Der deutsche Batterieforscher Martin Winter von der Universität Münster hat im Gespräch mit der Bayerischen Staatszeitung über die Fortschritte bei der Entwicklung leistungsfähiger Akkus und die Chancen langstreckentauglicher Elektroautos gesprochen.
US-Hersteller Tesla bietet bereits heute Norm-Reichweiten von über 500 Kilometern an, etablierte Hersteller wie BMW, Daimler oder Volkswagen wollen in wenigen Jahren nachziehen. Auch Winter geht von steigenden Reichweiten aus. „Im Übrigen halten wir 700 Kilometer bei 450 bis 500 Kilogramm Batteriegewicht bis 2030 für realistisch“, so der Forscher. Er merkte aber an: „Die wirkliche Reichweite hängt vom Fahrverhalten, den Wetter- und Straßenbedingungen ab.“
Winter glaubt, dass die derzeit bei Elektroautos verbauten Lithium-Ionen-Batterien „noch eine Menge Potenzial hinsichtlich Verbesserung“ bieten. „Durch die Lithium-Ionen-Technologie können wir Batteriezellen mit ausgezeichneter Performance herstellen. Sie ist im Vergleich zu anderen elektrochemischen Speicherlösungen leicht, platzsparend, leistungsstark, langlebig, günstig und sicher – alles zugleich in einer Technologie.“
„In den nächsten Jahren werden wir viel lernen müssen“
Winter äußerte sich auch zur Festkörper-Batterie, die als nächste Generation moderner Elektroauto-Speicher gilt. Die Kombination von Sicherheit und Hochenergie in Festkörperzellen „fasziniere die Wissenschaftler und Ingenieure“, es gebe aber noch kein industriell einsatzfähiges Fertigungsverfahren. Zudem sei die Chemie, Elektrochemie und Mechanik der Festkörper-Batterien erst wenig erforscht. „In den nächsten Jahren werden wir viel lernen müssen, um das Potenzial dieser Technologie besser bewerten zu können“, so Winter.
Der Batterie-Forscher bemängelte, dass deutsche Unternehmen die Produktion von Batterie-Technologien, allen voran der im Kern befindlichen Zellen, Unternehmen aus Asien und den USA überlassen. Es sei „höchste Zeit, dass wir in Deutschland nachziehen und ebenfalls in die Batteriezellproduktion einsteigen“. Alles deute daraufhin, „dass die Automobilindustrie zukünftig ihre Wettbewerbsfähigkeit verliert, wenn sie das zentrale Bauelement des Antriebs nicht selbst produzieren kann, sondern einkaufen muss“.
Neben reinen Batterie-Elektroautos sieht Winter auch eine Zukunft für Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Die Stromer, die mit Hilfe von Wasserstoff elektrische Energie für den Elektroantrieb erzeugen, würden „viel Potenzial“ bieten – vorausgesetzt, zwei Entwicklungen hielten an: „die weitere Reduzierung der Kosten und die weitere Erhöhung der Lebensdauer“. Der Wasserstoff-Antrieb sei vor allem dann im Vorteil, wenn er „mit Batterien hybridisiert wird“. Der Forscher räumte ein, dass die Wasserstoff-Brennstoffzelle „schon sehr lange als Zukunftstechnologie diskutiert“ werde, der große Durchbruch aber noch nicht stattgefunden habe. Er sei diesbezüglich „vorsichtig optimistisch für die Zeit nach 2025, wahrscheinlich später“.
Michael meint
Ein Fachmann der feststellt dass die Reichweite vom Wetter und der Fahrweise abhängt. Das ist ein echter Spezialist. Dem glaub ich alles. Jede Platitüde. Auch das mit den Straßenbedingungen. Aber schon 2010 hat Olaf Schubert so treffend festgestellt: Wenn alle Strassen bergab gebaut würden, könnte man viel Benzin sparen. Bei den Flüssen gehts doch auch.
Leonardo meint
Kleidung, Smartphones und vieles mehr kommt ausschließlich aus Asien. Da regt sich auch keiner auf.
Warum sollen dann ausgerechnet Akkuzellen aus Deutschland kommen?
Von wegen „Kernkompetenz“. Mercedes B Klasse ed und Smart ed haben nicht mal eigene E-Technik drinnen, da sind die Zellen das geringere Problem.
Leotronic meint
Bei chinesischen eshops kann man Li Zellen fuer 1Eur kaufen. Ok, sind keine Top Zellen. Aber die Herstellung ist wohl genauso aufwendig wie bei den richtigen. Die einzigen Mehrkosten sind bei etwas mehr Lithium und Cobalt zu erwarten. Und hergestellt werden sie irgendwo in einer Hinterhofwerkstatt. Die Miliardeninvestitionen sind nur unnoetig hochgeschraubt.
horst h. meint
Ich nehme Aussagen von Personen zu Elektromobilität grundsätzlich nicht mehr ernst, wenn sie sich auf Zeiträume oder Zeitpunkte beziehen die mehr als fünf Jahre dauern oder nach 2023 liegen. Der Wandel geht mittlerweile schon so schnell* und wird sich in Zukunft noch weiter beschleunigen, vor allem wenn sich dann ordentlich Geld damit verdienen läßt, dass Voraussagen für das Jahr 2030, wie von Herrn Winter, im Grund komletter Unsinn sind.
*sieht man shon alleine an der geradezu explodierten Flut an täglich neuen Artikel hier auf ecomento :)
henry86 meint
Martin Winter? War das nicht der, der vor ein paar Jahren noch gesagt hatte, man werde mit Elektroautos auf absehbare Zeit nicht weiter als 50 bis 60 km kommen?
Das echt jeder Hinz und Kunz nen Kommentar zu der Debatte abgibt und dann mit dem Label „Forscher“ als seriös dargestellt wird …
Teilweise entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.
Der Statistiker meint
Danke für den köstlichen Kommentar! :-)
Mike meint
Also ich lese heraus das der Batterieforscher Martin Winter vieles vermutet bzw. glaubt, ähnlich einer Hellseherin inkl. Glaskugel.
Ich bin zwar kein Batterieforscher, glaube aber das sich eine deutsche Lithium-Ionen-Technologie Batteriezellproduktion nicht mehr rentiert, dieser Drops ist gelutscht, hier können wir den Asiaten und Tesla nicht mehr das Wasser abgraben,….oder so ;)
Die deutsche Industrie sollte ihr Kapital und ihr Know-how der Brennstoffzelle und der Festkörper-Batterie widmen !
Auf gehts ;)
Rainer Zufall meint
Solange es keine deutlich leichtere Batterie gibt bin ich auch dafür, dass die Forschungslabore sich bemühen die Brennstoffzelle kleiner und leichter zu machen und diese als Range Extender für eine 200km (worst Case) Batterie dient, um da am Ende dann 500-600km in der Kompaktklasse hinzubekommen.
Egal ob Deutschland in der Zellfertigung jetzt forscht oder nicht. Aus Asien werden die Zellen immer günstiger kommen.
Kleinwägen reichen mit geringeren Reichweiten.
Martin meint
450-500 Kilogramm bei 700 KM Reichweite bis 2030?
Das schafft Tesla mit den 21er-Akku bereits heute…
Porsche 911 meint
Ich glaube er meint eine realistische Reichweite. ;)
MiguelS NL meint
Hert Winter meint sehr wahrscheinlich 700km nach NEDC, nähmlich die Norm nach der sich die Hersteller bis heute immer noch richten. Ansonsten hätte er die “wirkliche Reichweite” nicht aangemerkt.
Der heutige Model 3 LR wird sehr wahrscheinlich 600 km NEDC bekommen.
Es ist fürs uns leien (Leser) denke ich schwer einzuschätzen ob die Verbrenner Marken noch eine Umbruch mit eigenen Zellen schaffen können, auch wenn über Ihren Stolz hinwegschauen wollen und der Wille da währe.
Alle Zeichen deuten darauf hin das es schon wahrscheinlich ist dass es sehr schwer wird.
Rainer Zufall meint
Das wird schwer, hat auch nichts mit dumm- oder faulheit zu tun. Wir werden die Rohstoffe für ein Haufen Geld einkaufen müssen während die Lieferanten davon fröhlich ihre eigenen Leute und die Afrikaner ausbeuten werden (damit meine ich die Chinesen), daher wird es immer günstiger sein chinesische Zellen zu kaufen. Ich halte es für absolut unmöglich in Deutschland eine rentable Zellenproduktion hinzustellen, alleine schon wegen dem Einkauf der Rohstoffe.
Maximal ein Auftragsfertiger für alle OEMs in Deutschland.
alupo meint
Bleiben wir realistisch.
Wie lange hat es gedauert bis Tesla und sein knowhow Lieferant Panasonic die Gigafactory aufbauten?
Richtig, das kann man heute noch immer nicht final sagen.
Es läuft hier doch vorhersehbar nach der Maxime: „Überholen ohne Einzuholen“.
Damit hat es seinerzeit in der DDR auch nicht geklappt. Unser Zug ist abgefahren. Einige merken es, einige wollen es nicht wahrhaben, vielen ist es egal und den verantwortlichen Managern geht es aufgrund ihrer Boniregelungen besser wenn sie keine diesbezüglichen Investitionen tätigen. Also bleibt alles wie es ist.