Festkörper-Batterien sind vielen Experten zufolge die vielversprechendste Technologie für leistungsstarke Elektroautos der Zukunft. Darüber, wann es serienreife Produkte geben wird, herrscht noch Uneinigkeit – die Prognosen reichen von Anfang 2020 über 2025 und später. Das Forschungszentrum Jülich hat nun einen wichtigen Erfolg verkündet.
Den Wissenschaftlern gelang es, die Ladezeiten von Festkörper-Akkus im Labor deutlich zu reduzieren. Eine praxistaugliche, für die Massenproduktion geeignete Lösung soll es bis 2021 geben. Im Gespräch mit dem Online-Magazin Edison verrieten die Forscher Details zu ihrem Durchbruch. Bislang sei die geringe Stromstärke „einer der Knackpunkte in der Entwicklung“ gewesen – der Ladevorgang von Festkörper-Batterien habe daher „mindestens zehn Stunden“ in Anspruch genommen, so der Jülicher Wissenschaftler Hermann Tempel. Der neu entwickelte Zelltyp brauche „nur noch weniger als eine Stunde für die volle Ladung“.
Als Schlüssel für den Fortschritt nannte Tempel eine neue, „günstige Kombination für die eingesetzten Materialien“. Die einzelnen Teile der Zelle seien dazu „aus verschiedenen Phosphatverbindungen gefertigt, die sich alle sehr ähnlich sind“. Die Neuentwicklung erlaube trotz des hohen Übergangswiderstand zwischen Elektroden und Elektrolyten in Festkörper-Akkus zehnmal höhere Laderaten.
Die neue Lösung sei nicht nur schneller, sondern auch preisgünstig und leicht zu verarbeiten, erklärte Tempel. Darüber hinaus kämen kaum giftige oder bedenkliche Stoffe zum Einsatz. Die Jülicher Batterie-Experten wollen ihre Forschungsergebnisse nun fit für die Massenfertigung machen. Neben dem Einsatz in Automobilen sehen sie auch Potential in der Medizintechnik und bei Unterhaltungselektronik.
Die aktuell in Elektroautos verwendeten Lithium-Ionen-Batterien enthalten Flüssigkeiten, die auslaufen und in Brand geraten können. Energiespeicher mit fester Masse gelten als sicherer, leistungsstärker und kosteneffizienter. Bislang ist die Technologie aber noch nicht reif für den anspruchsvollen Einsatz in Serien-Pkw und die Massenproduktion.
nilsbär meint
Mit diesem ‚Durchbruch‘ werden Hoffnungen geweckt, die wohl unerfüllt bleiben. Forschungszentrum Jülich, Fraunhofer-Gesellschaft u.a. leben von Förderungen und müssen daher regelmäßig ‚Erfolge‘ verkünden. Vorteile werden daher gerne übertrieben, Nachteile verschwiegen. Nach der Publikation hört man meist nichts mehr von der ‚Erfindung‘.
Ich war selbst in der Forschung tätig…
Da glaube ich noch eher der heutigen Meldung, dass Solid Power aus Colorado einen Durchbruch bei der Feststoffbatterie erzielt hat. Immerhin sind Hyundai, Samsung u.a. mit Millionenbeträgen eingestiegen.
i_Peter meint
Der neu entwickelte Zelltyp brauche “nur noch weniger als eine Stunde für die volle Ladung”.
Komisch, ich erkenne da noch keinen Vorteil ggü. den bisherigen LiIon-Batterien.
Die lassen sich im Porsche in 15 Minuten zu 80% aufladen.
Lewellyn meint
Was ist denn mit dem Thermoproblem? Bislang brauchten Feststoffakkus eine Betriebstemperatur von 80 Grad. Hat man die inzwischen auch signifikant gesenkt?
alupo meint
Bei dem hohen inneren Übergangswiderstand werden sie diese Temperatur wohl auch in Sibierien immer sehr schnell erreichen :-(.
Ich denke, man kann den Festkörperakku heute durchaus auch als Heizelement bezeichnen.
Leider geht alles was in die Heizung geht von der Reichweite ab. Und vom Geldbeutel. Man könnte es mit „schlechter Wirkungsgrad“ auf den Punkt bringen. Die Frage ist, ob man das will…
Hans Meier meint
Grundlagenforschung… und 2021, also in 2 1/2 Jahren sollte das ganze dann Rdy sein…
Und bis die Batteriefab gebaut ist, die Mat-Veträge beschlossen sind, das Politiktheater und die Tests abgeschlossen sind und Langzeiterfahrug da ist, wirds 2030.
Lieber jetzt den Fokus auf E-Autos für die Massen legen, die tollste Batterietechnologie nützt niemandem, wenn man sie/die Autos dazu nicht kaufen und benutzen kann. Batterien sind schon heute nicht mehr das „Problem“ der Autos, sondern die absichtlich hohen Preise und Lieferzeiten der GermanCars.
BatteryCampus meint
„Energiespeicher mit fester Masse gelten als sicherer, leistungsstärker und kosteneffizienter.“
Das heißt es oft, ja, doch müssen alle drei Punkte noch bewiesen werden.
Sicherer? Mit dem Einsatz von Lithium Metall als Ersatz für Graphit kommen neue Sicherheitbedenken. Lithium reagiert zB sehr stark mit Wasser, dh ein Unfall in der Wüste wäre vielleicht weniger schlimm als in Bremen. Zudem, Kurzschlüsse durch Lithium Dendrite können auch bei Feskkörperelektrolyten entstehen.
Leistungsstärker? Muss noch bewiesen werden. Der Ladungstransfer zwischen Aktivmaterial und Elektrolyt ist hier als eine große Baustelle zu nennen. Hier gewinnt der flüssige Elektrolyt bei weitem durch die hohe Oberfläche und gute Benetzung mit Elektrolyt.
Kosteneffizienter? Flüssige Elektrolyte sind unschlagbar günstig. Festkörperelektrolyte auf keramischer Basis enthalten oft sehr teure Elemente oder können nur schwer prozessiert werden.
Bei dem Thema ist die Forschung noch bei Weitem nicht da, wo die Autoindustrie sie sehen möchte.
Ducktales meint
“aus verschiedenen Phosphatverbindungen gefertigt, die sich alle sehr ähnlich sind”. (…)
„Die neue Lösung sei nicht nur schneller, sondern auch preisgünstig und leicht zu verarbeiten, erklärte Tempel. Darüber hinaus kämen kaum giftige oder bedenkliche Stoffe zum Einsatz. “
ähm, ich bin ja Nicht-Chemiker…
was heißt „kaum giftig…
da finde ich via google… z.B. die Grundsubstanz Phosphor…
https://www.lenntech.de/pse/elemente/p.htm
Phosphate / Phosphor ist also kaum giftig oder bedenklich…?
genauso wie Stickstoff? NOX, Oder Round Up?
Viele verschiedene Phosphate, die sich sehr ähnlich sind…
Wie sieht es mit der sortenreinen recyclefähigkeit aus…?
Also ich bin da mal vorsichtig verwirrt,
was uns da mal wieder angedreht werden soll….
es kommt mal wieder auf die gesetzlichen Grenzwerte an, gell?
alles darunter ist unbedenklich… auch ohne Langzeitstudien,
zu deren Laborratten wir mittlerweile geworden sind
ironie off
Jörg meint
Bisher lauteten die Nachrichten immer, dass Festkörper-Batt sich wesentlich schneller laden lassen, als die bisher verwendeten.
Jetzt lese ich hier, dass die Zelle für die Vollladung etwas weniger als eine Stunde benötigt (?).
Habe ich etwas falsch verstanden?
alupo meint
BatteryCampus hat es gut erklärt.
Schnellladung war noch nie eine Stärke der Festkörperzellen, einfach weil eine Berührung von fest/fest einfach sehr viel schlechter ist was das Berührungspotential entspricht als fest/gelartig. Siehe auch hier im Bericht:
„…trotz des hohen Übergangswiderstand zwischen Elektroden und Elektrolyten in Festkörper-Akkus…“.
Geräte mit hohem Übergangswiderstand nennt man auch Tauchsieder oder Glühlampe. Letzteres wird wegen dem unterirdisch schlechten Wirkungsgrad gerade aus dem Markt genommen.
Das Warten auf den Festkörperakku könnte sich durchaus auch so entwickeln wie es im berühmten Stück von Samuel Beckett beschrieben wurde. Da wartet einer seit Jahrzehnten auf Godot, während sich die Welt weiterdreht….
Peter W meint
— Geräte mit hohem Übergangswiderstand nennt man auch Tauchsieder oder Glühlampe. —
gut erklärt Alupo. :-)