Der vietnamesische Autohersteller VinFast will auch Deutschland erobern, der Start hierzulande ist laut einem Bericht aber von Chaos geprägt. Die Auslieferungen an Kunden werden demnach noch länger auf sich warten lassen.
Mit den Vorgängen bei VinFast vertraute Personen berichteten dem Manager Magazin über chaotische Zustände und eine Serie von Entlassungen in den zurückliegenden Monaten. In den vergangenen zwei Jahren habe es allein auf der CEO-Position für Europa vier Wechsel gegeben.
In Deutschland wollte VinFast 2022 erste Einheiten der Elektro-SUV VF 8 und VF 9 ausliefern. Das Unternehmen bewirbt seinen Premiumanspruch, die Fahrzeuge kosten dementsprechend aber auch mehr als attraktive Modelle der Wettbewerber. Ob das Angebot funktioniert, soll sich nach dem verschobenen Start in diesem Jahr zeigen. Bisher ist aber weiter nichts passiert. VinFast verweist laut dem Bericht auf Chip-Engpässe in der Produktion im heimischen Haiphong und Logistikprobleme.
Die Schwierigkeiten bei dem Unternehmen gehen nach Informationen des Manager Magazins tiefer. Die Autos seien für den europäischen Markt noch nicht homologiert, können hier also nicht zugelassen werden. Auf seiner Webseite erklärt VinFast, im zweiten Quartal damit zu rechnen. Auch aufseiten der Mitarbeiter soll es Probleme geben, wie Mitteilungen über Entlassungen auf dem Online-Karrierenetzwerk LinkedIn zeigen.
Ein VinFast-Sprecher sagte, das Unternehmen verfolge eine „flexible Strategie“, um sich „schnell an Veränderungen im Markt“ anpassen zu können. Dabei sei es „normal“, die Organisation regelmäßig zu „verfeinern“ und zu „optimieren“. Bei VinFast herrsche eine „angstgetriebene Kultur“, sagen dagegen Mitarbeiter, so der Bericht. Die Unternehmensspitze suche „Soldaten, die einfach nur machen, was man ihnen sagt“, so ein Insider.
VinFast ist Teil der Vingroup, einem großen privaten Mischkonzern. Gründer und Milliardär Pham Nhat Vuong und sein engster Kreis mischten sich trotz fehlender Autoexpertise bei fast allen wichtigen Entscheidungen ein, heißt es. Hinweise zu Eigenheiten des deutschen Automarktes würden ignoriert. „Das ist komplett zum Scheitern verurteilt“, glaubt ein Insider.
Ein ehemaliger VinFast-Manager erwartet die ersten Auslieferungen nicht vor Herbst. Wann genau, das wisse niemand – das ändere sich auch ständig. Der VF 9 kommt in diesem Jahr wohl nicht nach Europa. „Wir gehen davon aus, im dritten Quartal 2023 mit den Auslieferungen des VF 8 beginnen zu können“, sagte der VinFast-Sprecher. Bald könnten Interessenten auch die kleineren Modelle VF 6 und VF 7 vorbestellen, sie sollen im vierten Quartal starten. Mit dem VF 9 plane die Marke in Europa ab dem zweiten Quartal 2024.
Auch der Ausbau des Vertriebsnetzes verzögert sich offenbar. 28 Mietverträge habe VinFast unterschrieben, wolle zunächst aber nur noch bis zu 16 kleine Schauräume eröffnen, steht in dem Bericht. Dem Sprecher zufolge baut VinFast sein Vertriebsnetz „wie geplant“ auf und aus. 2023 werde man noch sieben weitere Stores in Deutschland eröffnen.
Stefan meint
VF9 als einer der ersten reserviert und nachdem die Preise bekannt wurden (100.000 € (!!!)) direkt wieder storniert. Völlig absurde Preisvorstellung für ein unbekannte Marke mit einem Design für ca. 60.000 €. Fahre nun einen iX 50 und bin super zufrieden. Das wird mit Ansage aber komplett im Desaster enden.
Jeff Healey meint
Welche Vorstellungen haben diese Leute im Kopf?
„Ich gehe mal als völlig unbekannte Marke mit Premium-Preisen in einen der am härtesten umkämpften Märkte der Welt und rolle den von hinten auf“?
Selbst ein völliger Vollpfosten wie ich weiß, das das mit Ansage in die Hose geht.
Ich verstehe daher diese Entscheider nicht:
Die Japaner und Koreaner haben es doch vor Jahrzehnten erfolgreich vorgemacht: Man geht mit qualitativ guten aber volkstümlichen Fahrzeugen in den Markt um sich erst einmal eine Reputation zu schaffen. Heute sind japanische und koreanische Marken voll etabliert in Deutschland und Europa und verdienen gutes Geld damit. Aber selbst jetzt fällt es denen noch schwer im Premiumbereich Fuß zu fassen.
Dabei warten meines Erachtens derzeit viele Europäer händeringend auf bezahlbare E-Autos guter Qualität in einem Preisbereich von 15.000,-€ bis 25.000,-€, also Fahrzeuge, für die die Produzenten in den (Noch-)Niedriglohnländern in Asien eigentlich prädestiniert sind. Aber man geht dort meines Erachtens mit einer völlig falschen Strategie an die Sache heran.
Tom meint
„„Das ist komplett zum Scheitern verurteilt“, glaubt ein Insider.“
DAS glaubt nicht nur ein Insider sondern viele mehr. Ich fragte mich schon bei der Vorstellung der Fahrzeuge, wer die kaufen soll wenn er das Geld auf den Tisch legen kann. Für den aufgerufenen Preis bekommt man „richtige“ Fahrzeuge aus europäischer Herstellung mit entsprechendem Händlernetz und Reverenzen.
Ganz ehrlich, ich hätte einen Vinfast nicht gekauft wenn ich das Geld dazu hätte – und nach solchen Berichten werden es selbst die festentschlossenen nicht mehr tun. Brilliance, Suda & Co. lassen grüßen….
Nguyen meint
Autoteile aus China und in Vietnam montiert und zu europäischen Preisen verkauft…crazy.
Stephan meint
Ich bin mir nicht sicher ob auch der Kurs an den Aktienmärkten etwa überzeichnet ist und ob der Erfolg in Deutschland sich zeigen wird. Wobei man sich auch irren kann. Es ist global zu betrachten, ob diese Marke ein fester Bestandteil wird oder Rob es eine Seifenblase ist. Ich bin jedenfalls gespannt auf das kommende Ergebnis.
Tesla und andere hatten gewisse Vorteile,sie waren bekannt. Der Kunde könnte mit dem Namen was anfangen . Das kann VinFast nicht bieten und hat in diesem Bereich noch viel zu tun. Es heiß abwarten und Tee trinken was passiert. Insider können Recht haben, können sich aber auch irren.
Thorsten meint
Ob der europäische Marktstart klappt ist vermutlich irrelevant. Das Auto hat in der EU kaum Chancen Verkäufe abseits von ferner liefen zu generieren.
M. meint
Zumindest die Vorstellung bei Vinfast ist eine andere.
Würde man den deutschen Markt als irrelevant einstufen, wozu dann der Stress?
Aber dass das scheitert, ist völlig klar. Kein No-Name „Premium“ Hersteller kommt hier her und verkauft mal eben so 4-oder 5-stellige Stückzahlen im Jahr.
Kennt man bei Genesis, Lexus, und einigen mehr. Aus der alten Welt und aus der neuen.
Thorsten meint
@M.
Die Relevanz in meinem Text bezog sich auf den EU-Markt für BEV.
VinFast wird hier ähnlich „erfolgreich* sein wie Aiways, da sind wir uns einig!
M. meint
Ja, du hast Recht, ich war noch in diesem Satz gefangen:
„Hinweise zu Eigenheiten des deutschen Automarktes würden ignoriert. „Das ist komplett zum Scheitern verurteilt“, glaubt ein Insider.“
Ich finde es übrigens kurios, eine Modellpalette aufzulegen, die ausschließlich aus unterschiedlich großen SUVs besteht. Dass man heutzutage welche im Programm hat – ok. Aber nur?