Volkswagen-Betriebsratschefin Daniela Cavallo hat mit dem Spiegel über die Auslastungsprobleme der Elektroauto-Produktion des Konzerns gesprochen. Sie äußerte sich auch zu ihrer Ansicht der Herausforderungen für die deutsche Industrie durch die E-Mobilität.
Die mangelnde Auslastung sei nicht nur ein Volkswagen-Problem. „Die E-Mobilität insgesamt wird in Deutschland und Europa nicht so angenommen wie geplant“, so die Arbeitnehmervertreterin. „Das Ziel der Bundesregierung, 15 Millionen E-Autos bis 2030 auf die Straßen zu bringen, werden wir höchstwahrscheinlich verfehlen.“ Viele glaubten, E-Mobilität sei umständlich. Die Angst, unterwegs mit leerer Batterie liegenzubleiben, sei immer noch weitverbreitet. Zudem seien E-Fahrzeuge teurer als vergleichbare Verbrenner.
Das erschwinglichste Elektroauto der Volkswagen-Kernmarke kostet derzeit knapp 40.000 Euro. Aktuell fehle ein Angebot im Einstiegssegment, räumte Cavallo ein. Von 2026 an solle es mit der Serienversion des ID.2 „endlich ein Fahrzeug unter 25.000 Euro geben“. Es brauche aber auch ein E-Auto mit einem Startpreis bei 20.000 Euro, um wirklich alle Käuferschichten zu erreichen. Leider herrsche hier noch keine Klarheit, das Fahrzeug stecke noch in der Konzeptphase.
Dass VW auf die falschen E-Modelle gesetzt hat, findet die Betriebsratschefin nicht. Der Umstieg auf E-Mobilität erfordere „gewaltige Investitionen“. An größeren Fahrzeugen verdiene das Unternehmen mehr Geld, deshalb habe man sich zunächst darauf konzentrieren müssen. Innovationen kämen immer von den oberen Klassen ins Volumensegment, das sei branchenüblich. „Aber natürlich hätte VW deutlich früher auch kleinere Modelle planen müssen. Dass das nicht geschehen ist, belastet uns jetzt.“
„Wer Prämien verspricht, sollte langfristig dazu stehen“
Mit Blick auf die Ende 2023 abrupt eingestellte Elektroauto-Kaufprämie sagte Cavallo, dass die Politik nicht den Job der Autohersteller machen müsse. „Aber wer Prämien verspricht, sollte langfristig dazu stehen. Neben Berechenbarkeit und Verlässlichkeit erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie sich klar zur E-Mobilität positioniert. Stattdessen präsentiert sie synthetische Kraftstoffe, E-Fuels, als vermeintliche Alternative.“ Das verunsichere die Menschen.
E-Fuels seien für Bestandsfahrzeuge sinnvoll, aber keine Alternative zur Elektrifizierung, merkte Cavallo an. Zwar herrsche auf den Vorstandsetagen hinsichtlich der Elektrifizierung „eine gewisse Ernüchterung“, trotzdem gebe es zur E-Mobilität „keine Alternative“. Es wäre „gefährlich, jetzt schon wieder von diesem Weg abzuweichen“. Länder wie das Stromer-Mekka Norwegen bewiesen, dass ein konsequenter Umstieg möglich ist.
Die Betriebsratschefin erklärte, dass durch den Wandel zur E-Mobilität Arbeitsplätze wegfallen würden. Es sei aber „ein Irrglaube“, dass der Autobau sich durch den Wandel komplett verändert. Es entstünden zugleich neue Jobs, etwa in der Batteriezellfertigung. „Wir müssen allerdings aufpassen, dass wir solche Zukunftstechnologien in Deutschland entwickeln – dort, wo die alten Jobs wegfallen.“ Es gelte zudem, Know-how und neue Industrien ins Land zu holen. „Wenn uns das nicht ebenfalls gelingt, ist unser Wohlstand in Gefahr.“
Vom von der EU für 2035 beschlossenen faktischen Verbrennerausstieg abzurücken, wie es einige in Industrie und Politik fordern, wäre „fatal und eine Gefahr für die Wirtschaft“, sagte Cavallo. „Wir bei Volkswagen haben unsere Strategie darauf ausgerichtet und investieren 180 Milliarden Euro, zum großen Teil in die E-Mobilität.“
Nostradamus meint
Ich sehe hier keine neuen Informationen, alles ist schon längst bekannt und unzählige Male diskutiert. Eine prinzipielle Frage: Ist es sinnvoll, dass eine Betriebsratsvorsitzende sich mit Technik und Technologie beschäftigt? Innerhalb des WV-Konzerns gibt es unzählige interne Probleme in Bezug auf Arbeitseffizienz und Organisation, wo der Betriebsrat eine entscheidende Rolle spielen soll – solche Themen sind aber für Frau Cavallo ein Tabu!
Solariseur meint
Zumal sie offensichtlich genauso wie ich (als uninteressierter Externer) keine Kenntnis von der neuen VW-Resterampe hat.
Bestätigt aber meine Vorbehalte, dass man Aussagen von VW-Offiziellen nicht uneingeschränkt Glauben schenken darf.
Egerling meint
Eine sehr kluge Frau, ich hoffe sie bekommt den nötigen Rückhalt im Unternehmen.
Solariseur meint
„Das erschwinglichste Elektroauto der Volkswagen-Kernmarke kostet derzeit knapp 40.000 Euro.“
In Deutschland.
„wird in Deutschland und Europa nicht so angenommen wie geplant“
In China, wie läuft es da mit den ID-Modellen? Denke mal, der absolute Renner dort, kosten ja nur etwas über die Hälfte wie in Europa.
Lasse mich aber gerne eines besseren belehren.
Thomas Claus meint
„Das erschwinglichste Elektroauto der Volkswagen-Kernmarke kostet derzeit knapp 40.000 Euro.“
Nein! Es kostet 33.000 Euro! Da sind die offiziellen Rabatte die VW jedem gibt abgezogen. Kann jeder im Konfigurator sehen.
Stefan meint
Wenn man vielleicht den kleinen Akku wieder anbieten würde, könnte man den Preis locker unter 30.000€ drücken.
Solariseur meint
Hammer. Stimmt, 7.000 EUR Rabatt ab Werk – Dachstuhl scheint wirklich zu brennen. Vermute, die gesamte Marge geht damit flöten.
GrußausNiedersachsen meint
wie war das noch Anfang 2023 ?
„Wir haben eine klare Preisstrategie und setzen dabei auf Verlässlichkeit. Wir vertrauen auf die Stärke unserer Produkte und Marken“, sagte Blume. Volkswagen wolle zwar „ein weltweit führender“ Anbieter von Elektroautos sein, doch solle dies durch „profitables Wachstum“ erreicht werden.
Preiswettbewerb: „Den Unsinn machen wir nicht mit.“
Solariseur meint
„Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“
Powerwall Thorsten meint
Tja, nicht nur amerikanische CEOs erzählen viel, wenn der Arbeitstag mal wieder sehr lang war ;-)
Solariseur meint
Das kann man prinzipiell nicht ausschließen bei der Verallgemeinerung.
Egerling meint
Ist doch positiv wenn ein CEO auf die ständig ändernde Marktsituation reagiert und nicht stur an einer Entscheidung von vor über einem Jahr festhält. Das wird doch in einem so dynamischen Markt erwartet. Seine Aussage war ja nicht gestern.
Gut für die Kunden, das zählt doch.
Solariseur meint
Ich erwarte von einem CEO eines so großen Konzerns, dass er im Markt agiert, ihn beeinflusst und steuert, neue Märkte erschließt und nicht nur reagiert auf dessen Bewegungen, indem er öffentlich klar kommunizierte Prinzipien und Grundlagenentscheidungen zeitnah über den Haufen wirft. Verlässlichkeit diesbezüglich hat er selbst ins Spiel gebracht.
TL431 meint
„wie war das noch Anfang 2023 ?“
Du hast aber schon mitbekommen das zwischenzeitlich die Förderung abrupt gestoppt wurde?
Egerling meint
Das wird er wissen, aber dann fällt sein schöner Kommentar in sich zusammen.