Der jährliche Blick der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter die Motorhauben des politischen Spitzenpersonals zeigt Wirkung. Eine langsam wachsende Zahl von Landesministern und Ministerpräsidenten entscheidet sich für ein klimaverträgliches Dienstfahrzeug. In ihrer neunten Umfrage befragte die DUH Bundesminister und ihre Staatssekretäre sowie die Ministerpräsidenten und ihre Landesminister. Insgesamt gaben alle 229 Spitzenpolitiker Auskunft über CO2-Ausstoß, Spritverbrauch und Motorleistung ihrer Dienstwagen.
Nur 42 Spitzenpolitiker erhielten eine „Grüne Karte“, weil sie den seit 2012 in der EU geltenden CO2-Grenzwert von 130 Gramm pro Kilometer einhalten. 14 „Rote Karten“ verteilte die DUH für dessen Überschreitung um mehr als 35 Prozent.
„Gegenüber dem Vorjahr hält mit Rheinland-Pfalz nur ein weiteres Bundesland den EU-Grenzwert für CO2 ein. Unter den dreizehn Verweigerern sind auch einige grün mitregierte Bundesländer“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Er betonte: „Besonders ärgerlich ist die Bilanz bei den Regierungschefs der Länder. Ein Drittel der Ministerpräsidenten ist in Klimakiller-Limousinen unterwegs. Dafür gibt es die Rote Karte für Ignoranz beim Klimaschutz.“
Positiv bewertet die DUH, dass die Bundesminister keine extremen Spritschlucker mehr nutzen. Allerdings fährt auch kein Kabinettsmitglied mit gutem Beispiel voran. Wie bereits 2014 erhalten alle die „Gelbe Karte“. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und Entwicklungsminister Gerd Müller fahren mit einem Ausstoß von 155 g CO2/km noch die sparsamsten Fahrzeuge. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt bildet mit 169 g CO2/km das Schlusslicht im Kabinett. Betrachtet man die Fuhrparks der Minister und ihrer Staatssekretäre, werden die Unterschiede deutlicher. Positiver Spitzenreiter ist das Bundesumweltministerium, das mit einem durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 131 g/km nur knapp den EU-Grenzwert und damit die „Grüne Karte“ verfehlt.
Das sind die Sparsamsten
Am CO2-sparsamsten fahren die Staatssekretäre Gunther Adler (BMUB), Elke Ferner (BMFSFJ) und ein Staatssekretär im Finanzministerium mit jeweils 109 g CO2/km, dicht gefolgt von Rita Schwarzelühr-Sutter (BMUB – 114 g CO2/km) und Rainer Baake (BMWI – 115 g CO2/km). Die einzige „Rote Karte“ und damit die Auszeichnung als negativer Spitzenreiter im Gesamtranking geht an Staatssekretär Enak Ferleman (BMVI) mit aus der Zeit gefallenen 224 g CO2/km.
Das Ranking der Landesregierungschefs führt Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen an. Als einziger erhält er in diesem Jahr die „Grüne Karte“ für seinen Mercedes Benz E250 BlueTEC mit einem CO2-Ausstoß von 118 g/km. Für fast doppelt so viele CO2-Emissionen verantwortlich sind dagegen Volker Bouffier, Stanislaw Tillich, Hannelore Kraft, Stephan Weil und Horst Seehofer. Auch Berlins neuer Regierender Bürgermeister Michael Müller erhält die „Rote Karte“ für die von seinem Vorgänger übernommene und sehr spritdurstige Limousine. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der im letzten Jahr noch die „Grüne Karte“ erhalten hatte, bekommt für seinen neuen Mercedes Benz S 500 Plug-In Hybrid in diesem Jahr eine „Gelbe Karte“, belegt damit aber noch Platz zwei im CO2-Ranking der Landeschefs.
Erstmals halten drei Länder – Hamburg, Rheinland-Pfalz und Bremen – mit den Dienstwagen ihrer Landesregierungen die EU-Grenzwerte ein. Hamburg verbessert sich dabei gegenüber dem Vorjahr nochmals deutlich auf 114 g CO2/km. Erfreulich ist die Platzierung von Rheinland-Pfalz, das nun mit 124 g CO2/km noch vor Bremen (126 g CO2/km) liegt.
Umweltminister gehen mit gutem Beispiel voran
Dass es bereits heute möglich ist, als Spitzenpolitiker die EU-Zielwerte für CO2 einzuhalten, zeigt ein Blick auf die Dienstwagen der Landesumweltminister. 2015 erhalten acht Umweltminister und Senatoren eine „Grüne Karte“ – das sind zwei mehr als im letzten Jahr. Spitzenreiter ist Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel mit einem Audi A3 (102 g CO2/km). Bei acht weiteren Umweltministern gibt es bei der Wahl des Dienstwagens noch Raum für Verbesserungen. Darunter auch die grünen Minister Robert Habeck aus Schleswig-Holstein (133 g CO2/km), Franz Untersteller aus Baden-Württemberg (149 Gramm) sowie Priska Hinz aus Hessen (140 g CO2/km), die wie Winfried Kretschmann einen Mercedes Benz S 500 Plug-In Hybrid fährt. Schlusslicht ist die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf (158 g CO2/km).
Der Spitzenpolitiker mit dem niedrigsten CO2-Ausstoß ist Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer mit seinem VW Jetta Hybrid 1.4 TSI (95 g CO2/km), dicht gefolgt von Eveline Lemke, Wirtschaftsministerin von Rheinland-Pfalz und ihrer Kollegin aus dem Familienministerium Irene Alt sowie Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (alle 99 g CO2/km).
Bayern ist Schlusslicht
Während sich die meisten Landesregierungen um bis zu 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr verbesserten, entschieden sich die Spitzenpolitiker in Berlin, Niedersachsen und Hessen insgesamt für klimaschädlichere Fahrzeuge als 2014 mit insgesamt höheren CO2-Emissionen. Dabei ist Niedersachsen das Land mit der größten Spannbreite bei den CO2-Werten überhaupt: Während Minister Meyer mit 95 g CO2/km auf Platz 1 der Gesamtwertung landet, belegt Ministerkollege Olaf Lies mit 219 g CO2/km den vorletzten Platz.
Wie in den Vorjahren pflegt die Regierung des Freistaats Bayern ihre Vorliebe für spritschluckende und klimaschädliche Limousinen. Allein vier „Rote Karten“ gehen an Horst Seehofer und seine Minister, kein einziges bayerisches Regierungsmitglied hält den EU-Klimaschutzwert für Pkw ein.
Kurt Schäfer meint
Umweltfreundlich würden die deutschen Politiker nur dann fahren, wenn sie einen Vollhybrid von Lexus bewegen würden. Die oben genannten Werte unterschreitet jeder normale Toyota spielend.
Tom meint
…da hat die Schweizer Politik etwas voraus:
http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Leuthard-auf-Strom/story/23897717
Das würde sich ein deutscher Politiker nicht trauen? Doch, schon:
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.dienstwagen-regional-chefin-faehrt-tesla-statt-mercedes.ad66c8d2-4c97-4d68-8efc-9420601b1552.html
…aber nach meinen Infos hat Frau Schelling dafür viel von ihren lieben Kollegen einstecken müssen und daher den Wagen auf Privatleasing umgestellt…
Starkstrompilot meint
Jetzt mal ehrlich. Ist ja ganz nett, was die DUH da veranstaltet, aber sie arbeitet doch mit den völlig unsinnigen Zahlen aus dem NEFZ-Zyklus. Wenn ich das recht verstehe.
Dass die grober Quatsch sind, ist allen Beteiligten aber schon klar. Die taugen ja nicht mal als Anhaltspunkt. Vielleicht um einen A3 von einer S-Klasse zu unterscheiden.
Aber es gibt doch Fahrtenbücher und Tankquittungen. Wäre es viel interessanter, daraus einen Durchschnittsverbrauch und somit eine reale CO2-Ausstoßangabe zu errechnen. Man würde sehr schnell feststellen, dass das alles nichts taugt. Das einzig sinnvolle ist eine 100%ige Elektrifizierung des Fahrzeugs. Frau Regionaldirektorin in Stuttgart macht es vor. Dann ist der CO2-Ausstoß bei 0. Bestimmt kommt dann wieder einer mit dem bekloppten Strommix.
Ich seh schon, das geht alles nicht, weil dann die Lügen der Autohersteller zu ihren Verbräuchen auffliegen würden.
Also, eigentlich Zeitverschwendung, die ganze Aktion – oder doch nicht.
Twizyfahrer meint
Genau deiner Meinung, so ist es. Und die Panzerung bei einigen wurde auch vergessen.
Totaler Blödsinn dieses Ranking, keines der genannten Fahrzeuge verbraucht unter 8 Litern. Es gibt überhaupt kein KFZ das unter 7Liter kommt, die meisten vertrauen auf die Schummmelanzeige im Auto. Wer meint sein Auto, ob Diesel oder Benziner um 5 Liter oder weniger verbraucht beluegt sich selbst und hat das noch nie selbst getestet. Aber an Stammtischen hält sich dieses Gelabere w I e Eisen im Spinat. Nachplappern ist einfacher als selbst denken.
Starkstrompilot meint
Respekt, Kollege Twizyfahrer. Schlecht gelaunt? Kann ich verstehen, bei dem Thema geht mir auch regelmäßig der Hut hoch.
Dieses ganze Verbrauchsgequatsche ist eine Farce. Seit mindestes 10 Jahren finden die Verbrauchssenkungen nur noch durch Beschiss auf dem Messstand statt. Das Potential dieser schon immer armseligen Technik ist ausgeschöpft. Wars eigentlich schon immer.
Das einzige, was etwas bringt, ist eine totale Abkehr davon. So wie Frau Schelling. Auch wenn sie das Ding privat least, ihre geschäftlichen Kosten kann sie ja trotzdem geltend machen. Herr Hermann würde, glaub ich, auch gerne, traut sich jedoch nicht. Und sein Chefweiß, was sich gehört – Noch.