Daimler-Truck-Betriebsratschef Brecht mahnt, die Infrastruktur für die E-Mobilität stärker voranzutreiben. Andernfalls drohten dem Industriestandort Deutschland schwerwiegende Folgen.
Er mache sich große Sorgen um den Industriestandort Deutschland, sagte Brecht der Deutschen Presse-Agentur. Die Industriepolitik in Deutschland und Europa sei nicht ansatzweise mit China oder den USA vergleichbar. „Mit dieser Geschwindigkeit wird es einfach nicht funktionieren“, so Brecht mit Blick auf die Transformation hin zur E-Mobilität. „Ich sehe schwarz, dass die passende Infrastruktur entsprechend nachgezogen wird.“
Es werde weiter nur über einzelne Initiativen diskutiert, anstatt eine große Gesamtstrategie zu entwerfen. „Wir sind hier viel zu kleinkariert unterwegs“, bemängelte Brecht. In den nächsten zwei bis drei Jahren seien hinsichtlich emissionsfreier Antriebe praktisch alle wesentlichen Entscheidungen notwendig. Sonst könnten Deutschland und Europa in zehn Jahren industriell vielleicht sogar schwächer sein als vor der Transformation.
Mit Blick auf Deutschlands Klimaziele bis 2030 sei schon heute ein Plan nötig, wie viele Ladepunkte es wo braucht und was diese Ladepunkte leisten müssen. Das Verkehrsministerium müsse diese Hochrechnung machen und sagen, wie genau die Straßen in Deutschland elektrifiziert werden.
Der Daimler-Truck-Betriebsratschef betonte zudem die Bedeutung von Batterien für die Transformation und forderte für sein Unternehmen eine eigene Batteriezellenproduktion in Deutschland. Der Aufbau einer solchen Fertigung sei wichtig, um auch zukunftsfähige Arbeitsplätze anbieten zu können, wenn der Verbrennungsmotor nach und nach abgelöst wird. Ein solches Projekt werde zwar vom Management diskutiert, es gehe nun aber um den Mut zur Umsetzung.
„Wir reden bei einer eigenen Batteriezellenproduktion mit fünfzehn Gigawattstunden von einer Investition zwischen 700 und 800 Millionen Euro“, erklärte Brecht. Treffe man in Deutschland nicht bald eine Entscheidung, dann würden die hohen Investitionen dafür woanders getätigt. „Dann machen wir hier noch 20 Jahre Verbrenner, aber dann sprechen wir von Deindustrialisierung.“
Abschließend betonte der Arbeitnehmervertreter, dass es in Deutschland wettbewerbsfähige Energiepreise geben müsse. Das sei bei der Herstellung von Batteriezellen zentral. Die Industrie brauche Planbarkeit und Verlässlichkeit. „Da muss der Staat eingreifen“, forderte Brecht. Der Strompreis werde zu einem entscheidenden Standortfaktor.
Thomas meint
„Mit Blick auf Deutschlands Klimaziele bis 2030 sei schon heute ein Plan nötig, wie viele Ladepunkte es wo braucht und was diese Ladepunkte leisten müssen. Das Verkehrsministerium müsse diese Hochrechnung machen und sagen, wie genau die Straßen in Deutschland elektrifiziert werden.“
Planwirtschaft bis 2030 – um Gottes willen, nein! Schnellladeinfrastruktur ist weder bei PKW noch bei LKW ein Thema, dass großartiger staatlicher Unterstützung bedarf. Sieht man doch eindrucksvoll im PKW-Bereich.
Jakob Sperling meint
Grössere Ladestationen mit Mega-Charger für Elektro-LKW inkl. Strom-Zuleitung (1 Mio pro km) und Ladeplätze (24 LKW-Standplätze mit Mega-Charger für 24 LKW pro Stunde) sind nahezu unbezahlbar. Insbesondere dort, wo der Platz beschränkt oder teuer ist. Das wird es auch in den USA nicht einfach so geben.
Daher jetzt der Ruf nach dem Staat.
Das Laden eines H2-LKW braucht 6-mal weniger Standplätze und viel kleinere Investitionen.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
„Das Laden eines H2-LKW braucht 6-mal weniger Standplätze und viel kleinere Investitionen.“
Wieso dass denn? Wenn E-LKW stehen und die Pausenzeit zum Laden der Batterie nutzen, werden sie dann plötzlich 6-mal größer? Oder schrumpfen H2-LKW beim Tanken um das 6-fache?
In Wahrheit ist es doch gerade umgekehrt: der E-LKW braucht keine zusätzliche Fläche für ein Tankstelle, seine Tankstelle ist der Parkplatz. Der H2-LKW braucht einen Parkplatz und zusätzlich einen Platz zum Tanken.
Und was ist mit den vielen 100 LKW, die das H2 dann zukünftig emsig deutschlandweit verteilen sollen, brauchen die keine Fläche (und keine Energien, etc.)?
alupo meint
Er vergisst immer wieder (oder weiß es ganz einfach nicht besser und ist lernresistet), dass eine H2 Tankstelle nicht nur aus einem Schlauch und einem Ventil besteht.
Selbst bei einer H2-Tankstelle mit nur einem einzigen PKW(!!!) Anschluß ist der Platzbefarf gigantisch. Manchmal sieht das der Laie nicht, da die benötigten H2-Einrichtungen ein paar Meter entfernt gebaut wurden (so z.B. in Bad Rappenau). In Hirschberg bekommt man aber einen guten Überblick welch ein Platzbedarf und damit Aufwand für das Betanken nur eines PKWs erforderlich ist. Das 300 kW Trafohäuschen gehört ebenfalls nur dazu.
Es gibt wirklich sehr gute Gründe, warum eine solche PKW Station 2 Mio. Euro kostet und nur ca. 2 PKWs pro Stunde füllen kann (zur Verschleierung der Fakten wird gerne nur der Betrag nach Abzug der Subventionen erwähnt. Darauf fallen viele mit der Materie nicht vertraute Personen gerne herein).
Für LKWs ist der Aufwand logischerweise deutlich höher, und somit der Platzbedarf und der Preis. Von der absolut sinnlosen Energieverschwendung durch Wasserstiff gar nicht zu reden.
elbflorenz meint
Das Hauptproblem in Deutschland (und einigen anderen europäischen Ländern) sind die exorbitanten Energiepreise.
Wenn das im nächsten Jahr nicht deutlich besser wird, brauchen wir uns über eine Verzögerung bei der Ladeinfrastruktur nicht mehr zu streiten. Dann bricht hier einiges weg – und z.B. an eine Akkuzellen-Herstellung in D ist nicht zu denken.
Trifft übrigens auch andere Branchen.
Das geplante INTEL-Werk in Magdeburg soll in der Endausbau-Stufe mehr! Strom verbrauchen wie die Stadt Magdeburg heute – inkl. aller öffentlichen und gewerblichen Verbraucher.
Michael meint
Das ist einfach. Wieviel LKW stehen an der Raststätte für die vorgeschriebene Pause? 100? Das ganze x 1000KW, ergibt die Leistung des benötigten Kraftwerkes.
Helmut Randoll meint
@ Michael: Ein NKW muss nach max 4,5 Std. eine Pause von 45 Min machen. In den 4,5 Std. fährt er bei durchgehend max. 80km/h 360km weit. Bei einem Verbrauch von 1,2kWh/km sind dann 432kWh nachzuladen. In den 45 Min. Ruhepause kann also mit 580kW geladen werden oder mit 1MW und dafür entsprechend kürzerer Ladedauer. Nach weiteren 4,5 Std Fahrzeit ist dann Feierabend für den Tag, zumindest, wenn der Truck mit nur einem Fahrer unterwegs ist. Dann genügen bereits heutige PKW – 50kW Ladestationen für das Wiederaufladen bis zum kommenden Tag. Viele NKW auf Raststätten stehen da für ihre lange Ruhepause, benötigten also als E-Truck nur diese geringeren Leistungen.
Flo meint
Der gute Mann hat Recht. Deutschland = too little too late
Frank meint
Ich glaube auch, dass in Deutschland die Politik das regeln muss, da unsere deutschen Manager eben keine Elon Musk Typen sind, die sagen: Die Ladeinfrastruktur rolle ich einfach selbst aus – das bringt zwar ein bisschen Risiko aber der frühe Vogel fängt den Wurm.