Carlos Tavares führt den Autoriesen Stellantis, der im letzten Jahr durch die Fusion von Fiat Chrysler und der PSA-Gruppe (u. a. Citroën, Opel, Peugeot) entstanden ist. Er richtet den Konzern auf Elektromobilität aus, tut dies aber scheinbar nur widerwillig und ist nicht von der beschleunigten Transformation der Branche überzeugt. Das ließ er kürzlich auch in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) durchblicken. Der Umstieg auf E-Mobilität steht für ihn aber fest.
Tavares glaubt, dass die Erschwinglichkeit von Mobilität in Europa durch den E-Antrieb „zum Problem wird“. Die Inflation der Rohstoffpreise verstärke diese Entwicklung. Im Moment sei die Herstellung eines Elektroautos noch um rund 40 Prozent teurer als die eines konventionellen Fahrzeugs. Deshalb sei die Kostenseite so wichtig. „Wenn wir Elektroautos für die Mittelschicht bezahlbar machen wollen, dann müssen wir die Produktivität steigern. Und das bedeutet: Wir brauchen viele Kostensenkungen. Das ist eine zwangsläufige Folge der politischen Entscheidungen in der EU“, erklärte der Manager.
Man müsse überall sparen. Wenn die Branche das nicht mache, werde sie Kunden verlieren, die sich die Autos nicht mehr leisten können. Es sei aber auch die Politik gefordert, die klar zur „Freiheit der Mobilität in Europa“ Stellung beziehen müsse. Was er damit meinte, konkretisierte er nicht, verwies aber auf Proteste in Frankreich durch eine zusätzliche CO2-Steuer.
Stellantis will ab 2030 in Europa keine Verbrennerautos mehr verkaufen, fünf Jahre früher als von der EU verlangt. Opel werde sogar bereits 2028 aussteigen, bekräftigte der Konzernchef. Es sei sinnvoll, den Planeten zu schützen, die öffentliche Meinung würde das Unternehmen aber ohnehin dazu zwingen – „oder die Bürgermeister der großen Städte durch die Einrichtung emissionsfreier Zonen“. Es werde dort Beschränkungen für Verbrennerautos geben, das könnte man auch in Deutschland erleben.
Batterie-Knappheit bremst E-Transformation
Bei der Umstellung auf Elektroautos sei derzeit die Angebotsseite das Problem, erklärte Tavares. Die Zahl der Stromer, die der Konzern herstellen kann, werde momentan noch begrenzt von der Verfügbarkeit von Batterien. Die Batterie mache 40 Prozent der Wertschöpfung eines E-Autos aus. Man könne diese 40 Prozent zwar komplett aus Asien beziehen, das würde aber eine große Abhängigkeit und ein großes Risiko für die europäische Autoindustrie bedeuten. Die Alternative sei, zu warten, bis genügend eigene Batteriezellfabriken in Europa stehen. Stellantis wird künftig auch selbst Akkus herstellen, zusammen mit Saft, einer Tochtergesellschaft von TotalEnergies, und Mercedes-Benz.
Die Autobranche befindet sich laut Tavares in einer kniffligen Situation: „Wenn wir den Verbrennungsmotor zu schnell abschaffen wollen, kann das zu Problemen führen. Aber wenn wir zu lange warten, eben auch.“ Am Ende werde es auch eine Frage von unterschiedlichen Perspektiven von Städtern und der Landbevölkerung sein. Die Erderwärmung durch den CO2-Ausstoß sei, im Gegensatz zu der lokalen Frage der Luftverschmutzung, ein globales Problem. Es sei egal, ob die Emissionen auf dem Land oder in der Stadt verursacht werden.
Damit das Elektroauto in der Mittelschicht Akzeptanz findet, brauche es in den nächsten drei Jahren weiter staatliche Zuschüsse für den E-Auto-Kauf, sagte der Stellantis-Chef. Die dadurch erzeugte Nachfrage sorge jedoch für Knappheit bei Batterien. „Das alles ist nicht wirklich strategisch ausgearbeitet worden von der Politik“, bemängelte Tavares. Er reagiere darauf mit den „notwendigen Strategien, um zu überleben“. Ab 2030 verkaufe Stellantis keine Verbrennerautos mehr in Europa. „Das ist unser Plan, und den setzen wir um. Aber wir sind keine Zauberer, also verlangen Sie von uns nicht, dass wir zaubern.“
Egon Meier meint
Soso … Ausstieg AB 2030.
Hat nicht dieser Mensch noch vor einigen Wochen vom BEV-Kauf abgeraten?
Zurück zum geplanten Verkaufsende:
Die Frage ist, ob der Markt das erlaubt und nicht andere Hersteller in den letzten Jahren vor 2035 das dicke Geschäft machen.
Ich vermute sowieso, dass in den letzte Jahren von 35 diejenigen Hersteller großen Absatz ahben werden, die langlebige Fahrzeuge anbieten könne bzw eine funktionierende Ersatzteilkette incl. freiem Ersatzteilmarkt.
Dann könnte es kommen wie auf Kuba: die Kisten fahren ewig.
Powerwall Thorsten meint
Cuba ist ein schlechtes Beispiel
Dort fährt aber auch nur eine Handvoll Modellvarianten herum – und in denen ist der Vergaser die Krönung der Technik.
Gut, für den seit Jahren ständig abbrechenden Nippel bei VW Fensterheben wird sich vielleicht eine Lösung finden – beim Steuergerät wird es dann aber schon schwierig bei Matrix und HUD unmöglich, da hier die Zulieferer auch gelernt haben, wie VW mit ihnen umgeht, wenn es mal nicht mehr so gut läuft – und es wird definitiv nicht mehr so gut laufen – Wetten Dass???
Ben meint
Naja schön und gut wenn die Fahrzeuge lange halten, ist auch nachhaltig…in gewisser Weise, nützt aber nix wenn ich mir nen Verbrenner 2034 hole und der Sprit dann schon 10€/l kostet und keiner mehr die Dinger Versichern will.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Richtig, und insbesondere nachdem sich unsere „Wirtschaftspartei“ FDP mit ihrer Spritpreisbremse den Brüller des Jahrzehnts geleistet hat.
Und ein Nachschärfen bei den Abgaswerten ist auch noch ein möglicher Parameter, die Attraktivität solcher Fahrzeuge ab 2030 zügig in den Keller zu fahren.
MAik Müller meint
@Egon Meier — langlebige Fahrzeuge — Wo soll es die geben?
Alles was aktuell an Verbrenner hergestellt wird ist doch nicht mehr Langlebig.
Thomas Claus meint
Die Kosten für ein eAuto sind schon ein Problem. Vor 2, 3 Jahren hat man noch sinkende Preise prophezeit. Im Hier und Jetzt steigen die Preise leider stetig. Ich erwarte auch die nächsten mindestens 2 Jahre keine sinkenden Preise. Das könnte für viele zum Problem werden.
Powerwall Thorsten meint
Zum Problem für Verbrenner OEMs – da fehlt nämlich dann einerseits der Gewinn für die Transformation zum BEV und andererseits muß man trotz stark sinkender Nachfrage an Verbrennern noch jahrzehntelang für Ersatzteile gerade stehen – und das insbesondere bei Millionen von wenig rentablen Klein- und Mittelklasse Fahrzeugen.
Am Ende des Tages hat der Kunde nämlich einen Anspruch auf Ersatzteilversorgung beim Hersteller – auch wenn der kleine Zulieferer schon lange pleite ist.
Das wird spannend.
Egon Meier meint
Bei entsprechenden Stückzahlen der OEM lohnt sich das Ersatzteilgeschäft auf jeden Fall.
Vor allem da dann deren Fahrzeuge – danke einer funktioniereden Ersatzteilversorgung – ewig leben werden.
Siehe Kuba
Djebasch meint
Ich glaube nicht das Kuba mit den Ansprüchen der Europäer mithalten kann, natürlich werden wir mehr Recycling erleben aber das wird Arbeitsplätze schaffen.
Aber das wir wie in Kuba Bauteile verwenden bei denen mit jeder Nutzung der Ausfall bevorsteht werden wir in Europa hoffentlich nicht erleben…
Yoyo meint
Ach Egon, Du verstehst es einfach nicht so rchtig.
Auf Kuba fahren US-Schlitten mit viel Mechanik und simpler und auch gut reparierbarer Technik herum.
Bei den heutigen Autos ist viel Elektronik drin, was die Hersteller nicht sehr lange als Ersatzteile auf Lager legen, schon gar nicht mehr ab 2030.
Beispiel gefällig,
Ford Sierra, ein gut verbreitetes Auto damals. Nach 10 Jahren gab es kein Steuergerät mehr als Ersatzteil zu kaufen. Wehe, es fällt dann aus, dann gibt der TÜV schon gar nicht mehr sein ok.
Und gerade VW-Kunden wie Du schwärmen ja von den ach so hohen Restwerten der Autos und bezahlen auch die überhöhten Neuwagen. Ab 2030 wird der Gebrauchtkäuferkreis immer kleiner werden.
Denk mal an 2015, wo die damaligen EURO 4 Diesel massiv an Wert verloren.
Eigentlich kann man nur dazu raten, ein Auto zu Leasen.
MAik Müller meint
@Powerwall Thorsten :)
Der Kunde hat gar keine Ansprüche.
Die Hersteller werden die Ersazteilpreise massiv steigern.
Powerwall Thorsten meint
Noch ein schlechtes Argument:
Dann kaufe ich mir ja erst recht keinen Verbrenner mehr!
Kein Auspuff, kein Vergaser, quasi keine Bremsen, keine Zünd- Glühkerzen, keine Auspuffkrümmer, keine Zylinderköpfe, Keine Zylinderkopfdichtung, kein Ölpumpe, keine Ölwanne, keine Ölwechsel
Also in meiner automobilen Vergangenheit habe ich all diese Dinge ein- oder mehrfach ersetzen müssen
Du verstehst, oder muß ich es auch noch erklären?