Ein Team um den Wirtschaftschemiker Stephan von Delft von der Universität Münster ist zu dem Schluss gekommen, dass China das erste Land weltweit sein wird, das sich von der Notwendigkeit des Abbaus von Rohstoffen für Batterien unabhängig macht. Diese Entwicklung könnte laut den Studienautoren in allen untersuchten Regionen – einschließlich Europa und den USA – beschleunigt werden.
Mit der zunehmenden Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge steigt die Nachfrage nach den dafür benötigten Rohstoffen. Angesichts von Lieferketten-Risiken, Umweltproblemen und prekären Arbeitsbedingungen, die mit dem Abbau und Transport dieser Materialien verbunden sind, ist das Recycling von Batteriematerialien zu einem wichtigen Thema in Forschung, Politik und Industrie geworden.
Von Delft von der Universität Münster leitet ein Team von Forschern aus Wissenschaft, Automobil- und Batterieindustrie, das untersucht hat, wann der Bedarf an den drei wichtigsten Rohstoffen für Batterien – Lithium, Kobalt und Nickel – in Europa, den USA und China vollständig durch Recycling gedeckt werden kann – wann also eine vollständige Kreislaufwirtschaft in diesen Regionen möglich sein wird. Die Analysten kommt zu dem Schluss, dass China dies zuerst erreichen wird, gefolgt von Europa und den USA.
Im Einzelnen zeigen die Studien-Ergebnisse, dass China voraussichtlich in der Lage sein wird, seinen eigenen Bedarf an Primär-Lithium für Elektrofahrzeuge, das im Bergbau gewonnen wird, ab 2059 durch Recycling zu decken. In Europa und den USA wird dies erst nach 2070 der Fall sein. Bei Kobalt wird erwartet, dass China seinen Bedarf durch Recycling frühestens ab 2045 decken kann, in Europa wird dies 2052 der Fall sein und in den USA erst 2056. Seinen Nickel-Bedarf kann China durch Recycling wahrscheinlich frühestens 2046 decken, Europa folgt 2058 und die USA ab 2064.
Bereites frühere Forschungsarbeiten haben das Angebot an recycelten Rohstoffen für Batterien und die Nachfrage danach untersucht. Bisher war aber nicht klar, wann eine vollständige Kreislaufwirtschaft erreicht werden kann, bei der sich Angebot und Nachfrage die Waage halten. Das Forscherteam ist auch der Frage nachgegangen, ob es Möglichkeiten gibt, früher das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage zu erreichen, als es die aktuelle Entwicklung vorhersagt.
„Ja, die gibt es“, sagt Stephan von Delft. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass insbesondere eine schnellere Elektrifizierung der Automobilindustrie, wie sie derzeit in der EU diskutiert wird, dabei eine Rolle spielen wird. Denn je schneller sich Elektrofahrzeuge auf dem Automobilmarkt verbreiten, desto eher stehen ausreichende Mengen an Batterien für das Recycling zur Verfügung.“
„Der Bedarf an Rohstoffen könnte durch das Recycling auch viel früher gedeckt werden, da die Batterien kleiner werden und ein sogenanntes ‚zweites Leben‘ für Batterien – zum Beispiel als stationäre Speicher für Solarstrom – vermieden wird“, ergänzt Doktorand Jannis Wesselkämper.
LarsDK meint
Es ist ja nicht mal sicher dass die genannten Rohstoffe dann überhaupt noch in der Batterieproduktion gebraucht werden.
nie wieder Opel meint
Es geht darum, JETZT mit dem Recycling Geld zu verdienen und nicht, irgendwelchen Rohstoffknappheiten in 10 Jahren vorzubeugen. Sonst gäbe es nämlich keine Müllverbrennungsanlagen.
Klero meint
Gerade bei Kobalt und Nickel wird das interessant mit Batterien ohne diese beiden Stoffe. Wird denn damit schon Geld verdient? Natürlich ist ein Recycling auch außerhalb von EVs interessant, aber bei 20 Jahren und mehr sehe ich bei Batterien einige Neuheiten kommen, die zu anderen Rohstoffbedärfen führen können.
Jeff Healey meint
China ist zeitlich mindestens zehn Jahre voraus, in allen Bereichen rund um die Akku-Technologie, Ressourcen-Sicherung, Produktionskapazitäten, Infrastruktur, Batterie-Kreislaufwirtschaft, Zellchemie-Forschung, etc.
Unsere europäischen Vordenker und Lenker haben zu lange die heimische Verbrenner-Industrie in eine vermeintliche Sicherheit gebettet, die sich jetzt als potenziell zerstörerisch herausstellt.
Wichtige Entscheidungen wurden nicht getroffen und 10-15 Jahre verschleppt.
Die heutige, weitestgehende Abhängigkeit von chinesischen Unternehmen und Lieferanten war selbst für den interessierten Laien schon sehr lange absehbar.
Ossisailor meint
Auch in D und in Europa sind Batterie-Recycling-Werke bereits tägig und/oder im Bau, u.a. schon länger von VW in Salzgitter. Da tut sich viel, aber die Verfügbarkeit von Alt-Batterien ist noch recht überschaubar, weil auch viele davon für stationäre Speicher genommen werden, weil dafür die 80 % Kapazität völlig ausreichend ist und die sich daran anschließende Lebensdauer durch sanftere Lade- und Entladevorgänge noch sehr lang ist.
Jeff Healey meint
Bis wir hier in Europa größere Mengen an Alt-Akkus zum Recyceln haben, müssen die chinesischen Hersteller aber noch einiges liefern.
klero meint
Jetzt sollte man wahrscheinlich die Jahresangaben gewiss nicht auf die Goldwaage legen, aber Angaben für 20-30 Jahre+ sind schon sportlich.