Immer wieder gibt es Berichte, dass ein Mangel an Rohstoffen die Elektromobilität ausbremsen könnte. Insbesondere für die Batterien von Elektroautos sind große Mengen von Materialien nötig, die bei Verbrennern keine oder keine zentrale Rolle spielen. Matthias Buchert, Bereichsleiter beim Öko-Institut für Ressourcen und E-Mobilität, hat die Situation für die Deutsche Welle eingeordnet. Auch zu den Themen Energie und Ladeinfrastruktur sowie dem Standort Europa äußerte er sich.
Laut Buchert sind weltweit genügend Rohstoffvorkommen vorhanden. Eine physische Begrenzung sei nicht das Problem. Aber es könne zu temporären Verknappungen und Problemen in den Wertschöpfungsketten kommen – „sei es in der eigentlichen Rohstoff-Förderung oder in der Aufbereitung der Rohstoffe zum fertigen Produkt“. Wenn die Nachfrage plötzlich sehr stark zunehme, heiße das jedoch nicht, „dass gleich der gesamte Markt an die Wand fährt – aber der Hochlauf ruckelt ein Stück weit“.
Bucher verwies auf den Halbleiter-Mangel während der Corona-Pandemie, der die Produktion von Autos jeder Art oder auch sonstigen Elektronikgeräten bremste und zu teils sehr langen Lieferzeiten führte.
Mit Blick auf die E-Mobilität sähen Experten von der Deutschen Rohstoffagentur vor allem Probleme beim Lithium, dem Schlüsselelement für Lithium-Ionen-Batterien, so Buchert. Er verstehe solche Szenarien als Weckruf, dass die Angebotsseite schneller hochgefahren werden muss, um mit dem rasant steigenden Nachfragetempo Schritt zu halten.
Herausforderung Elektroauto-Strom
Als weiteren möglichen Engpass neben zu wenig Rohstoffen sehen einige die für das Aufladen von E-Autos erforderliche Energie. Elektrofahrzeuge hätten einen sehr hohen Wirkungsgrad, sagte Bucher dazu. „Wenn man die gesamte Pkw-Flotte und auch viele Nutzfahrzeuge elektrisch antreibt, steigt nach Hochrechnungen der gesamte Stromverbrauch nicht beispielsweise um das Zehnfache, sondern lediglich um rund ein Drittel gegenüber dem jetzigen Gesamtstrombedarf in Deutschland.“
Es gebe zudem noch große Einsparpotentiale beim Stromverbrauch, etwa bei der Beleuchtung oder durch den Ersatz von alten Elektrogeräten. Das gelte auch für die Industrie in deren bisherigen Prozessen. Im Bereich der Erneuerbaren Energien sei in den „zehn, fünfzehn Jahren sehr viel Zeit vertrödelt worden“, so Bucher. Deshalb müsse künftig alles erheblich schneller gehen.
Bei Elektroautos gelte es, bessere Ausgleichssysteme zu schaffen, also smarte Systeme. Dann werde das Auto vielleicht nicht ab 19 Uhr geladen, weil da die Verbrauchsspitzen höher sind, sondern erst ab Mitternacht. Den Bedarf an zusätzlich benötigten öffentlichen Schnellladestationen sieht Buchert mit Verweis auf Untersuchungen geringer als von einigen vermutet. Viele E-Autos würden zu Hause oder im Parkhaus des Büros aufgeladen. Nichtsdestotrotz müsse die Ladeinfrastuktur so schnell wie möglich ausgebaut werden, da es insgesamt noch an Stromtankstellen fehle.
„Gigantische Transformation der Autoindustrie“
Die zentrale Herausforderung bei der Elektromobilität sieht der Experte „in der gigantischen Transformation der Autoindustrie“. Es müssten Hunderte Milliarden Euro umgeschichtet werden, insbesondere auch für Batteriefabriken in Europa. „Außerdem brauchen wir die Komponenten für die Batteriezellen, also Kathodenmaterial, Anodenmaterial usw. Auch dafür müssen die Kapazitäten in Europa sehr viel schneller hochgefahren werden.“
Viel zu wenig wird nach Meinung von Buchert über Elektromotoren geredet. Für deren Produktion seien sogenannte Permanentmagneten notwendig, die wiederum Seltene Erden benötigten. China habe bei der Magnetproduktion bislang eine sehr starke Position. Die USA, Europa und Australien hätten enormen Aufholbedarf, deshalb gebe es hier auch gerade einen massiven Strategiewechsel, für den der Begriff „Zeitenwende“ angemessen sei.
David meint
Ist genau das, was ich immer sage. Wenn sich etwas regelt, dann Rohstoffkrisen. Da wird es dann Alternativen oder neue Fördertechniken bzw. Veredlungsprozesse oder neue Vorkommen geben oder es wird einen anderen Umgang bzw.. eine veränderte Nachfrage geben.
Bei den Autos geht ja der Spitzenbedarf nur bis etwa 2035, weil spätestens dann mehrere Faktoren zusammen spielen: Es gibt in relevanten Ländern demografisch weniger Nachfrage, es gibt weniger Bedarf nach einem eigenen Auto durch autonome Mietwagen und geänderte Lebensumstände und es gibt mehr recycelte Grundstoffe durch alte Elektroautos.
Jürgen W. meint
Ich habe jetzt seit einem Jahr PV-Anlage, Speicher und Wallbox. Mein Jahreshausverbrauch lag ungefähr bei knapp 5.500 kWh, wobei die Wallbox erst spät installiert wurde und somit noch keine große Rollt gespielt hatte. Mein Netzbezug lag bei 1500 kWh. Alles andere habe ich selbst erzeugt. Zudem habe ich noch ca. 8.500 kWh eingespeist. Früher hatte ich das doppelte an Strom aus dem Netz bezogen und zusätlich noch Heizkosten und Benzin. Was ich damit sagen will: Es wird auch immer mehr Haushalte geben, deren Strombezug aus dem Netz gegen Null tendiert und zwar trotz Elektroauto. Zudem wird es bald größere Speicher mit V2H Möglichkeiten geben. Das alles wird sich entwickeln und die Situation deutlich entschärfen. Das neue Jahressteuergesetz macht ja schon einen deutlichen Schritt in diese Richtung.
Hans Meier meint
Meine Meinung, wir sollten von so „Riesenkarren“ wie heute eh wegkommen auf kleinere und leichtere Fortbewegungsautos wie Microcars, dann können auch die Batteriegrössen wieder schrumpfen. Es macht effizienz und ressourcentechnisch (für alle Menschen auf der Welt) wenig Sinn in Autos „Riesenbatterien“ einzubauen die dann im realen Alltag nicht gebraucht werden.
Reiter meint
Wahrscheinlich ist diese herbeigeredete und getrollte Angst genauso Ernst zu nehmen, wie das Ende des Erdöls alle 15 bis 20 Jahre. Dieseldieter hat das nie gestört. Jetzt hat er Rohstoffängste….der arme…..
South meint
.. so isch es. Warum ist Öl nicht einfach ausgegangen wie in den 70ern banal prognostiziert? Es ging nicht eindimensional nur der Verbrauch von Öl hoch, sondern es haben sich parallel viele andere Dinge weiterentwickelt. Förderausweitung als Fracking, Teersande, Tiefseebohrungen; mehr Effizienz durch weniger Verbrauch je Auto / Häuserdämmung etc. und jetzt Substitute/Ersatz durch andere Quellen und Verbraucher (Windräder, PV, E Autos…). Es ist ja nicht so, dass wir nur über Nacht plötzlich 40 Millionen E Autos haben und deshalb alles zusammenbricht….
M. meint
„Wenn man die gesamte Pkw-Flotte und auch viele Nutzfahrzeuge elektrisch antreibt, steigt nach Hochrechnungen der gesamte Stromverbrauch nicht beispielsweise um das Zehnfache, sondern lediglich um rund ein Drittel gegenüber dem jetzigen Gesamtstrombedarf in Deutschland.“
Diese Hochrechnung halte ich für überzogen. Die würde ich gerne sehen.
Selbst bei 15% muss man noch ausklammern, dass die Nicht-Produktion von Fossil-Brennstoffen Energie (auch elektrische) verbraucht und dann eingespart werden würde.
Außerdem wird mit der „Energiewende“ der Bedarf an elektrischer Energie insgesamt steigen, so dass der Anteil von E-Mobilität nochmals geringer wäre.
Für 48 Mio. PKW kann man auf dem Stand des heutigen Gesamtbedarfs (ca. 550 bis 600 TWh) von 10% Mehrbedarf ausgehen – davon wären die Einsparungen bei der Fossilherstellung noch abzuziehen.
„Viele“ LKWs kämen halt obendrauf.
ShullBit meint
Nein, es werden mehr als 10% sein. Überschlägig: Heute 47 Mio. PKW, die im Schnitt 14.000km im Jahr fahren und zukünftig als BEV meinetwegen im Schnitt 18 kWh/100km verbrauchen. Das ergibt 120 TWh. Unser Stromverbrauch lag 2022 bei 484 TWh. Das ergäbe theoretisch eine Steigerung von 25%. Mit LKWs ist eine Größenordnung von 1/3 Zuwachs sehr plausibel. Der wegfallende Stromverbrauch in Raffinerien ist nicht so groß, als dass er die Rechnung maßgeblich beeinflusst.
Hinzu kommt dann noch, dass wir auch Heizungen und Industrieprozesse auf Strom umstellen wollen. All das wird sich aber einen Zeitraum von mindestens einem Vierteljahrhundert vollziehen. Insofern ist das kein Problem.
E-Aficionado meint
Wenn man den E-Bedarf des täglichen Mail-, WhatsApp-, Insta-Verkehrs sieht, erscheint der Bedarf für die Mobilität doch angemessen.
Die Erzeugung ist gar nicht das Problem, sondern die Speicherung im Tages- bzw. Jahreszeitenrhytmus.
Aber auch dazu gibt es bereits gute Konzepte.
Leider blockieren Lobbyisten deren schnelle Umsetzung.
M. meint
Ok, sorry, in meiner Überschlagsrechnung bin ich da an einer Stelle verrutscht.
Aber die 484 TWh für 2022 kommen mir als wenig vor. Da hatten wir schon mal mehr (siehe oben, hier aus dem Kopf), und im Zuge des E-Mobility-Zuwachses hätte es auch langsam, aber stetig steigen müssen – zumindest nicht fallen.
Zum Strombedarf der Raffinerien gibt es aus der Mineralölwirtschaft (nachvollziehbarerweise) kaum verlässliche Zahlen. Ich erinnere aber an eine Studie mit der Aussage „1,6 kWh pro L Diesel“, was für 6L (100 km) 9,6 kWh wären – also die Hälfte des Gesamtbedarfes.
Aber man muss aufpassen, da können auch variable Anteile anderer Energieträger drin stecken, z.B. bereits zuvor hergestelltes Heizöl zum Erhitzen für diverse Prozesse. Wie gesagt: Transparenz ist hier nicht das Ziel.
Auch nicht inkludiert sind Energieaufwendungen durch die Gewinnung des Rohstoffes in anderen Ländern, aber das hat ja mit dem Energiebedarf in Deutschland dann nichts zu tun.
Was aber den Anteil am Gesamtbedarf angeht: wir sprechen bei der Anzahl der PKW ja vom aktuellen Gesamtbestand bzw. seiner Transformation in BEV.
Lass das nach Abzug des FossilFuel-Energieaufwandes ruhig mal 120 TWh sein (ohne LKW) – das ist der Stand in frühestens 20 oder 25 Jahren.
Bis dahin soll auch die übrige Energiewende weitergehen, da werden Gesamtbedarfe ab ca. 1500 TWh prognostiziert.
Damit wären wir für die PKW wieder bei 120/1500= < 10%.
Wichtig ist: das kann man beim Ausbau planen, das stellt dann kein Problem mehr dar.
Waschmaschinen und Elektroherde werden ja auch nicht als Problem angesehen.
Kona64 meint
Die kWh bei der Treibstoffproduktion sind naturgemäß im Wesentlichen fossile Brennstoffe. Da wird auch der Abfall aus dem Prozess verbrannt. Das ist viel günstiger als Strom.
M. meint
@Kona64:
Wo es geht – sicher. Es geht halt nicht überall. Es gibt ja nicht nur „Wärme“.
Ich glaube, wenn man eine Gesamtbilanz aufstellen würde, würden einem die Haare zu Berge stehen.
Mäx meint
@M
Falls nicht bekannt, kann ich die Seite energy-charts . info empfehlen.
Da kannst du sehen, dass wir in den letzten 20 Jahren nicht mehr als 559TWh Strom erzeugt haben.
Da Deutschland eigentlich jedes Jahr Netto-Exporteur ist, ergibt sich als Saldo ein Maximum von 530TWh Verbrauch.
In den letzten Jahren hat sich das eher auf 500TWh gesenkt, vermutlich durch viele Effizienzsteigerungen in allen Bereichen (LED Beleuchtung, effizientere weiße Ware, effizientere Industrieprozesse etc.).
Die letzten drei Jahre (seit Corona) bewegen wir uns bei ca. 470 TWh Verbrauch.
LOL meint
Lustig, dazu brauchts erst die Aussage von einem Experten im Jahr 2023 ?
Kona64 meint
Noch lustiger …wenn ich runter scrollen zeigt mir Ecomento einen Beitrag “ Experte sieht Probleme …“ . Ich teile aber die Ansicht, dass sich dies alles regelt.
South meint
Ja wie gesagt, es ist ein sinnloses Sichtweise, so zu tun, als wenn die neue Technik wie z.B. E Auto quasi überfallartig plötzlich über Nacht alle verwenden, und die anderen Parameter einfach gleich zu lassen, sich also sonst nichts ändert….
Eichhörnchen meint
Der weltweite Ölverbrauch pro Tag ist ca. 100 Millionen Barrel oder ca. 15 Milliarden Liter. Die müssen also an einem Tag aus irgendwelchen Löcher heraus geschafft, um die halbe Welt transportiert und raffiniert (jeder einzelne Liter auf ca. 800°C erhitzen) werden. Zum Schluss hält man das Feuerzeug dran und hat 45 Milliarden Kg CO2 in der Luft. Jeden und jeden Tag, der absolute Wahnsinn.
Und da sollen ein paar Millionen Tonnen Lithium, Kupfer, Mangan usw. ein Problem sein. Über 20-30 Jahre gefördert und in Batterien verwendet. Und das kann man nach Gebrauch noch recyceln. Probiert das mal mit CO2 ;).
LOL meint
den Versuch gabs doch auch schon mal, dass man gesagt hat, die Öl-Vorräte gehen zur Neige und wir müssen davon weg.
Jetzt versucht man mit der selben Masche gegen Veränderungen zu wettern.
Echt lustig die Welt ist ein Irrrrenhaaus
Matthias Hahn meint
Naja, für Kupfer etc. wird halt mit sehr viel Energie (>90% fossil) sehr viel Erde umgewälzt, da liegt man meist bei 0,5% Kupfer pro Tonne Material das bewegt wird.
Beim Öl ist das schon anders, das sprudelt bei den großen „Elephant“ Ölfeldern, die seit den 50er Jahren einen Gros des Ölbedarf decken – im Vergleich – „fast von selbst“, man muss genug (nach)Bohren und pumpt in der Regel z.B. Meerwasser nach um den Druck zu managen.
Gebe aber Recht die Tage dieser Riesen sind bald gezählt, ein Saudi „Ghawar“, das mal weit über 10% des gesamten Ölverbrauch der Welt decken konnte schafft heute nur noch 4,x und in 10 Jahren vermutlich nicht mal mehr die Hälfte davon, anderen großen Feldern geht es nicht anders und „Elephant“ Felder findet man schon länger keine mehr – dann wirds zappenduster, die Amis werden ihre Tier1 Shale Quellen dann auch schon abgegrast haben.
Verdiene mein Geld mit Erdöl, aber auf das Ende dieser sprudelnden Quelle sollte man sich lieber früher als später vorbereiten, 100 Mio bpd in 2030 wird z.B. echt schwer und wenn dann sehr teuer werden…
South meint
Salopp ausgedrückt … die Zeiten in denen man in Saudi-Arabien nur mit einem Spaten reinstechen musste, und hochwertiges Öl bekam, sind schon lange vorbei. Heutige Förderungen sind viel schwerer und gefährlicher (z.B. Deep Water Horizon) zu fördern und zu Raffinerieren (z.B. Teersande…)… wir müssten eh eher kurz als lang auf alternative Energien umstellen … sogar unabhängig von globaler Erwärmung… wir nehmen den Schritt quasi nur vorweg, um den Rest von fossilen Energien nicht zu verbrauchen und in die Luft rauszublasen….
M. meint
Exakt.
Bei den „Oilsands“ ist das so, dass man zum Auskochen des Öls pro Liter einen halben Liter (bereits gewonnenes) Öl benötigt. Man beschäftigt sich dort also zu einem nicht unwichtigen Teil des Aufwandes mit sich selbst. Ich wollte dort selbst mal hin, bis ich verstand, welche Schweinerei dort läuft.
Dass sich so etwas überhaupt lohnt – von der verwüsteten und auf Jahrtausende vergifteten Landschaft ganz abgesehen – sagt eigentlich genug.
Tim Schnabel meint
Welche „Rohstoff probleme“? Die tun immer so als wenn Die Autos nicht zu 95% aus dem selben Krempel bestehen würden. Metalle und Plastik. Jo bei dem Akku und Emotor ein paar seltene Erden hier und beim Verbrenner ein paar andere seltene Erden da….
Das ist so als wenn diese „Experten“ darüber reden würden
“ Rohstoffproblem bei Cola Herstellung gelöst, Fanta weiterhin umweltschonenden.“ NE…beides nur Zuckerwasser zu 95%.
Hätte ich die sinnvolle Ausbildung bloß sein gelassen und wäre „Experte“ geworden…das kann ja offensichtlich jeder sein.
Ex-Batterieforscher meint
Ich empfehle Ihnen diese Studie hier:
https://www.oeko.de/publikationen/p-details/resource-consumption-of-the-passenger-vehicle-sector-in-germany-until-2035-the-impact-of-different-drive-systems
Da wird genau aufgelistet, bei welchen Rohstoffen es Unterschiede zwischen Verbrennern und E-Autos gibt. Zufälligerweise hat der hier zitierte Experte die Studie mitverfasst.