Der chinesische Elektroauto-Hersteller Nio baut sein Modellangebot und die dazugehörigen Services aus und expandiert nach Europa. Dies belastet die Finanzen des aufstrebenden Start-ups, wie die Veröffentlichung der Geschäftszahlen für 2022 zeigt. Das Unternehmen konnte zwar seine Auslieferungen und den Umsatz im letzten Jahr steigern, aber auch der Verlust nahm zu.
Nio lieferte im zurückliegenden Jahr 122.486 Elektroautos aus, was einem Plus von 34 Prozent gegenüber 2021 entspricht. Der Umsatz belief sich 2022 auf rund 49,3 Milliarden Yuan (6,7 Mrd. Euro) – eine Steigerung von 36 Prozent gegenüber 2021. Unter dem Strich ergab sich im vergangenen Jahr ein Nettoverlust von 14,4 Milliarden Yuan (1,96 Mrd. Euro) – fast 260 Prozent mehr als 2021.
Dass es bei Nio nach vorne geht, zeigt das letzte Quartal 2022: Mit 40.052 ausgelieferten Stromern erreichte die Marke ihr mit Abstand bestes Quartalsergebnis bisher. Im Vergleich zum Q4 2021 legten die Verkäufe und Einnahmen um über 60 Prozent zu.
Die hohen Verluste im Jahr 2022 haben laut Nio mehrere Gründe. Dazu gehört, dass das Unternehmen seine erste Fahrzeugplattform einstellt und die darauf basierenden Modelle vom Markt nimmt beziehungsweise durch Versionen auf seiner neuen NT2.0-Plattform ersetzt. Das Unternehmen führt zudem Lagerrückstellungen, die beschleunigten Abschreibungen auf nicht mehr benötigte Produktionsanlagen der NT1.0 und „Verluste aus Kaufverpflichtungen für die bestehende Generation von ES8, ES6 und EC6“ an.
Außerdem plant Nio, sein Netz an Batteriewechsel-Stationen in China deutlich auszubauen. Auch hierzulande sollen zahlreiche „Power-Swap-Stationen“ entstehen. Berichten zufolge sieht das Start-up zudem den Umstieg bei Batterien auf Rundzellen und neue Fabriken für E-Autos sowie Akkus vor. Darüber hinaus sollen zwei neue Marken für günstigere Elektroautos in Arbeit sein.
„Positive Fortschritte“
CEO und Gründer William Bin Li sieht Nio trotz der hohen Verluste auf einem guten Weg: Das Unternehmen habe „positive Fortschritte bei der Forschung und Entwicklung von Kerntechnologien und wettbewerbsfähigen Produkten, der Bereitstellung von Infrastruktur und der globalen Marktexpansion“ gemacht – und so „eine solide Grundlage für das langfristige Wachstum des Unternehmens gelegt“.
2023 plant Nio laut dem CEO die Auslieferung von fünf neuen Produkten auf Basis seiner neuen Plattform, die Bereitstellung von 1000 zusätzlichen Batteriewechsel-Stationen und die kontinuierliche Stärkung „unserer Wettbewerbsvorteile in Schlüsselbereichen intelligenter Elektrofahrzeuge“. Finanzchef Steven Wei Feng merkte an, dass sich das Unternehmen in diesem Jahr darauf konzentriere, „unsere Ausführungseffizienz zu verbessern und in einem agilen und effizienten Modus zu arbeiten, um uns langfristig dem Wettbewerb auf dem globalen Elektrofahrzeugmarkt zu stellen“.
Swissli meint
Klar, auf gutem Weg wenn der Umsatz +36% steigt und der Verlust +260%. Eher ein Weg in den sicheren Konkurs mit grosser Kelle angerichtet. Die haben sich ein kapitalintensives (Finanzierung von Batterien und Wechselstationen) von Geschäftsmodell ausgesucht ohne Garantie auf Erfolg.
Ruffy Uzumaki meint
Die Verluste sind numerisch kleiner als der Umsatz. Daher sind die Zahlen trügerisch.
Wenn ich jede Woche 1 Banane verkaufe und nächste Woche aber 2 -> 100% Steigerung
Aber wenn ich 100 verkaufe und dann 50 -> 50% Steigerung.
Ich möchte damit nicht sagen, sie werden es packen. Aber immerhin haben sie schon mehr Autos ausgeliefert als Sono ;)
Franz Mueller meint
Diese Autos verlieren doch am Tag der Zulassung bereits 2/3 ihres „Anschaffungswert“. Das wird kein Flottenbetreiber der Welt akzeptieren….
Futureman meint
Da werden wohl bald viele Akkuwechsel Stationen nutzlos rumstehen. Wenn sie bei so hohen Fahrzeugpreisen es nicht schaffen wenigstens die Verluste zu verringern sehr ich schwarz.
Mäx meint
Günstig kaufen, Ladesäulen hinstellen und netzdienlich Ladestrom verkaufen.
ShullBit meint
Wieso „bald“? Die stehen einerseits jetzt schon nutzlos herum, weil Nio keine 10 Autos im Monat los wird und anderseits sind die kein Verkaufsfaktor, weil es ja nur eine Handvoll davon gibt und schätzungsweise 98% der Nio-Fahrer an ihrer Route keine Wechselstation am geeigneten Ort finden. klassisches Huhn-Ei-Problem
ShullBit meint
Nio hat offiziell im Oktober mit der Auslieferung seiner Fahrzeuge in Deutschland begonnen. Im Januar und Februar hat Nio zusammen ganze 14 Fahrzeuge in Deutschland neu zugelassen bekommen. Kommentatoren schreiben das hier seit Jahren, dass eine Strategie, als chinesischer No-Name hier direkt das Premiumsegment für 70.0000-100.000 Euro aufmischen zu wollen, zum Scheitern verurteilt ist. Die Chinesen haben das anders gesehen und bezahlen jetzt den Preis für Ignoranz und Selbstüberschätzung. Durchschnittlich 7 Autos sind natürlich desaströs. Dagegen sind dann selbst Rolls Royce, Bentley und Ferrari fast Volumenanbieter mit sehr viel höherer Zulassungszahlen.
Noch schlimmer ist es übrigens bei Aiways (obwohl die nun nicht ins Premium-Segment fallen). Die posaunen ja auch dauernd Erfolgsmeldungen raus, wie toll das angeblich alles läuft. Die haben im Januar und Februar zusammen ganze 5 Autos in Deutschland zugelassen bekommen. Total Fail.
Nio wird sich den Markt hier mit sehr viel günstigeren Modellen und ggf. einer generell günstigeren Marke erschließen müssen. Und wenn Aiways nichts sehr schnell eine Produktoffensive ausgerollt bekommt (für die es bisher nicht die geringsten Anzeichen gibt), dann ist Aiways schlicht tot. Die verkaufen nicht nur hier nichts, sondern auch in China nichts. Das wird sich mit U5 und U6 auch nicht mehr ändern. Mein Beileid an alle, die in die Fahrzeuge investiert haben.
Mike meint
Seh ich ähnlich. Hyundai hat auch mit günstigen PKW begonnen und sich hochgearbeitet. Im Luxusbereich konnten sie IMHO allerdings immer noch keinen Fuß fassen, ebensowenig wie japanische Hersteller.
@Nio und andere Newcomer: Bringt gute und günstige Klein(st)- und Kompaktwagen nach Europa. Dort sind hiesige Hersteller schwach aufgestellt. Und man kann Sparfüchse locken. Wenn sich die Qualität als gut herausstellt, kommt das Image mit der Zeit.
Eugen P. meint
Meine Rede, die Chinesen könnten im Preisbereich unter 40k den Markt aufmischen und dann wenn sie sich ein gutes Image erarbeitet haben, versuchen auch in höheren Preissegmenten mitzumischen. Wenn nicht vorher die große Politik und das Weltgeschehen einen Strich durch die Rechnung macht.
Swissli meint
China fällt in den letzten Jahren oft mit Überheblichkeit auf. Viel Schein, wenig Sein.
Und wenn sie es in einer Branche an die Spitze schafft wie z.B. Mobilfunkinfrastruktur (Huawei), dann verbocken sie das gesamte Auslandgeschäft politisch (Huawei Spionage), bis fast zum Untergang des vormals erfolgreichen Unternehmens.
Die E-Autos aus China sind qualitativ und technisch gut. Aber die Überheblichkeit, man könne in Europa als Premiummarke einsteigen ist bezeichnend. So nach dem Motto, diese europäischen Idioten kaufen unsere (overpriceden) Autos schon.
Wenn ein westlicher Autobauer „dabei ist“, kommts gut: Smart, Geely, Tesla.
David meint
Ich weiß gar nicht, ob alles auf Überheblichkeit beruht. Ich denke vor allem, sie haben keine Kenntnis vom Kunden in Europa. Und das Thema Premium ist nicht verstanden worden. Da kann man nicht einfach mit mehr Alcantara und Blingbling bauen und dann ist das Premium. Die zerlegen deutsche Premiumwagen, um hinter das Geheimnis zu kommen. Da werden sie nichts finden. Ein Mercedes ist nicht nur das Auto, er ist die Historie, der Erfinder des Automobils, die Möglichkeit den individualisiert zu bestellen, der Service, die Events. Und trotzdem kann man mit einem schwarzen EQE bei Kunden vorfahren ohne, dass der denkt: Guck mal, da fährt mein Geld!
David meint
heritage heißt das Wort, was in meinem Textbaustein fehlt.
Aber merkt ja niemand.
ShullBit meint
Es ist nicht mehr wie vor 10-15 Jahren, dass die Chinesen Fahrzeuge in grausamer Qualität und mit abwesender Sicherheit bauen (siehe seinerzeit Brilliance und Co.). Die bauen mittlerweile qualitativ sehr gute Autos und sind deutschen Anbietern in Sachen Software und Batterien (BYD) teils deutlich voraus. Nio hat bei den meisten Fahrzeugen sogar eins sehr gutes Design.
Aber das reicht für den deutschen Markt nicht. Im Preissegment 70.000-100.000 Euro gehen 90 % der Autos als Firmenwagen weg. Der Geschäftsführer oder Außendienstler fährt aber nicht mit einem Nio beim Kunden vor. Wer sich privat so ein Auto kauft, dem geht es auch um Prestige. Die Marke Nio bietet als Newcomer null Prestige.
Auf ihrem chinesischen Heimatmarkt können Nio und Co mit Audi, BMW, Mercedes usw. konkurrieren und dann haben sie geglaubt, dass sie das hier auch können. Das ist dann halt Ignoranz und Selbstüberschätzung, wenn man die Marktbedingungen hier ignoriert und glaubt, man sei so gut, dass die Fahrzeuge so oder so gekauft werden. Dass die ihren Markteintritt hier so einfältig aufziehen, ist auch insofern verwunderlich, als dass hier viel größere Automarken reihenweise damit gescheitert sind, den Premiummarkt zu erobern: Lexus (Toyota), Infinity (Nissan), Genesis (Hyundai/Kia), Cadillac (GM), … Da hätte man gewarnt sein müssen. Jetzt zahlen die eben den Preis dafür in Form von hohen Verlusten und müssen auf die harte Tour lernen, wie der Markt hier zu erobern ist.
Envision meint
Der gesündestes Chinese – der sich hier auch gut verkaufte – ist für mich da im vergangen Jahr Polestar, Geely ist nicht so abgehoben mit den Preisen, um 50k ist man bei einem Polstar 2 schon ganz gut bedient, unten eigentlich nur MG ernst zunehmen.
Das rumfischen im ü60/70k Preisbereich hilft den Chinesen im dort „Firmenwagen dominierten“ DE weniger, in dem Bereich kann ich aus immer größerer Anzahl deutscher Premiummodelle wählen, das Zeitfenster schließt sich eher, wenn ab 2024 WV/Audi mit Limousinen kommen und BMW nach dem trotz Verbrennerumbau gelungenen i4, 2025 mit der neuen Klasse auf BEV Plattform richtig angreift und Mercedes eine elektrische C-Klasse bringt.
David meint
Sie haben die längste Erfahrung. Volvo Cars ist ja seit 13 Jahren chinesisch. Zudem haben sie sich immer europäisches Management geleistet. Zudem spielen sie im Firmenkundengeschäft mit. Damit hat man aber auch hohe Kosten. Daher sind sie nicht das bevorzugte Flagship für andere chinesische Enterprises.
M. meint
Die Verluste durch die Abschreibungen sind wohl nachvollziehbar.
Damit sollte das aber allmählich „durch“ sein, und so langsam mal Geld verdient werden – eine schwarze Null muss 2023 her. Sonst sehe ich langfristig schwarz.
Ich habe auf einem Konkurrenzportal Bilder des ET5 Kombi gesehen. Mit 4,79 m nicht unbedingt kompakt, aber noch vertretbar. Und schick aussehen tut er auch. Aber: mit der empfehlenswerten ~ 560 km – Batterie kostet er 71.000 Euro – kein Schnäppchen. Ich bin wirklich mal gespannt, wer das ausgeben will.
Ein Singlemotor könnte da helfen, das Auto preislich attraktiver zu machen. 210 KW im Heck reichen für die meisten Anwendungen…