Um die ehrgeizigen CO2-Vorgaben in Europa zu erfüllen, muss der Anteil der neu verkauften batterieelektrischen Lkw und solcher mit Brennstoffzelle laut einer Studie von heute unter 2 Prozent im Jahr 2030 auf 40 Prozent in Europa steigen. Dafür müsste die aktuelle Kaufzurückhaltung der Logistik-Kunden überwunden werden. Bei entsprechendem Hochlauf könnte in einem bestmöglichen Szenario 2035 dann jeder zweite neue Truck emissionsfrei fahren.
Die Branche stehe vor einem fundamentalen Wandel, prognostiziert die Unternehmensberatung McKinsey. Das Geschäft mit Neufahrzeugen werde 2035 nur noch 7 Prozent des Gewinns ausmachen, der Aftermarket (38 %) und neue datenbasierte Mobilitätangebote – von Ladelösungen bis hin zu Vernetzungsservices bis zu Versicherungen – dagegen 34 Prozent.
„Um einen solch fundamentalen Wandel in der Industrie in dieser kurzen Zeit hinzubekommen, müssen sehr viele Faktoren zusammenkommen – von den Herstellern über die Zulieferer bis hin zu den Logistikunternehmen als Kunden und den Betreibern der Ladeinfrastruktur“, sagt Anna Herlt, Senior Partner im Münchner Büro von McKinsey und weltweite Leiterin der Nutzfahrzeugberatung. Um den Hochlauf erfolgreich zu gestalten und zu ähnlichen Gesamtbetriebskosten wie bei Diesel-Lkw zu kommen, müssten die Anschaffungskosten um bis zu 50 Prozent und die Ladekosten um 25 Prozent im Vergleich zu heute sinken.
Philipp Radtke, Senior Partner von McKinsey: „Batterieelektrische Trucks dürfen unter den aktuellen Rahmenbedingungen in der Anschaffung höchstens 30 % teurer sein, um für Kunden in den Gesamtbetriebskosten attraktiv zu sein“.
Lkw-Branche setzt auf Nullemissionstrucks
Mehr als zehn Hersteller werden der Auswertung nach in den kommenden zwei Jahren neue „Nullemissionstrucks“ auf den Markt bringen, darunter Modelle mit Reichweiten von 500 Kilometern in Europa. Herlt: „Wir werden in der Industrie ein Austesten verschiedener Antriebe sehen – neben den dominierenden batterieelektrischen Trucks also auch solche mit Brennstoffzelle, Wasserstoff-Verbrenner und synthetische Kraftstoffe.“
Allerdings übten sich die Kunden in Kaufzurückhaltung. Viele insbesondere kleinere Logistikunternehmen seien nicht in der Lage, die um 50 bis 250 Prozent höheren Anschaffungskosten für Nullemissionstrucks zu stemmen. Von über 250 Flottenbetreibern, die für die Studie befragt wurden, nannten 34 Prozent Unsicherheiten über die Batterielebensdauer, 31 Prozent lange Ladedauer und 30 Prozent mangelnde Reichweite als Gründe gegen die Anschaffung eines batterieelektrischen Trucks.
Um den Hochlauf überhaupt realisieren zu können, müssten bis 2035 bis zu 900.000 private Ladepunkte in Europa installiert werden – dafür seien 20 Milliarden US-Dollar an Investitionen nötig, so die Berater. „Aktuell ist nur ein Bruchteil dieser Summe fest zugesagt“, erklärt Herlt. Gründe dafür seien unter anderem die schleppenden Genehmigungsverfahren und Anschlüsse von Lkw-Ladeparks an das Stromnetz.
Neue, datenbasierte Angebote aus einer Hand wie Leasing und Finanzierung, Ersatzteile, Ladelösungen, digitale Services und Versicherungen unter dem Stichwort „Truck-as-a-service“ (TaaS) könnten helfen, mögliche Risiken im Übergang zu einer Nullemissions-Nutzfahrzeugindustrie zu reduzieren. „Fast drei Viertel des Gewinns der Branche im Jahr 2035 entsteht aus diesen wiederkehrenden Services“, sagt Tobias Schneiderbauer, Co-Autor der Studie. 90 Prozent der befragten Logistiker stehen TaaS interessiert gegenüber. „Für Hersteller und Zulieferer aus der Truckbranche werden neue Kompetenzen, beispielsweise im Softwarebereich, aber auch Kooperationen und Partnerschaften mit Tech-Playern zunehmend wichtig, um an den zukünftigen Wertsteigerungen der Branche zu partizipieren.“
Kasch meint
Die ersten Semis hätte ich versucht direkt an der Hannovermesse zu reservieren. Da keine einzige echte Alternative dafür in Sicht, werden die Lieferzeiten jahrelang. Eskaliert Krieg im gesamten nahen und mittleren Osten, steigt der Ölpreis in unabsehbare Höhen. Als Spediteur / Logistikunternehmer würd ich die Chance nutzen, statt zu schlafen bis meine Insolvenz nicht mehr verhinderbar ist.
ID.alist meint
Es wird so langweilig wenn McKinsey Studien veröffentlicht.
Die Kaufzurückhaltung kann überwunden werden wenn das Angebot besser wird, und wir haben auf der IAA gesehen, dass die E-LKWs noch in den Kinderschuhen stecken.
Leider kann man nicht wissen, ob McKinsey über Langstrecke, Mittelstrecke oder Kurzstrecke spricht. Aber na ja, so ein Wirrsaftberatungsunternehmen muss ja per definition möglichst vage bleiben.