Der deutsche Zuliefer-Riese Mahle macht seit Jahren Verluste. Für den Konzern ist das auch wegen der erforderlichen Umstellung auf Produkte für die Elektromobilität eine Belastung. Mahle-Chef Arnd Franz hat mit der Welt über die Herausforderungen der Elektrifizierung des Automobils gesprochen.
In Europa sollen ab 2035 nur noch abgasfreie Autos neu zugelassen werden dürfen. Das sei eine „fast pharaonische Zielsetzung“, sagte Franz. Mit jedem Baustein der Transformation seien Unsicherheiten und Risiken verbunden – von der Ladeinfrastruktur über Verfügbarkeit und Preis von grünem Strom bis zur Frage, wie man es schaffe, E-Fahrzeuge zu einem attraktiven Preis auf den Markt zu bringen. Am Ende kauften die Kunden aber die Autos, die sie möchten und nicht die, die ihnen die Politik vorschreibt.
Der Mahle-Boss betonte, dass der Umstieg gelingen müsse. Für umweltverträgliche Mobilität sei das batterieelektrische Fahrzeug im Pkw-Sektor der beste Weg. Es dürfe aber nicht der einzige Weg bleiben – „aus Gründen der Risikoabwägung und aus sozialen Gründen“. Es brauche vielfältige Lösungen für die Dekarbonisierung, so sehe man das in allen anderen Weltregionen – nur Europa habe eine andere Entscheidung getroffen.
Neben dem Hochlauf der Elektromobilität müsse man dafür sorgen, dass alle anderen Antriebsformen nachhaltig werden. „Das heißt, wir brauchen hocheffiziente Verbrenner, die mit nachhaltigen Kraftstoffen klimaneutral betrieben werden“, so Franz.
Auf die Frage, ob der Konzern mit Komponenten für Elektroautos schon Geld verdiene, sagte der Chef, dass im Moment fast nur investiert werde. Die Stückzahlen lägen „weit hinter den Erwartungen“ und die Schwankungen sei sehr hoch. Das mache die Transformation noch anspruchsvoller, als sie es von vornherein war.
Für die Industrie wäre es aus betriebswirtschaftlicher Sicht gut, wenn die Erwartungen, die an sie gerichtet werden, in der Realität eintreten, erklärte der Manager. „Davon sind wir weit entfernt, aufgrund der makroökonomischen Bedingungen. Durch die Inflation haben die Leute weniger Geld in der Tasche und auch die Finanzierungskosten explodieren. Dazu kommen Unsicherheiten: Wie entwickelt sich der Restwert batterieelektrischer Fahrzeuge? Wie sind die Vermarktungsmöglichkeiten für Verbrenner in drei oder vier Jahren?“ Die Industrie müsse mit attraktiven und erschwinglichen Produkten überzeugen.
„Für Mahle ist die E-Mobilität weltweit gesetzt“
„Ich bin überzeugt, dass Elektroautos viele Vorteile gegenüber dem Verbrenner haben“, unterstrich der Mahle-Chef. Es gebe aber noch „ein paar Herausforderungen“, die schnell adressiert werden müssen. Für Mahle sei die E-Mobilität weltweit gesetzt. Das Unternehmen leiste hier „wesentliche Beiträge“, konkret intelligentes Laden sowie „hocheffiziente“ Antriebsmotoren. Das zweite Strategiefeld sei das Thermomanagement. Effizientes Kühlen und Heizen seien im E-Fahrzeug sehr wichtig, weil es unter anderem die Lebensdauer der Batterie verlängert und die Reichweite steigert.
Mit Blick auf den von Fachleuten prognostizierten umfangreichen Wegfall von Stellen durch die Elektrifizierung meinte Franz, dass es bei Mahle in den nächsten vier bis fünf Jahren „ein sehr stabiles Bild“ gebe. Aber in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts werde viel passieren, an allen Standorten in Europa. Er glaube nicht, dass der Konzern seine aktuell 30.000 Mitarbeiter in der Region im Jahr 2035 noch haben wird – es werden seiner Einschätzung nach „deutlich weniger sein“. Der Umsatz werde weiter wachsen, aber die Wertschöpfungsketten würden sich in der Industrie so verschieben, dass ein Beschäftigungseffekt auch für Mahle nicht ausbleiben wird.
In Deutschland hat Mahle 10.000 Mitarbeiter, etwa 6000 davon im Verbrennerbereich. Möglichst vielen davon will das Management in den neuen Technologien ein berufliches Zuhause schaffen. So werde aus der Diesel- eine E-Antriebsentwicklung, gleichzeitig qualifiziere man Beschäftigte für Berufe außerhalb von Mahle.
Deutschland müsse angesichts der Fortschritte Chinas bei Öko-Technologien weiter auf Innovationen setzen, forderte der Mahle-Boss. Dafür brauche es günstige Rahmenbedingungen: „schnelle Genehmigungsverfahren, eine enge Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, zielführende Förderprogramme und eine funktionierende öffentliche Verwaltung“. Die Willensbekundungen der Politik seien da, aber am Ende würden Fakten und Kosten entschieden. Vor allem bei der Energie brauche es internationale Wettbewerbsfähigkeit. Das lasse sich nachhaltig nicht durch Subventionen lösen.
Kranich meint
„Das heißt, wir brauchen hocheffiziente Verbrenner, die mit nachhaltigen Kraftstoffen klimaneutral betrieben werden“, so Franz.
Die Kolbenjogis mal wieder.
volsor meint
„„Das heißt, wir brauchen hocheffiziente Verbrenner, die mit nachhaltigen Kraftstoffen klimaneutral betrieben werden“, so Franz.“ Da hängt einer immer noch an der Verbrenner Schürze.
Und dann dieser Satz. „Es dürfe aber nicht der einzige Weg bleiben – „aus Gründen der Risikoabwägung und aus sozialen Gründen“.“
Wie bitte sollen sich die Menschen die sich jetzt schon kaum ein Auto leisten können (im Unterhalt) , dann die 3 – 4 mal so teueren E-Fuels leisten?
Cadrick Bauer meint
Diese Fragen stellten sich mir an diesen Stellen auch.
Für welche Zielgruppen braucht es denn sündhaft teure, nachhaltige Kraftstoffe in der landgebundenen Mobilität? Ich seh’s ja bei Schiff- und Flugverkehr eventuell ein, aber bei allem, was auf Rädern fährt?
Horst meint
Du hast es leider nicht ganz verstanden, der Unterhalt ist nicht das Problem, sondern die hohen Kaufpreise der BEVS. Verbrenner sind nunmal im Schnitt 5-10k günstiger im Kauf, und wie teuer Wasserstoff oder e-fuels mal werden, weiß heute kein Mensch.
South meint
@Horst. Volsor hat das sogar ganz gut verstanden. Es gab nie und gibt auch beim E Auto keinen natürlichen Anspruch auf einen Neuwagen. Auch heute, unabhängig vom Antrieb, wer sich keinen Neuwagen leisten kann, muss auf einen Gebrauchtwagen ausweichen. Beim E Auto ist dafür der Unterhalt deutlich günstiger, also es steht ein deutlicher Mehrwert entgegen, in wenigen Jahre sogar sehr deutlich.
Wenn wirklich Geld beim Kunden knapp ist, dann hilft der teure H oder E Fuels, den BMW richtigerweise im oberen Spektrum des Luxusbereichs verordnet, auf gar keinen Fall weiter.
Horst meint
OK verstanden, vielen Dank für die aufschlussreiche Erklärung
Ben meint
Doch des weiß jeder Mensch der nur danach such, die Lobbygruppe E-Fuel- Allianz sagt schreibt auf ihrer Seit dass wenn jetz massiv investiert wird, wir bei einem realistischen Produktionspreis von 1€/l lins, was ein Endkundenpreis von min. 3€/l bedeutet.
alupo meint
Oh doch, zu H2 wage ich nach 20 Jahren in im Gasegeschäft mit Produzenten, Forschern, Marketingleuten zusammen die Prognose, dass das mit H2 im bodennahen Verkehr nichts werden wird.
H2 wird in Zukunft zwar wichtiger in z.B. der Stahlindustrie, verliert andererseits aber in der Entschwefelung von Kraftstoffen Marktanteile. Dennoch, der H2 Bedarf wird über die Chemie hinaus steigen, aber er wird dabei sehr teuer bleiben. Viel zu teuer für die Mittelschicht.
Kona64 meint
Die Verbrennermotoren sind zudem ausentwickelt. Neue Motorenentwicklung fängt doch keiner mehr an und Technologiesprünge wird es da nicht mehr geben. Der Wirkungsgrad bleibt schlecht. Für Verbesserungen hätte man auch die letzten 40 Jahre schon Zeit.
LarsDK meint
Ich finde ich höre da schon wieder Bedenken das es vielleicht an Strom für die E-Autos mangeln könnte. Wenn da nicht genug Strom für die E-Autos ist, wie will man dann Strom für Wasserstoff und E-Fuels haben?
Yagori meint
@LarsDK der H2 wird außerhalb von Deutschland erzeugt. In Deutschland ist das nicht möglich.
Ben meint
Ja stimmt, z.B. aus russischen Erdgas…oder saudischen Erdgas oder warte man könnt sich noch abhängiger von noch schlimmereren Diktatoren machen anstatt Erneuerbare aufzubauen und den Strom direkt zu nutzen.
Marcus meint
Erstens machen wir uns dann wieder abhängig und zweitens wir es sau teuer.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
„Vor allem bei der Energie brauche es internationale Wettbewerbsfähigkeit. Das lasse sich nachhaltig nicht durch Subventionen lösen.“
Naja, das Thema Subventionen hat sich nach der aktuellen Haushaltssperre jetzt erst einmal für die nächsten Jahre erledigt.
Tim Schnabel meint
Das wäre doch jetzt die Gelegenheit die Diesel Subventionen…ich meine „Steuervorteile“ ab zu schaffen .
Ne also man hört doch immer „eine neue Technologie muss sich ohne Subventionen und Förderung durchsetzen“ eben..kann das der Superduper sauber Diesel etwa nicht?