In deutschen Haushalten schlummert ein großes Potenzial an dezentraler Flexibilität aus Photovoltaik-Heimspeichern, Wärmepumpen und Elektroautos. Aufgrund des langsamen Smart-Meter-Rollouts sind diese Potenziale derzeit jedoch kaum für die Systemstabilität nutzbar. So werden beispielsweise Photovoltaik-Heimspeicher fast ausschließlich zur Erhöhung des solaren Eigenverbrauchs eingesetzt, obwohl laut Bundesnetzagentur derzeit rund 15 GWh an Heimspeichern im Marktstammdatenregister registriert sind.
Der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW und der Energieanbieter Octopus Energy arbeiten daher an Pilotprojekten zur Integration und Beanreizung von verbrauchsseitiger Flexibilität. Im Rahmen der im November 2024 gestarteten „PowerLändle“-Aktion schaffen die Projektpartner für Privatpersonen in Baden-Württemberg die Möglichkeit, mit Hilfe der Energiewende-App „StromGedacht“ ihren Energieverbrauch netzdienlich anzupassen und durch die Teilnahme an einem Gewinnspiel sowie die Rückerstattung eines Teils der Stromrechnung finanziell zu profitieren.
„Der schleppende Smart-Meter-Rollout stellt für uns als Übertragungsnetzbetreiber eine große Hürde dar, die großen Potenziale an verfügbarer dezentraler Flexibilität netzdienlich zu heben. Gemeinsam mit Octopus Energy konnten wir nun zeigen, dass bereits eine geringe finanzielle Incentivierung pro Kilowattstunde ausreicht, um eine netzdienliche Verhaltensänderung zu bewirken“, kommentiert Werner Götz, Vorsitzender der Geschäftsführung von TransnetBW, die ersten Projektergebnisse.
Mit der StromGedacht-App und der im November 2024 gestarteten PowerLändle-Aktion schaffen die Projektpartner die Möglichkeit für Privatpersonen in Baden-Württemberg, sich an der Energiewende zu beteiligen und sich netzdienlich zu verhalten, unabhängig davon, ob sie ein Elektroauto, eine Wärmepumpe oder einen Photovoltaik-Heimspeicher besitzen.
„Die Flexibilität der Verbraucher ist unglaublich wertvoll“
„Die Flexibilität der Verbraucherinnen und Verbraucher ist unglaublich wertvoll. Jede verschobene Kilowattstunde ist günstiger als teurer Backup-Strom. So sinken die Systemkosten – und das Geld fließt zurück an die Verbraucher statt an fossile Kraftwerksbetreiber“, erklärt Bastian Gierull, Geschäftsführer von Octopus Energy Deutschland. „Um das Potenzial in Deutschland voll auszuschöpfen, brauchen wir aber Smart Meter, auch für Haushalte ohne E-Auto oder PV. Gemeinsam können auch kleine Verbraucher einen großen Effekt erzielen. Sie haben nicht nur das Recht, finanziell an der Energiewende teilzuhaben, sondern können einen echten Beitrag zur Netzstabilität leisten. Deshalb braucht es keinen selektiven, sondern einen flächendeckenden Smart-Meter-Rollout.“
Netzengpässe entstehen meist durch eine hohe Windeinspeisung in Norddeutschland. Durch das hohe Angebot an Windstrom sinken die Großhandelspreise an der Strombörse. Marktteilnehmer (z. B. Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken) im industriereichen Süden decken sich dann mit günstigem Strom ein. Das ist auch so gewollt, doch das bestehende Stromnetz ist für diese windreichen Stunden noch nicht ausgelegt. In solchen Netzengpass-Situationen drohen die Leitungen zu überlasten.
„Auch während eines prognostizierten Netzengpasses stellt TransnetBW eine zuverlässige und sichere Stromversorgung sicher. Dazu stehen der Systemführung zahlreiche Instrumente für Netzengpassmanagement zur Verfügung. Diese verursachen jedoch in der Regel zusätzliche Kosten, die über die Netzentgelte von den Endverbrauchern mitbezahlt werden“, erklärt der Übertragungsnetzbetreiber.
Frank meint
Ihr habt einen ganz wichtigen Punkt komplett ausser acht gelassen:
Wir haben zur Zeit falscherweise Deutschlandweit den gleichen Strompreis.
Wenn also in Norddeutschland die Windkraft so stark blässt, dass der Strom in ganz Deutschland billig ist, dann bekommen die Speicher in Süddeutschland das Preissignal –> volladen, da aber nicht ausreichend Kabel zur Verfügung stehen den billigen Windstrom nach Bayern zu transportieren werden dort teure Gas und Kohlekraftwerke angeworfen, damit die Batterien (billig) geladen werden können.
Die Kosten für diesen Redispatch muss die Allgemeinheit tragen. Wir brauchen dringend mindestens 4 besser über 100 Strompreiszonen, damit die Marktwirtschaft hier funktionieren kann. Ansonsten würde das Problem durch viel mehr Leitungen und durch Windkraftanlagen in Bayern und BW reduziert werden.
Wenn ihr euch für das Thema (das den Steuerzahler noch viele Milliarden Euro kosten wird) interessiert, dann schaut euch den Geladen-Podcast mit Prof. Lion Hirth an.
F. K. Fast meint
Absolut korrekt. Sage ich als jemand, der in Süddeutschland lebt.
Futureman meint
Leider ist Deutschland (wie in vielen anderen Bereichen) Schlusslicht bei der Digitalisierung. Fast alle Länder in Europa sind wesentlich weiter mit SmartMetern. Allerdings sind dort auch die technischen Anforderungen geringer. Jeder, der sich damit auskennt freut sich auf die Aufforderung „ein APZ-Feld ist nötig, das kostet“. Von zig Smartmetern (einschließlich meinem Eigenem) ist aber keiner darüber angeschlossen. Bremsen durch Bürokratie.
Fred Feuerstein meint
Ja, absolut, bei mir musste auch ein APZ Feld nachgerüstet werden. Und es ist bis heute leer…
Dieseldieter meint
V2G finde ich eigentlich ziemlich spannend. Ich möchte mir gerne den id4 bestellen, aber bei VW kann man nur max. 10.000 kw entladen, d.h. an eine DC-Wallbox brauche ich gar nicht denken, die kriege ich nie wieder amortisiert. Weiß jemand ob es Hersteller gibt, bei denen das unlimitiert ist, und wie sich das ganze auf deren Garantie auswirkt?
Lotti meint
Warum nicht einfach einen stationären Speicher statt DC Wallbox?
Dieseldieter meint
Das wäre natürlich eine Überlegung wert, damit muss ich mich genauer auseinandersetzen. Danke für den Tipp, ist noch ein bisschen hin bis das mit dem Auto konkret wird.
Fred Feuerstein meint
Ein stationärer Speicher ist auf jeden Fall günstiger und vor allem wird der nicht nach einer gewissen Zeit (4.000 h) und Energiemenge (10.000 kWh) für die weitere Nutzung als Speicher gesperrt…
Stefan meint
Bei den aktuell hohen Anteilen von Ein- und Zweipersonen-Haushalten mit einem Stromverbrauch von weit unter 6000 kWh lohnt sich ein Smartmeter nicht.
Die haben aber meist auch keine Solaranlage auf dem Dach oder kein Batteriespeicher.
ZastaCrocket meint
Trotzdem sollten Smartmeter und auch dynamische Stromtarife Standard werden. Gleichzeitig muss die Installation von Hausspeichern einfach und kostengünstig möglich sein. Damit werden die Stromunden den Verbrauch an die Erzeugung anpassen und die Netzausbaukosten sinken.
Sven meint
Ich sehe auch die Kosten für die Smartmeter und den Stromzähler kritisch. Ob die jährlichen Kosten eingespart werden können? Diese Geräte sollten ohne Gebühren von den Netzbetreibern zur Verfügung gestellt werden. Das neue EEG sieht Kosten vor die das ganze Projekt zu teuer machen.
Mary Schmitt meint
Die Smartmeter kommen aber. Dann interessieren sich die Kunden noch etwas mehr dafür, ob ihr nächstes Auto v2g/v2h kann.
ZastaCrocket meint
Das schon. Ich bezweifele allerdings, dass die Technik(Anbindung des Fahrzeugs an das Netz) mittelfristig so erschwinglich sein wird, das es sich für einen „normalen Kunden“ lohnt. Aktuell funktioniert das leider nur über eine DC-Wallbox und die ist so teuer, dass man das Geld über einen möglichen Eigenverbrauch oder Verkauf nie zurück bekommt.
Lotti meint
Nope, ein Auto wird auch in Zukunft nicht die Rolle der stationären Speicher übernehmen.
Peter meint
Ich glaube schon, Tim.
Spätestens, wenn Akkus im Terawattstundenbereich 23 Stunden des Tages irgendwo rumstehen (entspricht > 20 Mio. Autos mit je 50kWh Akkustand) wird irgendjemand ein Geschäft damit machen wollen.