den vergangenen Jahren umfassendes Wissen und das technische Know-how dazu aufgebaut, wie sich der tatsächliche Zustand von Traktionsbatterien schnell und zuverlässig ermitteln lässt. Durch unser gemeinsames Angebot eines Battery Quick Check bringen wir endlich die dringend notwendige Transparenz in den Markt für gebrauchte Elektrofahrzeuge.“
60-Minuten-Diagnose
Für den Battery Quick Check nutzen Twaice und TÜV Rheinland das Bord-Diagnose-System (OBD) mit der OBD2-Schnittstelle eines Fahrzeugs. Die Partner erklären das Angebot so: „Qualifiziertes Werkstattpersonal liest über die Schnittstelle in ungefähr 60 Minuten alle relevanten Daten aus. Diese werden dann mit Hilfe der Batterieanalytik verarbeitet, die Twaice entwickelt. Anschließend entsteht daraus ein von TÜV Rheinland zertifizierter, unabhängiger Zustandsreport zur Traktionsbatterie.“ Der Report über den „Gesundheitszustand“ der Batterie berücksichtige die individuelle Alterung, unabhängig von Algorithmen des Fahrzeugherstellers.
Der zertifizierte Battery Quick Check kann in die Gesamtbewertung eines gebrauchten Elektrofahrzeugs einfließen, wie sie der TÜV Rheinland vornimmt. „Eine unabhängige Bewertung des ‚State of Health‘ der Traktionsbatterie ist zentral, um den Marktpreis für ein gebrauchtes Elektrofahrzeug zu ermitteln. Deshalb gehört dem Battery Quick Check hier die Zukunft“, sagt Schubert. Ziel der Battery Quick Check GmbH ist es, die neue Leistung ab Herbst 2022 im deutschen Markt einzuführen. Der Rollout in weiteren europäischen Märkten ist für 2023 geplant. Allein für Deutschland rechnen die Partner damit, dass es im nächsten Jahr einen Bedarf für rund 150.000 Bewertungen von Traktionsbatterien gibt.
Fritzchen meint
Man muss die Chancen erkennen. Wer zuerst kommt, kann zuerst abkassieren. Es geht ausschließlich darum neue Märkte zu erschließen.
Der Verkehrsminister sollte dafür sorgen, dass ein Gutachten auch Gewährleistung und Garantie durch den TÜV beinhaltet.
Freddy K meint
Auch wenn es APPs und OBD-Stecker gibt die es vielleicht auch können sollte man mal davon ausgehen das nicht jeder so versiert ist. Nur weil man selbst mit OBD umgehen kann und das easy findet kann es doch sein das es andere nicht können.
Und viele verlassen sich eben da auf andere.
Und warum nicht. Wenn ein Geek einem sein Handy unter die Nase hält mit der Bemerkung „alles toll, guck, guck“ ist das in seinen Augen ok. In den Augen des anderen eher verdächtig.
Es gibt beim TÜV Gebrauchtwagenchecks auch beim Verbrenner. Somit ist das konsequent auch beim E so zu verfahren.
Jedenfalls werden Käufer eher fachlichen Stellen mehr vertrauen als HobbyAppler.
Swissli meint
Einerseits ist ein Batterycheck ein Marktbedürfnis, andererseits soll man sich beim TÜV auf eine Art „Blackbox“ Software verlassen. Etwas mehr technischer Hintegrund und/oder statistische Facts (Quick Check vs. Batterie voll aufladen/runterfahren/Check) würden mehr Vertrauen in die Blackbox wecken.
alupo meint
Komisch, das Auslesen der vom BMS generierten und aufgezeichneten Daten kann doch so ziemlich jede Software auf einem Handy/PC mittels Kabel o.ä..
Steht es in Deutschland bezüglich technischem Wissen so schlecht dass der TÜV meint, darauf ein Geschäftsmodell aufbauen zu können?
Ich denke, der vom TÜV geforderte Preis wird höher sein als das Kabel plus die Software zum selbst auslesen der im BEV vorhandenen Daten. Klar, man muss diese auch noch interpretieren können wie auch z.B. die Kompression beim Verbrenner-Gebrauchtwagenkauf. Aber das ist doch wirklich nicht so schwer. Oder täusche ich mich und es ist fùr den Durchschnittsdeutschen doch zu schwer? Na dann, aufgehts TÜV, tus….
Egon Meier meint
Da kommen per obd2 jede Menge daten raus, die – sorgfältig ausgewertet – eine belastbare Aussage über den SoH des Akkus machen.
Es gibt zwar schon jetzt bei vielen Herstellern eine SoH-Anzeige aber wie die zustande kommt ist ins Belieben dieser Hersteller gestellt – Manipulation ist Tür und Tor geöffnet.
Wer dazu was erfahren will schaue einfach mal in den Zoe-Foren nach.
Sooo einfach ist das alles nicht .. vor allem da extrem viele Hersteller extrem unterschiedliche Daten freigeben – manchmal sogar in einem einfach lesbaren Format.
Eine halbwegs neutrale Stelle mit einer halbwegs ausgereiften Software, die für die meisten Hersteller vernünftige Daten liefert, wäre schon was.
elektromat meint
Also bei meiner ZOE ist die Software CanZE im AppStore kostenlos und der Bluetooth Dongle kostet 14,-€ inkl Versand. Ich hab einmal bei der Werkstatt auslesen lassen und es waren exakt die gleichen Daten wie beim Reno-Werkstatt Terminal.
Für was die 60min brauchen ist mir zudem schleierhaft da es inkl Diagnosestecker suchen, einstecken Verbinden keine 5 Minuten dauert und ich hab die Daten. Hab das auch beim Kauf meiner 2. ZOE so gemacht das ich die Batteriedaten ausgelesen habe. Verkäufer hatte da auch nichts dagegen und war eher interessiert.
Ich hab das jetzt nicht recherchiert, aber ich denke bei den anderen Herstellern ist das nicht aufwendiger. Hier müsste höchstens vom Gesetzgeber ein Protokoll Standard vorgeschrieben werden damit man nicht für jeden Hersteller eine spezielle Software benötigt. Das würde helfen. Einen TÜV braucht man dazu aber wirklich nicht. Da hab ich eher die Erfahrung gemacht das die mit EAuto gar nichts anfangen können und erstmal etwas verloren vor der Karre standen
DerÄlbler meint
Natürlich kann man das auch alles selber auslesen, aber der Hintergrund ist dass man ein Zertifikat einer Staatlich anerkannten Prüfbehörde erhält, mit dem man rechtlich bei entsprechenden Forderungen gegen Hersteller oder Verkäufer auf der sicheren Seite ist. Sowas kostet natürlich einige Euros, sollte klar sein.
Tesla-Fan meint
Die Frage wäre, was so ein Zertifikat einer Prüforganisation im Streitfall wert ist.
Wenn du heute deine Bremsen prüfen läßt und eine Woche später mit Bremsversagen irgendwo rein fährst sagt die Prüfstelle „Zum Zeitpunkt der Prüfung war alles in Ordnung“ zieht den Meßschrieb raus und du hast Pech gehabt.
DerÄlbler meint
Eben nicht. Nach einem, wie von dir beschriebenen Unfall wird ein Fahrzeugtechnisches Gutachten erstellt, welches vor Gericht bestand hat. Die Batterieprüfung ist nichts anderes, die lässt man ja nicht aus Jux machen, sondern zb. wenn Ansprüche durchgesetzt werden sollen. Da kann ich schlecht mit irgendwelchen Daten aus einer App kommen, die gegnerischen Anwälte lachen sich schlapp.
Freddy K meint
Mir ist eine Aussage einer „Fachstelle“ lieber als die von jemand der mir ne App unter die Nase hält. Daten müssen ausgewertet und interpretiert werden.
Apps und OBD gibt’s ja schon lange. Auch bei Verbrenner. Und auch da glaub ich eher der Werkstatt als was selbst zu interpretieren.
Jörg2 meint
Macht der TÜV sowas eigentlich auch bei Verbrennungsmotoren und diversen Getrieben?
Kompressionsmessung, Ölanalyse…..
David meint
Nein, macht er nicht und ich wundere mich, warum nicht. Zumal man ja weitergehen könnte und mit herstellerspezifischen Tools den Getriebeverschleiß bei Automaten und die bisherige Fahrweise auswerten könnte (Kaltstarts, Drehzahlspitzen etc.). Ebenso Zustand und Füllstand von anderen Flüssigkeiten wie Differential- und Getriebeöl.
Trotzdem finde ich es richtig, mit Akkus anzufangen, weil es die Hersteller unter Druck setzt, eine eigene und vielleicht bessere Lösung für die Gebrauchtwagen-Vermarktung anzubieten.
Man sollte aber deutlich abgrenzen, was hier gemeint ist. Es handelt sich hier um eine Leistung, für die man freiwillig bezahlt. Es handelt sich keinesfalls um einen Prüfpunkt bei der Hauptuntersuchung.
Freddy K meint
Mal was von Gebrauchtwagengutachten gehört?