Nach einer Vorabmeldung hat der Verband der Automobilindustrie (VDA) nun die jüngste Ausführung seines „Ladenetzrankings“ veröffentlicht. Deutschland hat demnach „weiterhin und zunehmend“ großen Nachholbedarf beim Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge.
Die Lücke zwischen Ladeinfrastruktur und E-Auto-Bestand sei weiter gewachsen, so der Verband. In Deutschland gebe es laut der Bundesnetzagentur mit Stand 1. Mai 2022 60.364 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Damit kämen hier aktuell im Durchschnitt rund 22 E-Pkw auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt. Beim letzten VDA-Ladenetzranking mit Stand 1. Oktober 2021 seien es 21 E-Pkw und am 1. Mai 2021 17 E-Pkw gewesen. Das Delta zwischen Angebot und Bedarf sei damit wachsend.
Während in den vergangenen zwölf Monaten im Schnitt rund 57.000 E-Pkw pro Monat in Deutschland neu zugelassen worden seien, sei die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte wöchentlich nur um etwa 330 gewachsen, berichtet der Verband. Um das Ziel der Bundesregierung von einer Million Ladepunkten im Jahr 2030 zu erreichen, wären rund 2000 neue Ladepunkte pro Woche nötig. Die Ausbaugeschwindigkeit müsste also versechsfacht werden. Werde das aktuelle Ausbautempo nicht gesteigert, gebe es in Deutschland im Jahr 2030 gerade einmal rund 210.000 Ladepunkte, also lediglich ein Fünftel der angestrebten eine Million.
In mehr als der Hälfte aller 10.796 Gemeinden in Deutschland gebe es mit Stand 1. Mai 2022 keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt, betont der VDA. Verbandspräsidentin Hildegard Müller: „Das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen Elektrofahrzeugen bis 2030 hat die Notwendigkeit eines ambitionierten Ausbaus der Ladeinfrastruktur weiter erhöht. Trotzdem geht der Ausbau viel zu langsam voran. Auch der für die Elektromobilität notwendige Ausbau der Stromnetze muss besser koordiniert werden. Wir brauchen deutlich mehr Tempo, wenn wir die Ziele erreichen wollen.“
„Statt ihm hinterherzuhinken, muss der Ausbau dem Bedarf um zwei Jahre vorausgehen. Nur so kann das dringend benötigte Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in eine verlässliche und ausreichende Ladeinfrastruktur geschaffen werden“, so Müller weiter. „Und wir brauchen ein konsequentes Monitoring des Ziels von 1 Million Ladepunkten durch die Bundesregierung, denn nur dann kann im Bedarfsfall rechtzeitig nachgesteuert werden.“
Um die Ausbaugeschwindigkeit zu erhöhen, seien vor allem schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse nötig. „Wir brauchen beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge eine Planungsbeschleunigung, die Automobilindustrie hat hierzu konkrete Vorschläge vorgelegt“, so die VDA-Präsidentin. Zudem müssten die Kommunen ihre Verantwortung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur stärker als bisher wahrnehmen. Müller: „Die Kommunen kennen den konkreten Bedarf vor Ort am besten. Die Bürgermeister und Landräte müssen Ziele für den Aufbau definieren und die Umsetzung vorantreiben.“
Die Ergebnisse des VDA-Ladenetzrankings
Das Ladenetzranking (PDF) des VDA ist eine statistische Auswertung, die auf den amtlichen Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes und der Bundesnetzagentur beruht. Was hier gemeldet ist, findet Eingang in die Auswertung, die in drei Bereiche unterteilt ist:
Der T-Wert gibt an, wie viele E-Autos sich einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt teilen müssen. Hier gibt es mit dem Landkreis Groß-Gerau (Hessen) einen neuen Spitzenreiter. Dort kommen auf einen Ladepunkt lediglich 4,8 E-Pkw. Salzgitter, vormaliger Spitzenreiter, findet sich auf Platz 6 wieder. Auf Platz zwei liegt Emden (vormals Rang 26), auf Platz 3 die Stadt Heilbronn (vormals Rang 11).
Ein Blick auf die Bundesländer ergibt beim T-Wert folgende Reihenfolge: Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg. Auf Rang 6 liegt Schleswig-Holstein, es folgen Berlin und Niedersachsen. Die zweite Hälfte führt Bayern auf Rang 9 an. Dahinter: Brandenburg, Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Saarland. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind groß, es gibt aber auch strukturelle Unterschiede. Im führenden Sachsen kommen 13,8 E-Pkw auf einen Ladepunkt, im Saarland 28,1 E-Pkw.
Der A-Wert stellt die grundsätzliche Attraktivität des Ladenetzes im Landkreis oder in der Stadt dar. Dafür wird die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte ins Verhältnis zu sämtlichen im Landkreis oder in der Stadt zugelassen Autos gesetzt. Im A-Wert-Ranking hat die Stadt Wolfsburg ihren Spitzenplatz abermals verteidigen können. Der Landkreis Groß-Gerau folgt auf dem zweiten Rang. Auf Platz 3 liegt Ingolstadt.
Der S-Wert zeigt, wie viele E-Pkw sich statistisch betrachtet einen Schnellladepunkt teilen müssen. Der Bundesdurchschnitt liegt hier bei 146,1. In Deutschland kommen also durchschnittlich 146,1 E-Pkw auf einen Schnellladepunkt. Die ersten vier Plätze belegen mit Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ausschließlich ostdeutsche Bundesländer. Es folgen mit Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen fünf weitere Bundesländer, die ein besseres Verhältnis von Schnellladepunkten und E-Pkw haben als der Bundesdurchschnitt. Demgegenüber kommen in Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Berlin, Saarland, Nordrhein-Westfalen und Hessen mehr E-Pkw auf einen Schnellladepunkt als im Bundesdurchschnitt. Auch bei der Schnellladeinfrastruktur sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern groß. In Thüringen kommen 57,5 E-Pkw auf einen Schnellladepunkt, in Hessen sind es 209,1.
Besonders dynamisch verlief der Ladepunktausbau seit dem letzten Ladenetzranking des VDA mit Stand 1. Oktober 2021 beim T-Wert-Spitzenreiter Landkreis Groß-Gerau, der 736 Ladepunkte zubaute, in der Stadt Berlin, wo 455 neue Ladepunkte hinzukamen, und im Landkreis Region Hannover, wo 279 neue Ladepunkte entstanden.
alupo meint
Schon wieder wurde ein Kommentar einfach verschluckt.
Das ist wie wenn man im Universum einem schwarzen Loch zu nahe kommen würde.
Meiner_Einer meint
Eigentlich höre ich bei VDA auf zu lesen. Der VDA ist unter seiner aktuellen Präsidentin zu einem absoluten Kasperlverein geworden. Man dachte jahrelang es könnte nicht schlimmer werden und dann kam Frau Müller.
Die Ladeinfrastruktur wird ausgebaut und sie wird auch weiterhin ausgebaut. Mit mehr Auslastung kommen mehr neue Lademöglichkeiten… Eigentlich ganz einfach. Wenn man am 13.06. auf den ENBW Ladepark Kamen fährt und der einzige ist, der an den ich glaube 52 Säulen lädt…. Gut Kamen ist ein Extrembeispiel, es gibt z.B. am Brenner auch Negativbeispiele.
Cupra meint
Der VDA mit seiner Präsidentin sind für mich langsam ein rotes Tuch. Ja, natürlich muss ausgebaut werden, aber wenn der VDA selber dafür plädiert länger Verbrenner bauen zu dürfen und zu verkaufen (obwohl das selbst die Hersteller größtenteils nicht wollen), darf er sich nicht wundern, wenn dann auch in der Ladeinfrastruktur nicht so investiert wird wie es sollte. Und solange auch die Gemeinden und Städte mit ihren Bauvorgaben vieles verhindern, kann auch nicht ausgebaut werden, wie man gerne möchte.