Experten und die EU fordern seit Monaten, dass Deutschland eine eigene Fertigung von Batteriezellen für Elektroautos erhält. Sie argumentieren, dass das Geschäft mit Akkus nicht asiatischen und US-amerikanischen Unternehmen überlassen werden darf – ansonsten drohe ein Bedeutungsverlust für die hiesige Automobilbranche. Doch die deutschen Hersteller und Zulieferer zieren sich noch.
EU-Vizepräsident Maros Sefcovic will die Wettbewerbsfähigkeit der EU in Sachen Batterietechnik nun vorantreiben – sein Plan: Mit Subventionen eine große europäische Akkuzellen-Fabrik nach dem Vorbild der von Tesla und Panasonic betriebenen US-Gigafactory ins Leben rufen. Erste Gesprächsrunden sollen bereits stattgefunden haben, anwesend waren unter anderem Bosch und BASF. Ende Februar will Sefcovic einen konkreten Plan für das Batterie-Projekt präsentieren.
Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten sind für das EU-Projekt zunächst Beträge von unter 2,5 Milliarden Euro geplant. Die Investitionen sollen dabei von möglichst vielen Unternehmen getragen werden – vom Chemieunternehmen bis zu Herstellern von Elektroautos. Die Unternehmen sehen das Vorhaben offenbar aber mit großer Skepsis. „In der Automobilindustrie glauben sie selbst nicht daran, dass es bis 2025 den Bedarf an nennenswerten Stückzahlen gibt“, wird ein Kenner der Szene zitiert.
Den Bau einer großen Batterie-Fabrik wird die EU aufgrund fehlender Unterstützung der Branche im nächsten Monat wohl noch nicht verkünden können. In einem ersten Schritt soll den Stuttgarter Nachrichten zufolge daher lediglich eine Produktionsstätte mit einem Investitionsvolumen im niedrigen dreistelligen Millionenbereich entstehen. Bis zu ein Drittel der Kosten des Projektes könnte von der EU gestemmt werden. Sobald die Nachfrage nach Elektroautos steigt, soll die Batterie-Fabrik mit Hilfe großzügiger EU-Unterstützung wachsen.
Lewellyn meint
Erst mit der Feststoffbatterie ab 2025 groß einzusteigen ist ja im Grunde kein schlechter Plan. Aber das sind nur noch 7 Jahre. Wenn ich ab 2026 Milliarden Zellen für Millionen Autos produzieren will, dann sollte so langsam feststehen, wo nächstes Jahr der Grundstein für die Fabriken gelegt wird.
DerChecker meint
Um eine Produktion für „Feststoffbatterien“ aufzubauen, müsste man eine solche Batterie erst mal serienreif in der Hand halten.
Offensichtlich ist man in Europa aber nicht mal in der Lage,
herkömmliche Li-Ionen- Akkus zu produzieren (schon mal einen Handy- Akku in der Hand gehabt, wo „Siemens“ drauf steht?)
Im Prinzip gibt es: LG, Panasonic, Samsung, BYD; also wird es kurz bis mittelfristig Akkufabriken mit oder von diesen Herstellern geben oder gar keine.
Priusfahrer meint
Da ist es wieder. Wenn die großen Automobilkonzerne höhere Kosten auf
sich zukommen sehen, die wenig oder keinen Profit versprechen, schleichen
sie um den heißen Brei. Der Staat soll es dann durch Vermittlung der
Automobil-Lobbyisten und der Bundeskanzlerin, die immer für solche
Probleme ein offenes Ohr hat, richten. Steuergelder fließen und gut ist’s.
Hinrichsen meint
Ich kann nur dringend anraten die Zellproduktion in Deutschland als zentralem Dreh und Angelpunkt zu etablieren für die Zukunft Europas hinsichtlich alternativer Antriebe.
Als Standort halte ich die Westküste am geeignetesten, da die erneuerbaren Energien hier besonders hohe und vorallem stabile Erträge erwirtschaften und die günstigste Energieerzeugungsanlagen in Deutschland sind. Hintergrund: Über 25% der Kosten einer Batteriezelle fallen auf die Energiekosten zurück bei der Herstellung. Eine PV-Anlage oder ein Windrad produziert heute bereits für unter 5 Cent/kWh Energie.
Dazu sind Grundstückspreise und auch die Arbeitskosten sehr gering im Vergleich zu anderen Bundesländern.
Swissli meint
Langfristig sehe ich Akkuzellen eher als Commodity mit schwankenden Tagespreisen, ähnlich wie RAM Speicher oder SSD/HDD.
Wenn es eines Tages genug Anbieter hat, kann es ein Vorteil sein die Akkuzellen auf dem Markt zu kaufen. Heute?
Von einer Subventionierung seitens Staat/EU ist eher abzuraten. Für die Autohersteller ist Akkuzellenproduktion eine strategische Frage, keine finanzielle. Die sollen das selber entscheiden und finanzieren.
Als Endkunden können wir notfalls immer noch asiatische oder amerikanische Autos erwerben… nennt man dann Marktbereinigung.
der Wartende meint
Wenn z.Bsp. VW im zweistelligen Milliarden Bereich in Elektromobilität investiert und bis 2025 von einem Anteil von bis zu 25% an entsprechenden Fahrzeugen erwartet, wird denen auch die Menge von benötigten Batterien klar sein. Der hier nicht mit Namen zitierte Insider der Szene macht nur Stimmung denn die Aussage ist populistisch und unwahr.
Fragt sich eigentlich keiner warum LG, Panasonic + Co. nicht in Westeuropa investieren obwohl sie den technologischen Vorsprung in der Zellfertigung haben? Stattdessen werden in den mit günstigen Kohlestrom Ländern wie Polen und Ungarn Investitionen in diesem Bereich angedacht sind aber noch lange nicht Realität.
Ernesto 2 meint
Günstiger Kohlestrom hat damit nichts zu tun, in Deutschland ist der Strom für die Industrie so billig zu haben (zum Teil zum Nulltarif wenn Sonne und Wind aktiv sind) wie in keinem anderen EU Land.
Meiner Einer meint
Solange unsere Regierung den DIESEL protegiert gibt es wenig Druck, daran etwas zu verändern.
Solange der durchschnittliche Autofahrer nicht dafür zahlen muß, daß er die Innenstädte mit Abgas und Lärm überzieht, solange wird sich daran nichts ändern. Wir brauchen dazu eine Internalisierung der enstehenden Kosten. Bisher gibt es steuerlich finanzierte Programme, die die daraus entstehenden Schäden abfangen und Innenstädte wieder beleben sollen. Das Geld dafür kommt allerdings aus einem anderen Steuertopf. Kostet aber auch unser Geld. Lösen allerdings das Problem nur bedingt.
Auch VW könnte schon heute doppelt soviele e-Golf verkaufen, wenn sie denn hergestellt würden. Stand vor kurzem hier in einem Artikel.
Gunarr meint
Wenn die Automobilindustrie keine Akkus in Europa bauen will, wird sie gute Gründe dafür haben. Da sollte die Politik, die in dem Bereich noch weniger Knowhow hat, nicht versuchen, etwas zu erzwingen. Wir haben bei den Solarzellen gesehen, dass das nicht funktioniert.
Die Autobauer sind längst internationale Konzerne. Denen ist es völlig egal, wo sie ihre Akkus einkaufen. Und wenn die Asiaten genug davon liefern können, sollen sie es eben machen.
Fritz! meint
„Wenn die Automobilindustrie keine Akkus in Europa bauen will, wird sie gute Gründe dafür haben.“
Das werden sicherlich die gleichen „guten Gründe“ sein, weswegen die Autoindustrie damals den Drei-Wege-Kat nicht einführen wollte oder den Airbag oder den Sicherheitsgurt oder bleifreies Benzin oder …
Swissli meint
Wenn man den dt. Autoherstellern zuhört, möchte man erst bei den Festkörperakkus einsteigen… irgendwann ab 2025. Bis dahin keine eigene Akkuzellenproduktion… Und daher am liebsten auch keine E-Autos verkaufen. Kommt mir jedenfalls manchmal so vor. Ob das strategisch richtig ist, bezweifle ich eher. Wo ist wohl Tesla 2025 mit ihrer Akkutechnologie?
Fritz! meint
Die bleiben ja auch nicht stehen in der Forschung/Entwicklung und wenn der Festkörperakku hält, was ein paar Forscher sagen, wird auch Tesla ihn einsetzen im nächsten Model/Facelift. Die Gigafactorys stehen dann aber schon mit Mitarbeitern und Logistik, da müssen nur ein paar Maschinen ausgetauscht/ergänzt werden.
Alex meint
„In der Automobilindustrie glauben sie selbst nicht daran, dass es bis 2025 den Bedarf an nennenswerten Stückzahlen gibt“
Klar, wenn man auch nix anbietet!
War noch kürzlich die Rede davon, das Tesla schon jetzt für Knappheit auf dem Akku Markt sorgt.
Wie sieht es dann erst aus wenn ein paar mehr Modelle und in größeren Stückzahlen auf den Markt kommen
Also ich verstehe die Automobilindustrie absolut nicht.
Statt direkt mit ein zu steigen, wartet man so lange es geht, und dann versucht man auf zu holen
Blushit alles
Miro meint
Oh, das ist ganz einfach zu erklären. Elektroautos haben viel weniger Wartungsaufwand. Kaum Verschleißteile usw.. Also lässt sich Aftersales kaum etwas verdienen. Kaputt gehen Elektroautos wahrscheinlich auch weniger (da weniger bewegliche Teile)…
Zusammengefasst: Die alteingesessenen (speziell die deutschen) Automobilhersteller sehen sich schon längst nicht mehr als „Autobauer“. Alles was sie interessiert ist: wie presse ich am meisten Geld aus dem Kunden. Und das lässt sich halt mit Elektroautos kaum bewerkstelligen. Meiner Meinung nach wissen die Manager wahrscheinlich schon, dass der Verbrenner sehr bald verschwindet. Aber sie agieren halt nach dem Motto: „Solange die Kuh Milch gibt, wird sie gemolken. Wenn sie danach tot umfällt und ich keine neue Milch bekomme, verlasse ich das sinkende Schiff…nach mir die Sintflut…“